Freitag 09.07.10, 15:00 Uhr

Bericht von der Ratssitzung I


Die Linksfraktion berichtet auf ihrer Webseite über die gestrige Ratssitzung und geht dabei auf folgende Punkte ein: Haushaltsberatung;  Übernahme der Jahrhunderthalle; Spekulationsverluste der WestLB; Sanktionen und Sperrzeiten für Hartz IV- EmpfängerInnen. Zur Haushaltsberatung heißt es: „Der gestern verabschiedete Haushalt 2010 wurde im Schweinsgalopp durch die parlamentarischen Gremien geschickt. Eine ernsthafte Beratung hat nicht stattgefunden, niemand glaubt, dass er genehmigungsfähig ist. Das liegt auch daran, dass die Sparauflagen der Bezirksregierung in der Kürze der Zeit und ohne Kahlschlagpolitik nicht einzuhalten sind. Uwe Vorberg sprach in seiner Haushaltsrede vom politischen Bankrott. Die Kommune ist längst nicht mehr handlungsfähig. Die Ursachen liegen u.a. in der verfehlten Steuerpolitik der vergangen Jahre (von Schwarz-Gelb, aber auch von SPD und Grünen). Er wies zudem darauf hin, dass mit dem aktuellen Haushalt die im Herbst beschlossenen Kürzungen z.B. bei Schwimmbädern, Bildungsbonus, Stadtverwaltung weiter fortgesetzt wird. Ein entscheidender Grund, warum Die Linke den Haushalt abgelehnt hat.
In eine sehr ähnliche Richtung zielte die Kritik des Bochumer Bündnisses für Arbeit und soziale Gerechtigkeit. Mit einem Transparent „Sparen ist keine Lösung“ und Flugblättern wies das Bündnis auf die strukturellen und konkreten Probleme in Bochum hin.

Im Herbst steht die nächste Sparrunde an. Dann wird der Haushalt 2011 eingebracht. Weitere drastische Kürzungen sind zu erwarten. Deshalb ist es enorm wichtig, dass wir weiterhin gemeinsam mit dem Bochumer Bündnis an einem Strang ziehen und Widerstand gegen diese unsoziale Kürzungspolitik leisten.“ Weiter berichtet die Linksfraktion: Die Entscheidung zur Übernahme der Jahrhunderthalle durch die Stadt wurde ohne intensive Beratungen oder öffentliche Diskussion durchgewunken. Anna-Lena Orlowski machte deutlich, warum die Linksfraktion die Übernahme ablehnt: Die Jahrhunderthalle hat sich als Veranstaltungsort überaus bewährt, doch die Folgekosten sind für uns nicht absehbar. »2023 kommen jährlich mind. (!) 2,3 Mio € Unterhaltskosten auf die Stadt zu. Nicht ohne Grund will das Land die Immobilie los werden. Ob es bei dieser Summe bleibt, ist natürlich nur Spekulation. Weiterer Kritikpunkt war das Erpressungspotenzial der Landesregierung: Wenn die Stadt nicht zustimmt, soll ihr ggf. der Zugriff auf die Nutzung in Gänze verwehrt werden. Zusätzlich müsste die Stadt Fördergelder zurückzahlen oder bekäme andere nicht bewilligt z.B. für den Kammermusiksaal Marienkirche. Trotz fehlender Eigenmittel, wurde signalisiert, könnte die Umnutzung nun doch gefördert werden und die Marienkirche auch für eine abgespeckte Konzerthausvariante als Nebengebäude mitnutzbar gemacht werden. Das Konzerthaus würde dann von der Stiftung ohne städtische Mittel gebaut und von der Stadt zurückgemietet. SPD und Grüne meinen ohne finanzielles Risiko für die Stadt Bochum. Anna-Lena Orlowski machte deutlich, dass diese Perspektive zumindest naiv sei, denn wenn das Konzerthaus steht und die Miete doch teurer als geplant wird, ist zu erwarten, dass die Stadt diese Miete zahlen wird. Wir glauben, dass u.a. die Konzerthausfrage viele Mitglieder der SPD bewogen hat, der sehr risikoreichen Übernahme der Jahrhunderthalle zuzustimmen. Unsere Bedenken konnten inhaltlich nicht ausgeräumt werden, trotzdem wurde die Übernahme beschlossen.

Spekulationsverluste der WestLB
Durch die Spekulationsverluste der WestLB ist indirekt auch der städtische Haushalt belastet, denn die Sparkasse muss jährlich mehrere Mio € zurückstellen und kann so weniger Gewinn an die Stadt abführen. Im Februar hatten wir deshalb angefragt, welche Möglichkeiten die Stadt sieht, zivilrechtlich (z.B. über Schadensersatzansprüche) gegen die WestLB-Vorstände vorzugehen. Das würde selbstverständlich den Verlust nicht wirklich ausgleichen, wäre aber unseres Erachtens ein wichtiges Signal, dass Bankvorstände nicht einfach das Geld anderer verzocken können, sondern auch dafür finanziell zumindest in gewissem Maße die Verantwortung übernehmen müssten. Obwohl Ottillie Scholz Aufsichtsratsvorsitzende der Bochumer Sparkasse ist und der Vorstandsvorsitzende Volker Goldmann im Aufsichtsrat der WestLB sitzt, sah sich die Verwaltung offensichtlich nicht in der Lage, unsere Fragen zu beantworten und verwies auf Zeitungsartikel. Keine Antwort ist auch eine Antwort.

Sanktionen und Sperrzeiten
Mit den elenden Folgen der Hartz-IV-Gesetze haben immer noch viele Bürgerinnen und Bürger zu kämpfen. Zur gestrigen Sitzung des Rates wurde unsere Anfrage zu Widersprüchen und Klagen sehr ausführlich und informativ beantwortet. Inhaltlich war das Ergebnis nicht akzeptabel, was Ernst Lange in einer Pressemitteilung (siehe PM vom 5.7.2010) auch deutlich gemacht hat. Gestern haben wir uns einem weiteren Problem der ARGE bzw. der Arbeitsagentur zugewendet. Kürzungen und Sperrzeiten bei ALG I und II sind für die Betroffenen zum Teil existenziell. Wir haben nachgefragt, wie häufig Sanktionen und Sperrzeiten verhängt werden, aus welchen Gründen und in welcher Höhe. Zudem wollen wir wissen, wie die betroffenen Menschen ihren Lebensunterhalt bestreiten sollen. Zumindest die letzte Frage wird vermutlich nicht zu unserer Zufriedenheit beantwortbar sein.«

Die angesprochenen Materialien sind auf der Webseite der Linksfraktion zu finden.