Dienstag 27.03.12, 21:30 Uhr

Protestaktion vor dem Rathaus


Die Bochumer Occupy-Initiative lädt am morgigen Mittwoch ab 14.00 Uhr zu einer Aktion vor dem Rathaus und in der Innenstadt ein und beschreibt in einem Flugblatt, worum es geht: Die Weichen im Rathaus werden falsch gestellt! In den nächsten zehn Jahren sollen Leistungen der Stadt Bochum für ihre Bürgerinnen und Bürger um insgesamt 150 Millionen Euro wegfallen, schlechter oder teurer werden. Hierüber besteht Einvernehmen zwischen SPD, CDU und Grünen. Am morgigen Donnerstag werden im Haupt- und Finanzausschuss des Rates der Stadt Bochum hierfür die Weichen gestellt. Die Ratssitzung im nächsten Monat wird diese Entscheidungen dann mit großer Wahrscheinlichkeit abnicken. Das ganze Manöver trägt den wohlklingenden Namen „Haushaltskonsolidierungskonzept“. Welche Grausamkeiten planen SPD, CDU und Grüne? Da sind zunächst ganz viele Gebührenerhöhungen von der Kita, über das Schwimmbad bis zur Musikschule. Einige Maßnahmen werden dadurch für manche Menschen unerschwinglich. Der größte Brocken bei den Kürzungen ist die Streichung von mehr als 1.000 Stellen von städtischen Bediensteten. Dies hat zur Folge, dass die Öffnungszeiten von Büchereien, Schwimmbädern oder Bürgerbüros eingeschränkt werden. Die Schulen werden schneller verfallen, weil es z. B. weniger Hausmeisterinnen und Hausmeister geben soll. Die heute schon viel zu langen Warte- und Bearbeitungszeiten bei vielen Behörden werden demnächst noch unzumutbarer sein.
Eine andere ganz einschneidende Maßnahme bildet die Schließung von fast 20 Schulen. Die sinkende Zahl von Kindern in unserer Gesellschaft sollte eigentlich genutzt werden, um kleinere Klassen zu ermöglichen. Wenn die Planungen der Stadt umgesetzt werden, haben demnächst Kinder einen längeren Schulweg zu ihren überfüllten Klassen.

Opfer sind die Schwächsten der Gesellschaft:
Das im Dezember 2011 ursprünglich vorgeschlagene Kürzungskonzept benannte ganz bewusst Vorschläge, die völlig abwegig waren oder nur Testcharakter hatten. Damit wurden die unterschiedlichsten Gruppierungen der Stadt beschäftigt und außerdem für die Politik erkennbar, wo der größte Widerstand zu erwarten ist. Nach und nach wurden genau diese Vorschläge zurückgezogen. Kürzungen gibt es also da, wo sich die Opfer am wenigsten wehren können. Die Drogenberatungsstelle wird z. B. in Zukunft personell noch schlechter ausgestattet sein.

Die Verelendung der Stadt geschieht schleichend…
Die Förderung von Einrichtungen im Jugend, Sport- und Sozialbereich und in der freien Kulturszene sollen in den nächsten 10 Jahren nicht angepasst werden. Dies bedeutet bereits bei einen niedrigen Inflationsrate eine Kürzung von mehr als 20 Prozent. Auch noch schärfere Selbstausbeutung und Lohnkürzungen werden dies nicht auffangen können. Reparaturen oder Investitionen sind kaum möglich. Nach und nach werden die noch übriggebliebenen Angebote wegbrechen.

Geld ist genügend da – aber es ist falsch verteilt!
CDU, SPD, Grüne und die Reste der FDP erzählen gebetsmühlenartig, die öffentlichen Kassen seien leer und es gäbe keine Alternative zu dem, was sie fälschend als Sparen bezeichnen. Richtig ist, dass erst rot-grün, dann rot-schwarz und jetzt schwarz-gelb Steuergeschenke an die Unternehmen und die Reichsten der Reichen verteilt und damit in zehn Jahren den Kommunen 50 Milliarden Euro Einnahmen entzogen haben. Mit einer Steuergesetzgebung, wie sie unter Helmut Kohl gesetzlich geregelt war, könnten die öffentlichen Haushalte heute rasch entschuldet werden. Wenn Bundes- und Landesregierung ferner für alle Ausgaben für Aufgaben, die sie den Kommunen aufgebürdet haben, aufkämen, hätten Städte wie Bochum wieder die Möglichkeit für eine Daseinsvorsorge der Menschen in ihrer Stadt zu sorgen, wie es in einem der reichsten Länder der Erde selbstverständlich sein sollte.

Für was ist trotz angeblicher leerer Kassen reichlich Geld da?
Der Zorn über die Verantwortlichen in der Politik würde sich in Grenzen halten, wenn sie ein wenig Gefühl für Anstand und Gerechtigkeit hätten. Wenn aber mehr als 20 Prozent der Kinder in Bochum unter der Armutsgrenze leben, viele kleine vorbildliche soziale und kulturelle Projekte finanziell in ihrer Existenz bedroht werden und gleichzeitig Millionen Euro für den Bau und Unterhalt eines Konzerthauses zur Verfügung gestellt werden sollen, Millionäre im Profisport von städtischen Töchtern gesponsert werden und für die Wirtschaftsförderung immer genug Geld da ist, dann begreift auch der Letzte, dass es lokal wie weltweit nur um einen Verteilungskampf geht. Alles andere Gerede ist reine neoliberale Ideologie.

Die entscheidende Frage ist:
Wird die Umverteilung von unten nach oben ungebremst weiterlaufen oder schaffen wir es, uns dagegen zu wehren. Die Occupy-Bewegung ist ein Angebot, die gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse in Bochum und weltweit zu ändern.