Mitteilung der Stadtverwaltung Bochum für die Sitzung des Ausschusses für Kultur und Wissenschaft am 7.12.2006
Mittwoch 06.12.06, 17:35 Uhr

Gedenkorte zu Zwangsarbeit und Widerstand gegen den Faschismus


Die Soziale Liste hat in der Sitzung des Ausschusses für Kultur und Wissenschaft am 14.09.2006 angefragt:
Gegenwärtig wird über die Sanierung der ehemaligen Kippe Saure Wiesen beraten. Auf dem Gelände befand sich auch ein großes Zwangsarbeiterlager des Bochumer Vereins. Unter den Besuchern aus Bochums Partnerstadt Donezk waren gelegentlich auch Menschen, die hier früher Zwangsarbeit verrichten mussten. Auf dem Gelände sind noch heute Trümmer und Reste der Baracken sichtbar. Zusammen mit der Überwucherung von Pflanzen und Bäumen sind die Trümmer ein besonderes Zeichen der Geschichte. Gäste aus Donezk und Geschichtsinteressierte besichtigen diesen Ort gelegentlich. Er wird auch in Stadtrundgängen zum Thema Zwangsarbeit in Bochum bei der VHS berücksichtigt. Die VVN-Bund der Antifaschisten setzt sich für den Erhalt des Ortes ein.

Die Soziale Liste fragt an:

1. Ist der Verwaltung der Ort und dessen historische Bedeutung bekannt?

2. Welche Möglichkeiten werden gesehen, um diesen Ort zu erhalten, mit einer Gedenk- und Informationstafel zu versehen und in die geplante Grünanlage einzubeziehen?

Weiterhin gibt es mehrere Vorkommnisse zu Gedenktafeln, und die Soziale Liste fragt an:

1. An das Gebäude der früheren Zeche Gibraltar wurde 1983 eine Gedenktafel angebracht, um daran zu erinnern, dass hier 1933 ein sog. Wildes KZ existierte und viele Hitler-Gegner gefoltert wurden. Diese Gedenktafel ist von dem gut sichtbaren Platz auf die Rückseite des Gebäudes versetzt worden, wo sie ihre Funktion kaum noch erfüllt. Wer hat den Standortwechsel veranlasst? Wie kann gewährleistet werden, dass die Gedenktafel wieder für die Bochumer Bürger sichtbar wird?

2. Der Kulturausschuss hat vor längerer Zeit beschlossen, mit einer Gedenktafel auf das damalige Außenlager des KZ Buchenwald in der Nähe der Kohlenstraße hinzuweisen. Diese Gedenktafel sollte an der Bogestra-Haltestelle (Am Umweltpark) angebracht werden. Warum wurde die Gedenktafel bisher nicht angebracht? Wann ist die Anbringung dieser Tafel geplant?

3. An dem Kriegerdenkmal in Bochum-Langendreer (Alte Bahnhofstr./Ecke Unterstr.) war eine Gedenktafel mit der Mahnung `Nie wieder Faschismus B Nie wieder KriegA angebracht. Diese Tafel ist nicht mehr vorhanden, sie ist offensichtlich entfernt worden, wie Spuren am Denkmal belegen. Ist der Verwaltung dies bekannt? Wer hat die Tafel entfernt? Ist die Anbringung einer neuen Tafel geplant?

Die Verwaltung teilt hierzu Folgendes mit:

a) Ehemaliges Zwangsarbeiterlager Kippe Saure Wiesen

Der Verwaltung ist der Ort und dessen historische Bedeutung bekannt und sie hat die Anregung der VVN-Bund der Antifaschisten (VVN), eine Gedenktafel zur Erinnerung an das Zwangsarbeiterlager auf der Fläche zu errichten, aufgegriffen.

Auf der Fläche der ehemaligen Kippe Saure Wiese sind erhebliche Bodenverunreinigungen und eine deutliche Grundwasserbelastung ermittelt worden. Als Sanierungsmaßnahme ist vorgesehen, in Abhängigkeit von der Belastungssituation eine qualifizierte Oberflächenabdichtung in Kombination mit einer einfachen Oberflächenabdeckung herzustellen. Die qualifizierte Oberflächenabdichtung setzt sich aus einer 0,5 m starken mineralischen Dichtschicht, einer darüber befindlichen Entwässerungsschicht und einer 1,0 m bis 5 m mächtigen Rekultivierungsschicht zusammen.
Das ehemalige Zwangsarbeiterlager befindet sich im nordwestlichen Abschnitt der ehemaligen Kippfläche, der durch eine qualifizierte Abdichtung gesichert werden muss. In diesem Bereich wurden die höchsten Untergrundbelastungen ermittelt. Eine Aussparung dieses Bereiches, um die Fundament- bzw. Mauerreste des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers an der derzeitigen Geländeoberfläche sichtbar zu lassen, ist aus bodenschutzrechtlicher und umwelttechnischer Sicht leider nicht möglich.

Die Maßnahme soll im November 2006 mit Rodungsarbeiten gestartet werden. Größere Erdbewegungen, die den nördlichen Teil der Sanierungsfläche betreffen, werden in Abhängigkeit von der Witterung voraussichtlich allerdings erst im Frühjahr 2007 erfolgen. Geplant ist, die Sanierungsmaßnahme im Jahre 2008 abzuschließen.

Vor diesem Hintergrund hat ein verwaltungsinternes Abstimmungsgespräch vor Ort mit Vertreterinnen und Vertretern des Umwelt- und Grünflächenamtes, des Stadtarchivs und des Kulturbüros stattgefunden. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass auf der Fläche `Saure WieseA eine Gedenktafel errichtet werden kann und sollte. Darüber hinaus ist möglich, einige ausgewählte Fundamentreste des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers im Rahmen der Sanierungsmaßnahme zu bergen. In Abstimmung mit der VVN könnten diese auf der neuen Geländeoberfläche aufgestellt werden.

Vor dem Hintergrund der noch nicht begonnenen Sanierungsmaßnahme und der voraussichtlichen Bauzeit bis Ende 2008 wird die Verwaltung im Laufe des Jahres 2007 auf die VVN zwecks weiterer Abstimmungen respektive Erstellung eines Konzeptes zugehen. Die VVN ist darüber informiert.

b) Gedenktafel Gebäude frühere Zeche Gibraltar

Das Gebäude befindet sich im Eigentum der Freizeitgesellschaft Kemnade GmbH (FZK) und wird vorwiegend als Bootshaus genutzt. Die Gründe für die Versetzung der Gedenktafel auf die Rückseite des Gebäudes können bedingt durch den Wechsel in der Geschäftsführung bei der FZK nicht nachvollzogen werden. Die FZK prüft in Abstimmung mit dem Verwaltungsrat, dem auch Mitglieder des Rates der Stadt Bochum angehören, ob die Tafel an einer adäquateren Stelle des Gebäudes installiert werden kann. Adäquat heißt, dass sie an einer gut frequentierten Stelle deutlich wahrgenommen würde, sich aber nicht gerade neben dem WC-Eingang oder dem Skateboard-Verleih befände.

c) Gedenktafel ehemaliges Außenlager KZ Buchenwald an der Kohlenstraße

Der Kulturausschuss hat in seiner Sitzung am 02.05.1986 als Empfehlung an den Rat beschlossen, diese von der VVN am 20.07.1984 angeregte Tafel zu installieren, wenn die Baumaßnahmen zur Weiterführung der Westtangente abgeschlossen sind, und zwar mit folgendem Text:
„Von Juni 1944 bis März 1945 befand sich an dieser Stelle ein Außenkommando des Konzentrationslagers Buchenwald.
Infolge menschenunwürdiger Arbeitsbedingungen und brutaler Behandlung durch die SS starben viele nach Bochum verschleppte Häftlinge.
Diese Tafel soll an alle Opfer des nationalsozialistischen Terrors, der Diktatur und des Rassenwahns erinnern.
Stadt Bochum 1987“

In der Folgezeit sind diese und weitere Anregungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und einzelner Bürgerinnen und Bürger zur Installation von Mahntafeln an Orten des NS-Terrors im Stadtgebiet im Zusammenhang mit dem Wunsch nach einer zentralen Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft in Bochum in den politischen Gremien thematisiert worden, und zwar im Kulturausschuss, im Beschwerdeausschuss, im Rat, im Ältestenrat und in den Fraktionen. Ein konkreter Umsetzungsbeschluss wurde nicht gefasst.

d) Kriegerdenkmal Bochum-Langendreer

Das Denkmal befindet sich im Eigentum der Denkmal-Vereinigung e. V., Im Mühlenkamp 2, 44892 Bochum. Der Soldatenskulptur wurde im Jahre 1987 von Unbekannten der Kopf abgetrennt und entfernt. Die Bezirksvertretung Bochum-Ost hat einem Bürgerantrag, das Denkmal wieder zu restaurieren, nicht entsprochen. Sie hat sozusagen als Kompromiss beschlossen, eine Tafel mit folgender Inschrift zu installieren:

„Dieses Denkmal 1929 errichtet und 1987 beschädigt soll uns Mahnmal gegen Krieg und seine Verherrlichung sein.“

Der Beschluss wurde realisiert im Jahre 1992.

Im Jahre 2004 hat die Denkmal-Vereinigung e. V. nach einer gemeinsamen Spendenaktion mit dem Verkehrs- und Geschichtsverein Langendreer/Werne die Soldatenskulptur restaurieren lassen. Da aus ihrer Sicht nunmehr der Text der Tafel (hier: …“beschädigt“…) keinen Sinn mehr machte, ist die Tafel auf Vereinsbeschluss vom Verein entfernt worden und befindet sich in seinem Besitz. Die Anbringung einer neuen Tafel würde einen entsprechenden politischen Beschluss und das Einverständnis des Eigentümers voraussetzen.