Freitag, 17.10., 19.30 Uhr, Bahnhof Langendreer
Rainer Roth:
Nebensache Mensch – Hintergründe und Absichten der Agenda 2010

Im ersten Halbjahr 2003 waren offiziell 4,5 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Für sie standen offiziell rund 400.000 offene Stellen bereit. Die Bundesregierung, Arbeitgeberverbände und Ökonomen wissen, wo die wahren Ursachen der gegenwärtigen Krise und der steigenden Arbeitslosigkeit liegen. Sie liegen bei den Arbeitslosen selbst.

Arbeitgeberverbände und Bundesregierung haben auch die Lösung: Das Problem der Arbeitslosigkeit muss durch Senkung der Arbeitslosenunterstützung angegangen werden. Dadurch sollen die 4,5 Millionen Arbeitslosen einen Anreiz bekommen, die 400.000 offenen Stellen zu besetzen. Das Problem der Arbeitslosigkeit muss ferner durch Lohnsenkungen angegangen werden. Dadurch sollen Unternehmen einen Anreiz bekommen, mehr Stellen anzubieten bzw. Arbeitslose einzustellen. Sind Löhne und Sozialleistungen nur niedrig genug, so die vorherrschende Meinung, kann die Arbeitslosigkeit beseitigt werden.

Die LohnarbeiterInnen, ob beschäftigt oder arbeitslos, wehren sich gegen die Senkung ihres Lebensstandards. Deshalb sehen die Manager aus Wirtschaft und Politik in ihnen die Ursachen aller Probleme. Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland hat in den Augen der Herrschenden kläglich versagt.

Der technische Fortschritt führt zu phantastischen Möglichkeiten, die Arbeitszeit zu verkürzen. Was sind die Gründe dafür, dass der technische Fortschritt wachsende Arbeitslosigkeit und Existenzunsicherheit hervorbringt?

Der Reichtum, den die LohnarbeiterInnen erzeugen, wächst. Warum haben sie immer weniger davon? Wofür und für wen müssen sie Opfer bringen?

Millionen LohnarbeiterInnen bringen täglich die Leistung, die von ihnen verlangt wird und noch mehr. Wieso kommt es dennoch zu gewaltigen Wirtschaftskrisen, in denen wieder abgebaut wird, was eben erst mit Fleiß aufgebaut wurde?

Das Produkt vergangener Arbeit sind tausende Milliarden Euro an Kapital. Diejenigen, die das Kapital besitzen, können unter Eid beschwören, dass sie mit dem Problem Arbeitslosigkeit nichts zu tun haben. Sie haben immer ein Alibi. Sie klagen die LohnarbeiterInnen an, mit ihrer Anspruchsmentalität alle Probleme verursacht zu haben. Und insbesondere die Arbeitslosen selbst. Folglich sollen sie auch für das zahlen, was sie angerichtet haben...
Prof. Rainer Roth, Sozialwissenschaftler und Hochschullehrer in Frankfurt, Autor zahlreicher Publikationen zum Thema (www.klartext-info.de), wird versuchen, Licht in das Dunkel solcher Fragen und herrschender Ideologien zu bringen. Im Vorwort seines neuen Buches "Nebensache Mensch”, (aus dem auch ein Gutteil des o.g. Textes stammt) schreibt er u.a., dass es hauptsächlich um den Nachweis gehe, "dass nicht LohnarbeiterInnen und Arbeitslose für die Lage verantwortlich sind, sondern das Kapital.” Und "dass die Lösung des Problems nicht darin liegen kann, dass die LohnarbeiterInnen sich unter der Leitung von Gewerkschaftsfunktionären selbst bekämpfen”. Und: "Die Wirtschaftsordnung, die solche Probleme erzeugt, steht selbst auf dem Prüfstand.”

Veranstaltet von Bhf Lgdr./Politik und AG "Soziale Grundrechte”.