Initiative
"Entschädigung
jetzt!"

c/o Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 44892 Bochum

 

An den
Herrn Präsidenten der
Vereinigten Staaten von Amerika
The White House
Washington, D.C.
USA
FAX: 001-202 456-2461

Betr.: Verhandlungen zur Zwangsarbeiterentschädigung 1999/2000

Bezug: Ihre Entscheidung, den Vertrag nicht am 2.6. in Berlin mit dem deutschen Bundeskanzler zu unterzeichnen

nachrichtlich per Fax an: Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Herrn G. Schröder
Auswärtiges Amt, Außenminister der BRD, Herrn J. Fischer
Deutsche Presseagentur, Berlin
kommunale Zeitungen in Bochum
Evangelischer Pressedienst West, Bielefeld

 
Sehr geehrter Herr Präsident Clinton,

wir als Bochumer Bürgerinitiative "Entschädigung - jetzt" begrüßen Ihre Entscheidung, daß eine Unterzeichnung des bisher unvollständigen Vertrages am vorgesehenen Termin des 2. Juni d.J. mit Bundeskanzler Schröder in Berlin nicht in Frage kommt.

Wir sehen darin das unüberhörbare diplomatische Signal an die deutsche Wirtschaft, die Regierung und ihre Unterhändler, nun endlich zügig, ernsthaft und erkennbar die gebotene Zwangsarbeiterentschädigung festzulegen und zugunsten der betroffenen Überlebenden auch zu realisieren.

Wir halten es für ungerecht und nicht vertretbar, wenn für eine große Zahl solcher deutscher Firmen ebenfalls "Rechtssicherheit" - etwa vor US-amerikanischen Gerichten - gelten sollte, die sich bisher weder durch Teilnahme am Entschädigungsfonds noch durch andere Zahlungen beteiligen, sondern die darauf spekulieren, ihrer historischen, moralischen und materiellen Verantwortung entkommen zu können.
Deutlich ist überdies allen Beteiligten, den Opfern und der interessierten deutschen Öffentlichkeit, daß es sich bei der angezielten Vertragssumme von 10 Mrd. DM nur um einen Bruchteil der eigentlich von den Zwangsarbeitern erarbeiteten Ansprüche und der von den damaligen Firmen erwirtschafteten Gewinne handelt

Nachweislich scheint für uns

  • daß die deutsche Wirtschaft, vertreten durch ihre Mitgliedsfirmen, erst spät - nach Impulsen, Anfragen und möglicherweise drohenden Klagen von außen - ihre Bereitschaft zu einer Stiftungsinitiative gezeigt hat. Damit wird deutlich, wie sehr die größere Zahl der deutschen Firmen an Verdrängung und Verzögerung von gebotenen und fairen Zahlungen an ihre ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter festhält;
  • daß mit dem nun zu erstellenden Vertrag von Wirtschaft und Industrie gleichsam und in erster Linie eine Selbst-Salvierung und Beschönigung historischer und nachweislicher Verantwortung geschieht.

Wir hoffen mit Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, und insbesondere mit den noch lebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, daß die Entschädigungsverhandlungen aufgrund Ihrer diplomatischen "Ohrfeige" bald zum Abschluß kommen.


Mit freundlichen und aufrichtigen Grüßen

Im Auftrag der Initiative "Entschädigung jetzt"

gez.

Ulrich Kosfeld, Pfarrer em.
Klaus Kunold, Vorsitzender der "Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes" (VVN)

 

PS: Gerne sehen wir Ihrer Antwort entgegen. Ebenso sind wir gerne bereit, Ihren diplomatischen Vertretern in der Bundesrepublik Deutschland von unseren Erfahrungen mit Zwangsarbeitern und "unwilligen" deutschen Firmen in Bochum zu berichten.