Attac Bochum:

Unsere gute Freundin und Mitaktivistin Micheline
Sablotny ist tot. Sie starb am 10. März 2005 im
Krankenhaus im Alter von 36 Jahren.

Micheline war krank. Seit ihrem 12. Lebensjahr
litt sie an Rheuma - oder auch Lupus
Erythematodes. Dabei bekämpft das Immunsystem den
eigenen Körper. Folge sind immer schwerere
Beeinträchtigungen von Gefäßen, Gelenken, Nerven,
Muskeln und Organen. Obwohl in ihrem Körper diese
unheilbare Krankheit wütete, hat sie sich
engagiert. Sie nahm Schmerzmittel, um zu attac
Treffen oder Veranstaltungen zu kommen. Sie
konnte sich nicht mehr allein bewegen, ging nur
mit Stock und musste gestützt werden. Im
Rollstuhl haben wir sie zum Protest beim
SPD-Bundesparteitag 2003 in Bochum gefahren, wo
sie Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt
zurief: "Bleiben Sie gesund, denn sonst geht es
Ihnen schlecht."

Micheline hat als chronisch Kranke als Erste die
Auswirkungen der so genannten Reform gespürt. Sie
hat uns immer wieder klar gemacht, wie wichtig
der Kampf um die Erhaltung eines öffentlichen
Gesundheitssystems für Menschen wie sie ist. Erst
im letzten halben Jahr ist sie zur
Dialysepatientin geworden. Dagegen hatte sie sich
lange gewehrt. Jetzt hieß es, dreimal in der
Woche für vier Stunden in die Dialysestation.
Sie, die nie arbeiten konnte, ihr Studium der
Psychologie wegen ihrer Krankheit abbrechen
musste, die als Künstlerin immer kleinere Formate
bearbeitete, musste nun auch noch die Fahrten mit
dem Taxi zur Dialyse selbst bezahlen. Micheline
war arm, wusste aber Qualität immer zu schätzen,
bei Kleidung, Lebensmitteln und Kunst, den
Dingen, die ihr Leben ausmachten. Ihr Freund
Carsten hatte gerade einen Job in Stuttgart
bekommen. Nun konnte auch sie sich etwas leisten
- um den Preis der Trennung.

Mit einer Unterschriftenaktion versuchte sie noch
Stimmen gegen die Reform zu gewinnen, als die
meisten sich schon an Praxis- und Rezeptgebühren
wieder gewöhnt hatten. Ihren Lebensmut, ihre
Lebensfreude spürten wir, wenn wir nach der
Politik mit ihr unter die Leute zum Essen und
Trinken in die Stadt gingen. Eigentlich ging es
ihr mit der Dialyse besser. Sie war unglaublich
produktiv. In der Meisterklasse der Kunstschule
Wattenscheid IBKK wollte sie im Sommer ihre
Abschlussarbeit vorlegen. Kleine Kästchen,
gefüllt mit Kunststücken, die ihr Leben
beschreiben sollten. Eine Grippe brachte sie ins
Krankenhaus. Nach einem Darmverschluss musste sie
operiert werden. Carsten hatte inzwischen einen
Job in Essen erhalten und die beiden würden in
Zukunft wieder zusammen sein können. "Ich habe
ein gutes Gefühl", sagte sie. Dann noch eine
Operation, nach der sie ins künstliche Koma
gelegt wurde. Aus dem ist sie nicht mehr
aufgewacht.

Wir sind unendlich traurig und vermissen Micheline sehr.

Die Beerdigung ist am Mittwoch, 23. März 2005
Evangelischer Friedhof Witten-Herbede
13:00 Uhr