Freitag 17.08.12, 13:18 Uhr
Linksfraktion: Geschönte Darstellung der Stadtwerke beim STEAG Kauf

Umbauperspektiven der STEAG?


Die Linksfraktion Bochum hat gemeinsam mit anderen linken Ratsfraktionen eine Studie zu den Perspektiven der STEAG beauftragt. „Die Studie macht deutlich, dass rückblickend die Grundlagen der Kaufentscheidung problematischer waren, als es von den Stadtwerken dargestellt worden ist“, so der Fraktionsvorsitzende Uwe Vorberg. In einer Pressemitteilung der Fraktion heißt es weiter: Zwar übersteigt die Rentabilität des STEAG-Konzerns abgesehen von der Abschreibung für Walsum 10 bisher deutlich den Zins- und Tilgungssatz der aufgenommenen Kredite der beteiligten Kommunen. Ob diese Strategie mittel- und langfristig weiter aufgehen wird, ist allerdings fraglicher, als es die Marktanalysen der Stadtwerke vor zwei Jahren prognostiziert haben. Zu einem großen Teil liegt das an den ungelösten und von der Bundesregierung verschleppten Problemen der Energiewende. So erscheint derzeit der ursprünglich geplante Neubau von umweltfreundlicheren Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken (GuD) wirtschaftlich nicht sinnvoll, da sie sich unter den derzeitigen politisch gesetzten schlechten Rahmenbedingungen nicht verlässlich rechnen würden.
Als völlig richtig kennzeichnet das Gutachten hingegen unsere Einschätzung des Fernwärmegeschäftes der STEAG. Dieses gilt es im Ruhrgebiet mit den kommunalen Netzen zu verbinden und deutlich auszubauen. Fernwärme stellt eine kostengünstige, ökologische und energiesparende Möglichkeit der Wärmeversorgung einer großen Zahl von Haushalten dar. Die STEAG ist in diesem Bereich Marktführer. Das Land NRW sollte deshalb schnell die Weichen für einen verstärkten Ausbau der Fernwärmenetze stellen. „Generell müssen die Rahmenbedingungen für die Energiewende in Bund und Land verbessert werden, insbesondere muss die Kraft-Wärme-Kopplung gefördert und der Bau flexibler GuD-Kraftwerke als einzig sinnvoller Brückentechnologie ermöglicht werden“, fasst Vorberg zusammen.
Für die linken Fraktionen macht das Gutachten noch einmal klar, dass es auf betriebswirtschaftlicher Ebene keine einfachen Lösungen für den sozial-ökologischen Umbau unabhängig von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gibt. Umso wichtiger ist den linken Fraktionen, dass die daraus resultierenden Probleme und Handlungsoptionen transparent gemacht und öffentlich diskutiert werden. Deshalb ist es an der Zeit, dass der von allen Stadträten getragene Beschluss für einen kommunalen Steag-Beirat endlich umgesetzt wird. DIE LINKE wird dazu einen konkreten Vorschlag einbringen, der die aktive Beteiligung von Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherverbänden vorsieht.
Allerdings ist auch deutlich geworden, dass sich die von SPD, Grüne und DIE LINKE im Stadtrat eingebrachten und mit breiter Mehrheit beschlossenen Kriterien für die zukünftige Entwicklung nicht unabhängig von der wirtschaftlichen Situation der STEAG umsetzen lassen. So ist der Verkauf des atomaren Zwischenlagers in Ahaus inzwischen von der STEAG vollzogen. Darüber hinaus wurde beschlossen, weitere Unternehmensanteile, die der Atomindustrie zuzurechnen sind, zu verkaufen. Nach der vorliegenden Untersuchung muss diese Forderung überdacht werden. Die STEAG hat herausragende Fähigkeiten, im Rahmen des Atomausstieges Kraftwerke sach- und fachgerecht stillzulegen und abzubauen. Damit kann der STEAG eine Schlüsselrolle im Atomausstieg zu kommen. Dieser notwendigen Diskussion werden sich die linken Fraktionen stellen. Gleichzeitig muss aber sehr deutlich gemacht werden, dass mögliche Aktivitäten zur Sicherung des Weiterbetriebs und erst recht beim Aufbau von atomaren Anlagen auch im Ausland zu unterbleiben haben.
„Die linken Fraktionen stehen im Grundsatz zu der getroffenen Entscheidung für den Steag-Kauf. Ob wir unter den derzeitigen Rahmenbedingungen und vor dem Hintergrund des Gutachtens, den Steag-Kauf auch heute noch unterstützen würden, kann ich aber nicht einfach mit ja oder nein beantworten“, merkt Vorberg selbstkritisch an. „Dem Ziel, die Stadtwerke unabhängiger von den 4 Oligopolisten zu machen, sind wir zwar näher gekommen, wir müssen uns allerdings der Frage stellen, wie diese Position auch wirtschaftlich verantwortbar gehalten und ausgebaut werden kann.
Durch die kritische Bewertung des Gutachtens wird aber die Alternative einer Übernahme der STEAG durch Remondis oder einen anderen Privatkonzern nicht besser, sie wäre mit unabsehbaren Folgen wie Standortstilllegungen und einem massivem Arbeitsplatzabbau nach dem Vorbild von RWE und e.on verbunden gewesen. Erst recht wäre ein Mehr an Ökologie mit den Privaten sicherlich nicht zu erwarten gewesen und auch kein Ausstieg aus dem Atomgeschäft. Davon abgesehen, müssen wir jetzt mit der Situation umgehen. Unabhängig von unserer Forderung nach einem Beirat erwarte ich, dass die Stadtwerke auch mit konkreten Vorschlägen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der STEAG durch den Ausbau regionaler Kooperationsperspektiven beim Ausbau der erneuerbaren Energien, der Fernwärme und netzbezogener Energiedienstleistungen auf das Gutachten reagieren werden.“«
Zentrale Ergebnisse des Gutachtens
Präsentation des Gutachtens