Annemarie Grajetzky / Frauen für den Frieden 
Rede am Friedhof Freigrafendamm / 13.November 2004

Liebe Freundinnen und Freunde,
zum vierten Mal sind wir in diesem Jahr hier an diesen Gräberfeldern um Blumen als Zeichen der Versöhnung zu pflanzen. Am 11. Mai gingen wir hierher mit ehemaligen Zwangsarbeitern und Zwangsarbeiterinnen aus Polen, die auf Einladung der Stadt Bochum unsere Stadt besuchten. Am 10. Juli gingen wir diesen Weg zusammen mit ehemaligen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen aus unserer Partnerstadt Donezk.

" Meinen Namen verloren im Dunkel.
Der Tag ist tot.
Ich sammle die Tränen der Ahnen schreibe sie auf die Klagemauer
Den Namen such ich
der mir nicht gehört
dem ich gehöre"

schreibt die Jüdin und Lyrikerin Rose Ausländer, die die Jahre der Verfolgung durch die Nationalsozialisten in Czernowitz überlebte.
Fast 60 Jahre sind die Menschen, die hier begraben sind, Nummern geblieben, gab es keine Namen hier an den Gräbern.
Fast 20 Jahre haben wir der Toten gedacht ohne ihre Namen zu kennen.
Seit dem 10. Juli nun erinnern Namensbücher an jede Frau und jeden Mann, die als Kriegsgefangene und Verschleppte zwischen 1941 und 1945 in Bochum zu Tode kamen. Den hier ruhenden Toten sind ihre Namen zurückgegeben worden. Es heißt nicht nur 1700 Kriegsgefangene und Verschleppte liegen hier, sondern jede Frau und jeder Mann ist nun mit ihrem und seinem Namen gewürdigt worden.
Diese Namensbücher sie sind wichtig für unsere Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit. Auf den Seiten aus Metall, diese Seiten, die gegen Witterung und Zerstörung sicher sind, treten die Namen der lange vergessenen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen zurück ins Bewusstsein. Sie leben mit uns.
"Den Namen such ich, dem ich gehöre" sagt Rose Ausländer

- Die NAMENSBÜCHER hier an den Gräberfeldern;
- Die STOLPERSTEINE mit den Namen von NS-Opfern, diese Steine, die am 4.November vor dem Schauspielhaus und an anderen Orten verlegt wurden
- Die GLÄSERNE STELE, die an die von den Nazis zerstörte Synagoge erinnert und in dieser Woche am 9.November an der Harmoniestr./Dr.Ruer Platz der Bochumer Öffentlichkeit übergeben wurde, all das trägt dazu bei, dass die Opfer in unserer Mitte bleiben und ihr Gedenken immer präsent ist.
Diese wichtige und notwendige Erinnerungsarbeit lasst uns weiterhin tun auch als politisches Zeichen: dass wir nicht bereit sind "den Agitatoren von Rechts gegen den Bau einer neuen Synagoge" tatenlos zuzusehen.
Den Namen such ich, dem ich gehöre. Lasst uns die Namensbücher hier bei unserer Erinnerungs- und Versöhnungsarbeit immer in besonderer Weise wahrnehmen. Es ist gut, dass die Namen der hier ruhenden Toten nun lesbar und erfahrbar sind.
Diese Rosen hier gegen das Vergessen und als Zeichen der Hoffnung für einen würdevollen Umgang miteinander.