ver.di Bochum, Mieterverein Bochum, attac Bochum und Bahnhof Langendreer laden ein:

Am DIENSTAG, 31.08.04, 16.30 Uhr, im Gewerkschaftssaal (IG-Metall-Haus) Humboldt-/Ecke Maximilian-Kolbe-Straße

Hartz IV - Fragebögen:
Vor dem Ausfüllen > Informieren !!!

Die Absenkung der Arbeitslosenhilfe auf das Sozialhilfeniveau und die neuen Zumutbarkeitsregelungen von Hartz IV lehnen wir strikt ab. Das werden wir auch weiterhin deutlich machen und Widerstand organisieren.

Jedoch: Das Gesetz ist beschlossen und Tausende von Betroffenen haben Fragen. Wir wollen helfen, einige zu beantworten.

Mit dem Versand der Anträge auf das Arbeitslosengeld II - die alle bisherigen Bezieher/innen von Arbeitslosenhilfe ausfüllen müssen - werden auch erstmals Nachweise über die persönliche Lebensführung wie Mietverträge, Verdienstabrechnungen des/der Ehepartners/in bzw. Lebenspartners/in etc. angefordert.

Vor dem Ausfüllen der Fragebögen sollten sich jedoch die Betroffenen und Interessierten über die Auswirkungen von "Hartz IV" und insbesondere über die Beantwortung der einzelnen Fragen genau informieren. So sollte z.B. überlegt werden, ob man noch seine Altersversorgung sichern kann und klären, wer eigentlich zur "Bedarfsgemeinschaft" gezählt wird. Zur Zeit lassen sich nicht alle Fragen beantworten, da Ausführungsbestimmungen noch nicht vorliegen und Einwände des Bundesdatenschutzbeauftragten wegen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz noch nicht ausgeräumt wurden. Jedoch wollen wir euch zu allen Fragestellungen, die abschließend bis Ende August beantwortet sind oder eine deutliche Tendenz erkennen lassen, Informationen geben.

Referent:
Martin Künkler
(Koordinierungsstelle der gewerkschaftlichen Arbeitslosengruppen)

Für die Beantwortung von Fragen zur Praxis in Bochum stehen zur Verfügung:
Dr. Heide Ott
(Leiterin des Sozialamtes Bochum)

Luidger Wolterhoff
(Vorsitzender der Geschäftsführung der
Agentur für Arbeit Bochum)



Attac Bochum, Bahnhof Langendreer, Mieterverein Bochum, ver.di Bochum und Bochumer Sozialforum laden ein:

MONTAG, 13.9., 19.30 Uhr, ver.di, Universitätsstraße 76, U-Bahnstation Waldring

Hartz IV, ALG II, der Fragebogen und die Widersprüche
Was tun? Information, Beratung, Anstiftung zu Kritik und Widerstand
Mit Harald Thomé, "Tacheles" Wuppertal

Derzeit erhalten Millionen Erwerbslose bergeweise Antragsunterlagen zum Arbeitslosengeld II (ALG II). Das bestimmt nicht, um den Bezug des ALG II zu erleichtern. Vielmehr ist dies ein Vorgeschmack auf das, was mit dem ALG II droht: Ausgiebige Kontrollen, ausgefeilte Zugangshürden, armselige Leistungen. Gegen diese Schikanen, gegen die Einführung des ALG II im Ganzen, scheint breiter Widerstand notwendiger denn je: gegen das politische Ziel hinter dem ALG II, Leistungen immer weiter zu senken, um Erwerbslose und noch Beschäftigte mit brutalem Druck zwingen zu können, auch für Hungerlöhne zu arbeiten.

ALG II besteht aus einer Pauschale namens »Regelleistung«, die für alles reichen soll, was man zum Leben braucht, sowie einem Betrag für Unterkunft und Heizung. Die Pauschale von 345,- € ist alles andere als genug: Warmwasser und Strom sind aus der Regelleistung zu zahlen, ebenso alle Reparaturen und Ersatzbeschaffungen. Das Kindergeld wird voll angerechnet, Wohn-geld entfällt. Für wenige gibt es einen Zuschlag (v.a. Schwangere, Allein-erziehende). ALG II bietet böse Überraschungen, z.B. für die, die bislang zu Arbeitslosen-geld oder -hilfe 165 Euro dazuverdient haben: Davon bleiben ganze 24,75 Euro (oder 15%) übrig.

ALG II bedeutet für viele: Armut, die auch durch Zuverdienst nicht wirklich gemildert wird. Um diese Kleinigkeit zu berechnen, braucht es keine 20-seitigen Antragsunterlagen. Grenzen des Datenschutzes werden nun mit Absicht und reihenweise übertreten.

Dieses 20-seitige Antragsformular macht überdeutlich, wohin der »Reform-zug« gehen soll: Enteignung und Sippenhaft! Verwandte und Freunde sollen für Erwerbslose aufkommen; Privatisierung des Risikos der Arbeitsplatz-verlustes. Die Informationen für weitergehende »Reformen« von morgen sollen bereits heute beschafft werden!

Und nun schnell, schnell?

Die Antragsbögen sollen laut Agentur schnellstmöglich ausgefüllt werden. Viele, die dieser Aufforderung unbedacht folgen, werden dies später bereuen. Denn: die 20-seitige Antragsunterlagen braucht es, um möglichst oft die Leistung verweigern zu können!

Also: Erst informieren, dann reagieren!


Bahnhof Langendreer, Frauenbuchladen Amazonas und das Bochumer Sozialforum laden ein:

Am DIENSTAG, 28.9., 19.30 Uhr, Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, Direkt an der S-Bahnstation "Langendreer"

Von den Anfängen des Sozialstaates bis zu seiner aktuellen "Krise"

Mit Gisela Notz

Die soziale Frage kam in Deutschland im 19. Jahrhundert auf die Tagesordnung. Der wilhelminische Staat konstruierte ein soziales Netz, mit dem das Deutsche Reich auf die veränderten sozialökonomischen und politischen Folgen von Verstädterung und Industrialisierung reagierte. Die Sozialgesetzgebung stand im Zusammenhang mit dem Sozialistengesetz. So sollten die negativen Folgen der industriellen Entwicklung und der kapitalistischen Eigentums- und Wirtschaftsordnung auf die Arbeitenden abgeschwächt und eine Integration der erstarkenden Arbeiterbewegung in das Kaiserreich erreicht werden. Die Erkenntnis, dass die soziale Frage nicht nur eine "Arbeiterfrage", sondern auch eine "Frauenfrage" war, hatte sich nicht allgemein durchgesetzt.

Die sozialpolitischen Maßnahmen dienten vor allem dazu, die Reproduktion der für das Kapital notwendigen Arbeitskraft für Stammarbeiter zu sichern. Die Arbeit, die zur Herstellung und Wiederherstellung der Arbeitskraft gesellschaftlich unentbehrlich ist, nämlich die Haus-, Sorge- und Pflegearbeit blieb ausgeblendet.

Inzwischen aber hat in (fast) allen politischen Lagern die langjährige Agitation der Unternehmerverbände gefruchtet, dass "wir" uns dieses Sicherungssystem nicht länger leisten können. Und das, obwohl die ungleiche Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit und von Einfluss auf die Arbeitsbeziehungen immer mehr zur Spaltung in Arme und Reiche, aber auch zur Spaltung zwischen den Geschlechtern beiträgt. Die ursprüngliche Intention des Sozialstaats, den Menschen gerade in den Zeiten von Unsicherheit und Umbrüchen materielle Sicherheit zu geben und sie vor Armut und Ausgrenzung zu bewahren, wird ganz offensichtlich heute nicht mehr erfüllt.

Der beschlossene Sozialabbau - mit dem bisherigen Höhepunkt Hartz IV - trifft (viele) Frauen anders und vor allem noch härter als (viele) Männer.

Dr. Gisela Notz, wissenschaftliche Referentin in der Abteilung Sozial- und Zeitgeschichte der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn, hat zu zahlreichen sozial- und insbesondere frauenpolitischen Themen publiziert.