Pressespiegel zu der umstrittenen Lesung "‘S IST LEIDER KRIEG"
Mittwoch 24.10.07, 14:10 Uhr

derStandard.at vom 24.10.2007


derStandard.atBochumer Bühne mit Antikriegsfronten

Regisseur Frank Patrick Steckel: Norbert Lammert und Jürgen Flimm sollen keine Friedensgedichte lesen dürfen

Bochum/Berlin – Theaterregisseur Frank Patrick Steckel, ehemals gefeierter Intendant des Schauspielhauses Bochum, möchte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und seinen Regie-Kollegen Jürgen Flimm bei einer spezifischen Veranstaltung von der Bühne verbannen. In einem Offenen Brief hat Steckel seinen Bochumer Amtsnachfolger Elmar Goerden am Mittwoch aufgefordert, den beiden einen im November geplanten Auftritt mit einer Lesung von Friedensgedichten zu verwehren. Die Bochumer Bühne dürfe nicht „zu einer Plattform für diejenigen werden, die den Frieden predigen und den Krieg schüren“, schreibt Steckel mit Blick auf den Unionspolitiker und den Sozialdemokraten Flimm in dem Brief.
„Der schöne Trug des Schauspiels“
Lammert und Flimm seien „Angehörige der kriegstreibenden Bundestagsparteien“, meinte der in Berlin lebende Steckel. Der Politiker sei „ein anerkannter Rüstungsexperte der CDU“ und Flimm gehöre dem rechten Flügel der SPD an, der nicht durch Friedenspolitik aufgefallen sei, argumentierte Steckel auf Anfrage. Deren Auftritt auf einer öffentlich finanzierten Bühne „diskreditiert jede Art von Theaterarbeit“, meinte der ehemalige Bochumer Intendant. Goerdens Entschluss zu dieser Lesung „ist mir eigentlich unerfindlich“, sagte Steckel.
Die Bühnen seien „der Verstellungskunst der Schauspieler vorbehalten – für die Heuchelei von Berufspolitikern und Kunstfunktionären ist da kein Platz“, schreibt Steckel „mit besorgten Grüßen“ an den Bochumer Intendanten. „Der schöne Trug des Schauspiels wird erniedrigt, wenn neben ihm der hässliche Trug machtpolitischer Interessen Fuß fasst.“ Goerden dürfe nicht zulassen, „dass das Schauspielhaus Bochum zu einer Plattform für diejenigen wird, die den Frieden predigen und den Krieg schüren“, heißt es in dem Schreiben Steckels.
Das Schauspielhaus Bochum plant für den 11. November eine Lesung unter dem Titel „`S ist leider Krieg“ mit Friedensgedichten vom Dreißigjährigen Krieg bis heute. Das Programm mit Lammert, der auch kulturpolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion ist, und dem Triennale-Intendanten Flimm war bereits Anfang Oktober bei der Ruhrtriennale in Duisburg erstmals über die Bühne gegangen. (APA/dpa)

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