Pressemitteilung der Unabhängigen Sozialhilfe vom 6. 12. 2007:
Donnerstag 06.12.07, 08:00 Uhr
Weitere Schäbigkeit der ARGE Bochum:

Keine Empfangsbestätigungen mehr für abgegebene Unterlagen und Anträge!


Wie die ARGE Bochum am 4. 12. 2007 auf ihrer Homepage mitteilt, sollen „keine Bescheinigungen über die Abgabe von Unterlagen oder Anträgen mehr gefertigt werden“. Das sei „in den gesetzlichen Vorschriften nicht vorgesehen“. (s.u.). Entsprechend unserer Rolle als Ombudsstelle wenden wir uns ganz entschieden gegen diese Entscheidung und fordern die Rückkehr zu ordnungsgemäßem Verwaltungshandeln.
Immer noch verschwinden Unterlagen und ganze Akten in den Gemäuern der ARGE. Natürlich wird dann behauptet, es sei nichts abgegeben oder beantragt worden. Aus diesem Grund ist mit Mühe durchgesetzt worden, dass ordentlicher Behördenpraxis entsprechend Empfangsbestätigungen ausgestellt werden.
Die neue Entscheidung der ARGE kann im Zweifelsfall dramatische Folgen für die Betroffenen haben. Mit ausreichender Sicherheit hilft dann nicht einmal das Einschreiben – persönlich – mit Rückschein (kein Nachweis, was sich in dem Umschlag befand), sondern nur der Briefkasteneinwurf unter Zeugen. Dabei soll der Inhalt vor den ZeugInnen in den Umschlag gesteckt werden; auf einer Kopie sollen die ZeugInnen die Richtigkeit bestätigen.
Die Bundesagentur für Arbeit hat sich allerdings dem europäischen Kodex für gutes Verwaltungshandeln verpflichtet (s.u.). Darin ist eine Empfangsbestätigung vorgeschrieben.
Die BA hält in der ARGE – Trägerversammlung die Mehrheit der Stimmen. Die am Donnerstag, 6.12.2007 tagende Trägerversammlung wird sich mit dieser Unerträglichkeit befassen.
Deutschland verfügt zudem „über verbindliche durch Verfassung garantierte Bürgerrechte, Verfahrensgesetze und Dienstvorschriften, aufgrund derer die in dem Kodex festgeschriebenen Grundsätze für das staatliche Verwaltungshandeln bereits gelten“. (Stellungnahme der Bundesregierung vom 24. 10. 2007 (BT-Drucksache 16/6785; S. 35 (mit Dank an die DIE LINKE) http://dip.bundestag.de/btd/16/067/1606785.pdf ).
Die homepage der Arge Bochum (www.arge-bochum.de) ist nicht gerade bekannt dafür, notwendige und aktuelle Informationen für Hartz IV-Abhängige bereitzustellen. Zu den softwarebedingten Auszahlungsproblemen Anfang Dezember beispielsweise ist dort – im Unterschied zum Internetauftritt anderer ARGEn – kein Wort zu finden. Statt dessen lässt sie sich lang und breit über die Aktivitäten der „Unabhängigen Sozialberatung“ aus.

Der Hinweis der ARGE Bochum auf ihrer Homepage:
Aktueller Hinweis für unsere Kundinnen und Kunden!

04.12.2007
Bitte reichen Sie Unterlagen, die Sie bei uns einreichen möchten, direkt an den Kundentheken in den Standorten ein oder werfen Sie diese in die dafür vorgesehenen Hausbriefkästen. In den meisten Fällen ist eine Vorsprache in der Sachbearbeitung nicht notwendig und Ihnen bleiben unnötige Wartezeiten erspart. Sie ermöglichen es den Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeitern damit, Ihre Anliegen zügiger und störungsfreier zu bearbeiten als dies bisher der Fall war.Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in solchen Fällen auf die Kundentheken und Hausbriefkästen verweisen. In dringenden Fällen ist selbstverständlich weiterhin die Vorsprache bei der Sachbearbeitung möglich. Bitte beachten Sie auch, dass durch die ARGE-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter keine Bescheinigungen über die Abgabe von Unterlagen oder Anträgen mehr gefertigt werden. Diese Art von Bescheinigungen ist in den gesetzlichen Vorschriften nicht vorgesehen und bedeutet für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der täglichen Arbeit unnötigen Mehraufwand. Europäischer Kodex für gutes Verwaltungshandeln (Auszug)

http://www.elo-forum.org/showpost.php?p=2123&postcount=3

ARTIKEL 14: EMPFANGSBESTÄTIGUNG UND ANGABE DES ZUSTÄNDIGEN BEAMTEN

1. Für jedes an das Organ gerichtete Schreiben bzw. jede ihr übermittelte Beschwerde wird innerhalb einer Frist von zwei Wochen eine Empfangsbestätigung ausgestellt, es sei denn, dass innerhalb dieser Frist eine inhaltlich fundierte Antwort übermittelt werden kann.
2. In der Antwort bzw. der Empfangsbestätigung werden der Name und die Telefonnummer des Beamten angegeben, der mit der Angelegenheit befasst ist, sowie seine bzw. ihre Dienststelle.
3. Keine Empfangsbestätigung und keine Antwort muss in Fällen übermittelt werden, in denen Schreiben bzw. Beschwerden aufgrund ihrer übermäßigen Zahl, wegen ständiger Wiederholung oder ihres sinnlosen Charakters, den Tatbestand des Missbrauchs erfüllen.

Der Europäische Bürgerbeauftragte – Pressemitteilung nr. 1/2000 – 11.01.2000
http://www.ombudsman.europa.eu/release/de/baltic1.htm
„Bürger sollten ein Recht auf gute Verwaltung haben“, sagt der Europäische Bürgerbeauftragte
„Der Europäische Bürger sollte ein Recht auf gutes Verwaltungshandeln auf seiten der europäischen öffentlichen Verwaltung haben“, sagte der Europäische Bürgerbeauftragte, Jacob Söderman, am 11. Januar 2000 vor Beamten aus den baltischen Staaten anlässlich eine Seminars über Gute Verwaltung, das in Helsinki stattfand. Er äußerte zudem die Hoffnung, dass das Recht der Bürger auf gutes Verwaltungshandeln Eingang in die geplante Grundrechts-Charta der EU finden werde. „Dies könnte eine der größten Leistungen auf dem Gebiet der Grundrechte im neuen Jahrhundert werden“, fügte er hinzu. „Der Bürger, der letztlich die Kosten der ganzen Veranstaltung trägt, sollte fair und mit Respekt behandelt werden.“
Söderman sagte, dass der EG-Vertrag klar feststellen sollte, daß die europäischen Bürger ein Recht auf eine offene, verantwortliche und dienstleistungsorientierte europäische Verwaltung haben. Um diese Garantie in der Praxis effektiv zu machen, sei ein europäisches Verwaltungsrecht erforderlich, das die grundlegenden Prinzipien sowie die Dienstleistungen darlege, die die Bürger von der Verwaltung erwarten dürfen. Als Beispiele nannte Söderman das Recht, gehört zu werden und Stellungnahmen einzureichen, das Recht, in angemessener Frist und in der eigenen Sprache eine mit Gründen versehene Antwort zu erhalten sowie das Recht, im Falle einer negativen Antwort über die Rechtsschutzmöglichkeiten informiert zu werden. Die Verwaltung sollte außerdem die Pflicht haben, prompt und fair zu handeln.
„Gutes Verwaltungshandeln ist für jede öffentliche Verwaltung, die auf die Unterstützung und das Vertrauen der Öffentlichkeit hofft, von wesentlicher Bedeutung“, sagte Söderman. „Indem sie eine solche Initiative ergreift, könnte die Europäische Union eine führende Rolle beim Dienst am Bürger spielen, anstatt in der täglichen Diskussion als Sündenbock Europas herhalten zu müssen.“ Er fügte hinzu, daß viele Mitgliedstaaten verschiedene Aktionen auf diesem Gebiet unternommen hätten, daß er aber hoffe, daß das Beispiel der EU eine breite Wirkung auf alle derzeitigen und künftigen Mitgliedstaaten ausüben werde.
Die Rede des Bürgerbeauftragten enthielt Auskünfte zu den unvollständigen Antworten, die er von den Organen und Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaften auf seine Empfehlung, einen Kodex Guten Verwaltungshandelns anzunehmen, erhalten hatte. Die Europäische Agentur für die Beurteilung von Arzneimitteln (EMEA) hat einmal mehr die Führung übernommen, indem sie den vorgeschlagenen Kodex mit Wirkung vom Anfang dieses Jahres angenommen hat. Ihrem Beispiel scheinen viele andere EU-Einrichtungen zu folgen. Das Europäische Parlament, der Rat, die Europäische Zentralbank und der Rechnungshof überlegen noch bis Ende Januar über diese Frage, während die Europäische Kommission zunächst beschlossen hat, einen schwächeren Verhaltenskodex ihrer internen Verfahrensordnung als „zusätzliche Maßnahmen“ anzufügen.
Söderman erklärte seinen Zuhörern, daß er dem Europäischen Parlament in Kürze einen Sonderbericht über das Ergebnis seiner Empfehlung vorlegen werde. Sollte die Empfehlung nicht zu einem für den Bürger akzeptablen Ergebnis führen, so hoffe er, dass das Parlament bereit sein werde, seine Befugnisse zu nutzen, um eine rechtliche Initiative mit dem Ziel der Verabschiedung eines europäischen Gesetzes über gutes Verwaltungshandeln zu ergreifen.