05. Dezember 2001
Niombo Lomba: Pisa-Studie kann heilsamer Schock sein

Der weltweit größte internationale Schulleistungstest Pisa (Programme for International Student Assessment) ergab, dass jeder vierte deutsche 15jährige nicht richtig lesen kann. Auch im Rechnen und in naturwissenschaftlichen Grundkenntnissen schnitten die deutschen Schüler im Vergleich zu ihren Altersgenossen sehr mäßig ab. "Die Tatsache, dass deutsche Schüler im internationalen Vergleich nur noch als Mittelmaß gelten können, sollte uns alle aufrütteln", erklärten Reinhard Loske, bildungspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, und Niombo Lomba, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen.

Die deutschen Kultusminister planen nun Reformen. "Wir brauchen jetzt eine ernsthafte Debatte über die Ursachen der Misere und darüber, wie unsere Schulen wieder besser werden können", sagten Losko und Lomba. Innerhalb von ein bis zwei Jahren müssten klare Ziele formuliert und schrittweise umgesetzt werden. Die Kultusministerkonferenz müsse endlich ihre gesamtstaatliche Verantwortung erkennen und wahrnehmen.

Es sei aber auch wichtig, die Diskussion über die Zukunft unserer Schulen nicht nur den Experten zu überlassen, sondern sie in die Familien, Schulen und Betriebe hinein zu tragen. Soziale Unterschiede in Deutschlands Schulsystem würden bislang eher vertieft als abgebaut. "Kinder aus Elternhäusern, in denen Bildung keine Wertschätzung genießt und Neugier nicht gefördert wird, bleiben auf der Strecke", meinen die beiden grünen Politiker. Vor allem die Kinder von Migranten, in deren Elternhäusern kein oder schlechtes Deutsch gesprochen wird, seien die Verlierer.

Deshalb müsse den Kindergärten künftig ein noch größerer Stellenwert zukommen - nicht als Verwahranstalten, sondern als pädagogische Einrichtungen, die die Kinder fördern. Auch Ganztagsschulen seien nicht nur aus pädagogischer und familienpolitischer Sicht sinnvoll, sondern auch als Instrument zum gezielten Abbau von herkunftsbedingten Nachteilen. Außerdem fordern Loske und Lomba, die vorherrschenden Unterrichtskonzeptionen, die offensichtlich weder starke noch schwache Schüler hinreichend fördern, ebenso wie die Lehrerausbildung zu reformieren und auch eine leistungsbezogene Lehrerbesoldung in die Überlegungen einzubeziehen. "Wir wollen, dass Schulen auch zu Labors werden, in denen Projekte, Experimente und die Öffnung zur Gesellschaft breiten Raum einnehmen", meinen die beiden Politiker. In die Zukunft der Kinder müsse finanziell und konzeptuell investiert werden.