GRÜNE Antworten auf häufige Behauptungen
07.03.2006: In der zum teil etwas hitzigen Diskussion
um das Konzerthaus und unsere GRÜNE Position dazu sind in letzter Zeit
immer wieder fragwürdige Behauptungen veröffentlicht worden.Behauptung Nr. 1
Den Bau eines Konzerthauses mit der Begründung abzulehnen dass
die Stadt nicht einmal genug Geld für die Sanierung von öffentlichen
Gebäude und Straßen hat ist ein Totschlagargument. Man darf kulturelle
und soziale Fragen nicht gegeneinander abwägen.
GRÜNE Antwort
Der Vorwurf "Das ist doch ein Totschlagargument" kommt immer dann,
wenn überzeugende Sachargumente fehlen. Wir GRÜNE verfolgen eine
Haushaltspolitik, die für einen fairen und verantwortungsvollen
Ausgleich der vielen Einzelinteressen steht. Deswegen ist es nicht nur
legitim kulturelle und andere Fragen gegeneinander abzuwägen, es ist
sogar unsere Pflicht. Wir haben die Verwaltung aufgefordert, eine Liste
aller mittelfristig notwendigen städtischen Investitionsvorhaben zu
erstellen, damit wir eine seriöse Prioritätensetzung vornehmen können.
Die Stadt hat kaum Geld, um die laufenden Kosten zu bezahlen. Unsere
Straßen und öffentlichen Gebäude (z.B. Schulen und Kindergärten) sind
zum Teil in einem sehr schlechten Zustand. Undichte Dächer und Fenster,
defekte Heizungen, Belastung mit giftigen Schadstoffen. Es ist nicht
einmal Geld für die Einhaltung von Brandschutzvorschriften im Rathaus
vorhanden.
Behauptung Nr. 2
Die Symphoniker brauchen schon seit Jahrzehnten eine angemessene Probe- und Spielstätte. Jetzt ist die Zeit reif.
GRÜNE Antwort
Die Symphoniker haben keine idealen Arbeits- und Probebedingungen.
Deswegen sind wir GRÜNE auch nicht grundsätzlich gegen den Bau einer
Spielstätte. Der Zeitpunkt für den Bau eines Konzerthauses ist
allerdings mehr als ungünstig. Die Bezirksregierung hat den städtischen
Haushalt nicht genehmigt, seit Mitte 2005 steht Bochum unter
"Nothaushalts-Recht". Die Stadt darf unter dem Diktat des "Notstiftes"
nur noch Ausgaben tätigen, zu denen eine rechtliche Verpflichtung
besteht oder mit denen notwendige Arbeiten weitergeführt werden. Ohne
Abbau des städtischen Defizits von mindestens 40 Mio € gibt es keine
Aussicht auf ein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept, das der Stadt
wieder neue Handlungsspielräume eröffnen würde. Der Bau einer
Spielstätte für die Symphoniker würde mindestens 25 Millionen Euro
kosten und den städtischen Haushalt auch danach mit jährlich 2
Millionen Euro zusätzlich belasten. Angesichts der dramatischen
Haushaltssituation muss das wenige verfügbare Geld verantwortungsvoll
eingesetzt werden. Die grünen Schwerpunkte liegen bei Kinderbetreuung,
Schulen, Erhalt der Gebäudesubstanz und bei der Energieeffizienz.
Ausgaben in diesen Bereichen sind Investitionen in die Zukunft. Sie
tragen dazu bei, spätere Folgekosten zu vermeiden, und entlasten
dadurch letztendlich den Haushalt.
Behautpung Nr. 3
Die Grünen schielen mit ihrer Ablehnung des Konzerthauses auf Wählerstimmen.
GRÜNE Antwort
Uns geht es nicht um WählerInnenstimmen sondern um eine
verantwortungsvolle Prioritätensetzung. Von uns GRÜNEN wird gerne
behauptet, dass wir hauptsächlich von "den Besserverdienenden" gewählt
werden. Genau diese besuchen aber am ehesten kulturelle Einrichtungen
wie ein Konzerthaus. Insofern haben wir durch unsere Positionierung bei
unserer vermeintlichen WählerInnenschaft wohl kaum einen Stimmenzuwachs
zu erwarten.
Behautpung Nr. 4
Nur durch den Bau einer Spielstätte im Westpark kann die
Jahrhunderthalle dauerhaft und überregional als Festspielhaus etabliert
werden. So eine Chance kommt so bald nicht wieder.
GRÜNE Antwort
Es ist nicht nachvollziehbar, wie durch den Bau eines Konzerthauses
im Westpark der Betrieb der Jahrhunderthalle gesichert werden würde. In
beiden Hallen würden voneinander unabhängig völlig unterschiedliche
Veranstaltungen angeboten. Das Ende der Landesförderung der
Jahrhunderthalle ist absehbar. Ob und wie die Jahrhunderthalle danach
für die Stadt zu finanzieren ist, steht in den Sternen. Eine
zusätzliche Belastung des städtischen Etats durch den Bau und Betrieb
eines Konzerthauses könnte den Bestand der Jahrhunderthalle eher
gefährden als ihr zu nützen.
Behauptung Nr. 5
Die Grünen wissen nicht, was sie wollen. Den ersten
Planungskosten haben sie zugestimmt, im Koalitionsvertrag ist der Bau
einer Spielstätte vereinbart und jetzt stellen sie sich stur.
GRÜNE Antwort
Es steht außer Frage, dass eine eigene Spielstätte mit optimaler
Akustik wünschenswert ist und eine weitere Steigerung des jetzt schon
hervorragenden künstlerischen Niveaus der Symphoniker ermöglichen
könnte. Deshalb haben die Grünen bisher die Planungen am Standort
Jahrhunderthalle mitgetragen unter der Voraussetzung, dass der
Kostenrahmen von 15 Mio € nicht überschritten wird. Seit dieser
Vereinbarung haben sich allerdings einige Voraussetzung grundlegend
verändert. Erstens ist absehbar, dass die Baukosten von 15 Mio Euro
nicht eingehalten werden könnten sondern bei mindestens 25 Mio Euro
liegen würden. Zweitens hat sich die Haushaltslage der Stadt dramatisch
verschlechtert. Die Bezirksregierung hat den städtischen Haushalt nicht
genehmigt, seit Mitte 2005 steht Bochum unter "Nothaushalts-Recht". Die
Stadt darf unter dem Diktat des "Notstiftes" nur noch Ausgaben tätigen,
zu denen eine rechtliche Verpflichtung besteht oder mit denen
notwendige Arbeiten weitergeführt werden. Bei Investitionen reden wir
längst nicht mehr über das Wünschbare, sondern sind gezwungen, aus dem
eigentlich unumgänglich Notwendigen noch einmal eine Auswahl zu
treffen. Überfällige Sanierungsmaßnahmen müssen deshalb weiter in die
Zukunft verschoben werden.
Behauptung Nr. 6
Bochum muss sich als Stadt der Kultur profilieren - auch im
Hinblick auf den Titel einer Kulturhauptstadt Europas in 2010, den das
Ruhrgebiet anstrebt.
GRÜNE Antwort
Bereits heute bietet die Stadt Bochum ein vielfältiges und
erstklassiges Kulturangebot, auch im Hinblick auf die Bewerbung zur
Kulturstadt Europas. Im Übrigen verstehen wir GRÜNE unter Kultur nicht
nur Hochkultur. Weil die Stadt kein Geld für die Sanierung der
ehemaligen Schule an der Hasenwinkeler Straße in Dahlhausen hat, müssen
100 Künstler der Musikinitiative Bochum (MiBo) ihre dortigen Proberäume
verlassen. Das Dach ist einsturzgefährdet, zudem wurden an dem über 100
Jahre alten Gebäude weitere erhebliche Mängel festgestellt. Der Leiter
des städtischen Kulturbüros: "Es besteht eine Gefahr für Menschenleben".
Behauptung Nr. 7
Dortmund und Essen haben neue Konzerthäuser aber kein mit Bochum vergleichbares Symphonieorchester.
GRÜNE Antwort
Eben deshalb haben wir vorgeschlagen, dass die Symphoniker bei Auftritten enger mit diesen Häusern zusammen arbeiten.
Behauptung Nr. 8
Ein Konzerthaus wäre ein erheblicher Standortfaktor im
Wettbewerb der Städte um Ansiedlung und Zuzug oder Verbleib von aktiven
Menschen, letztlich also um Steuermittel.
GRÜNE Antwort
Natürlich ist Kultur auch ein Standortfaktor. Trotzdem werden wohl
die wenigsten Menschen nur wegen eines Konzerthauses nach Bochum
ziehen. Es ziehen allerdings durchaus Familien aus unserer Stadt weg,
weil Schulen, Kindergärten, Straßen und öffentliche Gebäude immer
maroder werden. Vermeintliche zusätzliche Steuereinnahmen durch ein
Konzerthaus müssten also diese Steuerausfälle erst einmal ausgleichen
und da sich relativ wenige Menschen für symphonische Konzerte
interessieren ist das mehr als unwahrscheinlich. Außerdem sind wir
GRÜNE nicht grundsätzlich gegen ein Konzerthaus. Momentan können wir es
uns aber schlicht nicht leisten.
Behauptung Nr. 9
Wenn man immer nur zugunsten von Sozialleistungen oder Infrastrukturreparaturen spart, landet man betriebswirtschaftlich im Aus.
GRÜNE Antwort
Betriebswirtschaftlich im Aus landet man auch, wenn man ständig mehr
Geld ausgibt, als man einnimmt. Außerdem ist es sehr gefährlich bei
kulturellen Einrichtungen betriebswirtschaftlich zu argumentieren, denn
die meisten rechnen sich finanziell nicht. Die Bochumer Symphoniker
z.B. machen jedes Jahr ein Minus und kosten die Stadt dadurch mehrere
Millionen Euro. In einer haushaltspolitischen Situation in der man nur
noch Dinge finanzieren kann, wenn man an anderer Stelle kürzt, setzen
wir GRÜNE Schwerpunkte bei Kinderbetreuung, Schulen, Erhalt der
Gebäudesubstanz und bei der Energieeffizienz. Ausgaben in diesen
Bereichen sind Investitionen in die Zukunft. Sie tragen dazu bei,
spätere Folgekosten zu vermeiden, und entlasten dadurch letztendlich
den Haushalt.
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