DOCH SEHT WIR LEBEN Vom inneren Widerstand Zwangsarbeit 1939-1945 Herausgegeben - in acht Sprachen - von Heide Rieck unter Mitarbeit von Waltraud Jachnow und Wolfhart Matthäus Anthologie, Geest-Verlag, Vechta-Langförden, 2005, 15 € Ein Buch von der geknechteten Jugend des 20. Jahrhunderts für eine freie Jugend Europas im 21. Jahrhundert. Stellvertretend für die jungen Frauen und Männer, die in der Zeit von 1939 bis 1945 aus allen Teilen Europas in Deutschland oder in den von den Nazis besetzten Ländern zu unterschiedlichen Bedingungen zur Arbeit gezwungen wurden (~10.000.000.), sandten ehemalige Zwangsarbeiter aus sieben Ländern ihre Zeugnisse in Bild und Wort für diese Anthologie ein. Viele der aus einer großen Zahl ausgewählten Texte und Zeichnungen wurden vor mehr als 60 Jahren - während der Gefangenschaft - angefertigt, viele danach. Und zeugen verzweifelt und hoffnungsvoll von dem Willen, frei und selbst bestimmt zu leben - von der Kraft des inneren Widerstands. Das Leid, d.h. die Erschütterung vor dem Leid, das vor mehr als einem halben Jahrhundert aus einer inhumanen Idee und menschenverachtenden, ja, bestialischen Herrschaft Europa überzog, war die Triebfeder zu dieser Arbeit. Folgende Frage spornte die Herausgeberin und ihre Mitarbeiter an: Welche Kräften halfen damals den jungen Menschen zu überleben? dazu die Einsicht: Friede, Freiheit und Menschenwürde haben in Europa erst dann eine Chance, wenn der Totalitarismus, der das 20. Jahrhundert verheerte, von so vielen Blickpunkten aus - wie möglich - betrachtet und allgemein "begriffen" sein wird. An-schauen führt zum Sehen - nicht Weg-schauen. Eine Sammlung von künstlerischen Zeichnungen und literarische Texten aus acht Ländern: aus den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Italien, Polen, aus der Ukraine, aus Russland liegt nun vor. Die deutsche Übersetzung folgt jeweils dem Original. Mit den aus dem Ausland zugesandten Texten stehen die Impressionen und Erzählungen deutscher Autoren im Dialog. Ein Überblick über Daten und Fakten der Zwangsarbeit führt den Erstleser sachlich in die Problematik der Zwangsarbeit ein. Hinweise zum Weiterforschen sind gegeben. In einem liebevoll zusammengestellten Anhang werden detaillierte Zusatzinformationen geboten, sowie Lebensläufe der Autorinnen und Autoren und Fakten zu dem Zustandekommen der Sammlung. Der ausführliche Bildnachweis, sowie das Literatur- und Quellenverzeichnis runden den belletristischen Band zu einem informativen Werk ab. Die Anthologie mit den hier zum ersten Mal in dieser Weise öffentlich vorgestellten Worten und Bildern steht unikal in der Zwangsarbeiterliteratur da und baut sich in einer klaren Linie auf: Von poetischen und volkstümlich klagenden Gedichten und Liedern über Tagebücher und Liebesbriefe - hin über dramatische Erzählungen, Novellen und Spottgedichte - bis hin zu dem Unaussprechlichen. Am Ende neigt sich die Kurve der Versöhnung und dem Wunsch nach Frieden zu. Rhythmisch dazwischen beeindruckend die künstlerischen Darstellungen. "Ein wichtiges Buch", schreibt die Lektorin Traudl Helfrich, "einfühlsam und doch informativ." Im Jahr 2005 soll es an vielen Orten Europas - besonders in Schulen - vorgestellt werden. |