Donnerstag 11.11.10, 18:50 Uhr

Erster Minjan seit 70 Jahren


מנין (Minjan) heißt „Zahl“ oder „Zählung“, die Mindestzahl von zehn erwachsenen Menschen jüdischen Glaubens, die eine Betgemeinde bilden. Erstmals seit 1940 konnte das Kaddisch – das Totengebet – wieder gemeinsam mit über zehn erwachsenen Frauen und Männern, die für einen Minjan nötig sind, in Wattenscheid gesprochen werden (siehe Tondokument). Rund dreißig TeilnehmerInnen hatten sich in der Wattenscheider Fußgängerzone versammelt, um der Opfer der Pogromnacht vor 72 Jahren zu gedenken. Vor zwanzig Jahren hatte die Antifa Wattenscheid die Tradition begründet, jährlich am 9. November an die jüdischen Opfer des Naziregimes in der Nähe der ehemaligen Synagoge am Nivellesplatz zu erinnern. Antifa Wat, VVN-BdA, Linkspartei, DKP und Bochumer Friedensplenum legten Kränze und Gestecke an den gläsernen Gedenkstelen nieder. „Faschismus ist keine Meinung – Faschismus ist ein Verbrechen“, mahnte Hannes Bienert in seine Eröffnungsrede. Im Kontext von Kulturhauptstadt, Europa und Ruhrgebiet thematisierte Ayla Wessel den Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft: „Dass Herkunft nicht davor schützt, abgrundtief Falsches zu tun. So wenig wie der Glaube an Gott davor geschützt hat oder ein Posten bei der Gewerkschaft oder ein linkes Parteibuch. So wenig wie die Kultur.“ Die Rede als PDF-Datei. Nach dem Minjan, musikalisch begleitet von SchülerInnen des Märkischen Gymnasiums unter Leitung von Marianne Pielsticker, wurde zum Abschluss die israelische Nationalhymne „HaTikwa“ (Hoffnung) gesungen.
Links: Erster Teil des Minjan mit Kantor Frank Jankel Barth als Tondokument.