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Dokument erstellt am 13.02.2001 um 21:23:08 Uhr
Erscheinungsdatum 14.02.2001

Rechtsextreme werben in Schulen

Verfassungsschutz warnt vor Angeboten für Schülerzeitungen

Von Jörg Schindler

BERLIN, 13. Februar. Der rechtsextreme "Freundeskreis Unabhängiger Nachrichten" betreibt nach Angaben des Verfassungsschutzes derzeit eine "regelrechte PR-Kampagne" an deutschen Schulen. Nachdem die Gruppierung jüngst etliche bayerische Schülerzeitungs-Redaktionen angeschrieben hat, sind nun in Berlin und Nordrhein-Westfalen Werbebriefe der "Unabhängigen Nachrichten" aufgetaucht.

Raphael Neuner, Vorsitzender des Bundesverbandes Jugendpresse, spricht von einer "völlig neuen Qualität" rechter Ködermethoden. Alle Landesverbände seien inzwischen informiert worden. Das Innenministerium Nordrhein-Westfalen warnt Schüler davor, auf die "Lockvogelangebote" der Rechten einzugehen.

In ihrem mehrseitigen Brief fordern die "Unabhängigen Nachrichten" die Schüler auf zu überlegen, ob das, was "in den letzten Monaten tagtäglich in den Medien . . . erzählt wird, wirklich stimmt". Die "Wahrheit", wie sie von den Rechtsextremisten gesehen wird, wird in einem "Ersatzblatt für fehlende oder verfälschte Schulbücher" mitgeliefert: Darin wird unter anderem der Zweite Weltkrieg als "jahrelanger Heldenkampf" Deutschlands dargestellt. Weitere kostenlose Informationen könnten die Schüler erhalten, sollten sie eine Anzeige mit der Webadresse der "Unabhängigen Nachrichten" abdrucken. Wer diese anklickt, erfährt weiteres zum "Heimatrecht der Deutschen in Deutschland" oder zu "Mut gegen Multi".

Der in Bochum ansässige "Freundeskreis Unabhängiger Nachrichten", gegen den seit 1994 wegen Volksverhetzung ermittelt wird, setzt offenkundig seit mehreren Jahren auf die Jugend. In seinem Jahresbericht 1999 wies der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz darauf hin, dass der Verein das Layout seiner Publikation geändert habe, "um insbesondere die jüngere Generation anzusprechen". "Und jetzt sieht es so aus, als würden die neuerdings gezielt an Schulen werben", sagte eine Sprecherin des Bundesamtes für Verfassungsschutz der Frankfurter Rundschau.