Freitag 20.02.15, 14:08 Uhr

Newsletter der Linksfraktion 5


In ihrem newsletter berichtet die Linksfraktion über die  gestrige Ratssitzung und weitere Ereignisse aus ihrer Arbeit. Der newsletter: »Eine turbulente und ereignisreiche Ratssitzung liegt hinter uns. Eine ganz große rot-schwarz-grüne Koalition hat am Donnerstag, den 19. Februar im typisch Bochumer Stil eine Reihe von Beschlüssen durchgesetzt, die wir für unsozial und kontraproduktiv halten. Aber es ging auch um unsere Anträge zu TTIP und zum Rats-TV. Außerdem liegen einige weitere bedeutsame Infos aus Anfragen vor, die wir gestellt haben.

Die Themen im Einzelnen:

1.) Linksfraktion gegen TTIP – SPD und Grüne + CDU nicht so richtig
2.) Transparenz muss warten: Rot-Grün-Schwarz verzögert Einführung des Rats-TV
3.) JeKits: Rat akzeptiert Mogelpackung aus Düsseldorf
4.) Opel-Flächen: Politik knickt ein
5.) Rot-Grün-Schwarz verschlechtert Schulbetreuung
6.) Nein zu weiteren Sozialkürzungen bei „Kosten der Unterkunft“!
7.) Besorgniserregend: Anzahl der Stromsperren in Bochum explodiert
8.) Semesterticket-Abschaffung hätte „weitreichende Konsequenzen für Bochum“
9.) Anfrage: Neue Möbel im Rat?!
10.) Einladung: „Die Folgen des kommunalen Sparens“ mit Horst Hohmeier

1.) Linksfraktion gegen TTIP – SPD und Grüne + CDU nicht so richtig

Auf Initiative der Linksfraktion war das internationale Freihandelsabkommen TTIP Thema im Bochumer Rat. Zusammen mit der Sozialen Liste haben wir beantragt, dass sich der Rat gegen die Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada ausspricht sowie das Dienstleistungsabkommen TiSA ablehnt. (Der Antrag im Wortlaut.) Vor der Ratssitzung haben wir zusammen mit Aktiven aus den Sozialen Bewegungen vor dem Rathaus über die Gefahren von TTIP informiert. (Fotos von den Protesten.) Außerdem haben wir eine Broschüre mit dem Titel „Was hat TTIP mit Bochum zu tun?“ veröffentlicht.

Auf der Sitzung selbst kam es zu einer hitzigen Debatte. In seinem Redebeitrag hat unser Fraktionsvorsitzender Ralf-D. Lange ausführlich begründet, weshalb es wichtig ist, dass sich der Rat eindeutig gegen das angebliche Freihandelsabkommen positioniert: „Es geht letztlich um eine Machtverschiebung weg von politisch gewählten Entscheidungsträgern hin zu multinationalen Konzernen.“

Gegen unseren Antrag haben SPD, Grüne, CDU („Zitat: Wir stehen voll und ganz hinter TTIP“) und andere einen gemeinsamen Änderungsantrag vorgelegt, der unseren Antrag ersetzen sollte. Diesen kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen den vehementen TTIP-BefürworterInnen der CDU und moderaten KritikerInnen haben wir aus mehreren Gründen kritisiert: „Inhaltlich geht es darum, die Ablehnung der Freihandelsabkommen durch eine weichgespülte Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände zu ersetzen“, sagte Ralf-D. Lange. „Die von den Verbänden formulierten Forderungen decken nur einen Teil der Probleme ab. Vor allem aber betreibt die Stellungnahme Augenwischerei: Die kommunalen Spitzenverbände behaupten in dem Papier, dass sie die TTIP-Verhandlungen ‚konstruktiv begleiten’. Das ist so nicht zutreffend. Die Kommunen sind an den Verhandlungen nicht beteiligt. Das ist ja ein Teil das massiven Demokratiedefizits. Es wäre ein falsches Signal, wenn der Bochumer Rat dieses undemokratische Verfahren mit intransparenten Geheimverhandlungen grundsätzlich begrüßen würde, nur in der vagen Hoffnung, dass irgendwer vielleicht noch Detailverbesserungen durchsetzen könnte.“ Trotz dieser Kritik hat sich der rot-grün-schwarze Antrag durchgesetzt. Zum gemeinsamen Abstimmverhalten der Grünen mit der CDU erklärte Ralf-D. Lange: „Dass auch die Bochumer Grünen diesen weichgespülten Antrag mittragen, ist leider mal wieder ein Zeichen, dass sie links blinken und im entscheidenden Moment rechts abbiegen. Sie halten im Rat nicht, was sie auf der Straße versprechen.“ Die Rede von Ralf-D. Lange im Wortlaut.

2.) Transparenz muss warten: Rot-Grün-Schwarz verzögert Einführung des Rats-TV

Stell dir vor, in Bochum wird Politik gemacht, und alle bekommen es mit: Gemeinsam mit der Sozialen Liste haben wir im Rat beantragt, dass die Sitzungen des Rats zukünftig als Livestream auf der Internetseite der Stadt zur Verfügung gestellt werden. (Unser Antrag im Wortlaut.) In anderen Städten ist das sogenannte Rats-TV längst eingeführt – und zwar mit guten Erfahrungen. Die Einführung des Rats-TV ist ohne großen technischen Aufwand und sehr kostengünstig realisierbar. Das zeigen nicht nur die Erfahrungen in anderen Städten, sondern auch die Bochumer Verwaltung sieht das laut eigenen Mitteilungen so. Trotzdem ist seit Jahren nichts geschehen.

Mit unserem Antrag wollten wir erreichen, dass sich das jetzt endlich ändert. Anders haben das leider die SPD, die Grünen und die CDU gesehen: Sie haben der Verwaltung einen erneuten Prüfauftrag erteilt – obwohl die Verwaltung bereits 2012 mitgeteilt hat, dass das Rats-TV lediglich einmalige Investitionskosten von unter 9.000 Euro für die Technik und 3,5 Arbeitsstunden pro Sitzung kostet. Diese rot-grün-schwarze Verzögerungstaktik kritisieren wir und drängen weiter auf eine zeitnahe Umsetzung.

3.) JeKits: Rat akzeptiert Mogelpackung aus Düsseldorf

„In Bochum wurde ein Tiger entführt und im Landtag zu einem Bettvorleger verarbeitet“ – mit diesen Worten hat unser Ratsmitglied Horst Hohmeier die Pläne der rot-grünen Ratsmehrheit kritisiert, die Zusammenkürzung des Programms ‚Jedem Kind ein Instrument‘ (JeKi) durch die Landesregierung einfach so zu akzeptieren. Unter dem Namen „Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“ (JeKits) sollen Eltern in unserer Stadt zukünftig für weniger Förderung mehr zahlen. (Mehr Infos.) Im Kulturausschuss hatte es noch massive Kritik auch aus anderen Fraktionen gegeben. Dem wollte die Ratsmehrheit heute keine Taten folgen lassen, was wir bedauern. Erneut wiederholt sich das Spiel, dass die Bochumer VertreterInnen von SPD und Grünen so tun, als würde die Verantwortung alleine bei ihren ParteifreundInnen in Düsseldorf liegen – obwohl die Bochumer PolitikerInnen für sie Wahlkampf gemacht haben und sie auch bei den nächsten Landtagswahlen trotzdem wieder unterstützen werden.

4.) Opel-Flächen: Politik knickt ein

Gegen die Stimmen der Linksfraktion hat der Rat beschlossen, dass auf dem ehemaligen Opel-Gelände jetzt doch Logistik-Betriebe wie DHL angesiedelt werden dürfen. Im bisher gültigen Bebauungsplan wurde das bewusst ausgeschlossen, denn Logistik-Unternehmen verbrauchen sehr viel Fläche und schaffen wenig qualifizierte Arbeitsplätze.

In seinem Redebeitrag hat unser Ratsmitglied Horst Hohmeier mit Bezug auf die Antworten auf unseren umfassenden Fragenkatalog festgestellt:

„Die Katze ist aus dem Sack! Jetzt sind zwei Dinge klar. Erstens: Es wird durch DHL keine ‚wertschöpfende Logistik‘ an diesem Standort geben. Was hier auf dem Opel Gelände von DHL geplant wird ist ein reines Warenverteilzentrum! Zweitens: Der Rat soll eine Entscheidung treffen ohne die Folgen vorher zu kennen.“ Die 600 Arbeitsplätze, mit denen Rot-Grün argumentiert, hat DHL nämlich keineswegs verbindlich zugesagt, sie sind möglicherweise eher eine Wunschvorstellung. Außerdem wies Horst Hohmeier darauf hin, dass der Konzern gerade versucht, über ein Tochterunternehmen aus gültigen Tarifverträgen auszusteigen. Die Antworten auf unsere Frage nach Verkehrsaufkommen, Lärm, Feinstaub und Co2 Emissionen wurden alle auf noch zu erstellende Gutachten verschoben. Dazu Hohmeier: „Wir sollen also abstimmen ohne die Folgen zu kennen. Hier wird der zweite Schritt vor dem ersten unternommen. Auch das können wir so nicht mittragen!“ Die Linksfraktion wird sich weiterhin für die Ansiedlung von guten und nachhaltigen Arbeitsplätzen in Bochum einsetzen.

5.) Rot-Grün-Schwarz verschlechtert Schulbetreuung

Ebenfalls gegen unsere Stimmen hat der Rat eine neue Beitragssatzung für die Betreuungsangebote an den Bochumer Schulen beschlossen. Als LINKE sind wir der Meinung: Schulische Angebote müssen über ein sozial gerechtes Steuersystem finanziert werden, und nicht über Gebühren, die Familien zusätzlich belasten. Doch das ist nicht der einzige Grund, weshalb der Ratsbeschluss unsozial ist. Warum noch, hat unser Fraktionsvorsitzender Ralf-D. Lange in seinem Redebeitrag erklärt:

„Auf den ersten Blick scheinen die vorgeschlagenen Gebühren für die Betreuung in den Bochumer Schulen eine soziale Komponente zu haben. Sie sollen zukünftig nach Einkommen gestaffelt erhoben werden. Aber: Zusammen mit dieser Änderung wollen Sie gleichzeitig die städtische Finanzierung zusammenkürzen und das Angebot für Schülerinnen und Schüler verschlechtern: Insgesamt sollen 300.000 Euro gestrichen werden – das ist eine Kürzung der städtischen Finanzierung um satte zwölf Prozent. Wir stimmen hier also nicht nur über eine neue Beitragssatzung ab, sondern über eine spürbare Verschlechterung des Betreuungsangebots an den Bochumer Schulen. Wenn die Satzung so beschlossen wird, wird die Betreuung in den Weihnachtsferien und an den beiden Ferientagen vor Schuljahresbeginn ersatzlos wegfallen. Wer städtische Leistungen zu Lasten von Kindern und Familien kürzt, handelt unsozial. Deswegen werden wir gegen diese Beitragssatzung stimmen.“ Mehr Infos: Unsere Presseerklärung zum Thema.

6.) Nein zu weiteren Sozialkürzungen bei „Kosten der Unterkunft“!

Im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales hatte Consultingagentur Rödl & Partner der Stadt weitere Sozialkürzungen empfohlen. Bochumer EmpfängerInnen von Arbeitslosengeld II und Grundsicherung wären davon hart betroffen: Nach Ansicht von Rödl & Partner soll die Stadt einen Sondermietspiegel für ALGII-EmpängerInnen erstellen, damit mehr Wohnungen als ’nicht angemessen‘ eingestuft werden können. Außerdem wollen die BeraterInnen, dass die Stadt das Heizkostenmoratorium aufhebt, damit nicht mehr für alle ALGII-EmpfängerInnen die vollständigen Heizkosten übernommen werden müssen. DIE LINKE. im Rat der Stadt Bochum fordert, den Kürzungsplan zu verwerfen. Er würde die Ärmsten in unserer Stadt treffen.

Im Ausschuss haben wir eine Anfrage zum Verfahren gestellt, die jetzt beantwortet worden ist. Daraus geht hervor, dass die Beratungsfirma 30.000 Euro für ihr Gutachten mit den Sozialkürzungsvorschlägen erhalten hat. Die Erstellung des Sonder-Mietspiegels würde zusätzlich noch einmal bis zu 50.000 Euro kosten.

Auch die Einführung eines Verfahrens zur Prüfung der Betriebs- und Heizkostenabrechnung würde nach Ansicht der Verwaltung „wesentliche Kosten“ auslösen – insgesamt 300.000 Euro plus weitergehende Schulungskosten. Auf die Frage, welche Maßnahmen städtische Institutionen ergreifen können, um die VermieterInnen in die Pflicht zu nehmen, ohne zum Beispiel durch Leistungskürzungen den gesamten Druck auf die MieterInnen zu verlagern, antwortet die Verwaltung: Sie kenne keinerlei Maßnahmen, die die Stadt ergreifen könne, um die MieterInnen zu schützen. Damit sind die Befürchtungen der Linksfraktion bestätigt. Die von der Consultingagentur vorgetragenen Kürzungsvorschläge sind nicht nur unsozial, sondern auch teuer, und sie haben negative Folgen, die die Stadt nicht eindämmen kann. Deshalb müssen die Vorschläge so schnell wie möglich verworfen werden! Die Antwort der Verwaltung auf unsere Anfrage im Wortlaut.

7.) Besorgniserregend: Anzahl der Stromsperren in Bochum explodiert

Im Dezember haben wir die Verwaltung gebeten, die Statistik darüber fortzuschreiben, in wie vielen Häusern und Wohnungen die Stadtwerke den Strom wegen Zahlungsversäumnis abgedreht haben. Eine Anfrage der Linksfraktion im Jahr 2013 hatte ergeben, dass sich die Zahl der Stromsperren von 2007 (1379 Sperrungen) bis 2012 (2012: 2501 Sperrungen) um mehr als 81 Prozent erhöht hat. Die Antwort auf unsere erneute Anfrage zeigt eine höchst besorgniserregende Entwicklung: Demnach gab es 2013 insgesamt 3.796 Sperrungen und 2014 allein bis November 3.669 Sperrungen. Mit anderen Worten: Im Vergleich zum Jahr 2007 gab es in Bochum 2013 eine Erhöhung um 175 Prozent! Stromsperren sind ein ernsthaftes soziales Problem, denn ein menschenwürdiges Wohnen ohne Strom ist praktisch nicht möglich. Die Verwaltung erklärt, dass die Vervielfachung der Stromsperren durch eine „stringente Bearbeitung der Inkasso- und Sperraufträge“ ausgelöst wird. Den Betroffenen hilft das freilich wenig. In unseren Augen dokumentiert diese Entwicklung die Zuspitzung der sozialen Lage in Bochum.

8.) Semesterticket-Abschaffung hätte „weitreichende Konsequenzen für Bochum“

An den Hochschulen im Ruhrgebiet wird weiter gegen das Vorhaben des Verkehrsverbundes VRR protestiert, das studentische Semesterticket schrittweise um bis zu 50 Prozent zu verteuern. Um das durchzusetzen, hat der VRR die bestehenden Verträge mit den Studierendenschaften gekündigt und will den ASten jetzt die Pistole auf die Brust setzen: Entweder unterschreiben sie die viel teureren und schlechteren Verträge, oder es gibt zukünftig überhaupt kein Semesterticket mehr.

In einer Anfrage wollten wir klären lassen, welche Folgen es für die Stadt hätte, wenn das Semesterticket für alle 50.000 Studierenden in Bochum wegfallen würde. Wir befürchten für diesen Fall neben den sozialen Folgen für die Studierenden eine deutliche Zunahme des Autoverkehrs in der Stadt, Parkplatzchaos im Umfeld der Hochschulen und die Hinfälligkeit von bisherigen Verkehrsgutachten. In ihrer Antwort bestätigt die Verwaltung, dass ein Wegfall des Semestertickets „in der Tat weitreichende Konsequenzen“ für Bochum hätte. Welche genau, will die Stadt aber erst durchrechnen lassen, wenn der Fall eintritt. Sollte es zu keinem neuen Vertragsabschluss kommen, nimmt die Stadt Bochum an, „dass sich dann auch das Landesministerium als Vermittler einschaltet“ – „schließlich wäre das gesamte Bundesland betroffen“.

Als Linksfraktion fordern wir weiterhin, dass sich die Bochumer Mitglieder im VRR-Verwaltungsrat und Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz für den Erhalt des Semestertickets ohne die massiven Preiserhöhungen einsetzen. Mehr Infos in unserer News „Nahverkehr solidarisch finanzieren – Semsterticket erhalten!“ aus dem Dezember.

9.) Anfrage: Neue Möbel im Rat?!

Bereits zur Ratssitzung im Januar haben die Mitglieder des Bochumer Rats den Sitzungssaal mit neuen Tischen und Stühlen ausgestattet vorgefunden. Auch das Mobiliar in anderen Räumen des Rathauses wurde ausgetauscht. Die Neuanschaffungen haben uns überrascht – schließlich hat die Ratsmehrheit auf der Sitzung massive Haushaltskürzungen zu Lasten der städtischen Beschäftigten und der Bochumer Bevölkerung beschlossen. Und zumindest uns hätte es nicht gestört, das bisherige Mobiliar weiter zu nutzen. In einer Anfrage lassen wir nun klären, was das neue Mobiliar gekostet hat, und wer entschieden hat, dass die bisherigen Tische und Stühle für die Mitglieder des Rats nicht mehr gut genug sind. Außerdem wollen wir wissen, was mit den alten Möbeln geschieht. Daher haben wir angefragt: Können die bisher verwendeten Tische und Stühle Initiativen und Verbänden zur Verfügung gestellt werden, die Bedarf dafür haben? Können sie zugunsten eines sozialen/wohltätigen Zwecks versteigert werden? Eine Antwort der Verwaltung liegt noch nicht vor, wir werden informieren. Unsere Anfrage im Wortlaut.

10.) Einladung: „Die Folgen des kommunalen Sparens“ mit Horst Hohmeier

Für Freitag, den 27. Februar laden der_notstand e.V., der Freiraum e.V. und die Rosa-Luxemburg-Stiftung zu einer Diskussionsveranstaltung in das Soziale Zentrum Bochum ein. Der Titel der Veranstaltung: „Weniger ist nicht immer mehr: Die Folgen des kommunalen Sparens“. Unser Ratsmitglied Horst Hohmeier und eine Aktivistin des Bündnisses „Recht auf Stadt Ruhr“ sprechen über die Hintergründe und Auswirkungen der kommunalen Kürzungspolitik. Außerdem soll über Gegenwehr und Alternativen diskutiert werden. Sehr gerne weisen wir auf diesen Termin hin, und Horst Hohmeier freut sich auf spannende Diskussionen. Die Veranstaltung im Sozialen Zentrum, Josephstr. 2, beginnt um 19 Uhr. Mehr Infos zur Veranstaltung.


5 Gedanken zu “Newsletter der Linksfraktion

  • Norbert Hermann

    „Schlüssige Konzept“ zur Mietobergrenze
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    Beim Thema “Wohnungskosten“ für Menschen, die von Hartz IV, Grundsicherung oder Sozialhilfe / Hilfe zum Lebensunterhalt abhängig sind („Kosten der Unterkunft“ = KdU) liegt die Linksfraktion allerdings unverbesserlich daneben: Das Bundessozialgericht verlangt die Erstellung eines sog „schlüssigen Konzepts“ zur Ermittlung der anerkannten Mietobergrenze. Die Daten eines allgemeinen Mietspiegels können zur Ermittlung hinzugezogen werden, müssen aber wissenschaftlich auf Aktualität und Relevanz in der Grundsicherung überprüft werden. Das wird von den Erwerbsloseninitiativen unterstützt. Die Daten des aktuellen Bochumer Mietspiegels stammen aus 2013. Für das Geld gibt es heute keine Wohnung mehr.
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    Der Betrag iHv 50.000 Euro für die Erstellung eines grundsicherungsrelevanten Mietspiegels ist ausgesprochen günstig. Hier besteht aber immer die Gefahr, dass zu Lasten der Betroffenen versucht wird zu tricksen. Das Gleiche gilt für die Vorschläge zur Begrenzung der (kalten) Betriebskosten und der Heizkosten.

  • Rolf

    Der Auftrag an die Consultingagentur Kürzungsvorschläge zu machen kommt vom Rechnungsprüfungsamt. Es geht bei den Vorschlägen von Rödl & Partner vor allem darum, im Sozialen Bereich zu kürzen. Der „Grundsicherungsrelevante Mietspiegel“ soll erstellt werden, damit die Stadt dadurch insgesamt 1,3 Millionen Euro pro Jahr weniger für Wohnungen von ALGII- und GrundsicherungsempfängerInnen bezahlen muss. Das steht so auch ausdrücklich in den Beschlussvorlagen der Verwaltung: „Fallen die Richtwerte dann tatsächlich so aus, wie es die bis jetzt vorliegenden Erkenntnisse als wahrscheinlich erscheinen lassen, kann theoretisch eine Einsparung bei den Nettokaltmieten in Höhe von 790.000 EUR und bei den kalten Betriebskosten in Höhe von 590.000 EUR erzielt werden.“

    Es geht bei den Vorschlägen von Rödl & Partner darum, Kürzungen im Sozialbereich durchzusetzen. Eine Kürzung von 1,3 Millionen Euro pro Jahr bei den Kosten der Unterkunft, die eine weitere Verdrängung von ALGII-EmpfängerInnen in schlechtere Wohnlagen und schlechter ausgestattete Wohnungen zur Folge hat wird von Erwerbsloseninitiativen unterstützt? Das wären dann aber seltsame Erwerbsloseninitiativen.

  • Norbert Hermann

    Die gute Absicht in Ehren…
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    … alleine es fehlt die Fach- und Sachkunde.
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    Ich wiederhole mich gerne: es handelt sich um eine Vorgabe des Bundessozialgerichts, die Kommunen müssen dem entsprechen. Die Gefahren habe ich oben beschrieben. Auch zu (kalten) Betriebs- und Heizkosten hat das BSG problematisch entschieden.
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    Das Konzept-Urteil wurde von unserer Seite erstritten. Bis dahin machten die Kommunen was sie wollten. Bochum liegt dabei im Mittelfeld, es gibt bessere und schlechtere. Das liegt an den politischen Machtverhältnissen und nicht zuletzt daran, dass wir hier mit Beratungen und anwaltlicher Hilfe gut aufgestellt sind. Trotzdem werden im Jahr bereits jetzt etwa 2,3 Millionen Euro Wohnungskosten in Bochum nicht anerkannt und müssen von den Betroffenen vom knappen Restgeld bezahlt werden (1). Das interessiert aber keine Sau. Hier und auch zu anderen Themen findet ein täglicher Kleinkrieg statt, den wir häufig gewinnen.
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    Tatsächlich fordert die Erwerbslosenszene aber, dass der Begriff der „Angemessenheit“ der Wohnung sich nicht an einer abstrakten Mietobergrenze in Euro orientiert, sondern an dem ortsüblichen Wohnniveau. Dazu gehört auch die Lebenserfahrung, dass Eltern idR nicht umziehen, wenn die (ansonsten bescheidene) Wohnung durch Auszug der Kinder etwas zu gross und etwas zu teuer ist. Die ersten Gerichte haben bereits in diesem Sinne entschieden.
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    Per mail kam der Vorschlag, sich zu dem Thema einmal zusammen zu setzten. Das wäre ja mal etwas Neues, nach zehn Jahren Hartz IV! Andernorts hat die Linkspartei eigene AGs dazu, z.B. Köln: http://www.leo-koeln.org/. Das fehlt seit langem in Bochum. Zum Glück haben wir hier fünf Beratungsstellen, in vieren arbeiten Kollegen aus der Unabhängigen Sozialberatung, ehemals SZ. Leider ist nur die kirchliche Einrichtung auf bo-alternativ gelistet.
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    Noch mehr als bei Hartz IV wächst derzeit der Druck auf die Flüchtlinge: „Auf dem Kalwes“ ist (teil-) bezogen, Harpener Hellweg erweitert, Günnigfelder Str. und Turnhalle Lewacker Str. werden bezogen. Eine Liste und eine interaktive Karte mit Fotos können bezogen werden vom https://treffpunktasyl.wordpress.com/. Die Zustände sind teils katastrophal: dichte Belegung, Feldbetten und Bauzäune, mit Bauplanen behängt, als „Privatsphäre“. Die Stimmung in Politik und Bevölkerung ist fragil und kann jederzeit umkippen. Die Linkspartei Bochum ist allerdings nicht mal Mitglied im Initiativkreis Flüchtlingsarbeit. Kontakt hierüber: https://de-de.facebook.com/netzwerkwohlfahrtstrasse
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    (1) http://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach-Themen/Grundsicherung-fuer-Arbeitsuchende-SGBII/Wohn-und-Kostensituation/Wohn-und-Kostensituation-Nav.html

  • Karsten Finke

    Nur eine kurze Ergänzung. Inhaltlich möchte ich mich gar nicht dazu äußern.

    Dem Antrag zu TTIP von SPD, Grünen, CDU, Piraten und Stadtgestalter hat die Fraktion der Linken einstimmig zugestimmt. Danach wurde der Antrag von Linken und Sozialer Liste abgestimmt. Er bekam zwar keine Mehrheit, aber zwei Grüne stimmten dem Antrag zu.

    Ich möchte jetzt keine Debatte vom Zaun brechen. Das wollte ich zur Klarstellung nur ergänzen.

  • Rolf

    @Norbert: Inhaltlich scheinen da ja kaum Differenzen zu sein. Es sollte kein erklärtes Ziel eines „Schlüssigen Konzeptes“ zu den Kosten der Unterkunft sein, einen weiteren Millionenbetrag im Sozialbereich auf Kosten von ALGII-EmpfängerInnen zu kürzen. Das ist jedoch das Versprechen, mit dem Rödl&Partner bei der Stadt darum werben, den 50.000 Euro teuren Auftrag zur Erstellung eines „Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels“ zu erhalten.

    Dass es die Vorgaben des Bundessozialgerichts gibt, ist ja klar. Die lauten aber nicht: Wenn ihr in eurer Kommune eine Haushaltskrise habt, nutzt die Erstellung eines „schlüssigen Konzepts“ für weitere Sozialkürzungen. Also ist es richtig, das öffentlich zu machen und zu kritisieren, wie z.B. hier geschehen.

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