Freitag 04.03.11, 18:41 Uhr
Die Bochumer SPD und das Mantra von der „Autostadt Bochum“

Verkehrtpolitik: Empörung in Querenburg


Der ADFC schreibt: »Fünfzehn Grundschüler, die von der Hufelandschule in Querenburg zum „Neuen Gymnasium Bochum“ an der Markstraße wechseln wollten, sind dort nicht aufgenommen worden und sollen nun stattdessen auf das Lessing-Gymnasium in Langendreer gehen. Die Aufregung ist groß. Bürgermeisterin Gaby Schäfer, die Querenburg im Rat vertritt, nannte den Vorgang einen Skandal. Das Problem dahinter ist die katastrophale Fehlplanung der Verkehrsinfrastruktur rund um die Ruhr-Universität. Anfang der 1960er Jahre wurden die Universität und die umliegenden Wohnquartiere als reines Autoverkehrssystem geplant. Vollkommen fahrradfrei selbstverständlich. Die Bochumer SPD vertritt diese Doktrin bis heute ungebrochen, wenn sie das Mantra von der „Autostadt Bochum“ vor sich herträgt. Genauso auch CDU und FDP. Dabei ist diese Ideologie schon seit der ersten Ölkrise 1973 als monströse Fehlkalkulation entlarvt. Dumm auch, dass 10-jährige Schüler keinen Führerschein haben, geschweige denn ein Auto.
So stellt der Vorsitzende der Schulpflegschaft fest: Das Niemandsland zwischen Querenburg und Langendreer mit vielspurigen Autostraßen und Autobahnen ist ohne Auto kaum zu durchqueren. Selbst die ÖPNV-Verbindungen sind schlecht. Die Entfernung beträgt dabei gerade einmal 5 Kilometer, der Weg dauert mit dem ÖPNV aber über 30 Minuten. Mit dem Fahrrad wäre man schneller, sogar als 10-jähriger Schüler. Fünf Kilometer ist der klassische Radius der Nahmobilität. Hier rächt sich wieder einmal die in Bochum seit über 50 Jahren gepflegte Verweigerung einer Verkehrspolitik mit menschlichem Maß.
Selbstverständlich muss es für Schüler einer weiterführenden Schule möglich sein, ihren Schulweg sicher, schnell und komfortabel mit dem Fahrrad zurückzulegen. Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) empfiehlt Schulwegpläne aus mehreren Gründen: „Die Verbesserung der Situation auf dem Schulweg (ist) ein wichtiger Ansatzpunkt, generell die Sicherheit der Kinder im Straßenverkehr zu verbessern. Kinder benutzen regelmäßig bestimmte Wege. Wichtig ist es, auf diesen Wegen das Konfliktpotential zu reduzieren. Das kann dazu führen, dass Kinder sich wieder verstärkt eigenständig im Straßenverkehr bewegen und einen Anreiz für eine umweltverträgliche Mobilität erhalten.“ Bochum verweigert sich.
Schon 2009 hat der ADFC Bochum deshalb die Stadt gefragt: „Werden an allen weiterführenden Schulen Schulwegpläne für Radfahrer erstellt?“ Die Antwort: „Nach Auskunft der hierfür zuständigen Sprecher der weiterführenden Schulen ist dies in unserer Stadt nicht der Fall.“ So handelt eine Stadt, die sich ihrer Verantwortung gegenüber den schwächsten Verkehrsteilnehmern nicht stellen will. Will diese Stadt sich ernsthaft um Aufnahme in die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte in NRW bewerben? Fahrradfeindliche Städte wie Bochum sind dort fehl am Platz. Bochum muss anfangen, seine Hausaufgaben zu machen.«