Karin Schiele
Weiherstr. 37
44789 Bochum
Andreas Disselnkötter
Oskar-Hoffmannstr. 130
44789 Bochum



An die SPD-Ratsfraktion
Herrn Heinz Hossiep
Willy-Brandt-Platz 2
44777 Bochum

 

Bochum, 20.11.2000

Ihr Schreiben vom 16.11.20000

 

Sehr geehrter Herr Hossiep,

in unserem Leserbrief (WAZ, 18.11.00) haben wir ebenso wie bei früheren Verlautbarungen auf Fragen und Feststellungen von Frau Orna Birnbach bezüglich des Schweigens der Stadt Bochum Bezug genommen. Sie selbst hat in einem Bericht des WDR-Fernsehens sowie in einem Brief an den Ministerpräsidenten entsprechend Position bezogen. Wir konnten durch die gemeinsamen Erfahrungen mit dem Bochumer Oberbürgermeister zu keiner anderen Einschätzung gelangen und haben dies mehrfach öffentlich herausgestellt. Ermutigt wurden wir dazu auch durch zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, die teilweise fassungslos und schweigend zur Kenntnis nehmen mussten, dass Frau Birnbach heute - wie vor drei Jahren schon – in keiner Weise von Herrn Stüber angesprochen worden ist. Stattdessen ist Herr Stüber beleidigt und kann offenbar auch jetzt nicht ‚über seinen Schatten springen’. Es erübrigt sich daher, der Frage nachzugehen, bei wem "Selbstgerechtigkeit" angesiedelt ist, die Sie uns nach der bewährten Taktik des ‚Spieß-Umdrehens’ bescheinigen.

Es lag zu keinem Zeitpunkt in unserem Interesse, eine "Kampagne gegen Politik und Verwaltung in Bochum" anzuzetteln. Wir haben lediglich darauf aufmerksam gemacht, in welcher Weise hier einige Stadtverwalter mit dem Besuch einer Shoah-Überlebenden umgehen. Ob Herr Stüber und andere trotz ihres Verhaltens eigentlich und im Sinne Ihrer Darstellung anderes beabsichtigten, können wir und Frau Birnbach nicht ermessen. Es fehlt dazu jede Äußerung – etwa von Herrn Stüber. Vielmehr ließ er uns lediglich - Frau Birnbach war bekanntlich bereits in Bochum angekommen - mitteilen, dass gegenwärtig keine Mittel vorhanden seien, man werde "zu gegebener Zeit unaufgefordert auf unseren Antrag zurückkommen" (2.11.00). Empfinden Sie es nicht selbst auch als erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit Herr Stüber dann am 9.11.00 seine Zusage zu einer immerhin finanziellen Unterstützung gab?

Nicht er oder zahlreiche andere informierte Stadtbedienstete haben Herrn Peter Schneller vom Schuldverwaltungsamt zu einer finanziellen Unterstützung des Besuchsprogramms an Bochumer Schulen aufgefordert. Vielmehr erhielt er den Anruf einer Bochumer Schuldirektorin und zeigte sich seinerseits völlig überrascht, dass er jetzt erst aufmerksam gemacht worden war!

Wir nehmen Sie beim Wort, wenn Sie von Sachlichkeit und Kooperationsbereitschaft sprechen. Weshalb aber blenden Sie solche Fakten einfach aus bei Ihrer Bewertung der Vorgänge? Weshalb verwenden Sie großen Raum auf die Einordnung des Flugblattes zum 9.11.00, obwohl wir als die Organisatoren des Besuchs von Frau Birnbach gar nicht zu den Unterzeichnenden gehören? Nicht nachvollziehbar ist auch Ihr Hinweis auf Offenlegung unseres Kostenplans:
1. Wir sind in keinem der beiden Schreiben der Stadt dazu aufgefordert worden, über die im Antrag aufgeführten Kosten hinaus Angaben zu machen;
2. In keinem unserer Schreiben haben wir zugesagt, einen neuen Kostenplan vorzulegen.
Als Reaktion auf die Schreiben des Amtes des Oberbürgermeisters lag dies auch nicht nahe, und auch Ihnen – wir hören heute zum ersten mal von Ihnen – haben wir keine derartige Zusage gegeben. Sollte nach dem Eingang aller in Aussicht gestellten Mittel noch ein finanzielles Defizit bestehen, so kommen wir gerne auf das freundliche Angebot der Ratsfraktionen zurück.

Bezogen auf eine geplante Dokumentation des Besuchsprogramms von Frau Birnbach können wir gegenwärtig keine Forderung stellen – hier haben Sie uns bedauerlicherweise missverstanden -, da überhaupt noch nicht absehbar ist, in welchem Umfang Materialien dafür von den zahlreichen Schulen bereitgestellt werden. Insofern kann erst in einigen Wochen eine Aufstellung der voraussichtlichen Kosten erfolgen. Bitte geben Sie uns Hinweise, ob und in welcher Form wir einen entsprechenden Antrag werden einreichen können.

Wir hoffen, dass Sie auch die jetzt von uns gegebenen Informationen zu einer Neubewertung der Vorgänge zu dem Besuch von Frau Birnbach in Bochum werden nutzen können und stehen jederzeit für Rückfragen bereit.

Wir danken den beiden Ratsfraktionen für Ihr Interesse und das Bemühen um eine in der Tat notwendige "Aufhellung der Hintergründe".

Mit freundlichen Grüßen,

 

      Karin Schiele&Andreas Disselnkötter