Wem gehört die Stadt!?
Wer heute durch die Bochumer Innenstadt
geht, wird kaum noch Obdachlose sehen. Die Rot-Grüne Mehrheit in
Bochum hat die zentrale Unterbringung für Obdachlose am Springerplatz
schließen lassen und bietet nun Schlafplätze in den Randbereichen
der Stadt an. Ein Ersatz für die bisherige Tageseinrichtung existiert
nicht.
Dies ist nur eines von vielen Beispielen, wie immer stärker unangepasste Menschen aus den Innenstädten
vertrieben werden. Während die neoliberale
Gesellschaftspolitik dafür sorgt, dass immer mehr Menschen ausgegrenzt
werden, wächst das Interesse derjenigen, die in den Innenstädten
viel Geld verdienen, dass die Verschärfung der sozialen Probleme
in ihren Konsummeilen nicht sichtbar wird. Dies schadet - so denken
sie - ihrem Standort.
Schließlich konkurrieren sie mit Einkaufszentren wie z. B. dem
Ruhrpark. Dort gibt es keine öffentlichen Räume mehr. JedeR
BettlerIn kann von den PrivatbesitzerInnen des Einkaufszentrums vertrieben
werden. Alles, was der Geschäftswelt nicht gefällt, darf einfach
rausgeworfen werden. Sie haben das Hausrecht.
Ähnliche Konzepte wurden in der Innenstadt dann mit dem Konzept
der "Passagen" betrieben. Besonders augenfällig ist dabei
die Euro-Passage direkt gegenüber dem Hauptbahnhof. Hier wurde
erstmals zu kommerziellen Zwecken ein Bürgersteig in Bochum privatisiert.
Hier gelten - genau wie im Ruhrpark oder im Unicenter - etliche Grundrechte
nicht mehr. Die BesitzerInnen haben das Sagen. Eine der Lieblingsideen
der Industrie- und Handelskammer ist es, große Teile der Kortumstraße
zu überdachen und damit zu privatisieren.
Parallel zu dieser Privatisierung wurde das Polizei- und Ordnungsrecht
verschärft. Eine der drastischsten Maßnahmen war die Durchsetzung
des Instrumentes des "Platzverweises". Höchstrichterlich
abgesegnet, ist es mittlerweile auch auf öffentlichen Plätzen
zulässig, dass Menschen, die nicht sonderlich angepasst aussehen
bzw. sich nicht angepasst verhalten, einfach vertrieben werden können.
Es gab regelrechte Hetzjagden der Polizei auf PunkerInnen, die eine
Zeit lang versuchten, sich in Bochum zu treffen.
Fazit nach einiger Zeit: Nach und nach wurden das Umfeld des Bochumer
Hauptbahnhofs und andere Plätze der Innenstadt "gesäubert".
Diese Plätze wurden dann ganz offensichtlich zu Treffpunkten von
Neonazis, ohne dass Polizei, Bundesgrenzschutz oder die Stadt hier die
Notwendigkeit zum Eingreifen sahen. Neben dem Umfeld des Hauptbahnhofes
war insbesondere der Konrad-Adenauer-Platz - die Visitenkarte des Bermuda-Dreiecks
- ein wichtiger Ort, an dem sich eine solche Entwicklung abzeichnete.
Im Rahmen dieser Auseinandersetzung entschloss sich die Stadt Bochum
im letzten Jahr, fast den gesamten Platz an die anliegende Kneipe zu
übergeben. Die Kneipe erhielt eine Sondernutzungsgenehmigung für
fast den gesamten Platz - inklusive des öffentlichen Brunnens.
In einem Schreiben des Ordnungsamtes wurde sogar behauptet, dass die
Kneipe Hausrecht auf dem ganzen Platz besitze. Die Kneipe beschäftigt
seitdem einen "Sicherheitsdienst", der dieses angebliche Hausrecht
auch gegenüber allen durchsetzte, die nach Ansicht der Kneipenverantwortlichen
nicht auf den Platz gehören.
Dieser Vorgang wurde in keinem der zuständigen gewählten Gremien der Stadt öffentlich diskutiert.
Die Verwaltung hat dies mit dem Besitzer der Kneipe ausgedealt. Die Bochumer Staatsanwaltschaft hat die Position
des Bochumer Ordnungsamtes nicht übernommen. Sie hat die Strafanzeigen, die die Geschäftsführung
des Madragoras gegen unliebsame Gäste gestellt hat, nicht verfolgt. Die Stadt Bochum sah sich gezwungen, diese
Rechtsauffassung zu übernehmen und nun auch öffentlich zu erklären, dass der Kneipenbesitzer kein
Hausrecht auf einem öffentlichen Platz hat. Trotzdem bleiben ihm durch die Sondernutzungsrechte eine Reihe
von Möglichkeiten, privatrechtliche Mittel zu ergreifen, um Gäste zu vertreiben.
Durch die Anmeldung einer Reihe von Demonstrationen gegen die Privatisierungspolitik der Stadt Bochum auf dem Konrad-Adenauer-Platz
ist eine gewisse Nachdenklichkeit entstanden, ob es sinnvoll ist, diese Politik gegen einen größeren
Widerstand durchzusetzen. Auch der Besitzer der Kneipe weiß, dass regelmäßige Demonstrationen
auf dem Platz sicherlich nicht umsatzförderlich sind. Vielleicht werden Stadt und Kneipe dem öffentlichen
Druck nachgeben und Teile des Platzes wieder öffentlich machen.
Gleichzeitig hat die Stadt Bochum allerdings Pläne veröffentlicht, denen zur Folge auch der Husemann-Platz
privatisiert werden soll. Hier soll ein weiteres Café errichtet werden, das den jetzt noch öffentlichen
Bereich als Straßencafé nutzen soll. In diesem Sommer werden sicherlich wichtige Weichen in der Privatisierungspolitik
der Stadt gestellt.
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