Mittwoch 25.07.07, 18:00 Uhr
Tipps für Hartz IV – Betroffene

„Überbrückung“_im_SGB_II_(bei_Arbeitsaufnahme)?


Wir erleben mit der ARGE Bochum immer wieder Probleme, Notlagen zu überbrücken. Das gilt beispielsweise für den Fall, dass jemand eine Arbeit aufnimmt oder eine Lehrstelle antritt, eine Zahlung aber erst in einiger Zeit zu erwarten ist. Falls der neue Arbeitgeber keinen Vorschuss zahlen will, keine Rücklagen da sind und einem niemand etwas leihen kann oder will, wird es schnell brenzlig.
Im BSHG gab es durchaus Möglichkeiten dazu, z.B. durch einen darlehensweisen Vorschuss des Sozialamtes (z.B. bei Geldmangel bei verzögerter Bearbeitung es BAföG-Erstantrages). Das haben auch damals die Ämtler nicht gerne gemacht, die Situation war von Ort zu Ort unterschiedlich.
Im Fürsorgerecht gilt aber selbstverständlich der Grundsatz, dass niemand verhungern darf. Zunächst (vor allem anderen, und vor Klärung von Unklarheiten) ist immer unverzüglich der Lebensunterhalt zu sichern, und zwar unverzüglich (§ 41 SGB I). Ggf. ist vorläufig zu leisten (§ 43 SGB I) oder ein Vorschuss nach § 42 SGB I zu gewähren. (dazu auch: BVerfG_12-5-05 Az.: 1 BvR 569/05 – s. unten).
Im Zweifel muss das Risiko in Kauf genommen werden, dass das Amt zu Unrecht gewährte Leistungen mühsam, gar erfolglos, zurückfordern muss.
Aber wie sagte doch Dr. Brandt, Präsident des LSG NW: „Ein Mensch kann verhungern, eine Behörde nicht“.
Für o. g. Fälle heisst das:
1. Es besteht bei aktueller Bedürftigkeit unmittelbar sofort ein Anspruch auf Sicherung des Lebensunterhalts.
2. Gemäss § 23 SGB II „ … KÖNNEN Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts … als Darlehen gewährt werden, soweit … voraussichtlich Einnahmen anfallen.“ Geleistet werden muss aber auf jeden Fall!
Infos zur Rechtslage und zum Umgang mit der Behörde gibt die Unabhängige Sozialberatung im SOZIALEN ZENTRUM, Rottstr. 31, dienstags von 16.00 – 1.00 Uhr und donnerstags von 11.0 – 13.00 Uhr. Tel.: 460 169. Sozialberatung@sz-bochum.de. (2007-07-22)
BVerfG_12-5-05 Az.: 1 BvR 569/05: Im Zweifel Kohle (Auszüge)
„ … Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht. Dieses „Gegenwärtigkeitsprinzip“ ist als Teil des Bedarfsdeckungsgrundsatzes für die Sozialhilfe allgemein anerkannt
… Hieraus folgt, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, soweit es um die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller geht, nur auf die gegenwärtige Lage abgestellt werden darf. Umstände der Vergangenheit dürfen nur insoweit herangezogen werden, als sie eindeutige Erkenntnisse über die gegenwärtige Lage des Anspruchstellers ermöglichen. Dies gilt sowohl für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit selbst als auch für die Überprüfung einer Obliegenheitsverletzung nach §§ 60, 66 SGB I, wenn über den Anspruch anhand eines dieser Kriterien entschieden werden soll. Aus diesen Gründen dürfen existenzsichernde Leistungen nicht auf Grund bloßer Mutmaßungen verweigert werden, insbesondere wenn sich diese auf vergangene Umstände stützen. …

Die Entscheidung des BVerG