Wolfgang Dominik

Die G 7 (8) und ihre kriegerische Unordnungsfunktion

Vortrag im Bhf. Langendreer im Auftrag des Bochumer Friedensplenums und der DFG-VK am 25.4.2007

Im Namen der Freiheit verschiedener transnationaler Konzerne, die ihren Hauptsitz in den G 7 haben, wurde in der Geschichte der Kapitalverbrechen immer individueller Terror auch mit massenmörderischem staatlichen Terror beantwortet. Seit der Proklamation der Neuen Weltordnung durch Bush sen. setzte sich das militärische Faustrecht  und die Militarisierung von innerstaatlichen und internationalen Beziehungen in kurzer Zeit durch . Auch historisch stehen Globalisierung und Krieg in einem dialektischen Kontext.

Das war die Ankündigung, die ich dem Friedensplenum vor ein paar Wochen ad hoc machen sollte.

Morgen vor 70 Jahren, also am 26. April 1937, zerstörten deutsche und italienische faschistische Bomber in mehreren Angriffswellen mit Spreng-, Splitter- und Brandbomben die spanische Stadt Gernika. Vielleicht ist der folgende Beitrag auch ein kleiner Hinweis, an die globale Offensive des Faschismus zu erinnern. Es geht mir auch darum, auf eine Leerstelle im kollektiven Gedächtnis indirekt zu hinzuweisen. Es ist ja nicht ausgeschlossen, dass einige von den folgenden Informationen eines Tages auch nur eine Leerstelle in der Geschichte sein werden ( vgl. Wolfgang Wippermann, Krieg geprobt, in: Junge Welt, 25.4.2007).

In diesem Kreis, bei diesem Publikum, sind fast alle Informationen über den G-8-Gipfel längst angekommen und allein in meinen Mails zum Thema lese ich vieles zum x-ten Mal. Diese exklusive Beratungsrunde tagt seit 1975, damals ist der SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt angesichts einer instabilen Weltkonjunktur, des „Ölpreisschocks“ und des Zusammenbruchs des Weltwährungssystems von Bretton Woods auf die Idee gekommen, dass Reparaturmaßnahmen zum Überleben des kapitalistisch-imperialistischen Weltsystems von den kapitalistischen Ländern koordiniert angegangen werden müssen und dass die Legitimationskrise dieses mörderischen Wirtschaftssystems angesichts der US-Niederlage in Vietnam  nur gemeinsam durch intensive ideologische Beeinflussung der Bevölkerung und gewissen Absprachen zwischen den großen kapitalistischen Ländern und Konzernen zu bewältigen ist.

Alle folgenden Treffen bestätigten dann wirtschaftlich die neoliberale Globalisierung: Zunächst probierten die USA und GB das als „Reaganomics“ und „Thatcherismus“ aus: Weite bisher ökonomisch scheinbar sichere Bevölkerungsschichten wurden auch in den kapitalistischen Metropolen in Armut und Verelendung gestürzt.

Nach der Niederlage der staatssozialistischen Länder im globalen militärischen und wirtschaftlichen Konkurrenzkampf wurde auch Russland als nun sich sprunghaft kapitalistisch entwickelndes Land zu den G-7-Gipfeln eingeladen.

Wir wissen alle, dass da in Heiligendamm riesige Sicherungsanlagen zum Schutz der G-8-RepräsentantInnen  vor „ihren“ Bürgern gebaut werden, von 20 Millionen Euros ist die Rede, die der Hochsicherheitstrakt der Regierenden mit einem Radius von 12,5 km kostet; im Umkreis von 50 km werden Polizeisperren, Polizeikontrollen, Bewegungsmelder, Hunderte von Kameras, bewaffnete Patrouillen zur Sicherung des See- und Luftraums, stationiert; die USA wollen eigene Kriegsschiffe schicken, weil sie den deutschen Eingrenzern-Ausgrenzern wohl nicht trauen; was noch fehlt, sind eigentlich Minenfelder gegen DemonstrantInnen. 16000 PolizistInnen werden offiziell als Bewachungspersonal genannt, wie viel es wirklich sind und wie viele etwa auch militärischen Einheiten teilnehmen, weiß man nicht. 100 Millionen Euro wird das Ganze insgesamt kosten, jedenfalls wird das bisher offiziell zugegeben, wahrscheinlich also auch viel mehr.  Und dass die die G-8-Vertreter gegen den Rest der Welt dann Politik und Verurteilungen für noch mehr Elend und Ausbeutung vornehmen, ist auch allen klar. 100 Millionen  Euro für die Sicherheit von wenigen Top-PolitikerInnen sind natürlich peanuts, in dem staatlichen Hochsicherheitstrakt geht es immerhin um Billionen, die den Menschen global in den nächsten Jahren weggenommen werden. Die Vertreter von 13 % der Weltbevölkerung zwingen 87 % der Bevölkerung ihre Entscheidungen auf. Diese 8 Länder haben 95 % der Atomwaffen, in diesen Ländern sind 80 der 100 größten Konzerne und 8 der 10 größten Banken der Welt. Das bedeutet neue Knebelverträge für die Länder, von denen wir uns entwickeln lassen, bei uns ideologisch Entwicklungsländer genannt (so macht man das, um zu verschleiern, dass die kapitalistischen Länder da nichts als Hunger, Mord und Kriege entwickeln. Der „reale Nebel“, wie Ernst Bloch sagt, der sich tagein, tagaus über die Gehirne der Menschen legt, hat einen klaren Zweck; Die Menschen an die Barbarei zu gewöhnen.)

Publikumswirksam werden Frau Merkel und Herr Bush dekorativ betroffen in die Kameras gucken und der Weltbevölkerung erzählen, dass es ihnen in Heiligendamm gelingen wird und gelungen ist, den Hunger in Afrika, die globale Klimakatastrophe und den globalen Terrorismus einzudämmen. Natürlich müsse man noch hier und da etwas Militär für humanitäre Missionen in Stellung bringen. Natürliche müsse die neue soziale Marktwirtschaft, der knallharte neoliberale Kurs zum Sozialraub, global weitergehen.

Elmar Altvater nennt die G8 das Management der selbst verantworteten Katastrophe. Die Trümmerberge der neoliberalen Entwicklung gilt es so zu regulieren, dass die Opfer nicht auf Gedanken der Gegenwehr kommen oder falls sie drauf kommen, sie rechtzeitig auch militärisch zu „befrieden“ (vgl. Elmar Altvater, von Nairobi nach Heiligendamm, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 3/2007, S. 329-340). Armut und AIDS, Terrorismus und Kriege, Energiemangel und Klimakatastrophen sind Thema in Heiligendamm, nicht aber der ungeheure Reichtum einiger weniger. Das scheint kein globales Problem zu sein, obwohl die G8-Gipfel immer an der Vermehrung dieses Reichtums auf Kosten der allergrößten Mehrheit der Menschen weiterbasteln. Altvater nennt mich dann immer wieder beeindruckende Zahlen: Wer im Januar auf dem Weltwirtschaftsgipfel im Nobel-Wintersportort Davos teilnehmen will, muss als Teilnahmegebühr 40 000 Dollar jährlich zahlen. 2000 Topmanager beraten in Davos regelmäßig auch mit „ihren“ G8-PolitikerInnen über zukünftige Profitmöglichkeiten und bessere Ausbeutbarkeit von Mensch und Natur. Gleichzeitig findet das Weltsozialforum seit 1992 als Gegengipfel statt: Umgerechnet 10 Dollar kostet die Teilnahme am WSF Januar 2007. Auch viele Menschen aus den Slums von Nairobi, wo im Januar 2007 das WSF stattfand, hätten gern teilgenommen: Unmöglich war das für sie, da sie mit 10 Dollar 10 Tage überleben müssen. Ein Manager hätte also 4000 Slumbewohner am WSF für seinen Beitrag in Davos teilnehmen lassen können(s. o. Altvater).

Ein zukünftiges Problem wird wohl in Heiligendamm auch angegangen werden: Von den über 50 Millionen Flüchtlingen auf der Erde werden 25 Millionen als Klimaflüchtlinge jetzt schon bezeichnet. In 2 Jahren wird sich diese Zahl verdoppeln. „Klimawandel wird in den Industrieländern produziert, die Folgen bekommen andere ab, zum Beispiel all jene im Sahel. Überleben kann nur, wer weggeht.“ Allein in Nordafrika bis zur Sahelzone haben über 5 Millionen Menschen keine Überlebenschancen. Den Klimawandel und die Folgen, ein eminent politisches Problem, darf kein Flüchtling als Fluchtgrund angeben, weil das von den Verursachern der Klimakatastrophe nicht anerkannt wird. Aber es werden immer mehr – die Bilder von Verzweifelten, die mit wackeligen Booten 1000 km übers Meer auf die Kanaren sich flüchten, kennt jeder. Wie viele nicht bis auf die Kanaren kommen, weiß niemand. Was macht man mit den Menschen, deren Inselstaaten im Pazifik bei Ansteigen der Meere im Meer versinken? (vgl. VER.DI PUBLIK 04, April 2007, S. 17). Vgl.

www.unu.edu    www.milborn.net    www.proasyl.de

Der ehemalige Innenminister Otto Schily hatte ja schon mal riesige, von Kritikern KZ-ähnlich genannte, Flüchtlingslager in Nordafrika vorgeschlagen. Massiv deutet das Weißbuch auch diese Flüchtlinge an und macht die betroffenen Staaten verantwortlich für das Elend. Aber immerhin können diese Millionen Flüchtlinge auch zum militärischen Problem werden. Wie wehren wir die alle ab?

Der Frankfurter Psychoanalytiker Fakhri Khalik weist in der FR vom 21.4.07 daraufhin, dass vor allem die USA auf kulturell-religiöse Grundüberzeugungen im Irak oder Afghanistan keinerlei Rücksicht nehmen. Kulturelle und religiöse Traditionen werden brutal verletzt, was bei den Betroffenen allgemein zu scharfen Ressentiments oder gar gewalttätigem Widerstand der Betroffenen gegen die „christlichen“ Besatzer führt. Eine Verallgemeinerung auf alles „Christliche“ ist vorstellbar. Der prinzipiell ökonomische Konflikt wird so mit Religion ideologisch aufgeladen und gegen alle Andersgläubigen geführt sowie soziale Konflikte z.T. ethnisiert worden sind.. Die Christenphobie (FR/WAZ vom 21.4.07 zu den Morden an Christen in Malatya) könnte bald weitere Kreise ziehen. Die Islamophobie in Europa ist uralt. Dass islamische Länder nach 1000 Jahren wieder zum Ziel eines christlichen Kreuzzuges wird, müssen viele islamische Menschen so empfinden. Zu Anfang des Überfalls auf Afghanistan sind solche Begriffe ja auch gefallen. Viele der o.g. Klimaflüchtlinge kommen auch aus dem islamischen Kulturkreis.


Zu den G8 gehören immerhin 7 Staaten, die sich als „christlich-abendländisch“ bezeichnen und dass kein einziges Land der G8 zum islamischen Glaubensbereich gehört, zahlreiche dieser Länder aber sich im Fadenkreuz der „christlich“ kapitalistischen Länder befinden, muss in weiten Teilen der Welt als Affront begriffen werden. Im ständigen Sicherheitsrat der UNO ist auch kein islamisches Land vertreten, sondern 4 „christlich-abendländische und ein konfuzianisches(?). (Es geht mir hier keineswegs darum, einen „Kampf der Kulturen“ zu beschwören, sondern auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass Ideologien unter den Bedingungen der materiellen Gewalt zur materiellen Gewalt werden können!).

Das ist alles – s. Literaturverzeichnis – längst wissenschaftlich beschrieben und allein hier im Bhf. Langendreer waren viele Beiträge in den letzten Jahren und Wochen zum Thema und zu Detailfragen der vielen Verlierer und wenigen Gewinnern der Globalisierung zu hören.

Um vielleicht etwas Neues zu erzählen, will ich einfach mal mit den letzten 3 Büchern anfangen, die ich zum Thema gelesen habe und bitte euch einfach, immer das Thema, Globalisierung, G8 und ihre kriegerische Unordnungsfunktion mitzudenken.

  1. John Perkins, Bekenntnisse eines Economic Hit Man, Unterwegs im Dienst der Wirtschaftsmafia, München 2005.

John Perkins hat dieses Buch geschrieben, obwohl ihm einflussreiche Kreise gedroht haben, dass ihm die Veröffentlichung seiner Erlebnisse als Wirtschaftskiller, also als bezahlter Kopfgeldjäger von Staatsmännern in aller Welt, vielleicht gar nicht gut tun würde. Er hat 20 Jahre für das Buch gebraucht, weil Drohungen und Bestechungsgelder ihn immer wieder hinderten. Wirtschaftskiller sind Leute, die im Auftrag transnationaler Konzerne vor allem Staatsmännern (Staatsfrauen gibt`s da meistens auch nicht so häufig) überdimensionierte und überteuerte Wirtschaftsprojekte aufschwatzen verbunden mit Großkrediten und Auftragsvergabe an us-amerikanische Unternehmen. (Wenn eines Tages der Prozess gegen die Siemens-Manager die Wahrheit an den Tag bringen sollte, dann wissen wir zumindest von Siemens, wie der 400 000 Millionen Euro-Reptilienfond  genutzt wurde. Gerade kann man im neuesten Heft der Christlichen Initiative Romero, Presente 1/2007) nachlesen, dass Siemens neben höchst umwelt-  auch klimaschädlichen Megastaudammprojekten in Nicaragua und El Salvador steckt. Ich frage mich gleich, welche Economic Hit Men da wohl mitgeholfen haben.)  Alle kapitalistischen Großkonzerne versuchen, wie John Perkins das für die US-Konzerne und damit verbunden die US-Regierung  berichtet, vor allem Länder des peripheren Kapitalismus weiter abhängig zu machen, indem die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder manipuliert wird. Wenn dann Länder wie Venezuela, Bolivien, tendenziell Chile, Brasilien u.a. sich aus dem Klammergriff der G7 oder auch der G8 zu lösen versuchen, ist der Vorwurf der kommunistischen Entwicklung und damit des Terrorismus natürlich nicht fern.

John Perkins schildert aus Ecuador, Kolumbien, Panama, Saudi-Arabien und Persien seine Vorgehensweisen, die er heute als kriminelle Machenschaften bezeichnet.

Wie immer in der Geschichte gingen die kapitalistisch-imperialistischen Länder völlig skrupellos vor. Das, was ein bekannter Gefängnisinsasse der RAF vor kurzem über Kapitalismus und Korruption gesagt hat und uni sono in den bürgerlichen Medien und PolitikerInnen  als arrogant, überzogen und prinzipiell terroristisch, weil antikapitalistisch, verurteilt wurde, weist hier John Perkins einer Fülle von  Politikern, ganzer Wirtschaftszweige und Regierungen nach, weil er es war, der der Economic Hit Man (die sich selbst nur EHM nennen) war. (Anmerkung: Auch in den bürgerlichen Medien bekommt man/frau praktisch täglich solche Fälle von großer und kleiner Korruption von staatlichen, wirtschaftlichen, aber auch z.B. sportlichen MandatsträgerInnen vorgeführt).

John Perkins beschreibt, wie im Auftrag von transnationalen Konzernen hoch bezahlte Wirtschaftsfachleute (EHM) in betrügerischer Absicht rund um den Globus reisen und den Völkern Billionen-Dollar-schwere Schulden vermitteln. Falsche Wirtschaftsprognosen, Wahlmanipulationen, sofern Wahlen stattfinden oder überhaupt manipuliert werden müssen, Schmiergelder, Erpressungen jeder Art, Bestechungen, Sex und Mord gehören zum Instrumentarium der Herren der Globalisierung. Morde werden – so Perkins (S.10) – von den „Schakalen des CIA“ durchgeführt und oft genug als Unfall getarnt. Aber John Perkins macht sich und seinesgleichen mitverantwortlich für den 11.9.2001, er macht seine us-amerikanischen Auftraggeber und sich verantwortlich dafür, dass täglich 34000 Menschen verhungern. Die Verzweiflung und Not treibt dann auch Leute zu Aktionen wie am 11.9.

Perkins schwankt in seiner Darstellung zwischen einem unglaublichen Idealismus (die USA, die er liebt, könnten das ganze Elend weltweit stoppen, weil sie es hauptsächlich mitverschulden) und korrekten Einschätzungen: Die US-Konzerne streben nach Weltherrschaft. Sie okkupieren Regierungen und Banken  und bilden so eine Korporatokratie (S. 15). Ich nenne es mal einfach staatsmonopolistischen oder zumindest staatsinterventionistischen Kapitalismus. Perkins beschreibt auch eindrucksvoll, dass der Krieg die Fortsetzung des Wirtschaftskrieges der EHM (Economic Hit Men) mit anderen Mitteln ist (oder auch umgekehrt: Einer der Konstrukteure des Irak-Krieges, der ehemalige stellvertretende Kriegsminister der USA, Paul Wolfowitz, wurde von Präsident Bush jun. zum Chef der Weltbank. „Wolfowitz, davon sind heute viele Weltbanker überzeugt, wollte seinen Demokratie-Kreuzzug fortsetzen, nur eben mit anderen Mitteln: Entwicklungskredite statt Bomben“ (s. FR vom 13.4.07. In der FR vom 24.4.07 wird zwar die Begünstigung seiner Freundin von Weltbank-Managern Wolfowitz zum Vorwurf gemacht, aber tatsächlich hat Wolfowitz die Weltbank zum außenpolitischen Instrument der USA gemacht).

 Wenn der Schakal, so nennt  sich Perkins auch, scheitert, greifen die Militärs ein. Monsanto, General Electric, Nike, General Motors (Opel!), Wal-Mart und fast jeder große Konzern der Welt beschäftigt EHM, die „ungeheuer viel Geld“ bekommen (16), damit sie diese Art von wirtschaftlichen Verbrechen durchziehen. Seine Instrukteurin Claudine wird zitiert: „Staats- und Regierungschefs dafür zu gewinnen, Teile eines ausgedehnten Netzwerks zu werden, das den wirtschaftlichen Interessen der USA dient. Am Ende haben sich die Staatschefs in einem Netz von Schulden verstrickt. Und das garantiert uns ihre Loyalität. Wir können auf sie zurückgreifen, wann immer wir wollen – um unsere politischen, wirtschaftlichen oder militärischen Bedürfnisse zu befriedigen....“ Und die US-Konzerne werden dabei „sagenhaft reich“. (13)

Gerade weil das Buch von einer bürgerlichen Moral nur so trieft, halte ich es für besonders eindrucksvoll. Immerhin muss ein EHM  aus seinem wirtschaftskriminellem Verhalten auch was lernen können. Und als schlichter und gläubiger US-Amerikaner hat er viel gelernt. Oder wir können etwas lernen, wenn wir praktisch aus 1. Hand von den Kapitalverbrechern Geständnisse bekommen.

Eigentlich lässt sich umstandslos an das 2. Buch anknüpfen:

Jean Ziegler, Das Imperium der Schande, Der Kampf gegen Armut und Unterdrückung, München 2007.

Jean Ziegler, Schweizer Soziologie-Professor, ist seit September 2000 Sonderberichterstatter der UNO für das Recht auf Nahrung. (Vielen hier ist Jean Ziegler natürlich auch bekannt, weil er eine Reihe wichtiger Beiträge über die verbrecherischen Machenschaften Schweizer Banken veröffentlicht hat.)

Beeindruckend schildert Ziegler, wie die UNO immer mehr unter das Kommando der USA kommt. „Im Kellergeschoss des Weißen Hauses....gibt es ein spezielles Team von hohen Beamten und Diplomaten. Es ist damit beauftragt, das Tun und Treiben eines jeden der wichtigsten Führungskräfte der Vereinten Nationen und ihrer Spezialorganisationen zu überwachen. Wer nicht auf dem rechten (us-amerikanischen – W.D.) Weg bleibt, hat kaum Aussichten, in diesem System zu überleben. Früher oder später wird er eliminiert werden.“ (S. 59).

Jean Ziegler schreibt in einem Gemisch von marxistischer Terminologie und moralischer Aufgeregtheit. Vielleicht deswegen hat mich das Buch beeindruckt. Es bietet sowohl eine Menge beeindruckender Zahlen des kapitalistischen Imperiums unter der Führung der USA als auch sehr konkrete Berichte von Armut. Ich gebe zu, dass ich zwar immer wieder mal gelesen habe und im Fernsehen gesehen habe, dass hunderttausende von Menschen auf den Müllkippen der Besitzenden in den Großstädten der Länder des peripheren Kapitalismus leben, aber es verschlägt mir dann doch wieder den Atem, wenn Jean Ziegler beschreibt, wie der Zugang zu den Müllkippen in Rio de Janeiro geregelt ist, wer alle bestochen werden muss, wie konkret die Mütter mit den Säuglingen um Zugang betteln, Säuglingen, „deren Mund, Nase und Augen von schwirrenden violetten Fliegen bedeckt sind. Überall liegen Exkremente herum. Die Fliegenschwärme fliegen zwischen den Exkrementenhaufen und den Augen der Säuglinge hin und her.“(106) (Wo fängt Krieg gegen das Volk genau an – erst wenn Bomben fallen? Ziegler hat da eine andere Meinung – s.u.)) Ziegler berichtet, wie Mütter abends einen Stein in das Wasser in einen Kochtopf legen, um den vor Hunger wimmernden Kinder den Eindruck zu vermitteln, da wird etwas anderes als (unsauberes) Wasser gekocht. Über viele Seiten gehen diese Berichte und stammen aus zahlreichen Ländern. Für mich als politischen, historischen, soziologischen Theoretiker ist es einfacher, statistische Sätze zu lesen („152 Millionen Säuglinge hatten 2005 nicht das nötige Überlebensgewicht“) als den Tod eines einzigen Säuglings beschrieben zu bekommen).

Ziegler schreibt: “ Die Monopolisierung und die Multinationalisierung sind die grundlegenden Vektoren der kapitalistischen Produktionsweise. Zahlreiche Historiker meinen sogar, dass der Prozess der Refeudalisierung, die Autonomisierung des Kapitals und die Entstehung von Finanzgesellschaften, die ihre Macht weltweit ausüben und imstande sind, das allgemeine Interesse und die normative Autorität der Staaten herauszufordern, bereits mitten in der Französischen Revolution ihren Ursprung genommen haben.“ (33). Diese „kannibalische Weltordnung“ (12), „die despotischen Herrscher“(13), die „neuen kapitalistischen Feudalsysteme“ (13), „die kosmokratische Barbarei“ (14) , die Kosmokraten, „die neuen Despoten“ (14), die „500 mächtigsten, transkontinentalen kapitalistischen Privatgesellschaften der Welt“ kontrollieren mehr als die Hälfte der weltweiten Produktion. So mächtig war noch „ kein Kaiser, kein König, kein Papst“ in der Geschichte (13).

„Ja, der Hunger, das Elend, die Unterdrückung der Armen sind entsetzlicher als je zuvor.“ (13). Und nach dem 11.9.2001 haben sich die „transkontinentalen kapitalistischen Privatgesellschaften (noch mehr beeilt – W.D.), planetarische Macht“ auszuüben (29, 14).

„Diese neuen Feudalherren nenne ich Kosmokraten. Sie sind die Herrscher des Imperiums der Schande.“ (29)

Ziegler verfolgt in seinem Buch eine Menge von Facetten des Imperiums der Schande oder des ganz normal existierenden Kapitalismus. Er beschreibt z.B., wie Millionen von Menschen an leicht zu verhindernden Krankheiten regelrecht verrecken müssen, weil kapitalistische Pharma-Konzerne die Produktion von Generika, Kopien von Medikamenten, deren Patentschutz abgelaufen ist, verhindern. Wie die Entschädigung von hunderttausenden von Menschen, die 1982 durch die Explosion einer US-Chemie-Fabrik in Bophal, Indien schwer geschädigt wurden und die Entschädigung dieser Menschen und der Hinterbliebenen von damals 20 000 Direkttoten durch US-Konzerne, US-Gerichte, US-Regierungen, verhindert wird.

 Genauso warten über eine Million Vietnamesen, die bis heute durch das us-amerikanische Gift Agent Orange, das 1961-1971 von den USA in Vietnam zum bewussten Ökozid eingesetzt wurde, auf irgendeine Entschädigung oder zumindest Hilfe in ihrem schwer behinderten Zustand. Diese Menschen werden bis heute schwerst behindert geboren  oder sind damals schon mit dem Pestizid in Berührung gekommen  und erkrankten. Schlimmste genetische Veränderungen sieht man heute an den Neugeborenen. 79 Millionen Liter dieses Dioxin-haltigen Pestizids wurde über Vietnam abgeworfen und verseuchte auf unabsehbare Zeit Pflanzen, Tiere, Boden und Wasser und natürlich die Menschen bis heute. (Wenn heute von ehemaligen RAF-Mitgliedern Reue abgefragt wird, müsste man/frau eigentlich mit Inge Viett auch fragen dürfen, ob all die Topmanager, die sich nicht nur an Agent Orange und auch ganz normaler Waffenproduktion dumm und dämlich verdient haben, irgendwann bereut haben, dass sie an Völkermord beteiligt waren. Oder haben die Militärs und Politiker, die die Einsatzbefehle ja geben mussten, jemals Reue gezeigt?).

Ziegler spricht von Massenvernichtungswaffen, wenn er staatlichen, vor allem von den Regierungen der G7 verordneten Hungertod meint, der durch Verschuldung z.B. herbeigeführt wird. „Jeder Hungertote hat einen Mörder“, zitiert Reinhard Kühnl Ziegler (in: Reinhard Kühnl, Krieg und Frieden, Heilbronn 2003, S.10). Er meint die Verschuldung und den Hunger, die vor allem die G7(8) unter Anführung der USA, aber aus wohlverstandenem Eigeninteresse durch die europäischen G7(8)-Mächte in jeder Hinsicht unterstützt , über große Teile der Welt bringen. Wie ich schon vor 35 Jahren  meinen Studierenden beibrachte, dass die Länder des peripheren Kapitalismus ungeheure Entwicklungshilfe an die  kapitalistischen Länder Europas, Nordamerikas, Japans zahlen, referiert Ziegler auch heute unter dem gleichen Motto blanke Zahlen. Im Jahr 2005 z.B. belief sich die gesamte öffentliche Entwicklungshilfe der „Industrieländer des Nordens“ (so Ziegler, 71) auf 58 Milliarden Dollar. „Im selben Jahr haben diese (122 – W.D.) Länder der Dritten Welt den Kosmokraten der Banken des Nordens 482 Milliarden Dollar als Schuldendienst überwiesen.“ (71) Ziegler folgert, dass man keine Panzer , kein Napalm und keine Maschinengewehre braucht, um die Völker ins kapitalistische Joch zu zwingen. Der IWF empfiehlt dann „Strukturanpassungspläne“. Das heißt, Impfungen der Kinder, das Wenige an Schulbildung, das Wenige an öffentlicher Fürsorge muss gestrichen werden. Allein in Brasilien sind in den 90ger Jahren viele Zehntausende von Kindern wegen der vom IWF gestrichenen Masernschutzimpfungen gestorben.(72)

Das ist Krieg! Das ist Massenvernichtung! Und die Massenvernichtungsmittel kommen nicht aus Raketen und den Bombenschächten der B-52, sondern von Papieren des IWF, der WTO oder der Weltbank. (Hier reizt es mich doch, einen kleinen Exkurs in Sachen Christian Klar zu machen. Otto Köhler, Mitherausgeber des Ossietzky, hat in der Jungen Welt vom 22.3.2007 darauf hingewiesen, dass der Bundespräsident Horst Köhler, der Klar nun begnadigen kann, in seiner Zeit als Präsident des IWF für viel mehr Menschenleben verantwortlich war, als Klar hätte töten können.) (Martin Budich hat `mal ein Referat „Sprachlich betäubt“ gehalten: Bestimmte Termini wie Entwicklungshilfe, humanitäre Operationen, Luftschläge, bewaffneter Pazifismus, friedenbewahrende Missionen usw. sind der psychologischen Betäubung des Gewissens sprachlich dienlich. Martin nennt als gelungendstes Beispiel: Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Sprache ist immer schon ein Herrschaftsmittel gewesen.)( Zu Köhler-Köhler-Klar vgl. Ossietzky, 05/2007, S. 180f).

Von Siemens bis Nestlé, von Monsanto bis Dow Chemical ließen sich jetzt zahlreiche weitere Beispiele anführen. Wichtiger ist aber das, was ich anfangs zu Ziegler gesagt habe: Die UNO unter der Kontrolle der G 7.

Hier bin ich beim 3. Buch, das ich zu diesem Thema in letzter Zeit intensiver gelesen habe:

Atlas der Globalisierung, Die neuesten Daten und Fakten zur Lage der Welt, 2007 (Hg. Le Monde diplomatique).

Nehmen wir die Seite: UNO.

Die Hauptfinanziers der UNO sind die G7. „Die UNO sieht sich freilich mit der Arroganz der Macht der USA konfrontiert“ (72), die ihren eigenen ökonomischen Interessen weit mehr Gewicht geben als dem übrigen Planeten. Direkt im Schlepptau der USA die NATO, da vor allem GB, F, D und I, in Ostasien Japan und etwas abgeschlagen Kanada. Auf die Meinung von 191 kleinen Äffchen, so der US-Historiker Paul Kennedy, legt der Riesengorilla, wenn es um die Aneignung einer Banane geht, keinen Wert. Oder lässt der Gorilla etwa abstimmen? Oder wie Net Gingrich es als erster formulierte: Wer zwingt die USA eigentlich, internationale Verträge zu unterschreiben oder falls sie schon unterschrieben hat, wer zwingt die USA, Verträge einzuhalten? Wer zwingt den Gorilla, über eine Banane abstimmen zu lassen. Die USA können ja auch einen Internationalen Gerichtshof von vornherein boykottieren, weil sie befürchten müssen, oft genug auf den Angeklagtenbänken zu sitzen.

Die USA bemühen sich immer wieder, die UNO als ineffiziente „Schwatzbude“ (Richard Perle) zu bezeichnen. Die US-Regierung hat sich nicht gescheut, den größten Verächter der UNO und ausgewiesenen Verfechter des Unilateralismus, John Bolton, zum US-Botschafter bei der UNO zu machen (Atlas, 72).

Die UNO-Generalsekretäre versuchten oft einen anderen, zumindest gemäßigteren, Kurs als die USA und die anderen G7 zu steuern, aber sowohl Javier Perez de Cuéllar als auch Boutros Boutros-Ghali als auch Kofi Annan taugten für die Bedürfnisse der USA (und für zumindest den europäischen Teil der G7 ) nur begrenzt. Gerade in den letzten Jahren wird von Ländern der sog. Dritten Welt der UNO der Vorwurf gemacht, sich „zum Schutzschild und Legitimierungsinstrument für das Handeln der Großmächte herzugeben.“ (73)

Dass ausgerechnet ein südkoreanischer Ex-Außenminister, Ban Ki Moon, jetzt sozusagen neutral und unabhängig von den USA und den anderen G7  als Generalsekretär der UNO handeln soll, scheint nun wirklich unwahrscheinlich. Dass sich ausgerechnet UNO-Hasser und Hauptkriegstreiber gegen die UNO John R. Bolton sich besonders über die Wahl Ban Ki Moons freute, lässt nichts Gutes ahnen. (vgl. jW v. 7.4.07).

Auch im internationalem Handel sind es wieder die G7, die den größten Teil des globalen Waren- und Kapitalverkehrs kontrollieren (Atlas, 90f) und auch zum größten Teil unter sich ausmachen. Insofern ist der Begriff Globalisierung sogar reinste Ideologie, da ca. ¾ aller Länder der Erde sowieso ausgeschlossen sind (90f).

Der Atlas zur Globalisierung bringt mit hervorragenden Kommentaren versehen kartographisch zusammen, was sonst irgendwo auseinanderklafft: Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Kultur, Ideologie, Umwelt, Militär, Kriege, Handelsströme, Ressourcenlager, Kapitalströme, Schuldenströme, Flüchtlingsströme, Finanzparadiese für Größtkapitalisten, Wettrüsten, globale Schattenwirtschaft (z.B. Drogen, Frauen),  sodass der Leser den dialektischen Zusammenhang auch erkennt.  Allerdings ist der neue Atlas der Globalisierung m.E. ohne den ersten aus dem Jahr 2003 nur begrenzt brauchbar, weil z.B. die Aspekte Rüstung, Umwelt, soziale Verwerfungen, soziale Rückschritte oder Fortschritte im alten Globalisierungsatlas genauer präsentiert wurden. Der neue Atlas ist praktisch eine ergänzende Fortsetzung.

Die Lektüre des neuen Atlas zur Globalisierung macht deutlich, dass in den letzten Jahren das weltweite Elend zugenommen hat, auch wenn die WAZ gerade heute (13.3.07) ihren Lesern weiszumachen versucht, dass der Reichtum der Gebrüder Aldi auf Sparsamkeit und Askese beruht und gerade am 9.3. noch vom reichsten Jahr der Menschheit gesprochen hat, weil ein paar hundert Milliardäre dazugekommen sind. Drumherum steht in zahlreichen anderen Beiträgen, dass die Menschen national und international weiter verarmen.  Der „reale Nebel.....“

 

Wünschenswert wäre ein Atlas der globalen Schattenwirtschaft: Also systematisch auflisten, was alles in wessen Namen an Handel mit Drogen, Menschen, besonders Frauen, Holz, Zigaretten, Waffen, Raubprodukten.....getrieben wird, und z.T. sich ausbreitet wie der Opium-Anbau in Afghanistan im Schatten der NATO-„Befreiungs“armeen. (z.B. gibt es unter http://www.greenpeace.de/kongo-report

eine Dokumentation, dass der Großteil des für 40 Millionen Menschen überlebenswichtigen Regenwaldes bald illegal gerodet sein wird. Vor allem Holzfirmen aus den kapitalistischen Metropolen sind die Exporteure. In meinem Referat „Globalisierung und Krieg“  habe ich noch andere Gründe aufgezählt, warum es für die kapitalistischen G 7 durchaus wichtig war, ihren Mann Joseph Kabila unbedingt per „Wahl“ zur offiziellen Macht im Kongo zu verhelfen( vgl.

www.bo-alternativ.de/friedensplenum/wolfgang-dominik-10.06

Zu Afghanistan vgl. auch mein Referat im Bochumer Friedensplenum zu finden unter Google, Wolfgang Dominik, Osama bin Laden oder doch die Basen vom 20.2.2002 hier im Bhf.

Aber das ist eigentlich nichts Neues: Die kapitalistische Entwicklung begann in Europa zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert und führte, was die Globalisierung anging, sehr schnell über die gesamte Erde. Schon damals gab es die ersten grauenhaften Augenzeugenberichte z.B. von dem spanischen Dominikanerpater Las Casas über die menschenmörderische Art und Weise des Land- und Menschenraubs, in unseren Geschichtsbüchern Kolonialismus genannt und noch heute ist eins der propagierten Motive von Menschen- und Landräubern oder Imperialisten, den Heiden irgendwo in der Welt das Christentum zu bringen und sie zu zivilisieren. Christlicher Universalismus nennt das dann God`s own country.

In  der Geschichtsschreibung geht es immer um die Vergangenheitsanalyse, aus der eine Gegenwartsorientierung folgt und eine Zukunftsperspektive resultiert. Die Vergangenheitsanalyse von Kolonialismus und Imperialismus ist schlicht grauenhaft: Überall, wo die weißen Eroberer auftauchten, gab es Mord, Sklaverei, Vernichtung von Menschen und Natur. Die historische Frage wäre ja, wo ein Bruch dieser Kontinuität aus welchen polit-ökonomischen Gründen zu Diskontinuitäten geführt hat. Oder wo die alte Praxis, sich möglichst viele Ressourcen zu rauben, also Öl- und Gold-, Gas-, Coltan- und andere -quellen und –minen. Zu diesen Ressourcen gehören auch strategische Räume, aktuell die Aussage der US-Politiker zu den geplanten Raketen in Polen und Rumänien: Wir verteidigen Europa auch gegen seinen Willen. Geopolitik, Geoökonomie, Geostrategie gehören zusammen


Ich versuche eine kurze historische Einordnung

Die Entwicklung bis zum 1. Weltkrieg

Der Konkurrenzkampf, Wirtschaftskrieg,  der nationalen Kapitale um die Verteilung und Beherrschung der Welt hatte vor dem 1. Weltkrieg zu einer ganzen Reihe von heißen und kalten Kriegen in allen möglichen Teilen des Globus geführt. Und wenn sich die imperialistischen Staaten nicht gegenseitig bekämpften, führten sie Kriege gegen „minderwertige, renitente Rassen“, oft damals schon Terroristen genannt, nämlich Völker, die sich nicht freiwillig versklaven und kolonialisieren lassen wollten.

Mit der Entwicklung Deutschlands nach 1871 zur imperialistischen Macht kam bei der deutschen herrschenden Klasse bald die Entschlossenheit auf, sich bloß nicht zu begnügen mit ein paar Krümeln, die man auf dem Globus noch nicht kolonialisiert vorfand.

Der vom Deutschen Reich mit fadenscheinigen, aber massenwirksamen Gründen herbeigeführte 1. Weltkrieg für eine globale neue Weltordnung unter führender Beteiligung Deutschlands endete für das Deutsche Reich in einem Desaster.

Das hinderte angesichts der schwachen politischen Führungen der Sozialdemokratie die herrschende Klasse jedoch nicht, die alten Pläne mit einer neuen Führungselite bei passender Gelegenheit erneut in Angriff zu nehmen.

1933 war es dann so weit: Völkerrecht, Völkerbund, Verträge wurden von Deutschland über den Haufen geworfen. Die Rüstung für einen neuen Versuch, die imperialistischen Pläne zu realisieren, lief bald auf vollen Touren. Zu den innerimperialistischen Konflikte war aber für alle kapitalistischen Staaten eine neue Konfliktlinie hinzugetreten. 1917/1918 hatte sich unter den übelsten Bedingungen unter fürchterlichen Schwierigkeiten ein Land auf den Weg zum Sozialismus gemacht. Die Oktoberrevolution sollte zwar nur das schwächste Glied sein, das auch in anderen europäischen Ländern die kapitalistische Kette zum Reißen bringen sollte – es kam aber anders.

In allen Teilen der Welt erhoben sich die Völker allmählich zum antiimperialistischen Kampf, meist mit der jungen Sowjetunion als Vorbild. Nur in Europa setzte als Gegenreaktion sukzessive eine Entwicklung ein, die in wichtigen Staaten zu faschistischen Formen bürgerlicher Herrschaft führte.

Der 2. Weltkrieg wurde nur wenige Jahre nach dem 1. wieder von Deutschland wieder mit noch fadenscheinigeren Gründen begründet und endete für Deutschland in einem noch schlimmeren Desaster als der 1. Weltkrieg, jedenfalls für die Mehrheit der deutschen Bevölkerung und aller Länder und Menschen, die von den Deutschen  überfallen, ermordet, ausgeplündert worden waren. Zwar schauten die Westmächte zunächst durchaus mit Sympathie zu, dass das faschistische Deutschland die Zerschlagung der jungen sich auf den sozialistischen Weg machenden Sowjetunion als Hauptziel proklamierte. An der Auslöschung des Sozialismus war man natürlich in den kapitalistischen Ländern Westeuropas durchweg interessiert und führende ökonomische Kreise der USA verhehlten nicht ihre Sympathie für Hitler. Der wichtigste us-amerikanische Industrielle z.B., Henry Ford, erhielt 1938 den höchsten Orden des faschistischen Deutschland, der für Ausländer vergeben wurde: Das „Großkreuz des Deutschen Adlerordens“. Henry Ford hatte als glühender Antisemit mit seinen Schriften, so vermuten Historiker, mehr antisemitischen Einfluss seit 1920 auf die deutschen Mittelklassen und die herrschende Klasse  ausgeübt als die Faschisten. Interessant und bezeichnend ist, dass die Freie (!) Universität in Westberlin 1947 mit Geldern der Ford Foundation gegründet wurde, dass einer der wichtigsten Bauten der FU bis heute nach einem radikalen Antisemiten und keineswegs so erstklassig demokratisch und freiheitlich gesinnten Großkapitalisten der USA genannt worden ist. “Freie“ Universität, weil die Humboldt-Universität ja 1945 „unfrei“ geworden war.

Als die deutschen Faschisten  den Krieg gegen den Sozialismus propagierten, aber den Krieg gleichzeitig gegen Frankreich und Großbritannien begannen, erkannte man im Westen, dass hier parallel zwei große Kriege geführt wurden: 1. Der Krieg gegen die Sowjetunion und ein sich entwickelndes sozialistisches Modell und 2. der innerimperialistische Krieg.

Am Ende dieses Krieges lagen weite Teile der Welt in Schutt und Asche, 60 Millionen Tote waren das Ergebnis deutscher imperialistischer Pläne zu einer Globalisierung deutscher Kapitalinteressen, fast 30 Millionen Tote in der Sowjetunion. Man/frau kann durchaus der Ansicht sein, dass die Sowjetunion als großer Verlierer und großer Gewinner aus diesem Krieg hervorging. Großer Verlierer deshalb, weil sie sich von den ungeheuren Verlusten nie  erholt hat und zweitens als Gewinner gleich in eine mörderische Spirale des Wettrüstens gezwungen wurde, das die schwachen wirtlichen Kapazitäten nur wenige Jahrzehnte durchstanden. Das Totrüsten war 1980 bis 1990 dann realisiert (vgl. Jürgen Bruhn, Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion, Der US-militär-industrielle Komplex und seine Bedrohung durch Frieden, Giessen 1995). In einem 70jährigen kalten und heißen Krieg (Leo Kofler) hatte der Protosozialismus (Jürgen Kuzcynski) verloren. Aber gleichzeitig hatten die wölfischen kapitalistischen Gesetze der Expansion in jeder Richtung jegliche Beißhemmung verloren und begannen einen intensiven Krieg nach außen und innen (Oskar Negt).

Die „Neue Weltordnung“

Der Zusammenbruch des staatssozialistischen Staatensystems 1990/91 ließ den US-Präsidenten Bush sen. 1991 die „Neue Weltordnung“ proklamieren. Die USA präsentierten sich als führende militärische, ökonomische und politische Weltmacht. Ihren hegemonialen Anspruch machten sie direkt 1990/91 auch radikal deutlich.

Ein ursprünglich von den USA bis über beide Ohren  aufgerüsteter Irak unter Saddam Hussein konnte den US-Auftrag, den Iran militärisch entscheidend zu schwächen, nicht erfüllen.  Statt dessen begann der Irak, sich eigenen Zielen zu widmen. Das wurde von den USA fürchterlich abgestraft. Der Krieg wurde gegen die gesamte Infrastruktur des Irak geführt, sodass die spätere Außenministerin Albright mehrmals erklärte, 500 000 tote irakische Kinder als „Spätkollalteralschäden“ des US-Krieges seien hinnehmbar. Schätzungen sprechen von insgesamt 1 Million toter Iraker (vgl. Kühnl, S. 55), dazu kommen allein von März 2003 bis Juli 2006 noch einmal ca. 650 000 tote IrakerInnen (vgl. FR, 21.4.2007).

Krieg war das einseitige Abschlachten und Morden eigentlich nicht zu nennen, da die Iraker praktisch von der 1. Stunde an sich nicht wehren konnten. Sog. Präzisionswaffen, Cruise Missiles –Angriffe, Flächen- und Dauerbombardements faktisch ohne eigene Verluste führten nach wenigen Wochen zum „Sieg“ der USA. Saddam Hussein blieb, man brauchte ihn noch, obwohl er ja der vorgegebene Anlass des Krieges war. 11 Jahre wurden fast täglich irgendwelche kriegerische Aktionen gegen den Irak durchgeführt.

Dieser Krieg hatte eine 2., globale,  Dimension: Den Völkern der Erde sollte eine pädagogisch-psychologische Lektion erteilt werden: Seht her, wer irgendwo eigene Wege gehen will mit den Rohstoffen seines Landes, wer gegen unsere Pläne handelt, der bekommt es mit dieser gigantisch-mörderischen Militärmaschinerie zu tun.

(Besonders vorlaute Ideologen wie Francis Fukuyama (1992) begannen schon vom  „Ende der Geschichte“  zu reden, weil nun eine „Homogenisierung der modernen Welt in Richtung auf Liberalismus und Marktwirtschaft“ erreicht sei. Ein anderer Chefideologe der USA, Samuel P. Huntington (1996) proklamierte den „Clash of civilisations“, bald als Buchgeschenk unter dem Titel „Kampf der Kulturen“ an LehrerInnen von den Landeszentralen für politische Bildung kostenlos versandt. Dieser Bestseller prognostizierte, dass andere Kulturen „in feindseliger Weise“ der westlichen Kultur gegenübertreten werden).

Aber zunächst noch schienen die imperialistischen Mächte sich formal an die UNO zu halten, obwohl schon damals, 1990/1991, die Stimmen im Sicherheitsrat der UNO  als durch ökonomische Erpressung zusammengekauft erschienen (so damals die Kritik des Weltrats der Kirchen).

Der nächste Schritt musste sein, der gesamten Welt ein für allemal klarzumachen, dass die UNO ein lästiges Instrument ist, wenn sie us-amerikanische und europäisch-imperialistische NATO-Pläne stört oder gar verbietet. Dass den USA die UNO seit Jahren immer lästiger wurde, bewiesen sie durch die Einbehaltung ihrer Beiträge, durch Angriffe gegen die Schwatzbude UNO, durch Austritt aus der besonders lästigen UNESCO.


Der Krieg gegen Jugoslawien, im März 1999 begonnen,

machte klar, dass die NATO sich nicht um Gesetze, Völkerrechte, UNO-Mandat, eigene Verfassungen wie in Deutschland das Grundgesetz, ja nicht mal  um NATO-Verträge kümmert, wenn die geoökonomischen, geostrategischen und geopolitischen Pläne der herrschenden Eliten es erfordern und die UNO nicht mitspielt.

79 Tage wurde eine wehrlose Bevölkerung in ganz Jugoslawien gnadenlos bombardiert, obwohl man militärisch schon nach 4 Tagen keine Ziele mehr fand, die es zu zerstören lohnte. Die NATO drohte zu zerfallen,  die jugoslawische Regierung hätte eigentlich entsprechend der Planungen nach 4 Tagen kapitulieren müssen. Sie tat das nicht. Also machten die Bomber  sich an Krankenhäuser und Schulen, Brücken und Eisenbahnlinien, Radio- und Fernsehstationen (weil man die Informationsfreiheit ja so schätzt), Chemie-Werke, Ölraffinerien und manchmal an alles, was sich irgendwie bewegte: Flüchtlingstrecks etwa. Bundeskanzler Schröder hatte unfreiwillig recht, wenn er am 1. Kriegstag erklärte: Wir führen keinen Krieg. Dieses Abschlachten ohne Gegenwehr konnte man schlecht als Krieg definieren. (Wie sehr die NATO-Hegemonie bei den USA lag, sieht man am Ausschluss der „Partner“ aus der Zielplanung. Die USA dominierten alles.) Auf Seiten der NATO gab es keine Verluste.

Und wieder war das eine Nachricht von globalem Ausmaß an die Völker der Welt: Seht her, wir handeln with the UN if it is possible, without the UN if it is necessary.(so heißt es offiziell in den US-Doktrinen) Wir, die NATO, erheben einen globalen Deutungsanspruch und ein Interpretationsmonopol für das, was Recht und Unrecht ist. Wer da widerspenstig ist, sollte sich Jugoslawien ansehen. Und es wurde alles praktiziert, was nach allen internationalen Kriegführungsabkommen verboten ist: Bombardements von Chemie-Fabriken und Ölraffinerien führten in weiten Teilen der Balkanhalbinsel zum Ökozid (wie damals in Vietnam) mit nachhaltigen Gesundheitsschäden auf Grund akuter Erkrankungen und langfristiger genetischer Schädigung, Clusterbomben wurden geworfen, in denen Zehntausende  wie buntes Spielzeug aussehende Blindgänger steckten, Uran-Munition wurde tonnenweise verwendet, Krankenhäuser, Schulen und Brücken sowie andere Verkehrswege wurden bombardiert und Menschen, die mit dem Krieg nun absolut im Entferntesten nichts zu tun hatten. Es ging eben um eine pädagogische Maßnahme: Wir sind – Recht hin, Recht her – zu allem fähig! Bzw. wir sind das Recht und führen einen gerechten Krieg! Und deutsche Bomber flogen in der ersten Reihe – so am ersten Tag des Überfalls BILD.


Der Afghanistan-Krieg Oktober 2001 setzte die Tradition der Loslösung von allen völkerrechtlichen Bindungen konsequent weiter. Und Deutschland war von Anfang an mit KSK-Einheiten beteiligt!

Seit Jahren schon war in den Strategie-Papieren der US-Think - Tanks die Sicherung strategischer Stellungen südlich des Kaspischen Meers  und westlich des Hindukusch geplant. Die riesigen Erdöl- und Erdgasvorkommen gehörten längst  zu den Zielen, die es z.B. für die  Chevron-Topmanagerin Condolezza Rice zu erreichen galt und irgendwie auch zu sichern (als Chevron einen neuen Supertanker auf den Namen seiner inzwischen zur US-Außenministerin beförderten Managerin Rice taufen wollte, winkte Rice aus taktischen Gründen ab). Die zentralasiatischen Staaten wurden zum Gebiet „wichtig für die nationale Sicherheit der USA“ erklärt.

Hier geraten nun aber die USA wohl mit voller Absicht in neue Frontstellungen gegen Russland, gegen China und gegen den Iran. (Im Prinzip auch gegen Indien und Pakistan. Aber Pakistan ist gegenwärtig Verbündeter und Indien wird durch weit reichende Atom-Geschäfte „befriedet“).

Wie im Falle des Irak hatte man es in Afghanistan mit einem Regime zu tun, das man einschließlich der Osama-bin-Laden-Gruppe einst finanziert, bewaffnet und an die Macht gebracht hatte, das sich dann aber bei Pipeline-Plänen der Firma des US-Vizepräsidenten Cheney, Haliburton,  durch Westafghanistan  nicht kooperativ genug erwies und das dann schnell vom Freund zum Feind der Freiheit erklärt wurde. Der terroristische Anschlag auf die WTO-Türme in New York vom 11.9.2001 boten den willkommenen Anlass zum Losschlagen. Dass das Regime in Kabul etwas mit dem Anschlag auf die Twin Towers zu tun hatte, wurde einfach mal behauptet, nie bewiesen. Der Krieg wurde mit überlegenen Kräften gegen wehrlose Soldaten des afghanischen Regimes geführt, aber eben auch gegen völlig harmlose Menschen. Das Ergebnis waren Zehntausende von Toten und wachsender Widerstand gegen die Besatzer.

Inzwischen behauptet kein ernsthafter Beobachter mehr, dass die Kriege gegen den Irak oder Afghanistan das gebracht haben, was man großspurig versprochen hatte.

Es ist schon ein Witz, dass vor wenigen Wochen in Bochum der afghanische Präsident Hamid Karsai mit dem sog. Steiger Award ausgezeichnet wurde, ein Preis, der angeblich für mutiges, geradliniges Handeln  und Toleranz steht. „Blutbefleckte Hände“ hat Karsai bzw. Leute, mit denen er zusammenarbeitet.(vgl. FR vom 5./6.4.2007 und WAZ  vom 12.4.2007). Das „Parlament ist ein Stelldichein der Unterwelt“, aber angeblich – laut „westlicher“ Wahlbeobachter - frei gewählt. Hochrangige Drogendealer, Warlords mit mörderischen Privatmilizen, alle möglichen Kriegsverbrecher und Leute, die von Menschenrechten nichts wissen – und wüssten sie was davon, davon nichts hielten – sitzen neben Karsai z.T. in der Regierung. Für diese Leute gibt die Bundesregierung über 1 Million Euro täglich allein in Form der in Afghanistan stationierten Bundeswehreinheiten aus.  Dass der Einsatz deutscher Tornados die Verwicklung in den Krieg verstärkt, bezweifelt niemand.

Aber den Preis Steiger Award haben auch schon Franz Beckenbauer und Farah Diba bekommen. Böse könnte man auch auf die Geradlinigkeit Karsais hinweisen: Er hat sich ja durch seine Beratertätigkeit bei dem US-Ölkonzern Unocal bewährt, wurde dank guter Verbindungen zum CIA Staatspräsident und reiste gleich von Bochum zu Frau Merkel nach Berlin weiter, wo er die Entsendung der Tornados als wichtigen Beitrag zur Sicherheit pries. Sicherheit für wen? (vgl. Ossietzky, 7/2007, S. 267)

50000 ISAF-SoldatInnen der Nato und weniger anderer Länder, die meisten allerdings aus den USA, bringen offensichtlich nur wachsende Ablehnung gegen alles , was westlich ist. Lediglich ein paar Soldaten des NATO-„Partners“ Türkei können übrigens als –wenn auch nicht offiziell – muslimischer „Partner bei dem Unternehmen bezeichnet werden.

Und im Irak sehen selbst eingefleischte Bush-Freunde nur noch Mord und Totschlag. Weit über 10 000 tote Zivilisten im letzten Jahr bedeuten eine totale Demütigung und Pathologisierung nicht nur der irakischen Bevölkerung. Gleichzeitig bedeutet es aber, dass aus Verzweiflung, Angst und Depression Widerstand erwächst.

Die Beteiligung Deutschlands an den Kriegen um die neue Weltordnung im Interesse einer Globalisierung der ökonomischen Möglichkeiten läuft ohne nennenswerte innenpolitische Opposition ab.

Mit welcher Unverfrorenheit gerade in der Bundesrepublik die angeblichen Kontrollmechanismen gegenüber der Exekutive, nämlich 1. das Parlament, 2. die Justiz, 3. die sog. freie Presse als 4. Gewalt die regierungsamtliche Propaganda einschließlich aller Lügen mitgemacht hat, ist wissenschaftlich etwa vom DISS und wenigen mutigen Journalisten (investigativer Journalismus ist weitgehend tot) inzwischen nachgewiesen. Diese  genannten Kontrollmechanismen haben sich als totale Versager erwiesen. Auch das ein „Erfolg“ für die Kriegstreiber, ist doch in Zukunft mit noch weniger Opposition zu rechnen, da spätestens seit  1999  auch die Grünen endgültig ihre Friedlosigkeit unter Beweis gestellt haben.

Aber auch die übrigen Behörden haben regierungsloyal mitgespielt: LehrerInnen wurden gleich am 1. Tag des Afghanistan-Krieges ein Maulkorb umgehängt. Als ein Siegener Lehrer milde Kritik an den USA öffentlich auf einer SchülerInnenveranstaltung in seiner Funktion als Verbindungslehrer erhob,  wurde er blitzschnell vom Amt suspendiert, strafversetzt – und später mit Friedenspreisen hoch gelobt, was ihn in Augen der Behörden aber wohl weiter disqualifiziert. Aber zunächst einmal war staatlicherseits ein deutliches Zeichen gegen alle US-Kritiker gesetzt: Die Instrumente hatte man gezeigt, die Maulkorbpolitik führte wieder mal zu Zehntausenden von Duckmäusern. Aber auch das ist ja wohl ein Ziel der innenpolitischen Kriegsführung: Kritiker mundtot zu machen nicht durch ihre physische Vernichtung, sondern durch die Androhung der Vernichtung ihrer ökonomischen Basis - auch eine alte deutsche Tradition der Berufsverbote!

 

Der neue Kolonialismus und Imperialismus  führt aus der Geschichte bekannte Motive in gesteigerter Form weiter:

Mehrere Elemente werden kombiniert:

  1. Es geht um den freien Zugang zu den Rohstoffen und Märkten. Das ist genau das, was als „Freiheit“ definiert wird (auch durch das Weißbuch 2006, aber angefangen von den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992 über die berühmte Herzog-Rede 1995 bis zu den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien,) und zwar mit globalem Anspruch – wobei die NATO, allen voran die USA definieren, wer diese „Freiheit“ in Anspruch nehmen darf und wer auf gar keinen Fall. In Heiligendamm gibt es sicher auch Konflikte zumindest zwischen den G7 und der 8. Macht, Russland. Russland erhebt Anspruch auf Partizipation an dem Definitions- und Deutungsmonopol der G7, die bis auf Japan ja die Führungsmächte der NATO sind. Auch hinsichtlich des nächsten Elements spielt Russland eine Sonderrolle in der Globalisierungsdebatte: Es kann als einziger Rohstoffexporteur unter den G8 eine strategisch unangenehme Rolle spielen. Auf der letzten NATO-Konferenz konnte Putin es sich erlauben, schärfste Kritik an den USA und ihren Weltmachtansprüchen zu üben. (vgl. die Rede Putins in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Heft 3/2007, S. 373-380)

Hier ein Exkurs zu einem Thema, das in der gegenwärtigen Diskussion um Rohstoffe, Märkte und G8 m.E. etwas zu kurz  kommt:

GATS und TRIPS-Abkommen

Die Deregulierung bisher staatlich gesicherter Arbeits- und Sozialgesetzgebung führt zur ökonomischen Entrechtung ökonomisch schwacher Bevölkerungsgruppen – national und international.

Der IWF z.B. zwingt Länder des peripheren Kapitalismus Sozial- und Bildungsleistungen zu streichen, um die Schulden bei den kapitalistischen Hauptstaaten zu bezahlen. Die kolonialistische Erfahrung zeigt: Ein Zuckerrohrarbeiter braucht keine Schulbildung und keine medizinische Versorgung – Zuckerrohrarbeiter gibt es genug – man ahnt, was Kuba nach einer eventuellen Machtergreifung des Bacardi-Clans und der USA droht. Aber auch in den kapitalistischen Metropolen bedeutet

Neoliberalismus die Aufkündigung staatlich organisierter Dienstleistungen. Der Staat, der immer auch Aufgaben des ideellen Gesamtkapitalisten erfüllt hat, macht sich überall da aus dem Staub, wo die Privatisierung aller möglichen Risiken privatisiert werden kann. Von der gesundheitlichen Versorgung bis zur Rente, von der Bildung bis zur ökonomisch-politisch-strategisch-militärischen Planung wird alles zur Ware. International bedeutet das, dass durch die TRIPS- und GATS-Abkommen alle Länder in die Hände derer fallen, die auch das menschliche Genom, nicht nur tierische und pflanzliche, in Waren verwandeln.  Durch die angestrebte Beherrschung von Gentechnologien und den dadurch möglich gewordenen Eingriffen in die Grundlagen allen Lebens ist ein weiterer Sprung zur Beherrschung aller Länder durch wenige Konzerne und Machtkartelle getan. Dem Kapitalismus eröffnen sich ungeahnte Expansionsmöglichkeiten. Das ist alles schon in zwei Abkommen international „geregelt“ oder dereguliert.

GATS bedeutet General Agreement on Trade and Services und ermöglicht es, z.B. Bildung international zu vermarkten. Am weitesten in Deutschland ist der Bertelsmann Konzern mit seiner Bertelsmann-Stiftung, die u.a. schon 1996 genaue ökonomisch-politisch-militärische Pläne zur „Befreiung“ des Kosovo entwickelte. An der Initiative Neue Marktwirtschaft ist  auch Bertelsmann beteiligt.  Ungefähr 300 Schulen haben allein in NRW einen Vertrag mit Bertelsmann über die „Selbstständige Schule“ geschlossen. Bildung als Ware hat sich z.B. durch die Einführung von Studiengebühren längst durchgesetzt. Die ideologische Ausrichtung von Bildungsprozessen erfolgt durch immer mehr von den Regierungen zentral gesteuerten Prüfungen, wobei natürlich „CHE“, das Centrum für Hochschulforschung des Bertelsmann-Konzerns eine wichtige Rolle spielt. (vgl. die Lit.angabe am Ende des Referats!)     

Das GATS wird einen grandiosen Transfer von vielen Trillionen (so schätzen Fachleute des Kapitals) Dollar erbringen, denn so viel dürften die zu privatisierenden Bildungseinrichtungen wert sein.

TRIPS bedeutet Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights.  Dieses Abkommen hat schon heute dramatische Folgen für die medizinische Versorgung der Armen in den Ländern des peripheren Kapitalismus. Das TRIPS wird Patentrechte auf eigentlich alles und jedes bei wenigen Konzernen monopolisieren. Vom menschlichen Erbgut bis zu Saatgut für Pflanzen und Tiere wird alles wahrscheinlich bei Monsanto und wenigen anderen Pharma-Konzernen zusammengerafft. Vor 30 Jahren gab es noch fast kein Saatgut, auf das ein Monopol bestand. Inzwischen sind ein Großteil wichtiger Getreide- und Reisarten  als Saatgut heute schon bei nur noch wenigen Anbietern zu kaufen. Millionen von Bauern verlieren durch diese Biopiraterie praktisch ihr Leben. In einem frontal 21 – Beitrag vor einigen Wochen wurden bundesdeutsche Landwirte gezeigt, die plötzlich praktisch arbeitslos werden, weil sie das Saatgut, das sie im Keller haben, nicht mehr benutzen dürfen, weil die Patentrechte inzwischen bei einem Pharmakonzern liegen und der Kauf des Saatguts zu teuer ist. Geistige Eigentumsrechte auf Leben, auf Teile der Natur und das dazu gehörende traditionelle Wissen wird durch wenige Agro- und Pharmakonzerne beansprucht. Die technologische und wirtschaftliche Überlegenheit ermöglicht es , Patentrechte auf bestimmte Pflanzen und Tiere anzumelden. Das ist Raub oder Diebstahl, der durch das Patentrecht und TRIPS juristisch abgesichert wird. Bisher können viele Pflanzen, z.B. Heilkräuter, -pflanzen von allen genutzt werden. Diese Nutzung kann demnächst als Diebstahl juristisch verfolgt werden. Die Verrechtlichung der Entrechtlichung ist perfekt. Zwischen 1979 und 1997 stieg die bei der World Intellectual Property Organisation angemeldeten Patentrechte von 3000 auf ca. 54000. Das TRIPS zementiert die Aneignung von immateriellen geistigen Gütern in den Händen weniger kapitalistischer Konzerne – 97% der prinzipiell geraubten Rechte liegen inzwischen als ihr Privateigentum in ihren Händen. Die Biopiraterie ist (lt. BUKO) der Kolonialismus im 21. Jahrhundert. Nach dem Raub von Bodenschätzen und Land und der Versklavung der Menschen als Ressource ist Biopiraterie die nächste große Enteignungswelle der kapitalistischen Expansion. Vor allem sog. indigene Völker besitzen ein riesiges traditionelles Wissen über die biologische Vielfalt ihrer Umwelt und deren Nutzung. Die werden als erste ihr ehemals eigenes Wissen nicht mehr kaufen können (vgl. www.biopiraterie.de).

Auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni will vor allem die Bundesregierung geistige Eigentumsrechte konsequenter durchgesetzt wissen, weil  auch deutsche Konzerne davon erheblich profitieren können. Aber natürlich haben alle G7/8-Staaten ein Interesse an der Durchsetzung ihrer „Rechte“. Vielleicht muss das auch militärisch abgesichert werden, weil riesige soziale Verwerfungen und der Widerstand der Enteigneten die Folge sein könnten. Nicht das Wohl der Menschen an der allgemeinen Teilhabe an der natürlichen Umwelt zum Wohl aller Menschen steht als Thema auf der Tagesordnung, sondern die Durchsetzung ökonomischer Profitinteressen weniger Konzerne. 

  1. Es geht um die Sicherung geostrategischer  Räume, die für eine „freiheitliche“ Weltpolitik im Sinne der G 7, also für die Globalisierung, notwendig sind. Diese Räume und Regionen können als Quelle von Märkten oder Rohstoffen auch völlig uninteressant sein. Das galt z.B. für die USA hinsichtlich des Kosovo, heute ist dort die zweitgrößte US-Basis Europas: Bondsteel. Für die europäischen Mächte war der Balkan immer  als ökonomisches und strategisches Gebiet mehrfach interessant. Aber auch da haben sich fast 10 Jahre während der Zerstörung Jugoslawiens heftige innerimperialistische Konflikte gezeigt. Der Stützpunkt der USA im zentralasiatischen Raum ist Kandahar in Afghanistan. Auf dem Weg dahin werden die 4 großen US-Stützpunkte um Bagdad ausgebaut. Ökonomisch völlig uninteressant sind Guam im Pazifik und Diego Garcia im Indischen Ozean, obwohl von beiden US-Stützpunkten weite Teile Asiens und des Nahen Ostens auch schon intensiv bombardiert worden sind.
  2. Es geht um die globale  politisch-ideologische Macht. Insofern ist der Begriff „Mission“ sogar richtig, ging es den christlichen Ideologieagenten auch um die globale, d.h. wortwörtlich katholisch, Verbreitung der eigenen Ideologie, d.h. auch um eine ideologische Massenschutzimpfung gegen unliebsame antiimperialistische Antiglobalisierungsgedanken. Selbstverständlich ist es immer einfacher, überall Leute mit den eigenen politisch-ideologischen Überzeugungen, heute Neoliberale,  in den Regierungen sitzen zu haben.
  3. So lässt sich gegebenenfalls auch leicht definieren, welche Staaten potenzielle Schurkenstaaten sind, die auf die Liste der Terrorverdächtigen gehören. Die Achse des Bösen kann dann irgendwann „abgearbeitet“ werden. Ein Anlass bietet sich immer. Peter Ustinov hat sich mit dem Begriff  Terror auseinandergesetzt: “Der Terrorismus ist der Krieg der Armen und Krieg der Terrorismus der Reichen“.(in: Freitag v. 21.3.2003). Verfolgt man den Begriff zurück, dann stellt man tatsächlich fest, dass „Terrorismus“ oft genug auf um ihre Befreiung ringende Aufständische gemünzt war, auf gegen das Elend protestierende Bauern, auf die Lösungsvorschläge der sozialistischen Arbeiterbewegung, oft gebrauchten die Regierungen den Begriff Terror und Terrorismus gegen alles, was ihnen nicht passte.
  4.  Die Schurkenstaaten sind in der Tat Länder, die wie Libyen, Nordkorea, Kuba, Syrien, Iran ( Russland stand mal mit auf der Liste), sich weigern, sich dem internationalen Kapital bedingungslos zu öffnen, sondern die beanspruchen, über ihr Territorium und ihre Rohstoffe selbst zu verfügen. In diesem Sinne sind diese Länder „Feinde der Freiheit“.
  5. Die kommenden Kriege in Afrika mit direkter US-Beteiligung und damit auch deutschen und/oder europäischer Kriegsbeteiligungen zeichnen sich ab. In der Sahara wollen die USA riesige Abhörstationen bauen (FR 13.4.07, WAZ 12.4.07). In Somalia ist längst ein Stellvertreterkrieg im Gange (vgl. Ohne Rüstung leben, 1/2007). Die US-Regierung hat sich offen hinter den äthiopischen Einmarsch in Somalia gestellt. Der Zugriff auf somalisches Erdöl und Erdgas war schon 1992 Grund für die US-amerikanische Intervention in Somalia und diese wurde übrigens aus dem Büro des us-amerikanischen Ölkonzerns Conoco in Mogadischu geleitet (vgl. taz, 19.1.1993 und Der Spiegel, 37, 1992, S. 198f). Auch damals machten 1700 Soldaten der Bundeswehr schon mit. Die Legitimationsfigur „humanitäre Intervention“ wurde damals den Deutschen als Grund für die deutsche militärische Beteiligung zur „geistigen Betäubung“ verkauft. Aktuell zeigt sich  an einem solchen Beispiel, wie leicht den USA die zunächst indirekte Beteiligung an Krieg fällt. Weil angeblich Äthiopien „Sicherheitsbedenken“ wegen der somalischen Entwicklung hatte, wurde ihre Armee mit Unterstützung der USA gegen das zerfallene Somalia von der Leine gelassen. In den deutschen Medien wird das thematisiert höchstens unter der Rubrik „Islamistische Fundamentalisten“ wollen in Mogadischu an die Macht. Wie weit das Demokratie-Verständnis des Westens geht, zeigt ein Satz in der WAZ vom 12.4.07, der die Parole Europas formuliert: „Lieber eine westlich gesinnte Herrschaft ohne Meinungs- und Wahlfreiheit, als ein antiwestlicher Gottesstaat vor der europäischen Tür“,  auch wenn islamistische Parteien durch freie Wahlen an die Macht kämen.
  6. Quer durch Afrika von Somalia bis Nigeria geht ein Ölgürtel: Die USA schmieden neue Bündnisse mit afrikanischen Staaten und geraten damit mit China und dessen Afrika-Interessen in Konflikte. Die USA müssen ihre Ölzufuhr diversifizieren. Wenn der Persische Golf einmal ausfallen sollte, müssen die USA dennoch ihr Ziel, bis 2020 ihre Ölzufuhr um 60 % zu steigern, einhalten: Öl aus den mittelafrikanischen Staaten ist genau so wichtig wie aus dem Raum Kaspisches Meer und Lateinamerika (Kolumbien, Mexiko, Venezuela (!)). Überall gibt es aber einen wachsenden Antiamerikanismus, der auch einmal in terroristischen Anschlägen oder was die USA so definieren könnten, münden kann. Dann ist natürlich ein Militärpotenzial gefragt, das den Krieg gegen den Terrorismus aufnimmt und gewinnt. Da es ein asymmetrischer Krieg ist, ist er nicht zu gewinnen, auch wenn jetzt die Bundeswehr-Tornados angeblich mithelfen, Stützpunkte der „Terroristen“ in Afghanistan zu entdecken, damit dann diese „Terroristen“ liquidiert werden können.
  7. Der Krieg gegen den Terrorismus ist also immer auch ein Globalisierungskrieg um die entscheidenden Rohstoffvorkommen. Da er global geführt wird, birgt er ein erhebliches Risiko für die Überdehnung der militärischen Möglichkeiten. Es ist wichtig, der deutschen Bevölkerung klarzumachen, dass die Tornados in ihrem ureigenen Sinn sind wie die deutschen Marineeinheiten vor der Küste Libanons, vor Djibuti, im Kongo und in Teilen der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien und natürlich in Usbekistan usw.
  8. Dass dadurch gleichzeitig internationale Flüchtlings“ströme“ gesteuert werden können, ist immer wieder betont worden.

Alternativen:

Hier können von den tausendfach variierten Alternativen, die jeder bei Attac, bei Friedensorganisationen, sogar bei der einen oder anderen Partei abrufen kann, einfach ein paar besonders eindrucksvolle genannt werden:

Je nach polit-ökonomischer Analyse sind systemimmanente wie systemtranszendierende Alternativen angedacht worden. Ignacio Ramonet, einer  der Gründungsväter von attac, zitiert die UN: Es würde genügen, den 225 größten Vermögen der Welt weniger als 4 % des angehäuften Reichtums abzunehmen, „um die Grundbedürfnisse der gesamten Weltbevölkerung auf Nahrung, Trinkwasser, Schulbildung und Gesundheit sicherzustellen. Die weltweite Befriedigung der Gesundheits- und Ernährungsbedürfnisse würde nur 13 Milliarden Dollar kosten....“ (vgl. Ramonet bei Jung, S. 83f), oder anders ausgedrückt: Allein der Krieg der USA gegen den Irak kostet pro Tag 1 Milliarde Euro, in 13 Tagen Krieg wird wahnsinnig viel Unheil angerichtet. Ein Unheil sind die Verhungernden in aller Welt, die die 13 Milliarden dadurch entzogen bekommen, dass noch mehr Unheil, Elend, Tod und Hunger angerichtet wird. U.a. konnte man in der Fernsehdokumentation „Der Preis des Krieges“, 2006 mehrmals ausgestrahlt, erfahren, dass für die Kosten des Kriegs gegen Jugoslawien 1999 (79 Tage Tag und Nacht Bombenterror, Ökozid,  Uran-Munition , Cluster-Bomben, 10000 Tote)  jedem Einwohner des Kosovo eine Villa mit Swimming Pool  hätte gebaut werden können.  Man stelle sich nur vor, die USA und die Nato würden täglich über dem Irak und über Afghanistan aus zivilen Flugzeugen den Gegenwert von Bomben und Raketen, sagen wir realistisch 1 Milliarde 1-Dollar-Scheine abwerfen.

Zum Gegenwert von einem Tag Krieg gegen den Irak könnten die USA 4 Milliarden Mehrfachimpfstoffspritzen gegen die wichtigsten Krankheiten im Trikont kaufen, nur ca. 2 Milliarden Menschen könnten diese Impfungen in Anspruch nehmen und wenigstens von vermeidbaren Krankheiten verschont bleiben. Wäre der Hass gegen USA und NATO dann weiterhin weltweit so groß wie jetzt? Wahrscheinlich nicht, aber darauf kommt es ja nicht an. Die riesigen Profite des MIK (Militärisch-industrieller Komplex) ließen sich natürlich nicht realisieren, wenn nicht ständig Waffen verbraucht, noch mörderische Waffen auf Kosten von uns, den Steuerzahlern entwickelt werden, gebaut werden und dann möglichst schnell verbraucht werden. Und mit Dollar alleine kämen die imperialistischen Länder wohl auch nicht an  die Rohstoffressourcen und die geostrategischen Positionen.

Der europäische und us-amerikanische Kolonialismus und Imperialismus hat nicht aufgehört, sondern nur sein Gesicht verändert. Die sog. Entkolonialisierung führte schnurstracks in den Dollar-, DM- oder Eurokolonialismus. Staaten, die sich aus dieser Abhängigkeit lösen wollen, werden z.T. ganz fürchterlich bestraft (z.B. Vietnam, immer wieder die Staaten Süd- und Mittelamerikas, Afrikas, Asiens). Diese Bestrafung kann „einfach“ durch ökonomisches Erdrosseln geschehen, kann aber auch bis zu militärischen Überfallen einschließlich der A-Bombe führen. Die Bush-Doktrin und die NATO-Doktrin als auch die Verteidigungspolitischen Richtlinien der BRD als auch das neue Weißbuch 2006 sehen präventive Kriege eventuell unter Einschluss von A-Waffen ganz offiziell vor. Radioaktive Uran-Munition (depleted uranium) ist ja schon tausendfach in den Kriegen seit 1991 benutzt worden.

Selbstverständlich hat der Kapitalismus längst bewiesen und führt es uns täglich empirisch exakt vor Augen, dass ohne Ausbeutung von Mensch und Natur (aktuell: Klimakatastrophe) er nicht existieren kann. „Sozialismus oder Barbarei“ ist die Alternative, weil es per definitionem keinen menschlichen Kapitalismus geben kann. Und hier kann jede(r) anfangen, weiter zu denken. Genau zu dem Thema gibt es eine Fülle von Kongressen, Tagungen, Literatur.

Anhang 1:

Marx zur Globalisierung

Dieser Prozess des Land- und Menschenraubs unter kapitalistischen Bedingungen, der sozusagen mit Kolumbus begann und mit Bush und Merkel nicht vorbei ist, hat Karl Marx im „Kommunistischen Manifest“ 1848 schon so beschrieben:

„Das Bedürfnis nach einem stetig ausgedehnteren Absatz ihrer Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Überall muß sie sich einnisten, überall anbauen, überall Verbindungen herstellen.

Die Bourgeoisie hat durch ihre Exploitation des Weltmarktes die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet...

Sie zwingt alle Nationen, die Produktionsweise der Bourgeoisie sich anzueignen, wenn sie nicht zugrunde gehen wollen; sie zwingt sie, die sogenannte Zivilisation bei sich selbst einzuführen, d.h. Bourgeois zu werden. Mit einem Wort, sie schafft sich eine Welt nach ihrem eigenen Bilde.“

Zu was das Kapital fähig ist, beschreibt Marx im „Kapital“, Bd. I (MEW 23, S. 788, Anm. 250) durch einen zitierten Satz. Das Kapital existiert von Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut- und schmutztriefend und es „flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit... Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent und es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig: für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profite bringen, wird es sie beide encouragieren....“

Das schreibt Marx 1867. Man kann nicht nur bei Biermann/Klönne, sondern sogar in jeder bürgerlichen Tageszeitung, nachlesen, dass jeder einzelne Teil des Satzes von den kapitalistischen Ländern vor 1867 und bis heute ununterbrochen bewiesen wird, fast um Marx andauernd empirisch zu untermauern. (Die Diskussion um die paar Sätze von Christian Klar mutet fast geisterhaft-absurd an. Aber es ist klar, dass es bei Klar ja nicht um ihn geht, sondern uns hier sollen wieder einmal die Instrumente des kapitalistischen Staates gezeigt werden – wenn ihr nicht brav beim main-stream oder political correctness bleibt, könntet ihr in den Verdacht des Terrorismus oder der Kriminalität zu kommen. Jedenfalls ist nun endgültig bewiesen, dass es politische Gefangene gibt. Christian Klar bleibt ja wegen seiner politischen Gesinnung hinter Gittern! Und die neuen Sicherheitsgesetze, wie die Sprache der Herrschenden die Repressionsinstrumente des Herrn Schäuble nennt, sind recht dehnbar anwendbar! – Stand: Anfang April 2007))

Es gibt ja nicht nur die physische Gewalt, die durch Massenvernichtungsmittel wie Bomben oder  Hunger ausgeübt wird. Es gibt diese strukturelle, subjektlose Gewalt, die den kapitalistischen Strukturen inhärent ist. Seit es Kapitalismus gibt, gibt es natürlich auch psychische Gewalt, die den kapitalistischen Strukturen innewohnt. Nicht nur Marx musste dieses Land verlassen, von der Sozialistengesetzgebung bis zu den Berufsverboten gibt es eine z.T. blutige Spur, wie das Kapital mit Kritikern umgehen kann. Und es gibt eine mit Genuss vom  erlebte ideologische Subjektion (W.F. Haug), d.h. unsere Köpfe und Seelen werden von klein auf unmerklich in den Dienst der Herrschenden gestellt und zwar durch lustvoll erlebte Ereignisse: Sozusagen vom Struwwelpeter bis zu endlosen verdummenden Ratespielchen im Fernsehen bis zu Monopoly. Die Gedanken der Herrschenden sind die herrschenden Gedanken und unmerklich werden wir zu Monopolisten. (vgl. die Untersuchungen von Manfred Spitzer, die wichtigsten Ergebnisse hat Elke Koling auf dem Ostermarsch 2007 zusammengefasst und ist bei www.bo-alternativ.de, Ostermarschmontag nachzulesen).

Anhang 2

Brecht, Haifische

Psychologische Kriegführung – Kampf um die Köpfe

Bert Brecht hat eine  kleine Geschichte geschrieben: Wenn die Haifische Menschen wären (in: Geschichten vom Herrn Keuner).

In dieser Parabel heißt es u.a.,: „Wenn die Haifische Menschen wären, würden sie im Meer für die kleinen Fische gewaltige Kästen bauen lassen, mit allerhand Nahrung drin, sowohl Pflanzen als auch fleischliche Nahrung ....Damit die Fischlein nicht trübsinnig würden, gäbe es ab und zu große Wasserfeste: denn lustige Fischlein schmecken besser als trübsinnige.“ Und in den Schulen würde gelehrt, dass es das Schönste sei, in den Rachen der Haifische zu schwimmen, dass es das Höchste sei, an die Haifische und ihre guten Absichten mit allen Fischlein zu glauben. Besonders intensiv müsse geglaubt werden, dass uns die Haifische alle in eine schönere und bessere Zukunft bringen werden. Diese Zukunft kann nur durch den Gehorsam der Fischlein gesichert werden. „Vor allen niedrigen, materialistischen, egoistischen und marxistischen Neigungen müßten sich die Fischlein hüten und es sofort den Haifischen melden, wenn eines von ihnen solche Neigungen verriete.“

Ganz besonders wichtig ist natürlich, dass die Fischlein lernen, dass zwischen den eigenen Haifischen und fremden Haifischen ein gewaltiger Unterschied besteht. Und dass es darauf ankäme, andere Fischlein in den Käfigen anderer böser Haifische zu befreien und in die eigenen Käfige zu bringen. Dafür werden die Fischchen auch zum Kriegführen ausgebildet. Wenn ein Fischchen im Krieg ein anderes Fischchen eines bösen Haifisches tötet, kriegt es einen kleinen Orden aus Seetang und den Titel Held und wenn es selbst getötet wird, bekommt es ein Denkmal: Für die Freiheit opferte das Fischlein sein Leben. Es gäbe natürlich auch eine Haifischreligion: Das richtige Leben beginnt erst im Bauch der Haifische. Ich zitiere den letzten Abschnitt ganz:

„Übrigens würde es auch aufhören, wenn die Haifische Menschen wären, daß  alle Fischlein, wie es jetzt ist, gleich sind. Einige von ihnen würden Ämter bekommen und über die anderen gesetzt werden. Die ein wenig größeren dürften sogar die kleineren auffressen. Das wäre für die Haifische nur angenehm, da sie selbst dann öfter größere Brocken zu fressen bekämen. Und die größeren, Posten habenden Fischlein würden für die Ordnung unter den Fischlein sorgen, Lehrer, Offiziere, Ingenieure im Kastenbau usw. werden. Kurz, es gäbe überhaupt erst eine Kultur im Meer, wenn die Haifische Menschen wären.“


Anhang 3

Helmut Gollwitzer: In 30 Jahren oder so

Helmut Gollwitzer, einer meiner großen theologischen und politischen Lehrer, hat öfter folgende Zukunftsperspektive erzählt, die hier hin passt:

Irgendwann im Jahre 2030 oder so werden Menschen von einem fernen Stern hier auf der Erde mit ihren Raumschiffen landen. Und sie werden eine Erde vorfinden, die tohu wa bohu ist, das ist hebräisch und steht in Genesis 1,2 für den Urzustand der Erde: Wüst und leer. Mit dem einen Unterschied: ArchäologInnen der Menschen vom anderen Stern werden auf die Archive der Universitäten und Funk- und Radioanstalten und Pressekonzerne und Buchverlage stoßen. (Individuelle Anmerkung: Und auf die privaten Archive von Wolfgang Dominik und Martin Budich und alle Veröffentlichungen und Veranstaltungen des Bochumer Friedensplenums und der DFG/VK.) Und die Menschen vom anderen Stern werden sich die Frage stellen: Was für Lebewesen haben hier auf der Erde gelebt, die doch alles wussten über die Folgen des A-,B-, C-Krieges, über Klimakatastrophe und die Grenzen des Wachstums, über Erderwärmung und Sterben der Artenvielfalt und Gaus in Atomkraftwerken, über Feindbilder und Rassismus, Nationalismus, Faschismus, über die Religionen und sonstigen ideologischen Herrschaftsinstrumente, über die Vernichtung von Lebensmitteln in Europa und den Hungertod von Millionen nur ein paar tausend hundert Kilometer weiter weg. Und die Lebewesen dieser Erde wussten, dass 50 % aller finanziellen, technischen, Rohstoff- und wissenschaftlichen Ressourcen für weitere Rüstung und Vorbereitung noch schlimmerer Kriege und Menschenmordinstrumente  missbraucht wurden, während offensichtlich viele viele viele Menschen z.B. in dem Tohu wa Bohu , das wahrscheinlich Deutschland hieß, von der Hand in den Mund leben mussten. 12 % mit wachsender Tendenz waren in diesem Land arm, 176 aller Kinder lebte 2007 unter der Armutsgrenze, während ein paar hundert Kilometer weiter östlich und südlich schon viel mehr dieser Lebewesen von damals nichts mehr zu essen fanden oder das, was sie fanden, sofort an die Reichen abgeben mussten, und täglich mussten 40000 von den Armen  verhungern. Was aber in den westlichen Ländern, wie man sie damals nannte, mit einer freien und sozialen  Marktwirtschaft, wie man das damals meist nannte, fast keinen ernsthaft kümmerte. So offizielle Untersuchungen, die unterm verstrahlten und verseuchten Schutt gefunden wurden. Warum haben  diese Lebewesen das mit sich machen lassen, von ein paar Haifischen und deren Interessen in das Tohu wa Bohu geführt zu werden? Es gibt auch keine Anzeichen in den archäologischen Forschungen, dass etwa das Wahlverhalten der Lebewesen in den Ländern, in denen offensichtlich Veranstaltungen stattfanden, wo entsprechend einer demoskopischen Oligarchie eigentlich immer die gleichen Repräsentanten einer radikalen kleinen Minderheit, die nur am eigenen Profit und Wohlstandsleben interessiert ist, von den Massen gewählt wurden, obwohl doch oft genug in der wissenschaftlichen Literatur, in Zeitungen und Zeitschriften, in Fernseh- und Hörfunkprogrammen, ja selbst in Verlautbarungen von Organisationen, die als metaphysische Entertainment-Unternehmen, damals Kirchen genannt, die die esoterisch-religiösen Bedürfnisse der Lebewesen hier auf diesem kaputten Planeten verwalteten, also –so folgern die Menschen vom anderen Stern und können das an alten Aufzeichnungen in atomkriegssicheren Lagern von Fernsehen und Radio belegen,  wurde stündlich und das über Jahrzehnte auf die kommenden Katastrophen hingewiesen. Konnten die das damals nicht verstehen? Oder wollten die das damals nicht verstehen? Oder lebten die fast alle nach dem Motto „Nach uns das Tohu wa Bohu“?

Keins dieser Lebewesen damals hätte behaupten können, von nichts gewusst zu haben.

Es gab sogar viele sehr gute Vorschläge schon aus dem 19. Jahrhundert, wie die Dinge zur Zufriedenheit und zum Überleben aller Menschen hätten geregelt werden können. In jeder Stadtbücherei und Schulbibliothek und in den schon genannten Archiven gab es massenhaft Dokumente dazu. Warum ist nichts passiert?

So weit mein Lehrer Helmut Gollwitzer. Einige Ergänzungen sind von mir aktualisiert.

Anhang 4

Globalisierung

Der Kapitalismus ist (nach dem Ende des real existierenden Sozialismus ) in der glücklichen Lage, von wesentlichen kulturellen und politischen Beißhemmungen befreit zu sein (Oskar Negt).

Unter Globalisierung verstehe ich die angeblich unumgängliche, marktradikale, alternativlose Freiheit der kapitalistischen Unternehmen verstanden, Produktionsstandorte allein nach dem Prinzip des shareholder value auszusuchen, d.h. die größtmöglichen Dividenden für die Anteilseigner des Konzerns stehen im Vordergrund. Dazu gehört:

  1. Gewinne global so transferieren zu können, dass kaum noch Steuern bezahlt werden müssen, ganz im Gegenteil: Staatliche Investitionszulagen für die Verlagerung der Produktion sollten zusätzlich rausspringen. Ohne parlamentarisch-bürgerlich-demokratische Kontrollmöglichkeiten kann das Kapital schalten und walten wie es will.
  2. Die Nationalstaaten werden zu nationalen Wettbewerbsstaaten reduziert. Sie werden  als Dealer von möglichst billigen Arbeitskräften zu instrumentalisiert, d.h. wenig, besser gar keinen Lohn sollen die Investoren  zahlen, möglichst keine sog. Lohnnebenkosten, keine Krankenkasse, keine Unfallrente, überhaupt keine Renten, keine irgendwie gearteten Sozialleistungen. Die Auflagen für Einsatz von Arbeitskräften sollten gegen Null tendieren. Die Produktion und Dienstleistungen werden so zerlegt, dass sie an den verschiedensten Standorten der Erde durchzuführen sind.
  3. Das ist – wie gesagt – alles am besten in Staaten möglich, in denen möglichst keine organisierte Arbeiterschaft vorhanden ist und keine Gewerkschaften. Sollten –das zeigt aktuell das Beispiel Siemens sogar für Deutschland, ein Land mit einer langen Tradition der Organisationen der Arbeiterbewegung – doch Gewerkschaften da sein, spaltet man die Arbeiterschaft und bringt sie insgesamt oder einen Teil  in sog. unabhängige Arbeiterorganisationen. Gelbe Gewerkschaften gab es immer schon. In anderen Ländern werden GewerkschafterInnen reihenweise ermordet, so dass ein politisch-gewerkschaftliches Engagement eine Lebensgefährliche Angelegenheit für alle sein kann.
  4. Es sollten möglichst viele Infrastrukturmaßnahmen von den Ländern übernommen werden, die den Kapitalinvestoren Vorteile bringen (Energie, Wasser, Straßen, Häfen, Transportsysteme....). Nicht nötig sind unangenehme staatliche Leistungen für Bildung, Gesundheit u.ä. Das sind Leistungen, die der IWF als Strukturanpassungsmaßnahmen sowieso wieder streichen kann, u.a. war Horst Köhler dafür zuständig.
  5. Ökologische Gesetze sollten möglichst nicht vorhanden sein.
  6. Es sollten möglichst stabile politische Verhältnisse herrschen. Der Umgang mit Menschenrechten, nicht nur der bürgerlichen, ist dabei gleichgültig. Verletzung der Menschenrechte werden als kulturspezifische Eigenarten, die zu respektieren sind, interpretiert (so öfter die deutsche Regierung zu China).
  7. Nur wenn ein Land militärisch überfallen werden soll, muss man das von den kapitalistischen Staaten als notwendige Wiederherstellung der Menschenrechte ausgeben (humanitäre Operationen oder Missionen werden durchgeführt, d.h. ein Land wird gegen jedes Völkerrecht, UNO-Satzung, NATO-Vertrag, Grundgesetz zerbombt und mit Ökozid und Uran-Munition und Clusterbomben auf lange Zeit verseucht, zerstört, kontaminiert. Natürlich wird vor dem militärischen Einsatz oft versucht, durch Geheimdienste für Ruhe und Ordnung zu sorgen, durch Wahlmanipulationen kapitalfreundliche Regierungen an die Macht zu bringen, durch ökonomische Erpressungen Länder gefügig zu machen.)

Anhang 5

Imperialismus

Ich denke, hier sollten die wichtigsten Aspekte, wie man/frau heute Imperialismus verstehen kann, noch einmal erwähnt werden.  Es geht um

  1. die Rohstoffe in aller Welt unter Kontrolle der G7/8 zu bringen und zu halten,
  2. die zum Abbau und Verarbeitung dieser Rohstoffe und zur Produktion anderer Waren  notwendigen möglichst billigen oder kostenlosen Arbeitskräfte widerspruchslos zur Verfügung zu haben,
  3. die militärisch strategischen Positionen weltweit zur Verfügung zu haben, um gegebenenfalls zur „Befriedung“ Widerspenstiger eingreifen zu können,
  4. Länder für den Export eigener Waren zur Verfügung zu haben oder auch nur, um alte und neue Waffen zu verkaufen und neue Waffen eventuell in realen Kriegsbedingungen irgendwo in der Welt testen zu können,
  5. Export eigener innenpolitischer Konflikte und Problemlagen auf den „Feind draußen“, heute am beliebtesten :„internationaler Terrorismus“ (sehr am 6.4.07 im „Zeitzeichen“ des WDR II: Admiral Tirpitz, der die Kriegserklärung des Deutschen Reichs an die USA begründet mit internationaler Tyrannei, die die USA über die freien Länder Europas, besonders des Deutschen Reichs, ausüben wollen oder am 7.4.07, Zeitzeichen über Henry Ford, hochgeehrt von den deutschen Faschisten, ein radikaler Antisemit, der im „terroristischen“ Weltjudentum den Hauptfeind der Menschheit sah. (Allerdings sehr verharmlosend formuliert). Der Terrorismus-Begriff scheint gewissen auch innenpolitisch ideologisch-ökonomischen Rahmenbedingungen unterworfen zu sein. Der Krieg gegen den Irak 1991 wurde z.B. von Bush sen. geführt, um seine Wiederwahlchancen zu steigern. Ähnliches wird von Bush jun. und dem geplanten Krieg gegen den Iran vermutet: Die Republikaner an der Macht halten.)
  6. Kapitalexport ist für die kapitalistischen Ländern notwendig, weil die riesigen Gewinne national gar nicht angelegt werden können.
  7. Länder für den Giftmüllexport zu instrumentalisieren, wird immer notwendiger. Umweltschutzgesetze, so mickrig sie auch sein mögen, veranlassen die Konzerne ihren Giftmüll billig in Länder des peripheren Kapitalismus zu exportieren. Bekannt geworden ist eine kleine Spitze des Eisbergs mal wieder im letzten Sommer, als an der Elfenbeinküste eine niederländische Giftmüllentsorgungsfirma auf einem griechischen, unter panamesischer Flagge fahrenden Frachter 580 Tonnen Öl-Chemikaliengemisch praktisch illegal auf  kaum kontrollierte Müllkippen bei Abidjan „entsorgte“. Das ist zwar alles verboten, aber Wege lassen sich offensichtlich mit etwas Bestechung immer eröffnen – in Rotterdam hätte die Spezialverbrennung ca. 1 Million Euro gekostet. Aber solche Ereignisse werden meist nicht bekannt – wer kümmert sich schon um irgendwelche wilde Deponien in Ländern, die das Abladen von Giftmüll schon rein technisch kaum kontrollieren können.
  8. Um in Ruhe alle möglichen gentechnologischen Versuche machen zu können, können sich Pharma- und Bio-Konzerne oft billig irgendwo im peripheren Kapitalismus Versuchsstandorte kaufen.
  9. Ganze Länder des peripheren Kapitalismus dienen der kapitalistischen Reproduktionsindustrie, d.h. sie leben vom Tourismus. Zwar bleiben nur Krümel vom Tisch der Tourismus-Konzerne übrig für einheimisches Dienstpersonal, das aber von diesen Krümeln abhängig gemacht worden ist. Inzwischen gibt es eine Erweiterung: Ärztliche Reparatur- und ähnliche Maßnahmen am menschlichen Körper scheinen für manchen US-Amerikaner oder Westeuropäer irgendwo in Sri Lanka, China oder Indien billiger als beim Zahnarzt oder Krankenhaus „um die Ecke“.
  10. Ganz wichtig ist der kulturelle Imperialismus. Für viele Länder des peripheren Kapitalismus gehören us-amerikanische oder  westeuropäische Fernsehserien völlig zum Alltag. Wer halb in der marokkanischen Wüste in einem Lokal plötzlich Derrick auf Deutsch mit französischem Untertitel oder Ami-Serien sogar synchronisiert sieht, ist dann doch erstaunt. Gleichzeitig werden diese Länder natürlich mit westlichen Ideologien versehen, was allerdings aus verschiedenen  zum politisch-ökonomischen und/oder kulturell-religiösem Widerstand führen kann.

Einige benutzte Literatur zum Thema, so weit nicht im Text genannt:

Gollwitzer, Helmut, Die kapitalistische Revolution, München 1974

Mies, Maria, Krieg ohne Grenzen, Die neue Kolonisierung der Welt,  Köln 2005

Arbeitskreis Frieden und Abrüstung (Hg.), Am Hindukusch und anderswo, Die Bundeswehr – Von der Wiederbewaffnung in den Krieg, Köln 2005

Haydt, Claudia/ Pflüger, Tobias/ Wagner, Jürgen, Globalisierung und Krieg, Hamburg 2003

Azzellini, Dario/Kanzleiter, Boris (Hg.), Das Unternehmen Krieg, Paramilitärs, Warlords und Privatarmeen als Akteure der Neuen Kriegsordnung,  Göttingen 2003

IFDT, Gekaufte Sicherheit, Die Privatisierung des Krieges, IFDT Heft 4/2004 (ja, tatsächlich, nicht verlesen: Auch die Kriegsministeriumszeitschrift Informationen für die Truppe beschreibt das im Wesentlichen richtig!)

Biermann, Werner/Klönne, Arno, Kapital-Verbrechen, Zur Kriminalgeschichte des Kapitalismus, Köln 2005

Sander, Ulrich, Die Macht im Hintergrund, Militär und Politik in Deutschland von Seeckt bis Struck, Köln 2004

Sander Ulrich, Szenen einer Nähe, Vom großen RechtsUm bei der Bundeswehr, Bonn 1998

Werner, Klaus/Weiss, Hans, Schwarzbuch Markenfirmen, Die Machenschaften der Weltkonzerne, Wien – Frankfurt/M., 2001

Kingsnorth, Paul, Global ATTACK!, Der neue Widerstand gegen die Diktatur der Konzerne, Bergisch Gladbach 2003

Cassen, Bernhard u.a., Eine andere Welt ist möglich!, hg.v. Attac Deutschland, Hamburg 2002

Jung, Ruth, Attac: Sand im Getriebe, Hamburg 2002

FIAN (Hg.), Wirtschaft global – Hunger egal?, Für das Menschrecht auf Nahrung, Hamburg 2005

Wernicke, Jens/ Bultmann, Torsten (Hg.), Netzwerk der Macht – Bertelsmann, Der medial-politische Komplex aus Gütersloh, Marburg 2007

Mander, Jerry/Goldsmith, Edward (Hg.), Schwarzbuch Globalisierung, Eine fatale Entwicklung mit vielen Verlierern und wenigen Gewinnern, München 2002

Chossudovsky, Michel, Global brutal, Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg, Frankfurt/M., 2002

Kühnl, Reinhard, Krieg und Frieden, Heilbronn 2003

Verschiedene Ausgaben der „Blätter für deutsche und internationale Politik“, der „IZ3W“, der „Sozialismus“, der „ZivilCourage“, des „FriedensForum“, der „IMI-Mitteilungen“, der „Informationen für die Truppe“, des Periodikums „Der Mittler-Brief, Informationsdienst zur Sicherheitspolitik“, des „Ossietzky“