Vorwort
Als die Initiative "Entschädigung jetzt" nach einer Veranstaltung zur Diskussion um die Entschädigung von Zwangsarbeit im soziokulturellen Zentrum "Bahnhof Langendreer" in Bochum am 27.1.2000 ins Leben gerufen wurde, geschah das aus der Empörung heraus, das die längst fällige zumindest symbolische Entschädigung sich immer wieder auf Grund der egoistischen Sicherheitsinteressen der deutschen Industrie verzögerte. Die Menschen, um die es vor allem ging, gerieten dabei völlig aus dem Blickfeld. Den Mitgliedern der Initiative lag daran aufzuzeigen, wieviele Bochumer Unternehmen durch den Einsatz von Zwangsarbeitern während des Zweiten Weltkrieges profitiert hatten, sich jedoch bis zu diesem Zeitpunkt ihrer Verantwortung entzogen und noch nicht bereit waren, dem am 16. Februar 1999 gegründeten Stiftungsfonds der deutschen Wirtschaft beizutreten. Die Veröffentlichungen von Namen und Fakten verbunden mit Demonstrationen zeigten ihre Wirkung, viele Betriebe traten dem Fonds bei und leisteten einen finanziellen Beitrag. Trotzdem wuchs das Fondsvermögen beschämend langsam, in der Öffentlichkeit nahm das Interesse an dem Thema zu.

Es schien uns wichtig, die Menschen, um die es eigentlich ging und die so entwürdigend lange auf eine Anerkennung ihrer Leiden warten mussten, selbst zu Wort kommen zu lassen. Seit Jahren gab es über die Städtepartnerschaft Kontakte zu den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern im Donezker Gebiet, viele Briefe waren von ihnen nach Bochum geschickt worden. Gleichzeitig exisitierten über den Bürgerverein "Erinnern für die Zukunft" enge Kontakte zu einem ehemaligen jüdischen KZ-Häftling, der in Bochum als Zwangsarbeiter interniert war. Die auf diesen Wegen nach Bochum gelangten Briefe, Berichte und Bilder einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, ist das Anliegen der Herausgeber dieses Buches. Wir hoffen, daß durch die persönlichen Schilderungen der Überlebenden die Zwangsarbeiter nicht länger als anonyme Gruppe erscheinen.
Die Arbeit an dem Buch war allerdings in wenigen Monaten und nur in der Freizeit der an der Redaktion Beteiligten zu erledigen. Das erklärt, weshalb viele Fragen offen blieben, die durch intensive und zeitaufwendige Recherchen vielleicht hätten beantwortet werden können. Unser Hauptziel - wenigstens einigen Zwangsarbeitern stellvertretend für die vielen anderen, Gesicht und Stimme zu verleihen - haben wir erreicht. Wir wünschen uns, dass gerade die offenen Fragen andere veranlassen werden, den nur teilweise geklärten Ereignissen und aufgeworfenen Problemen nachzugehen und dass auf diese Weise noch mehr Licht in den Komplex Zwangsarbeit in Bochum gebracht werden kann.