Freitag 05.02.10, 22:00 Uhr
Sevim Dagdelen antwortet auf die Angriffe von drei PfarrerInnen:

„Sie reden von Kultur und predigen Hass“ 4


Sevim Dagdelen hat auf den offenen Brief geantwortet, den ihr drei PfarrerInnen geschickt haben, weil sie nach der Rede von Shimon Peres nicht aufgestanden ist und Beifall geklatscht hat: „Sie wissen, dass es nicht stimmt. Dass ich niemals den Opfern des Holocaust meinen Respekt verweigern würde und dies auch nicht getan habe im Bundestag. Dass ich mich selbstverständlich erhoben habe zu Ehren der Opfer, die dem deutschen Rassenwahn zum Opfer gefallen sind, als der Bundestag am 27. Januar im Beisein von Shimon Peres der Opfer des Nationalsozialismus gedachte. Mich des Antisemitismus zu bezichtigten, ist infam. Mir Bösartigkeit und Gefühllosigkeit zu unterstellen, nicht minder. Sie beschuldigen mich der Ignoranz, ohne auch nur mit mir ein Gespräch zu suchen. Sie reden von Kultur und predigen Hass.“ Der Brief von Sevim Dagdelen im Wortlaut.


4 Gedanken zu “„Sie reden von Kultur und predigen Hass“

  • Frank Laubenburg

    Sehr geehrte Pfarrerin von Bremen,
    Sehr geehrter Pfarrer Schoeps,
    Sehr geehrter Pfarrer Wessel,

    Sie haben im Zusammenhang mit der Rede von Shimon Peres vor dem Deutschen Bundestag und dem Verhalten der Bundestagsabgeordneten der LINKEN, Sevim Dagdelen, einen „Offenen Brief“ an Sevim Dagdelen geschrieben.

    Ihr Brief bedient sich – das vorweg – einer Sprache, die mir aus der politischen Auseinandersetzung fremd ist. Respektlos im Ton ist der Brief auch inhaltlich vollkommen unsachlich. Würde ich die ihrem Brief zugrunde liegende Polemik,Sprache und Denke übernehmen, käme ich zu der Bemerkung, dass Sie offenbar glaubten, ja nur einer Migrantin zu schreiben und da ruhig mal andere Töne anschlagen zu können. Das kann doch aber nicht die Ebene der Auseinandersetzung sein.

    Sie schreiben wahrheitswidrig, „Sie saßen da, als er, der Überlebende, das Kaddisch sprach für sechs Millionen, die ermordet wurden“. Das ist doch falsch. Zum Kaddisch haben sich alle Abgeordneten erhoben. Warum behaupten Sie also so etwas?

    Sie schreiben schlimmeres und behaupten weiter, Sevim Dagdelen habe auf Demonstrationen den Tod Israels verlangt. Spätestens hier überschreiten Sie jegliche Grenze des Anstands. Sie wissen genau, Sevim Dagdelen hat das nicht getan. Wie kommen sie zu einer so infamen Lüge?

    Wie können Sie es als Christen verantworten, in einem Offenen Brief gleich mehrmals gegen das 8. Gebot („Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen wider deinem Nächsten“) zu verstoßen? Gilt das, was Sie verkünden, für Sie selber nicht?

    „Die Zehn Gebote müssen immer wieder neu gedruckt werden.“ Das sagte Shimon Peres warnend und mahnend in seiner Rede vor dem Deutschen Bundestag. Ihr Brief zeigt auf erschreckende Weise, dass er damit Recht hatte.

    Sie wissen, Shimon Peres hat eine Rede gehalten, in der er das Gedenken an den Holocaust wachgehalten, seine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse dargestellt und politische Positionen zu aktuellen politischen Fragen – insbesondere zur Politik gegenüber dem Iran – bezogen hat. Das darf er, das ist legitim. Aber: wann immer ein Redner oder eine Rednerin Erinnerung und Mahnung mit aktuellen politischen Positionierungen (so in diesem Fall mit der nicht zu belegenden Behauptung, der Iran verfüge über Nuklearraketen) verbindet, muss er oder sie doch einkalkulieren, dass er nicht mehr auf ungeteilte Zustimmung für seine gesamte Rede stoßen wird.

    Sie verhöhnen geradezu viele Opfer von Auschwitz, die als Kommunisten, Internationalisten und Pazifisten umgekommen sind, wenn Sie einer Bundestagsabgeordneten der LINKEN, die in guter Tradition seit Jahren gegen Kriege als Mittel der Politik kämpft, das Recht absprechen wollen, Applaus zu verweigern, wenn Stimmung gemacht wird für einen neuen Krieg.

    Hätte statt Shimon Peres Martin Löwenberg vor dem Deutschen Bundestag gesprochen, hätte er vielleicht erneut ausgeführt „Wirksame Bekämpfung von Naziterror, Rassismus und Antisemitismus erfordert, daß die offizielle Politik nicht länger den Stichwortgeber für rechte Gewalt machen. Dazu zählen für mich „Kinder statt Inder“, was bekanntlich im Mittelpunkt des CDU-Wahlkampfes in Nordrhein-Westfalen stand, aber auch die Aussage von Bundesinnenminister Schily, „Das deutsche Boot ist voll“, was ja bekanntlich auch NPD, DVU und Republikaner wie auch CDU/CSU sagen. Und auch Stoiber, Beckstein und Co. schüren in Bayern Fremdenangst und Ausländerfeindlichkeit.“

    Glauben Sie, die Abgeordneten des Deutschen Bundestages hätten sich bei solchen Worten geschlossen von Ihren Plätzen erhoben? Sevim Dagdelen hätte es getan.

    In der Hoffnung, dass Sie sich Ihren „Offenen Brief“ noch einmal in aller Ruhe ansehen und ihn dann auch zurückziehen verbleibe ich

    Mit freundlichen Grüßen

    Frank Laubenburg
    Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE
    im Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf

  • Harry Mühle

    Es ist nicht schwer, gegen Juden oder den jüdischen Staat zu schreiben, reden oder handeln, ohne den Zorn des deutschen Spießers auf sich zu ziehen. S. Dagdelen scheint neue Sympathisanten für „Die Linke“ erreicht zu haben.

    1. Kommentar zu einem Artikel auf http://www.derwesten.de:

    „Ich wäre auch sitzen geblieben, weil es mich einfach ankotzt in ein Büßergewand kriechen zu müssen für Dinge, die 2 Generationen vor mir passiert sind.
    Weiter so Frau Dagdelen!“

    Quelle: http://www.derwesten.de/nachrichten/im-westen/Kirchen-ueben-scharfe-Kritik-an-Bochumer-Linken-Abgeordneten-id2514898.html

    Übrigens gibt es dort noch viele weitere eklige Leserbriefe.

    Sevim Dagdelen als Schlussstrichpropagandistin??

    Ich habe mir die Rede von Peres durchgelesen. In einem Absatz wird der Iran mit den Atomraketen erwähnt.

    Zitat:
    „Ebenso wie unsere Nachbarn identifizieren auch wir uns mit den Millionen Iranern, die gegen die Diktatur und Gewalt rebellieren. Genau wie sie lehnen wir ein fanatisches Regime ab, das die Charta der Vereinten Nationen missachtet. Ein Regime, das mit Zerstörung droht und Atomkraftwerke und Nuklearraketen besitzt, mit denen es sein eigenes Land wie auch andere Länder terrorisiert. Ein solches Regime ist eine Gefahr für die ganze Welt.“
    Quelle: http://www.bundestag.de/kulturundgeschichte/geschichte/gastredner/peres/rede.html

    Das ist alles.

    Ist das Kriegshetze?

    Rechtfertigt das, sitzenzubleiben, wenn fast alle anderen aufstehen, um den Shoah-Opfern ihren Respekt zu zollen?

    Ich denke, die evangelischen Pfaffen haben nicht ganz unrecht.

  • Andreas Seier

    Der Kreisvorstand der LINKEN in Bochum hat sich trotz des öffentlich ausgesprochenen Hausverbots mit dem Pfarrer der Christuskirche Wessel solidarisch erklärt, indem sie die heutige Parteiveranstaltung zur Gesundheitspolitik und die Mitgliederversammlung in der kommenden Woche in den Räumen der Christuskirche durchführen werden. Als Parteimitglied bin ich sehr verwundert, wie die Parteirepräsentanten hier in Bochum öffentlich mit ihrer Bundestagsabgeordneten umgehen und sich hinter die Verleumdungen diese wild gewordenen Pfaffen stellen.

  • Sebastian Michaelis

    Zuerst möchte ich auf die heute veröffentlichte Widerrufserklärung von den drei Kirchenvertretern hinweisen.

    http://www.dielinke-bochum.de/fileadmin/kvbochum/Dokumente/2010-02-11_Dagdelen_3_Anlage.pdf

    Wie aus den Ereignissen der letzten Tage hervorgegangen ist, sorgte die Gedenkrede von Shimon Peres zum 65. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz im Deutschen Bundestag zwischen VertreterInnen dreier Kirchengemeinden und der Bochumer Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen für Aufregung.

    Einige Mitglieder haben sich besorgt geäußert, dass Sevim nun nicht an den MVen teilnehmen könne, da sie in der Christuskirche „Hausverbot“
    habe. Für uns als Kreisvorstand muss es oberste Priorität haben, dass alle Mitglieder ihre Rechte wahrnehmen können.

    Die SprecherInnen der LINKEN Bochum haben mit Thomas Wessel das Gespräch gesucht. Dabei hat er versichert, dass Sevim kein Hausverbot in den Räumen der Christuskirche hat und das dies nie so gemeint war. Dies bedeutet für uns, dass wir die Diskussionsveranstaltung morgen und auch die MV am kommenden Donnerstag dort stattfinden lassen können.

    Das Gespräch mit Thomas Wessel war für uns ein erster Schritt hin zu einem Miteinander und nicht Gegeneinander. Wir hoffen, dass wir durch weitere Gespräche mit Thomas Wessel und Sevim Missverständnisse ausräumen können. Wir möchten weg von offenen Briefen und Stellungnahmen hin zu direkten, respektvollen Gesprächen. Gemeinsam sollten wir versuchen, die Probleme zu lösen und zu einer friedlich Lösung zu kommen, mit der alle zufrieden sein können.

    Sebastian Michaelis
    Sprecher DIE LINKE. Bochum

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