Mittwoch 07.11.07, 10:00 Uhr

»Lob der Verzweiflung«


Lob der VerzweiflungAm 9. November, dem 69. Jahrestag der Reichspogromnacht, präsentiert der Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108 um 20 Uhr den szenischen Liederabend „Lob der Verzweiflung“ nach Texten von Theodor Kramer. Die Berliner Künstler Harald Hahn und David Fuhr haben Theodor Kramers Gedichte vertont und inszeniert. Ein trunken-melancholisches, übersprudelnd-sehnsüchtiges Programm zwischen Liederabend, Theater und Clownerie über Verfolgung, Exil, Widerstand und das pralle Leben.
Zwei Stimmen, ein Flügel, Bandonion, Gitarre, ein Pub, London 50er Jahre. Ein Koffer, ein Hut, die Bluesharp. Ein Kaffeehaus, Wien, 30er, zwei Sampler, die letzten Gewehre und die Texte des österreichischen Dichters Theodor Kramer, der 1939 als Sozialist und Jude ins englische Exil gehen musste.
Theodor Kramer (1897-1958): Ein „Asphaltdichter“, „Arbeiterdichter“, „erschreckter Kleinbürger“ – ein „Soziallyriker“, „Fress- und Saufdichter“, „Hypochonder“ – einer der „ganz großen der österreichischen Literatur“, ein „Kaffeehaushocker“, „hoffnungslos antiquiert“ und „unvergleichlich“.
Theodor Kramer wurde am 1. Januar 1897 in Niederhollabrunn in Niederösterreich geboren. Der Sohn des jüdischen Dorfarztes engagierte sich mit Hanns Eisler und Paul Lazarsfeld in der österreichischen Jugendbewegung und begann früh, Gedichte zu schreiben.
Schwer verletzt im ersten Weltkrieg, hatte Kramer Ende der 20er Jahre große Erfolge mit seinen Gedichten, ohne davon allerdings gut leben zu können. 1939 musste er als Sozialist und Jude ins englische Exil flüchten. Seine Mutter wurde in Theresienstadt ermordet. In England wurde Kramer vorübergehend mit seiner Frau als „Ausländer mit feindlicher Staatsangehörigkeit“ interniert.
Aus den politisch und wirtschaftlich schwierigen Bedingungen des Exils konnte Theodor Kramer, wie viele Leidensgenossen, nie mehr an frühere Erfolge anknüpfen. Er starb im Frühjahr 1958, kurz bevor er den Literaturpreis der Stadt Wien zum zweiten Mal erhielt, ohne die meisten seiner über 12.000 Gedichte veröffentlicht zu haben. Seine Gedichte sind, herausgegeben von Erwin Chvojka, im Paul Zsolnay Verlag Wien erschienen.
Harald Hahn, geboren 1966 in Aalen/Schwaben, lebt seit drei Jahren in Berlin-Kreuzberg und ist freier Theatermacher, Diplompädagoge, Journalist und Kabarettist. David Fuhr wurde 1978 in Köln geboren, lebt seit 1998 in Berlin und betätigt sich wechselweise als Stadtführer, Quantenmechaniker, Musiker, wissenschaftlicher Wissensmanager, Kryptologe oder Masseur.