Montag 14.04.08, 22:00 Uhr

Straffreiheit nach 1945 durch Lügen, Verdrängen, Vergessen


„Ich kann mich nicht entsinnen.“ So lautete der Titel einer Einladung des Schauspielhauses am Sonntag zu einer szenischen Lesung aus Vernehmungsprotokollen und Akten über die polizeilichen und richterlichen Ermittlungen im Jahr 1949 gegen die Verantwortlichen für den Pogrom am 9. November 1938, als die Bochumer Synagoge niedergebrannt und jüdische Geschäfte geplündert wurden. Elmar Goerden konnte zunächst ein erfreuliches Gedrängel in der überfüllten Speisekammer begrüßen. Klaus Tenfelde und Ingrid Wölk führten in die Thematik ein. Dass Bochum NSDAP-Gau-Hauptstadt und Nazi-Hochburg geworden war, versuchte Tenfelde u. a. damit zu erklären, dass in Bochum die evangelische und katholische Konfession gleich stark aufeinander trafen. Einen empirischen Beleg für diese These brachte er nicht.
Die anschließende Lesung war von Judith Ittner schlicht und spannend inszeniert worden. Ausreden, Lügen und Gedächtnisverluste der Angeklagten lieferten eine Vorstellung davon, wie nach 1945 die Verbrechen der Nazis verdrängt und vergessen wurden. Das Straffreiheitsgesetz von 1949 sorgte schließlich dafür, dass kein Bochumer Nazi wegen der Verbrechen am 9. November 1938 bestraft wurde. Auch der Bochumer NSDAP-Kreisleiter Riemenschneider konnte alle Verantwortung auf den inzwischen gestorbenen Gauleiter schieben.
Die am Sonntag begonnene Reihe „Bochumer Ermittlungen“ wird am Dienstag, 15. April um 18.00 Uhr im Haus der Geschichte des Ruhrgebietes mit einem Vortrag von Wolfgang Stelbrink fortgesetzt: „Die Kreisleiter der NSDAP im Ruhrgebiet. Eine Funktionselite des NS-Regimes in der Nachkriegszeit.“