Rede von Günter Gleising (Soziale Liste) in der Ratssitzung am 23. 9. 2007
Freitag 24.08.07, 19:00 Uhr

Keine Kommerzialisierung und „Schicki – Micki“


Die Turbulenzen in der Bochumer Kommunalpolitik haben in den letzten Wochen
ein beträchtliches Ausmaß angenommen und zeugen von großen Unsicherheiten
und Schwierigkeiten im neoliberalen Umbau-Programm für Bochum.
*Da war zunächst das dicke Fragezeichen des Regierungspräsidenten zum Bau
eines Bochumer Konzerthauses.
*Jetzt droht die Imagekampagne „Bochum macht jung“ zu scheitern.
*Nun soll die Bewerbung und die Pläne zur Bundesgartenschau gestoppt werden.
Zum letzteren möchte ich sagen. Den Schritt den SPD und Grüne hier vollziehen erfordert Mut und verdient Respekt!
Es war wie immer bei einem Prestigeobjekt in Bochum. Unter großem Zeitdruck sollten für die Stadt Bochum wichtige Beschlüsse mit weit reichenden Folgen
gefasst werden.
Zunächst hatte der Haupt- und Finanzausschuss am 17. Januar 2007 die Teilnahme an der Landesgartenschau NRW für 2014 beschlossen und 60.000 Euro Haushaltsmittel bereitgestellt.
Auch dies damals auf dem letzten Drücker.
Im Mai kam dann offensichtlich innerhalb der Verwaltung die Idee auf, dass sich Bochum statt zur Landesgartenschau, gleich zur Bundesgartenschau bewerben sollte, zumal die stillgelegte Deponie Kornharpen gar nicht für derartige Planungen zur Verfügung stand.
Doch jetzt war der Zeitdruck noch größer.
Ohne Ratsvotum wurde schon am 15. Mai 2007 die Teilnahme an der Bewerbung zur Bundesgartenschau 2015 angemeldet. Auch wurde ein neues umfangreiches Konzept erstellt, dass erst kürzlich den Fraktionen zugestellt wurde. Heute zwei Wochen später sollten diese Pläne, sie umfassen 107 Seiten und zahlreiche Anlagen, abgesegnet werden.
Aber das wird ja mit der heutigen Abstimmung hoffentlich gestoppt.
Ich möchte trotzdem zu einigen Kernpunkten der Planung Stellung nehmen, denn SPD/Grüne kritisieren nur das Finanzkonzept, dem BuGa-Konzept stehen sie, wie sie erklären, positiv gegenüber und wollen es in den kommenden Jahren umsetzen.
Zuerst möchte ich auf die bisher weitgehend verschwiegen Teile der Unterlagen hinweisen, die vorsahen, dass das BUGA-Gelände eingezäunt und nur an 6 Toren Zutritt gegen Bezahlung, auch nach der Gartenschau, möglich sein sollte.
Das ganze riecht uns doch sehr nach einer Kommerzialisierung bisher öffentlich frei zugänglicher Grünflächen und sollte zukünftig ausgeschlossen werden.
Kommerzialisierung ist das Stichwort, das aus unserer Sicht, die gesamte Planung durchzieht. So sollte die BuGa in die „Vermarktung des Einkaufszentrums Ruhr-Park eingebunden“ werden (Seite 36). Eine neue „Erlebniswelt rund um die Themen ‚Einkaufen – Freizeit – Erholung Unterhaltung, Beauty und Gesundheitsvorsorge“ wurde angestrebt und die Freizeitindustrie hierfür gewonnen werden. (ebenda). Auch dieser Teil sollte aus der Planung heraus genommen werden und ersatzlos gestrichen werden.
Die fast ausschließlich kommerziell angelegte Planung wird auch beim Verkehrskonzept deutlich. Anstatt innovative und zukunftsträchtige Lösungen für den öffentlichen Nahverkehr zu entwickeln, wird das Konzept eines „autogerechten Einkaufzentrums Ruhr-Park“ auf die Gartenschau ausgedehnt,
sollten Massen von PKWs in die Stadt gelockt werden. (Seite 53).
Ein weiterer Gesichtspunkt: Die bisherigen Pläne für die BuGa würden auch das innerstädtische Gleichgewicht zerstören und zu Lasten der Entwicklung in der Innenstadt und den Stadtteilen gehen, die weiter ausbluten würden.
Insgesamt hinterlassen die bisherigen Planungen den Eindruck, dass diese BuGa nicht im Interesse der Mehrzahl der Bürger geplant war, sondern dass es sich fast ausschließlich um reine Wirtschaftförderung handelt und die Kommerzialisierung aller Lebensbereiche voran getrieben werden soll.
Die Soziale Liste Bochum tritt deshalb dafür ein, dass ökologisch wertvolle Gebiet zu einem Landschafts- und Naturschutzgebiet zu erklären und einer „sanften Nutzung“ als Naherholungsgebiet zuzuführen. Deshalb unterstützen wir den Ansatz von SPD und Grünen, wenn er den Ernst gemeint ist, einer „nachhaltigen Entwicklung des Grünzuges E“.
Denn das Gebiet in Werne/Harpen, das jahrzehntelang durch den Kohlebergbau gekennzeichnet war, hat jetzt ein Anrecht auf eine Regenerationsphase.
Das erfordert aber eine Umkehrung der bisherigen Planung.
Denn die sah eine „Aufwertung“ der nordöstlichen Stadteile und vor allem durch eine „Inwertsetzung der Landschaft für Freizeit und Erholung“ (Seite 8 ).
Untauglich ist auch der Verweis auf die Projekte anderer Städte, wie etwa dem Innenhafen Duisburg oder dem Nordsternpark in Gelsenkirchen. Denn hier wurden tatsächlich alte Industrieflächen rekultiviert und einer sinnvollen Nutzung zugeführt.
In Bochum dagegen sollten bestehende Flächen für die Land- und Forstwirtschaft, Grün- und Erholungsflächen sowie Landschaftsschutzgebieten den Plänen für die BuGa weichen.
Einige der Planungen, wie die Landschaftsbrücke über die A 43 oder eine bessere Erschließung durch Wege und Verbindungen innerhalb des Grünzuges E sollten umgesetzt werden. Die übrige Planung und die Bewerbung zur Bundesgartenschau lehnen wir jedoch ab.
Abschließend kann ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen. Die jetzigen Planungen den Bereich südlich des Ruhrparks unter Einschluss der Harpener Teiche bis zum Werner Hellweg zu vermarkten werden als das allerneueste verkauft. Sie sind es aber gar nicht. Ähnliche Pläne für das Gelände gab es bereits in den 80er Jahren, als hier der Bankier Steinhardt mit Hilfe der Bochumer Wirtschaftsförderung das „blühende Traumland WaBaLu“ errichten wollte. Herr Hossiep und auch Herr Mitschke, sie werden sich erinnern. Die damals gescheiterte und verhinderte Planung soll nun offensichtlich wieder aufgewärmt werden.
Ich hoffe sie werden heute endgültig begraben!