Dienstag 24.06.08, 13:00 Uhr

Neu-Bochumer Demokratur für das Konzerthaus


Gültiger Beschluss des Rates der Stadt Bochum ist, dass das Konzerthaus nur gebaut wird, wenn die Finanzierung sichergestellt ist. Danach will die Stadt 15 Millionen ausgeben und weitere knapp 15 Miliionen sollen durch Spenden aufgebracht werden. Wörtlich hat der Rat am 1.3.2007 beschlossen: „Die aufgewiesene Unterdeckung bei der Finanzierung des Gebäudes ist bis zum Baubeginn im Frühjahr 2008 zu schließen.“ Nach wie vor fehlen 5 Millionen Euro an Spenden und trotzdem hat die Entwicklungsgesellschaft Ruhr als städtische Tochter den Bau schon öffentlich ausgeschrieben. Dr. Ralf Feldmann hat hierzu Stellung bezogen: »Die Entwicklungsgesellschaft Ruhr schreibt den Bau des Konzerthauses aus. Offenbar wird in Neu-Bochumer Demokratur Kommunalpolitik in eine städtische Tochtergesellschaft ausgelagert. Oder sollte der Rat von der Öffentlichkeit unbemerkt das Großprojekt mit seiner trotz Herbert Grönemeyer weiter erheblich lückenhaften und undurchsichtigen Finanzierung endgültig beschlossen haben? Und war der Besuch des Ruhrgebietsbürgers Norbert Lammert, der auf 40 Kilometer zwischen Essen und Dortmund ein drittes Konzerthaus für unverzichtbar hält, beim Regierungspräsidenten so erfolgreich, dass der trotz leerer Stadtkasse beide Augen zudrücken wird? Eine betuchte Minderheit will unserer Stadt in taumelnder Begeisterung über die Großspende eines Glücksspielprofiteurs und jubelnd unterstützt aus allen Kulturredaktionen das Konzerthaus aufzwingen, koste es, was es wolle: finanziell und politisch. Die rotgrüne Ratsmehrheit und die bürgerlichen Parteien wollen aus leerer Kasse 15 Millionen für die dennoch ungedeckten Baukosten entnehmen nebst jährlichen Betriebskosten von 2 Millionen. In einer Zeit, da die WAZ auf der Titelseite mit dem Aufmacher “Die Jugend wird kaputt gespart“ soziale Wirklichkeit auf einen Nenner bringt.
Haben die Freunde des Konzerthauses einen Augenblick darüber nachgedacht, was man mit diesem Geld für Kinder- und Jugendhilfe anfangen könnte, damit niemand mehr durch die Riesenlöcher im sozialen Netz ins Bergfreie fällt? Haben sie sich etwa mit den Menschen im Sozialen Dienst des Jugendamtes beraten, wie dort die ständige personelle Überforderung behoben werden könnte, damit all die Justins und Kevins rechtzeitig Hilfe bekommen und überleben können? Bewegt sie der jüngst erschienene Sozialbericht der Stadt gar nicht, die armen Kinder in Bochum der viel beschworenen sozialen und kulturellen Chancengleichheit ein Stückchen weit näher zu bringen?
Was ist sozialdemokratisch, christlich oder nachhaltig-grün an einer Politik, die es denen, die genug haben, erlaubt, sich aus der leeren Stadtkasse zu bedienen, um verfeinerten kulturellen Trost zu finden, zugegeben in harten Zeiten – nicht für sie, aber für die im Schatten unserer Gesellschaft?«