Brief der Unabhängigen Sozialberatung - Beratungs- Beschwerde- und Ombudsstelle für Erwerbslose
Montag 22.01.07, 08:00 Uhr

Hartz IV nervt !!


An
die Sozialdezernentin Frau Sophie Graebsch-Wagner,
den Vorsitzenden des Sozialauschusses, Herrn Norbert Siewers,
die Mitglieder des Sozialauschusses,
die Fraktionen, Parteien, Gewerkschaften und Verbände in Bochum,
sonstige Interessenvertretungen und uns bekannte Interessierte

17. Januar 2007
Sie sind genervt, die Sachbearbeitungen in der ARGE sind genervt, die Beratungsstellen sind genervt, die Betroffenen natürlich besonders – krank werden sie davon!

WANN HÖRT DAS ENDLICH MAL AUF ?

So bald nicht, befürchten wir. Das SGB II ist eine “Dauerbaustelle“, die Umsetzung durch die ARGE ein Dauerbrenner. Unser aller demokratische Pflicht ist es diesen Zustand für die Betroffenen einigermaßen lebbar zu halten.

Die Lösung – eine Arbeitsgruppe!

„ Die Betroffenen sollen nicht frieren!“ – Aber sie frieren doch schon! Auch wenn der Winter mild ist: sie bleiben auf den Nachzahlungen sitzen, und sparen da, wo es nichts zu sparen gibt: am Essen! Von den 132,71 Euros, die im Monat dafür vorgesehen sind (für den „Haushaltsvorstand“!) kann man sich grad mal was leisten aus der Krabbelkiste bei REAL – Abgelaufenes um 30 % reduziert – und ab und zu mal ein Stück Gammelfleisch. Davon noch sparen. Zur Tafel gehen? Soll der Sozialstaat jetzt durch Almosen ersetzt werden?

Die Bundesagentur für Arbeit bestätigt: Viele ALG II-Betroffene müssen Wohnkosten aus der Regelleistung bestreiten. Das betrifft auch Hunderte in Bochum, denen die Mieterstattung gekürzt worden ist. In Wuppertal führt „Tacheles e.V.“ eine sozialwissenschaftlich geleitete Studie zur Wohn- und Heizsituation durch. In Kontakt mit der dortigen ARGE.

In Bochum versucht die ARGE mit unverständlich-dilettantischen Listen den Nachweis zu führen, es sei genügend passender Wohnraum verfügbar (s. Anlage). Sozialer Wohnungsbau, doch so luxuriös nicht, wird (auch nicht zu groß) doch als „nicht angemessen“ klassifiziert. Übergroße Wohnungen (für Menschen mit Bibliothek etc. …) – auch wenn ganz billig – darf nicht gemietet werden, es sei denn, der Vermieter verzichtet schriftlich für immer und für alle Zeiten auf die Nebenkosten für den überschießenden Wohnraum – wo gibt es denn so was? Es reicht nicht, wenn die Betroffenen die Differenz begründet selber zahlen könnten. Wohnungen mit geringen Betriebs- und Heizkosten – damit insgesamt akzeptabel – kommen erst auf dem Rechtswege durch. Die starre Haltung in Bezug auf ein „Mietsponsering“ ist hinlänglich bekannt. In der Heizkostenfrage geht es der ARGE nicht um eine sachgerechte Lösung, sondern allein darum ,ihre Entscheidungen „gerichtsfest“ zu machen – was ihr so nicht gelingen kann.

250 neue Widersprüche im Monat (davon fast die Hälfte erfolgreich), insgesamt schon ein paar tausend, noch mehr erfolgreiche „Beschwerden“ auf dem „kleinen Dienstweg“ – erfolgreich ohne den Rechtsweg zu beschreiten; die Anzahl der Klagen dürfte sich allmählich auf die zweitausend zu bewegen. Vieles davon ist „hausgemacht“ und bräuchte nicht zu sein. Verfahrenskosten immens, von den vielen Extra-Arbeitsstunden der Sachbearbeitungen (jede kostet bis zu 100 Euro!) ganz zu schweigen.

Der Sozialausschuss, die Beratungsstellen, die Betroffenen – überreichlich damit beschäftigt und blockiert für Anderes!

Die Lösung – eine Arbeitsgruppe!

Um die allfälligen Umsetzungsprobleme rationell einer angemessenen Lösung zuführen zu können, erscheint es uns sinnvoll, eine Arbeitsgruppe mit VertreterInnen der Ratsfraktionen/ des Sozialausschusses zu bilden. Hinzu kommen sollten die Beratungsstellen und Betroffenenverbände – in erster Linie die Gewerkschaften und die Sozialverbände VdK und SoVD, vielleicht auch RechtsanwältInnen. Sozusagen ein Beirat für den BEIRAT und den Sozialausschuss. Wir wären bereit zur Mitarbeit.

Natürlich arbeiten wir verlässlich und unnachgiebige für die Interessen der Betroffenen – wie eine „Ombudsstelle“, streng parteiisch im ursprünglichen Sinne einer „Volksanwaltschaft“. Wir verfügen über eine hohe Akzeptant bei den Betroffenen und anderen gesellschaftlichen Gruppen. Daher ist kaum zu erwarten, dass wir die Entscheidungen der Politik immer mittragen werden. Wir sind aber nicht so ideologisch verblendet, dass wir nicht auch Verbesserungen für die Betroffenen zu schätzen wüssten.

Es bräuchte auch eine „Sozialfeuerwehr“ mit einem „Feuerwehrfonds“ – zu oft werden Menschen einfach „ohne Alles“ sich selbst überlassen – bürokratische Mühlen mahlen manchmal langsam, und der „einstweilige Rechtsschutz“ beim Sozialgericht („Eilantrag“) eilt inzwischen bis zu sechs Wochen! Die Stadt Bochum ist hier zwar juristisch nicht in der Pflicht – politisch – moralisch aber schon! Das gleiche gilt für die Sanktionen – „bis zu 100 % bis auf voll Null!“ Da muss ein Ausweg geschaffen werden (s. Anlage).

Trotz aller Schwierigkeiten hat Bochum mit seiner guten Geschichte eine Chance, als „Soziale Stadt“ diese Zeiten durchzustehen und ein Auseinanderbrechen der Gesellschaft zu verhindern.

Wir bitten Sie, das Ihrige dazu zu tun!

Wir bitten, diese allgemeine Form ohne persönliche Ansprache und die späte Vorlage zu entschuldigen – wir leisten reine Freiwilligenarbeit (oftmals neben aufreibender Berufstätigkeit) und zeigen einen hohen persönlichen Einsatz. Wir verstehen diese Vorlage auch als eine Anregung im Sinne der Gemeindeordnung für das Land NRW. Die beiliegenden Dokumente sind auf Anfrage gerne in elektronischer Form verfügbar.

Sanktionen ab 1. 1. 2007: 100 % Kürzung bis auf voll NULL !!

Seit dem 1. Januar 2007 sind Sanktionen für Hartz IV-Opfer in Kraft, die mensch nicht glauben kann: bis runter auf Nichts kann gekürzt werden, für Monate, auch die Miete und sonstige Kosten der Unterkunft können einfach gestrichen werden! (s. umseitigen Flyer des SOZIALFORUM BOCHUM).

Wir meinen: das kann sicherlich nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sein! Wir gehen davon aus, dass die Gerichte das kippen werden. Das kann aber Jahre dauern. Bis dahin müssen wir uns mit dem Mittel des „Einstweiligen Rechtsschutzes“ („Eilantrag“/“einstweilige Anordnung“) behelfen. Bei der Überlastung der Sozialgerichte dauert das aber auch bis zu sechs Wochen – da ist schon so Mancher oder Manche unter die Räder gekommen.

Wir appellieren an den Rat und an den Sozialausschuss der Stadt Bochum: Lassen Sie es so weit nicht kommen! Setzen Sie energisch Ihren Einfluss über Ihre Mit-Trägerschaft der ARGE oder auf der persönlich-politischen Ebene ein, um den betroffenen Menschen unter allen Umständen noch ein Leben in der grundgesetzlich gebotenen Würde zu ermöglichen! Wie sagte das Bundessozialgericht: „Im Zweifel für die Betroffenen!“, und Dr. Brand. Präsident des Landessozialgerichtes, fügte hinzu: „Menschen können verhungern, Ämter nicht!“

Betroffen von derartigen Sanktionen sind unserer Erfahrung nach nämlich nicht vermutete „Arbeitsverweigerer“, sondern nicht selten Menschen, denen ihre Würde noch etwas Wert ist und die sich einfach nicht unterkriegen lassen wollen. Da gibt es aber bessere Möglichkeiten!

Dann sind aber schnell auch Menschen betroffen, die nicht in der Lage sind, wichtige Alltagsdinge vernünftig auf die Reihe zu kriegen, geschweige denn mit der Hartz IV-Gesetzgebung umzugehen. Manche sind einfach so weit neben der Spur, dass sie sogar eingehende Briefe nicht öffnen. Kürzlich kam es deswegen in einem Nachbarort sogar zu einer Zwangsräumung – die gekürzten Gelder reichten einfach neun Monate lang nicht mehr zur Mietzahlung.

Diese Menschen brauchen keine Sanktionen, die brauchen einfach ganz besonders Hilfe! Zu Zeiten des alten BSHG (Bundessozialhilfegesetzes) hätte es derartiges kaum geben können (ohne deswegen das BSHG in den Himmel loben zu wollen).

Ein sog. „Fehlverhalten“ darf nicht automatisch Sanktionen in Gang setzen. Die Behörde muss den Einzelfall prüfen und auf jeden Fall positive Umstände für den Betroffenen oder besonderen Hilfebedarf (betreutes Wohnen?) von sich aus ermitteln. Hier zeigt sich auch die Härte von Hartz IV. Es berücksichtigt nicht, dass es auch Menschen gibt, die vor einer Arbeitsaufnahme eventuell erst einmal andere Hilfe benötigen. Die Praxis von Hartz IV zeigt, dass dies in Deutschland kaum berücksichtigt wird und gerne ein Exempel statuiert wird.

Kommt es doch zu einer Sanktion, lassen sich auch dagegen Rechtsmittel einlegen. Nicht einfach alles gefallen lassen! Dafür sind wir da!

Kein ALG II / Hartz IV mehr für psychisch erkrankte Personen?

Nach Meinung der Grundsatzabteilung der ARGE Bochum sollen Menschen, die nach den Unterbringungsgesetzen bzw. den PsychKG der Länder untergebracht sind, umgehend aus dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II herausfallen und auf Leistungen nach dem SGB XII (für Nicht-Erwerbsfähige) verwiesen werden.

Dadurch fallen vor allem Sozialgeld für Angehörige weg sowie ggf. Leistungen zur Eingliederung und ggf. das Übergangsgeld (Übergang von ALG I in ALG II), ebenso entfällt die Versicherungspflicht in der Renten- und Krankenversicherung, etwa vorhandenes kleines Vermögen wird nahezu gänzlich angerechnet. Ob und wie die Kosten der Unterkunft sichergestellt sind ist unklar.

Die Dauer solcher Zwangsunterbringung ist häufig eher kurz, dafür möglicherweise wiederkehrend. Das würde zu einem häufigen Wechsel vom Bereich SGB II in SGB XII und umgekehrt führen, mit einem immensen bürokratischen Aufwand und mit inakzeptablen Versorgungslücken für die Betroffenen.

Die Erfolge der vergangen Jahre (und Jahrzehnte!) in der Verbesserung der Lage psychiatrisch Hilfebedürftiger würden damit arg reduziert. Im Vergleich zu körperlich Erkrankten fände eine massive Diskriminierung statt.

Diese Vorgehensweise folgert nicht zwingend aus dem SGB II – Fortentwicklungsgesetz (FEG – gültig ab 1. 8. 2006). Die ARGE Bochum verweist auf den „Willen des Gesetzgebers“ und auf die Begründung zum FEG – aber auch das wird unterschiedlich interpretiert.

Wir appellieren an den Sozialausschuss und den Rat der Stadt Bochum, eine menschengemäße Lösung zu finden. Auch der Landes- und Bundesverband der Psychiatrie-Erfahrenen (Geschäftsführung: Hr. Matthias Seibt, Tel. 0234 – 640 51 02) ist in dieser Sache bereits aktiv.

Wir erlauben uns, zur Sitzung des Sozialausschusses am 23. Januar den Fraktionen hiermit umfangreiches Material zur Verfügung zu stellen und stehen auch ggf. für weitere Informationen und Beratungen zur Verfügung.

„Stallpflicht“ für U 25 (unter 25jährige) – auch schwanger oder alleinerziehend?

ARGE Bochum will sie nicht aus der Wohnung der Eltern lassen, obwohl diese gar nicht
mehr für sie aufkommen müssen

Der Gesetzgeber hat 2006 die Vorschriften über die Kosten für Unterkunft und Heizung für Personen unter 25 Jahren verschärft. Sie sollen nach einem Umzug nur dann Leistungen für Unterkunft und Heizung vom zuständigen Träger der Grundsicherung erhalten, wenn dieser dem Umzug vorher zugestimmt hat. Die gesetzliche Vorschrift benennt die Voraussetzungen für eine Zusicherung durch die unbestimmten Begriffe „schwerwiegender sozialer Grund“ und „sonstiger ähnlich schwerwiegender Grund“ nur unzureichend. Der Deutsche Verein gibt zur Konkretisierung dieser Vorschrift die Empfehlungen ab, die auf den folgenden Seiten wiedergegeben sind. Dem können wir uns nur anschließen.

§ 9 Abs. 3 bestimmt hingegen, dass bei Schwangeren oder Alleinerziehenden (mit Kind bis sechs Jahre) die Eltern nicht zur Deckung des Lebensunterhalts herangezogen werden. Diese Regelung erfolgte in der Absicht, die Druckmöglichkeit der Eltern in Richtung Abtreibung zu verringern:

„Absatz 2 (jetzt: Abs. 3) dient dem Schutz des ungeborenen Lebens und soll sicherstellen, dass schwangere Minderjährige nicht wegen des ansonsten üblichen Einsatzes des Elterneinkommens für die in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder zu einem Schwangerschaftsabbruch veranlasst werden. Die Regelung entspricht dem Sozialhilferecht.“ Begründung aus dem SGB II-Entwurf v. 5-9-03, BT-DS 15/1516).

Diese lobenswerte Absicht des Gesetzgebers wird durch die starre Auslegung des § 22 Abs. 2 a SGB II („Stallpflicht“) konterkariert.

Da die Durchführung aller die Kosten der Unterkunft betreffenden Regelungen des SGB II allein Sache der Kommune ist, hat der Rat und der Sozialausschuss der Stadt Bochum alle Möglichkeiten, hier zu einer der Sache angemessenen Regelung zu finden.

Zu diesem Thema passt auch die Angewohnheit der ARGE, Alleinerziehenden mit mehreren Kindern, wovon eins dann die Grenze zur Volljährigkeit überschreitet, den Alleinerziehenden-Mehrbedarf zu streichen. Angeblich seien sie dann ja nicht mehr alleinerziehend, weil sich ein weiterer volljähriger Mensch in der Bedarfsgemeinschaft befände.

Nach dem Bürgerlichem Gesetzbuch gilt als allein erziehend, wer das alleinige Sorgerecht hat – egal, ob die Person mit einem Partner, in einer Wohngemeinschaft, bei den Eltern oder in einem Heim lebt. Das Sozialrecht hingegen orientiert sich an der Haushaltssituation. Hier gilt als allein erziehend, wer allein für ein oder mehrere Kinder sorgt. Dabei kann allerdings nicht allein das Mitwohnen einer erwachsen Person ausreichend sein, das Allein-Sorgen zu verneinen. Wer nicht ganz weltfremd ist, weiß auch, dass das (nun häufig sogar zwangsweise) Zusammenleben mit jungen Erwachsenen häufig nicht gerade zur Vereinfachung des Lebens beiträgt. Im Gegenteil – eigentlich müsste doch der Alleinerziehenden-Mehrbedarf doppelt gezahlt werden! Zum leidigen Thema „ARGE bedrängt allein erziehende Mutter“ (WAZ BO 13.10.06) meinte übrigens kürzlich Prof. Götz Werner: „… Wenn eine Frau ihre drei Kinder grosszieht, dann wird sie gefragt: Arbeitest du oder bist du zu hause? Hartz IV löst nur Leid aus!“

Heizkosten für ALG II / SozG-Berechtigte

Dazu finden Sie beiliegende:

1. Stellungnahme „Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt“
2. ifeu-Institut: Energiekostenanstig, soziale Folge und Klimaschutz
3. Heizungsbedarf nach Baualtersklassen
4. Heizkosten-Pauschalierung: Rechtsprechung: „ .., schlicht rechtswidrig …“
5. BAG-SHI-Rundbrief: Entscheidungsübersicht (Norbert Hermann)
6. BAG-SHI-Rundbrief: BA bestätigt: Berechtigte erleiden Mangel bei den KdU

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Thematik wird leider all zu sehr unter juristischen Aspekten (ARGE BO: „…Entscheidungen gerichtsfest machen …“) und fiskalischen Aspekten gesehen (Sparzwang). Da es aber hier um Gestaltung des Lebens geht, sollten folgende Gesichtspunkte maßgebend sein:

1. sachlich-technische Angemessenheit des Heizverhaltens
2. menschenbezogene persönliche Bedarfe
3. ökologische Aspekte – Anreiz zum Sparen

Zu Nr. 1 und Nr. 2 ist schon vieles gesagt worden, auch gerichtlich (s. Anlagen). Darum beginnen wir hier mit Nr. 3: ökologische Aspekte:

Das derzeitige Wetter und viele weitere Hinweise zeigen deutlich: Energiesparen ist angesagt: Aus Überzeugung tun das nur wenige. Die Erfahrung zeigt: nur hohe Energiekosten helfen wirklich.

Darauf reagieren aber nur Menschen mittlerer Einkommensklassen, die mit ihren Geldmitteln haushalten müssen aber auch den Spielraum haben, das zu tun. Leistungsberechtigte nach SGB II / SGB XII machen sich da weniger Gedanken, ihre Heizkosten werden erstattet, und sie haben reichlich damit zu tun, unter misslichen Umständen zu überleben.

Menschen mit höherem Einkommen kümmern sich erfahrungsgemäß darum auch wenig: sie gönnen sich reichlich Wohnfläche, oftmals luxuriös mit riesigen Fensterflächen versehen. Sie fahren großkalibrige Autos („Touran“ ist jetzt angesagt! Manche dieser Autos gehören eher auf das Schlachtfeld als in Lebensräume!), deren Herstellung schon sehr viel Energie verschlingt. Sie konsumieren in hohem Masse energieaufwendig hergestellte Elektronik-Artikel, oft mehrfach im Jahr werden weite Fernflugreisen unternommen. Ihr Energieverbrauch wird um ein Vielfaches höher liegen als der eines Durchschnittsbürgers.

Hartz IV-Berechtigte werden demgegenüber noch deutlich weniger Energie verbrauchen als der Durchschnitt, einfach weil das wenige Geld nicht mehr erlaubt. Auf sie Druck ausüben zu wollen, das Wenige noch zu reduzieren, ist zutiefst unmoralisch. Eine mögliche Lösung, die in Öko-Kreisen diskutiert wird, wäre eine gleichmäßige Energieverbrauchsbegrenzung für alle unabhängig vom Einkommen.

Ad 1. sachlich-technische Angemessenheit des Heizverhaltens:

Entsprechend der Rechtslage sind die „Richtlinien ..“ dahingehend zu ändern, dass zunächst die Vermutung eines angemessenen Heizverhaltens besteht und die Heizkosten in der tatsächlich gezahlten Höhe zu übernehmen sind. Entsteht die Vermutung, es würde technisch unangemessen geheizt, so wäre das durch ein Gespräch mit den Betroffenen auszuräumen. Ggf. muss eine qualifizierte Energieberatung oder sogar eine technische Überprüfung hinzugezogen werden.

Die dadurch entstehenden Kosten wären allerdings nicht gering, allein eine Stunde Tätigkeit eines Sachbearbeiters/einer Sachbearbeiterin würde mit Euro 70,– bis 100,– (incl. aller Nebenkosten und Kosten des Arbeitsplatzes – jedenfalls kalkulieren die Finanzämter mit Euro 100,– !!) zu Buche schlagen. Hier muss die Frage nach der Wirtschaftlichkeit solcher Maßnahmen erlaubt sein.

Im Sozialrecht gilt das Prinzip der Bedarfsdeckung und der Individualisierung. Es darf deshalb gerade nicht an einem Durchschnitt orientiert werden. Von einer derartigen Orientierung am Einzellfall, wie sie durchgängig auch gerichtlich gefordert wird, ist uns in Bochum noch niemals berichtet worden.

Ein großer Teil der betroffenen Wohnungen ist vor 1982 gebaut worden. Der Heizenergiebedarf solcher Wohnung ist drei bis fünf mal so hoch wie der von Gebäuden mit hoher Wärmedämmung.

2. menschenbezogene persönliche Bedarfe

Neben den bekannten Unterschieden zwischen den Menschen in Bezug auf die nötige Raumtemperatur ist vorstellbar, dass Erwerbslose im Allgemeinen einen höheren Heizbedarf haben als Nicht-Erwerbslose: sie wohnen häufig in einfacheren, weniger gedämmten Häusern, sie halten sich naturgemäß häufiger zu Hause auf als Berufstätige, ihr eigener innerer Energiehaushalt ist schwächer als der von Menschen, die aktiv am Leben teilnehmen (medizinische Begründung auf Anforderung), sie erkranken häufiger als Nicht-Erwerbslose, 50 % sind chronisch erkrankt.

Ihnen die Heizung zu drosseln würde vor allem ihr Sterberisiko weiter erhöhen; wollen Sie das?

Das Sterberisiko ist statistisch bei Erwerbslosigkeit doppelt so hoch wie bei Nicht-Erwerbslosigkeit, nach zwei Jahren bereits vier mal so hoch.

Anreize dürfen deshalb nur auf freiwilliger Basis und positiv (ohne Risiko von Kürzungen) eingeführt werden.