Brief von Heinz Hossiep an Karin Schiele und Andreas Disselnkötter vom 16. 11. 2000


"Sehr geehrte Frau Schiele,

sehr geehrter Herr Disselnkötter

in der gemeinsamen, Ihnen am Vortag angekündigten Pressemitteilung vom 9. November haben die Fraktionen von SPD und Grünen im Rat öffentlich ihr Bedauern über das Gezerre um die Finanzierung des Besuchs von Orna Bimbach zum Ausdruck gebracht. Beide Fraktionen haben deutlich herausgestellt, dass sie an einem substanziellen Beitrag der Stadt Bochum zu diesem Besuch interessiert sind und mit allen Beteiligten zur Aufhellung der Hintergründe erneut gesprochen werden sollte.

Gleichzeitig haben Sie, sehr geehrter Herr Disselnkötter, am 8. November eingeräumt, dass die Stadt Bochum bereits am Vortag mit Ihnen Kontakt aufgenommen und Finanzierungsmöglichkeiten besprochen habe. Die aus Kreisen der Organisatoren des Besuchs von Frau Bimbach in einem Flugblatt erhobenen Vorwürfe gegenOberbürgermeister Ernst-Otto Stüber haben also zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 9. November am Rande der Gedenkfeier auf dem Dr. Ruer-Platz nicht mehr zugetroffen.

Da dieser Umstand den Organisatoren bekannt war, liegt der Gedanke nicht fern, die Verteilung des Flugblatts habe lediglich der Diffamierung des Oberbürgermeisters, nicht aber einer Information der Öffentlichkeit gedient. Der Versuch der Fraktionen von SPD und Grünen, auf eine Entspannung der Situation hinzuwirken, ist durch dieses Flugblatt gründlich konterkariert worden. Diese gezielte Provokation hat sowohl Ihr wie auch unser Anliegen diskreditiert.

Die Koalitionsfraktionen haben sich mit Nachdruck dafür eingesetzt, Missverständnisse auf beiden Seiten auszuräumen und organisatorische Mängel aufzuarbeiten. Dieses Bestreben diente und dient vor allem einem Ziel: Den Besuch von Orna Birnbach in Bochum mit Würde und Respekt stattfinden zu lassen.

Umso schockierender wirkt Ihre unverhohlene Instrumentalisierung dieses Besuchs zu einer Kampagne gegen Politik und Verwaltung in Bochum. Ist schon der Ton Ihrer Veröffentlichungen und Anschreiben - und die E-MaiI von Frau Jünger mit Datum vom 4. November möchte ich hier ausdrücklich einbeziehen - von fehlender Sachlichkeit und mangelnder Kooperationsbereitschaft geprägt, so zeugt Ihr Schreiben vom 14. November von einer kaum noch zu überbietenden Selbstgerechtigkeit. Wenn Sie dem Oberbürgermeister ,,Eitelkeit" und ,,mangelndes Gespür für den Leidensweg der Juden auch nach dem Nationalsozialismus" unterstellen, so ziehen mit mehr als fragwürdigen Behauptungen die Integrität eines Mannes in Zweifel, der sich als Sozialdemokrat stets gegen Rechtsextremismus und Intoleranz gestellt hat.

Ihre jetzige Zurückweisung des ,,Angebots" auf Bezuschussung durch die Stadtverwaltung nehmen wir mit Interesse zur Kenntnis. Wir wollen nicht davon ausgehen, dass Ihre Entscheidung im Zusammenhang steht mit dem von Ihnen zwar zugesagten, aber bisher nicht gelieferten Einnahmen- und Kostenplan, dessen Offenlegung sicherlich erheblich zur Transparenz und zur Versachlichung beitrüge. Verwunderung löst zudem der nächste Satz aus, in dem Sie wiederum Geldforderungen stellen - ohne Konkretionen hinsichtlich der zu erwartenden Kosten, der Produzenten der Dokumentation und der vorgesehenen Art ihrer Distribution, wie ich hinzufügen möchte.
Sie werden verstehen, sehr geehrte Frau Schiele, sehr geehrter Herr Disselnkötter, dass die von Ihnen vorsätzlich herbei geführte Eskalation, zu der Ihr heutiges Schreiben, auf das ich gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt eingehen werde, nicht zu einem positiven Klima für Gespräche über Zuschüsse beiträgt. Trotzdem möchten wir Sie - um der Sache willen - bitten, den Fraktionen eine detailliertere Vorstellung Ihrer Dokumentationspläne zu liefern. Der jeweils zuständige Ratsausschuss wird dann über die geeignete Form der Förderung entscheiden.


Mit freundlichen Grüßen

Heinz Hossiep"


Dieser Brief wurde eingescannt und Korrektur gelesen. Trotzdem können hierbei Fehler auftreten.