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Presseerklärung

Medizinische Flüchtlingshilfe
1. August 2003


"Naziaufmärsche verhindern"
Anklageschrift gegen Webseite bo-alternativ.de ist Eingriff in die
Pressefreiheit


Die Medizinische Flüchtlingshilfe protestiert aufs Schärfste gegen die
Anklage gegen den Herausgeber der Internetseite "bo-alternativ.de", Herrn
Martin Budich.
Wie der Angeklagte auch, hat die Medizinische Flüchtlingshilfe sich
gemeinsam mit zahlreichen anderen demokratischen Organisationen in Bochum
unmissverständlich für eine Verhinderung des Naziaufmarsches in Bochum vom
22. Februar ausgesprochen und öffentlich dazu aufgerufen. Die Medizinische
Flüchtlingshilfe hat dies in Wort und Schrift vor und während der
Demonstration vielfach betont.
Faschistische Aufmärsche, wie sie zwischen Dezember und Februar in Bochum
stattfanden sind eine Schande für die Stadt Bochum und für alle BürgerInnen,
die ein demokratisches Anliegen verbindet. Sie stellen eine Bedrohung für
MigrantInnen dar, der wir auch in Zukunft stets Einhalt gebieten werden. Der
22. Februar bildet dabei einen eindrucksvollen Erfolg des demokratischen
Gewissens der Bochumer Öffentlichkeit und markiert ein Versagen der
Sicherheitskräfte, die eigentlich angehalten sein sollten, Bedrohungen wie
sie Aufmärsche des braunen Mobs darstellen, von dieser Stadt fernzuhalten.
Dass dabei ein Aufruf zur Gewalt Grundlage der Mobilisierung zur
Demonstration am 22. Februar gewesen sein soll, ist haarsträubend. Man kann
über das genannte Plakat sicherlich geteilter Meinung sein. Manche mögen die
darauf abgebildete Comicfigur für gefährlich halten. Andere halten dies für
einen Witz. Die Medizinische Flüchtlingshilfe gehört ausdrücklich zu jenen,
die das Plakat nicht für ein brauchbares Mittel zur Mobilisierung von
Menschenrechtsorganisationen halten. Dies ist jedoch unwesentlich. Wer das
Plakat in den Vordergrund rückt, bezweckt damit die Einschüchterung und
Spaltung des breiten Bündnisses, welches zur Verhinderung von faschistischen
Aufmärschen entschlossen war und ist. Dies wird jedoch ins Leere laufen.
Darüber hinaus steht der Wirbel um das Plakat in keinem Verhältnis zu jener
Gewalttätigkeit, die von faschistischen Gruppen in diesem Land ausgeht und
die allein in den letzten dreizehn Jahren wieder mehr als 100 Menschen das
Leben gekostet hat. Wie viele Anzeigen der Staatsanwaltschaft haben die
Parolen der faschistischen Aufmärsche vom Dezember und Januar nach sich
gezogen, auf denen die Verbrechen des Faschismus ungeschminkt verharmlost
oder befürwortet wurden?
Bo-alternativ.de ist ein fortschrittliches Internet-Pressemedium das täglich
über die Aktivitäten von Bochumer Nichtregierungsorganisationen berichtet.
Dazu gehört die Dokumentation von Aufrufen zu Veranstaltungen und Aktionen
unterschiedlichster Gruppen. Der Verantwortliche Redakteur Martin Budich ist
in dieser Stadt seit Jahrzehnten für sein demokratisches,
menschenrechtliches und gewaltfreies Engagement bekannt.
Die Dokumentationsarbeit, die bo-alternativ.de für die politische und
demokratische Auseinandersetzung in Bochum leistet könnte als Aushängeschild
der Stadt verstanden werden. Stattdessen soll nun der Herausgeber durch die
Bochumer Staatsanwaltschaft kriminalisiert werden, weil er das umstrittene
Plakat auf der Internetseite dokumentierte. Ein solcher Eingriff in die
Pressefreiheit ist nicht hinzunehmen und wird vermutlich auch vor keinem
ordentlichen Gericht Bestand haben.