Für Dienstag, 9.7., 19.30 Uhr, laden Bochumer Initiativen in den Bahnhof Langendreer ein : Überlegungen & Planungen zur Bundestagswahl 2002 bzw. zur Einmischung in die Wahlkampfaktivitäten, Arbeitstitel: "Tatort Deutschland: Falsche Politik muss man nicht wählen!" Dieser Termin erscheint als MUSS für alle Unzufriedenen, für alle KritikerInnen der politischen Entwicklungen der letzten Jahre, insbesondere für alle, die sich über den serienweisen Bruch von Wahlversprechen aufregen und die die Drohungen fast aller Parteien für die Zeit nach der Wahl nicht hilflos und tendenziell vereinzelt hinnehmen wollen. Die Erkenntnis ist nicht unbedingt neu, dass im bürgerlich-parlamentarischen Spektrum (die Rolle der PDS soll hier einstweilen ausgeklammert bleiben) für Linke und sonstwie mit den Verhältnissen Unzufriedene kein Raum ist. Neu scheint aber, dass aus diesem Gesamtparteien-Spektrum auch gegenüber großen Teilen des "normalen" Volkes schon im Vorfeld einer Wahl allseitige Standard-Verschlechterungen und sonstige neoliberale Angriffe (inklusive militärischer Expansion) angekündigt werden. Wir wollen nun mit diesem Treffen keine außerparlamentarische Opposition am Ort organisieren, (obwohl auch das langfristig einen Sinn machen könnte) sondern versuchen, wenigstens ein Minimum an öffentlich sichtbaren Abwehrkräften und politischer Kritik in Stellung zu bringen. Unserer Erfahrung entsprechend wäre es leistbar (evtl. wie am 1. Mai), vielleicht ein gemeinsames Logo (s.o.), vielleicht ein Plakat oder noch eine Plakatserie zu entwickeln. Eine inhaltlich/programmatische "Vereinheitlichung" der Teilnehmenden wäre dazu nicht erforderlich. Darüber hinaus denken wir konkret über eine gemeinsame öffentliche Protestkundgebung in der Innenstadt am 7.9. nach, sowie über eine öffentliche "Entschuldigung" von ehemaligen WählerInnen von Rot-Grün. Der Erfolg dieser Überlegungen hinge allerdings davon ab, dass sich ausreichend Mitmachende einfinden und mit uns gemeinsam ein paar Pläne entwickeln. Wir bitten also ganz unverblümt um zahlreiches Erscheinen!
Angehängt ist nachfolgend ein Text, mit dem in der BSZ und im Bhfs-Info ebenfalls zu diesem Treffen eingeladen worden ist. Rot-Grüne Sozialpolitik, Verteilungspolitik, Steuerpolitik - Gewinner ist: das Kapital. Ganz aktuell: Neue Offensive im Kampf gegen die Arbeitslosen. Keine Rede von Millionen fehlender Arbeitsplätze. "Noch vor der Wahl" will Rot-Grün die Eckpunkte eines Konzepts zur Bekämpfung der Arbeitslosen durchsetzen, das von einer Kommission unter Leitung des VW-Vorstandsmitglieds Peter Hartz entwickelt wurde. Der "Spiegel" war begeistert: damit ließe sich "die Arbeitslosigkeit innerhalb nur einer Legislatur-Periode weitgehend abbauen". Nach der Lektüre des vorliegenden Papiers ist aber sofort klar: es geht hier überhaupt nicht darum, Arbeitslosigkeit bedeutend zu verringern - sondern es geht offenbar um Entlastung des Kanzlerwahlkampfes. Es geht um Ablenkung von der Katastrophe der offiziell gemeldeten Arbeitslosenzahl von vier Millionen - jeder weiß, dass es tatsächlich zwischen sechs und sieben Millionen Erwerbslose gibt. Und es geht um die Zementierung der neoliberalen Ideologie: 1. die Erwerbslosen sind letztlich selbst schuld, 2. soziale Sicherungssysteme behindern den gesellschaftlichen Fortschritt. Das Bedrohliche daran: das Hartz-Konzept ist mehr als nur Wahlkampf-Strategie, zumal wesentliche Gewerkschaftsgremien in die Erstellung eingebunden waren. Resultat soll nämlich nicht nur die Verschönerung der Statistik sein, sondern vor allem eine weitere Senkung des Lohnniveaus. Von Pauschalierung des Arbeitslosengeldes über die Verkürzung der Anspruchszeiten bis zur Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien und der "Zusammenlegung" von Arbeitslosen- und Sozialhilfe - Ziel ist die weitere Umverteilung von unten nach oben durch die weitere Enteignung der Lohnabhängigen sowie der Ausbau des Systems von Druck und Kontrolle: Zwang zur Leiharbeit im Niedriglohnsektor auch unter Tarif, Zwang zur Mobilität samt vielfältiger Verschärfungen von bereits bestehenden Sanktionen.
Der aktuelle Angriff krönt eine vierjährige Strategie gegen die sozialen Standards der NormalbürgerInnen. Schon beim "größten Sparpaket aller Zeiten" hatte Schröder behauptet, es müssten alle Gruppen sparen. Als Kanzler sei er dem Allgemeinwohl verpflichtet und nicht "Einzelinteressen". Scheinbar war die Senkung des Spitzensteuersatzes von 45% auf 25% nicht dem Einzelinteresse zu Gute gekommen, obwohl damit die privaten Einzelprofite um etwa 10 Mrd. DM erhöht wurden. Auch die beibehaltene Abschaffung der Vermögenssteuer scheint kein Einzelinteresse befriedigt zu haben. Die Senkung der "Lohnnebenkosten" hat den Privatunternehmen 14 Mrd. Mark mehr in die Kassen gespült und ihnen zugleich erlaubt, die Gewinne auch über die Senkung der Bruttolöhne zu erhöhen. Insofern ist es nichts als Propaganda, wenn die Bundesregierung behauptet, "alle Gruppen" müssten sparen. Umgekehrt ist es richtig: alle Gruppen müssen sparen, damit eine Gruppe, die Gruppe der mächtigen Einzelinteressen, mehr Gewinn machen kann. Offensichtlich betrachtet die Bundesregierung die privaten Interessen des Unternehmenssektors als Verkörperung des Allgemeinwohls. Dagegen wird als soziale Gerechtigkeit verkauft, wenn Lohnabhängige als RentnerInnen, Kranke, Erwerbslose das zahlen, was sie als LohnarbeiterInnen gewinnen. Netto-Lohnsteigerungen durch Beitrags- und Steuersenkungen (zu Lasten des Staates und der Sozialversicherungen), sowie Kürzungen bei Arbeitslosen werden als Anreiz zur Arbeit vermarktet, als ob der "mangelnde Lohnabstand" die Ursache der Arbeitslosigkeit sei. Der schwarze Peter wird den Arbeitskräften zugeschoben, obwohl die Privatwirtschaft aufgrund ihrer betrieblichen Rentabilitätsinteressen immer weniger Nachfrage nach Arbeit hat. Schon unter Kohl war (seit 1993) die Arbeitslosigkeit im Aufschwung um über eine Million Menschen gestiegen - trotz der massiven Senkung der Gewinnsteuern. Daran hat sich auch nichts geändert, seit die Politik der Kohl-Regierung von Schröder/Fischer verschärft fortgesetzt worden ist. Die rot-grüne Regierung hat wesentlich das Klientel der Banken und Konzerne gefördert, die sich gemeinschaftlich einbilden, der ganzen Gesellschaft zu nützen, während sie den Lebensstandard aller senken, um sich die Taschen zu füllen und ihre Renditen anzuheben. Eine bewusst geschürte Illusion war und ist auch, dass die Staatsverschuldung durch die Förderung der privaten Wirtschaftsinteressen abgebaut werden könne. Rot-Grün hat den Bock zum Gärtner gemacht. Umgekehrt ist es richtig: die Subventionierung der Profitraten und Finanzanlagen muss beendet werden. Die Schulden müssen durch Zinsverzicht und Schuldenerlass reduziert, statt durch Sozial-, Personal- und Bildungsabbau bedient werden.
Aber weder von Rot-Grün, noch von SPDGRÜNECDUCSUFDP ist hier irgend etwas Richtiges zu erwarten. Da müssen wir schon selber etwas tun. Es gibt bekanntlich ein politisches Leben jenseits von Schröder/Fischer/Stoiber. Vor allem ehemalige WählerInnen von Rot-Grün müssen sich fragen lassen, was sie vor vier Jahren eigentlich im Sinn hatten? Sollten etwa RentnerInnen und Schwerbehinderte noch schlechter dran sein als unter Kohl? Sollte der verschärfte Angriff auf Erwerbslose stattfinden - statt auf die Erwerbslosigkeit? Sollten die Umverteilung von unten nach oben und der Sozialabbau noch weiter forciert werden? Sollten Studierende und Erwerbslose die Haushaltslöcher stopfen, die die Steuergeschenke an die Reichen und an das Kapital gerissen haben? Sollten mit verschärfter innerer Sicherheit noch weitere rechtsstaatliche und verfassungsrechtliche Prinzipien unterminiert werden? Sollten ImmigrantInnen noch weiter ausgegrenzt und diskriminiert werden? Sollten die AKWs noch 30 Jahre "sicher" laufen dürfen? Sollten etwa der Transrapid und der Militär-Airbus die Mittel für Bildung und Gesundheit absorbieren? Sollte Deutschland einer der wesentlichen Pfeiler der neuen NATO-Angriffs-Strategie werden und aktuell mit "Präventivschlägen" drohen dürfen? Sollte Deutschland für zwei Angriffskriege mitverantwortlich sein?
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