Die Ruhr-Uni Bochum gehört zu den ersten Hochschulen,
die ihren Studierenden einen bis heute
kostenlosen Internetzugang ermöglichte. Auch die
Betreuung für NutzerInnen und Initiativen ist sehr gut.
Bei der jüngsten Sperrung des Zugangs auf Seiten mit
indiziertem, in der Regel rechtsradikalen Inhalt durch
die RUB gibt es nun massive Proteste.

Eine Art von "Zensur" gab es meines Wissens nach nur
bei der Sperrung der Seite der Tierrechte-Initiative
an der RUB wegen einer angeblichen Ordnungswidrigkeit
("Aufruf zur Jagdsabotage"). Die Sperrung besteht seit 1997
und wurde bis heute leider nicht mehr aufgehoben, obwohl
ein ziemliches Informationsdefizit in der Öffentlichkeit über
Anzahl, Sinn und Zweck der Versuche mit Tieren aller Arten
bis hin zum Menschenaffen an der RUB besteht.

Dass Nazi-Seiten irgendeine Form der wissenschaftlichen
Nutzung ermöglichen, kann man ja wohl zurecht bezweifeln.
Ich glaube auch nicht, dass man im Falle einer Sperrung von
einer Zensur im Sinne der "totalitären Überwachung von
Meinungsäusserungen" sprechen kann. Nazi-Verherrlichung stellt eine
Straftat dar. Warum also soll die RUB aus Landesmitteln den
kostenlosen Traffic auf Seiten bezahlen, in denen "Experten"
behaupten, die Desinfektionskammern in Auschwitz hätten nur
der Desinfektion gedient?

Als Andy Müller-Maguhn (vom Chaos Computer Club) für einen
Sitz im Board der weltweiten Internetorganisation ICANN
kandidierte, fand man diesen Mann, zumindest in einigen
Teilen des linken Spektrums, sehr suspekt, weil er in der Sperrung
von Nazi-Seiten kein geeignetes Mittel zu deren
Bekämpfung sah. Diese kritische Haltung gegenüber
der Meinung von Müller-Maguhn konnte ich nachvollziehen.
Die Proteste gegen die "Zensur" durch das Land NRW
und die RUB stellen aber nun die völlige Abkehr von dieser
Haltung dar.

Analog zur Argumentation der Protesten müsste man sich auch
ausdrücklich gegen das evtl. Verbot von Nazi-Demonstrationen und
Organisationen oder den Verkauf von Nazi-Literatur aussprechen,
denn auch diese stellen streng genommen eine Informations-
möglichkeit für die Öffentlichkeit dar und legen rechtsradikales
Potential in unserer Gesellschaft offen. Deren Verbote hingegen
führen zum totalitären Staat.
Dabei bin ich mir nicht im Klaren, wer im AStA der RUB
diese Proteste mitträgt. Näheres hätte ich dazu schon gern
gewusst.

Jedenfall stellen diese massiven Proteste mit Listen der
Adressen der gesperrten Seiten und Anleitungen, wie man auf
diese Seiten kommen kann, eine grossangelegte Werbung für
diese Seiten dar, wie sie NRW und RUB bestimmt nicht
beabsichtigt haben und die BetreiberInnen der gesperrten
Seiten selbst nie hätten erreichen können.

Nochmals: Die Initiatoren des Protestes verschicken Anleitungen
zur Wiederherstellung des Zugangs auf Seiten mit rechtsradikalen
Inhalten !!!

Ich würde mich freuen, wenn wir beim kommenden
SiN-Treffen (Dienstag, 15.01.2002, 19.00 Uhr, Kulturcafe)
darüber reden könnten.

Liebe Grüsse, B.