Prügelorgien unter der Reichskriegsflagge - übertönt von rechter Musik Bochumer Skinheads gestehen, fünf Obdachlose stundenlang misshandelt zu haben / Rechtsradikale CDs sichergestellt Von Ingrid Müller-Münch (Köln) Zunächst war es nur ein Verdacht, nun hat er sich bestätigt: Es waren drei rechtsradikale Skinheads, die in Bochum vier obdachlose junge Männer fürchterlich zurichteten und teilweise schwer verletzten. Inzwischen hat sich ein auch fünftes Opfer des gewalttätigen Trios bei der Bochumer Polizei gemeldet. Um 22 Uhr abends ging es los, gegen fünf Uhr in der Nacht war die Tortur dann zu Ende. Bis zu sieben Stunden lang sollen drei Bochumer Skinheads obdachlose junge Männer gequält, getreten und sexuell so gedemütigt haben, dass ihre Opfer vor Schmerzen schrien und laut wimmerten. Um dies zu übertönen, drehten ihre Schinder Musik mit rechtsradikalen Inhalten derart auf, dass Nachbarn von den Hilfeschreien nichts mitbekamen. So jedenfalls der bisherige Stand der Ermittlungen nach Auskunft eines Bochumer Polizeisprechers. Zwei der drei Rechtsradikalen im Alter von 24 bis 28 Jahren bezeichneten sich bei ersten Vernehmungen als "abartig und krank" und legten ein umfassendes Geständnis ab. Alle drei sind einschlägig wegen Körperverletzung vorbestraft. Sie hatten ihren Opfern Alkohol versprochen und sie so mal in die einem der Täter gehörende Dachgeschosswohnung eines Acht-Familien-Hauses, mal in die von einem anderen Skinhead genutzte Etagenwohnung eines 20-Familien-Blocks gelockt. Aufgegabelt hatten sie die zwischen 18 und 25 Jahre alten Obdachlosen in Bochums Amüsiermeile, dem "Bermuda-Dreieck". In dieser zentral gelegenen Fußgängerzeile hielten sich die wohnungslosen Heranwachsenden tagsüber auf, kannten ihre späteren Peiniger offenbar flüchtig. Einer der Obdachlosen soll schon im Sommer von den drei Skinheads auf einer Kirmes angesprochen und zu einem dieser Gewaltexzesse gelockt worden sein. Die Skinheads versprachen den jungen Männern Alkohol und eine Party. Die entpuppte sich für sie aber als regelrechte Prügelorgie. Im Beisein von zwei 18- und 19-jährigen Freundinnen tranken die drei Skinheads zunächst Bier mit ihren "Gästen". Anschließend verschlossen sie die Wohnungstür. Mit Fäusten schlugen sie von da an auf ihre Opfer ein und traten sie bis zur Bewusstlosigkeit. Einem der Misshandelten wurde ein Schrank auf die Beine geworfen. "Obwohl sie flehten, damit aufzuhören, erniedrigten die Täter sie weiter", so der Bochumer Polizeipressesprecher Volker Schütte. Sie wurden gezwungen, an sich selbst demütigende sexuelle Handlungen vorzunehmen. Freigelassen wurden sie nach Stunden der Tortur mit der Warnung: "Wenn ihr zur Polizei geht, machen wir euch platt." Einer Streetworkerin gelang es, die eingeschüchterten jungen Männer zur Anzeige zu bewegen. Sie hatten Ärzten ihre Platzwunden, Schädelprellungen oder Gehirnerschütterungen als Folge von Stürzen oder Angriffen von Ausländern erklärt. Am vergangenen Wochenende konnten die Täter verhaftet werden. Sie sind derzeit in drei verschiedenen Gefängnissen Nordrhein-Westfalens untergebracht. Gegen ihre beiden Freundinnen wird ebenfalls ermittelt, sie befinden sich jedoch noch auf freiem Fuß. In den Wohnungen der Skinheads stießen die Ermittler auf umfangreiche Sammlungen rechtsradikaler und gewaltverherrlichender CDs. In einer Wohnung hing an der Wand eine Reichskriegsflagge. Blutspuren, die mit großer Wahrscheinlichkeit von den misshandelten jungen Männern stammen, entdeckte die Polizei an Wänden, auf dem Teppich und dem Sofa. "So etwas", versicherte Polizeisprecher Schütte, "hat es in Bochum noch nicht gegeben." Siehe auch das FR-Spezial Was tun gegen rechts?
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