Antifaschistische Bochumer Blätter
Information der VVN - Bund der Antifaschisten; Nr. 2/2003

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Vernichtungskrieg – eine Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht 1941-1945

Schon bald nach dem 8. Mai 1945 begannen Teile des deutschen Volkes zu fordern, dass man endlich nicht mehr erinnert werden wollte an „damals”, die Vergangenheit sollte doch endlich begraben werden. Man wollte nicht daran erinnert werden, wie sehr man vielleicht als Mitläufer, als Sympathisant, vielleicht auch sehr aktiv als Täter, mitgemacht hatte.

Ein kollektiver Gedächtnisverlust befiel große Teile der Deutschen: Man hatte von nichts gewusst und hatte auch keine Erinnerungen an die Zeit von 1933-1945. Andere behaupteten, verführt worden zu sein, Jugendsünden begangen zu haben, vor allem Soldaten reklamierten für sich den Befehlsnotstand: Wir mussten ja, sonst.......

Erst 1992 bereitete das Hamburger Institut für Sozialforschung eine Ausstellung „Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941-1945” vor. Im März 1995 wurde die Ausstellung eröffnet und in 34 deutschen und österreichischen Städten gezeigt. An jedem Ort gab es heftige Proteste nach dem Motto: Unsere Väter und Großväter waren keine Verbrecher, der deutsche Soldat war tapfer, treu und sauber, Krieg ist eben Krieg. Am bekanntesten ist die NPD-Demonstration in München am 1.3.1997 geworden, weil auch die CSU mit Peter Gauweiler an der Spitze mit harschen Worten gegen die Ausstellung und den Initiator Jan Philipp Reemtsma polemisierte.
Immerhin sahen fast 1 Million Menschen die Ausstellung. Für historisch Interessierte brachte die Ausstellung eigentlich nichts Neues. Berge von Dokumenten, Akten, Befehlen, Wehrmachtsberichten, wissenschaftlichen Darstellungen hatten längst die Legende von der „sauberen Wehrmacht” zerstört.
Nach heftigen Vorwürfen wegen einiger weniger Fehler wurde die Ausstellung seit November 1999 überarbeitet.
Die neue Fassung wurde im November 2001 in Berlin dem Publikum gezeigt: Sechs Kapitel zeigen den Völkermord an den Juden, das beabsichtigte Massensterben von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener, den Mord an 30 Millionen Menschen, der durch Nahrungsmittelentzug bewerkstelligt wurde, die Deportation von Millionen Zwangsarbeitern, besser Sklavenarbeiter, den Partisanenkrieg sowie Geiselerschießungen und andere unmenschliche Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung der besetzten Länder – alles mit Hilfe, unter der Regie oder unter Aufsicht der deutschen Wehrmacht.
Sofort gelang es der NPD, wieder 4.000 DemonstrantInnen gegen die Ausstellung auf die Straße zu bringen – alles ordentlich polizeilich genehmigt natürlich. Die neue Ausstellung macht jetzt die Runde und ist z.B. bis zum 2.11.2003 in Dortmund zu sehen.
Die Grundaussagen der historischen Forschung konnten durch alle Überarbeitungen und Überprüfungen nicht widerlegt werden.
(...)
Wir sollten wachsam sein: Wenn der Verteidigungsminister sich freut, dass 2003 schon über 100.000 Bundeswehrsoldaten schon wieder kriegerische Auslandserfahrungen auf inzwischen 11 weltweit verteilten Kriegsschauplätzen hat und inzwischen ca. 10.000 ständig im Einsatz sind, wann wieder die Behauptung kommt: Wir haben von all  dem  nichts gewusst, wir dachten, alles sei rechtlich abgesichert, wir dachten, Soldaten heute sind für Menschenrechte da, weil sie nur Missionen erfüllen und Operationen gegen die Bösen veranstalten.
 .......
Die Wehrmacht war von 1933 an in ein verbrecherisches völkermörderisches System integriert. Ob der einzelne Soldat davon ein Bewusstsein hatte oder auf die faschistische Propaganda hereinfiel, sei dahingestellt. Allerspätestens 1945 hätte er wissen müssen, wobei er objektiv mitgemacht hatte. Viele leugnen es bis heute – da werden noch so viele Wehrmachtsausstellungen nichts dran ändern.

Wolfgang Dominik