Montag 01.11.10, 13:53 Uhr
Insgesamt 14 Strafverfahren gegen junge Antifaschisten

Weiterer Prozess gegen Antifaschisten


Am kommenden Mittwoch, den 3.11. findet um 12.00 Uhr im Amtsgericht Bochum, Raum C 148 ein Prozess gegen einen Teilnehmer der polizeikritischen Demonstration am 10. April 2010 in Bochum statt. Ihm wird Widerstand, Landfriedensbruch und versuchte Gefangenenbefreiung vorgeworfen. Die Antifaschistische Jugend Bochum (AJB) hält die Vorwürfe für unhaltbar und fordert einen Freispruch. Sie sieht in dem Prozess „einen weiteren Versuch, antifaschistischen Protest in Bochum zu kriminalisieren“. Die AJB schreibt: »Der 28-jährige Student versuchte eine Auseinandersetzung zwischen einem Demonstranten und einem Polizeibeamten am Rande der Demonstration zu deeskalieren. Nun sitzt er auf der Anklagebank. Die Demonstration richtete sich u.a. gegen das gewaltsame Vorgehen der Polizei gegen eine antifaschistische Sitzblockade am 26. März 2010. Sie zog diesbezüglich an der Polizeihauptzentrale in der Uhlandstraße vorbei, wo sich sich der Vorfall ereignete.
Ein Polizist ergriff dort ohne erkennbaren Grund eine Demo-Teilnehmerin am Rande des Zuges und zog sie an sich heran. Laut AugenzeugInnen wirkte die Art und Weise dieser „Maßnahme“ wie ein sexueller Übergriff, denn die Hände glitten hierbei augenscheinlich vorsätzlich über die Brust der Betroffenen. Unter diesem Eindruck eilte u.a. ein 26-jähriger Mindener heran und griff den Polizeibeamten an, woraufhin die Frau entkommen konnte. Der am Mittwoch angeklagte Bochumer wollte die Situation deeskalieren, indem er versuchte den Mindener aus der Auseinandersetzung zu ziehen. Der Bochumer wurde daraufhin selbst festgenommen. Die Begründung damals: er hätte einen Polizisten mit einem Hammer geschlagen. In seiner Anklage taucht dieser Vorwurf jedoch nicht mehr auf.
Der besagte Mindener wurde bereits am 11.10. zu einer Strafe von 1200 Euro verurteilt. Im Prozess wurden auch Fotos vorgelegt, die einen grundlosen Übergriff eines Polizeibeamten zeigen, als er bereits ins Gewahrsam abgeführt wurde (siehe Fotodokumentation). Weder die Staatsanwaltschaft, noch das Gericht sahen hierin einen Grund für einen Anfangsverdacht der ‚gefährlichen Körperverletzung im Amt‘. Der Betroffene erwägt diesbezüglich, einen formellen Strafantrag zu stellen.
Kevin Waschkowitz, Pressesprecher der AJB, dazu: „Am 10. April hat die Polizei unsere Kritik an ihrem brutalen Einsatz am 26. März bedauerlicherweise noch einmal bestätigt. Von vornherein war die Demonstration übertriebenen polizeilichen Maßnahmen und Provokationen ausgesetzt.“ Schon zu Beginn der Demo wurde jeder einzelne Teilnehmer abgefilmt. Laut Waschkowitz zeigt die „immense Zahl an Prozessen gegen aktive Linke in diesem Jahr, dass auch die Bochumer Justiz ein Interesse an unserer Kriminalisierung hat.“ Er betont: „Für uns als Teil einer unabhängigen antifaschistischen Jugendkultur bleibt eines klar: aktiver Antifaschismus bleibt wichtig und legitim.“ Außerdem weist er darauf hin, dass die AJB „weiterhin alle von Repressalien betroffenen mit besten Kräften zu unterstützen versucht, z.B. in Form von Prozesskostenunterstützung“.
Das Verfahren gegen den Studenten aus Bochum ist eines von insgesamt 14 rund um die Geschehnisse vom 26. März und 10. April. Mittlerweile sind fünf der Prozesse rechtskräftig abgeschlossen. Ein Prozess endete mit einem Freispruch und einer wurde eingestellt. Zwei Prozesse endeten mit Verurteilungen zu hohen Geldstrafen (jeweils 1200 Euro und 800 Euro). Eine Person erhielt einen rechtskräftigen Strafbefehl über 450 Euro. Ein weiterer Prozess fand am 10.9. am Amtsgericht statt, wurde aber auf einen bis dato unbekannten Termin vertagt.
Auch unabhängig davon gibt es noch mehrere Verfahren gegen Bochumer AntifaschistInnen. Ähnlich wie beim sogenannten Tortenprozess sind die meisten Anschuldigungen von geringer Substanz. Die Antifaschistische Jugend Bochum fordert die sofortige Einstellung aller Prozesse gegen aktive AntifaschistInnen und ein Ende der aktuellen Kriminalisierungskampagne.
Weitere Informationen zur Repression am 26.3. und 10.4. sind zu finden in einem zweiteiligen Dossier auf der freien Plattform Indymedia Linksunten:
http://linksunten.indymedia.org/node/27260
und
http://linksunten.indymedia.org/de/node/27261«