Protestkomitee gegen Studiengebühren

Bochum, den 21.08.06
P R E S S E I N F O R M A T I O N

Vernichtende Kritik am Studiengebühren-Entwurf der Bochumer Uni-Verwaltung

UNSOZIAL - RASSISTISCH - UNVERBESSERBAR

Bochum. Vier Wochen vor der möglichen Studiengebühren-Entscheidung des Senats der Ruhr-Universität ist jetzt der Entwurf einer Gebührensatzung bekannt geworden. Im Anhang dieser Erklärung veröffentlicht das Bochumer Protestkomitee gegen Studiengebühren erstmals das bisher interne Dokument. „Was die Uni-Verwaltung da vorlegt, kann man nur als eine Katastrophe für die Ruhr-Uni, ihre Angehörigen und die Bildungsgerechtigkeit bezeichenen“, bewertet Katharina Teiting vom Bochumer Protestkomitee gegen Studiengebühren den Entwurf. Der Entwurf sei „unsozial, rassistisch und unverbesserbar“.

Die Uni-Verwaltung schlägt vor, ab Sommersemester 2007 den Studiengebühren-Höchstbetrag zu erheben, den die schwarz-gelbe Landesregierung überhaupt erlaubt: 500 Euro pro Semester, also 1000 Euro pro Jahr zusätzlich zum bisherigen Sozialbeitrag. Zusammen mit den erwarteten Steigerungen des Sozialbeitrages sind das fast 100 Euro pro Monat mehr. „Der BaföG-Höchstsatz beträgt 585 Euro monatlich, von dem die Miete, Lebensmittel und teures Lernmaterial bezahlt werden müssen. Weil nur ein geringer Prozentsatz der Studierenden die staatliche Förderung überhaupt bekommt, müssen viele sogar faktisch mit noch weniger Geld auskommen“, sagt Jan Dreyer von der Freien Uni Bochum. „Da kann man sich an einer Hand abzählen, was fast 100 Euro pro Monat weniger bedeuten: Häufig genug den Abbruch des Studiums. Das ist eine bildungspolitische Katastrophe für Bochum!“


ZUSATZGEBÜHREN OHNE ENDE - WEITERBILDUNG KOMPLETT PRIVATISIERT!

ZweithörerInnen und Seniorenstudierende sollen nach den Plänen der Uni-Verwaltung 100 Euro pro Semester zahlen. Weiterbildungsangebote will die Uni in Zukunft komplett privat finanzieren lassen. In dem Entwurf heißt es: „Die Höhe des besonderen Gasthörerbeitrags ergibt sich aus der Summe der für das jeweilige Weiterbildungsangebot voraussichtlich erforderlichen Kosten, geteilt durch die voraussichtliche Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer“ (§2, Abs. 2). AusländerInnen von außerhalb der EU sollen zu Beginn ihres Studiums 50 Euro zusätzlich zahlen, angeblich für die Kosten, die beim „Auswahlverfahren“ entstehen (§3, Abs. 1). Die Eignungsprüfung für SportstudentInnen soll in Zukunft 40 Euro kosten (§3, Abs.2).


RASSISMUS IM SATZUNGSENTWURF

Außerdem werfen die KritikerInnen dem Entwurf Rassismus vor. Der Hintergrund: Schon das von CDU und FDP verabschiedete Studiengebührengesetz diskriminiert AusländerInnen, indem die Vergabe von Studienkrediten an Menschen von außerhalb der EU ausgeschlossen wird. Weil gerade diese Gruppe häufig in Deutschland nicht (oder nur in minimalem Umfang) arbeiten darf, treffen sie die Gebühren gleich doppelt. Studiengebühren kommen für viele einer Ausweisung aus Deutschland gleich.

Der von der Uni-Verwaltung vorgelegte Entwurf zur Gebührensatzung geht mit dieser Notlage besonders zynisch um: Nicht-EU-AusländerInnen können nach den Plänen „für ein oder mehrere Semester befreit werden, wenn die Ruhr-Universität ein besonderes Interesse an der Bildungszusammenarbeit mit dem Herkunftsland hat. Die Entscheidung über die Länder, mit denen ein besonderes Interesse an der Bildungszusammenarbeit besteht, trifft das Rektorat der Ruhr-Universität.“ (§7, Abs. 1)

Dazu Katharina Teiting: „Dass im Zuge von Bildung nicht vom Interesse der Menschen die Rede ist, sondern vom Interesse derjenigen, die Bildung vermitteln, das ist eine zynische Umkehrung des Grundrechts auf Bildung. Das Rektorat soll entscheiden, ob Studierende aus bestimmten Ländern für die Ruhr-Uni nützlich sind. Wer aus dem falschen Land kommt, soll durch Studiengebühren von der Uni und damit aus Deutschland ferngehalten werden. Das ist blanker Rassismus.“


AUSNAHMEN UND PRÜFUNGSGREMIUM SIND EINE FARCE

Auch die Ausnahmeregelungen für Eltern, AStA-Mitglieder, Behinderte und Mitglieder der NRW-Olympiastützpunkte, die nach Aussage des Rektorats die soziale Komponente der Gebühren darstellen sollen, sind nach Ansicht des Protestkomitees nur „Alibi-Zugeständnisse“. Ein schlechter Witz sei auch das Prüfungsgremium, das mögliche Mängel in der durch Studiengebühren finanzierten Lehre aufdecken soll. „Die vorgesehene Prüfung ist eine Farce“, sagt Katharina Teiting vom Protestkomitee. „Das Gremium soll nur Empfehlungen aussprechen. Das Rektorat kann selbst entscheiden, ob es sich daran hält oder nicht. Damit auch keine Zweifel darüber aufkommen, heißt es im Entwurf explizit: 'Die Empfehlungen begründen keine eigenen Rechte der Mitglieder der Hochschule.'“ (§12, Abs.1)


UNVERBESSERBAR!

Selbst mit Nachbesserungen und Entschärfungen bliebe die Studiengebührensatzung völlig untragbar. „Wenn die SenatorInnen nur einen Funken von Verantwortungsgefühl haben, dann bleibt ihnen nichts anderes übrig, als dieses skandalöse Machwerk in Bausch und Bogen abzulehnen“, fordert Ulrich Schröder vom Protestkomitee. „Wir werden das uns mögliche tun, um die Senatsmitglieder an diese historische Verantwortung zu erinnern.“ Die Entscheidung über Studiengebühren will der Uni-Senat am 18. September treffen.

Der Entwurf der Gebührensatzung als pdf-Datei


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