Appolonia Pfaus

Appolonia Pfaus wurde am 18. Januar 1878 oder 1879 in der französischen Schweiz geboren und lebte zusammen mit dem Sinto Josef Winter. Sie hatte 11 Kinder.

Ihr erster Sohn Franz, geb. am 7. Oktober 1896, starb bereits 1924. Der zweite Sohn Otto, geb. am 5. Oktober 1898, verstarb am 18. April 1945, er hinterließ drei Söhne, Otto, Peter und Albert. Seine Todesursache ist nicht bekannt.
Der dritte Sohn Theodor, geb. am 1. Januar 1900, starb ebenfalls schon mit zwei Jahren am 14. Mai 1902.
Als Vierter kam dann Peter, geb. am 18. Oktober 1902. Er war verheiratet und hatte mehrere Kinder. Bei ihm lebte Appolonia Pfaus zuletzt in Bochum. Peter war Korbmacher, hatte aber in den Jahren vor seiner Verhaftung eine Beschäftigung beim Bochumer Verein. Dieser war zu dieser Zeit damit befaßt, seine Gewinne als wichtiger Rüstungshersteller zu vervielfachen. Im Grunde kam es ihm auf jeden einzelnen Mann (oder Frau) an. Aber ein Sinto war schnell durch ZwangsarbeiterInnen aus dem Osten zu ersetzen, zumal diese auch noch viel billiger waren, als ein „Reichsdeutscher Zigeuner“.

Der fünfte Sohn war Nikolaus, geboren am 18. Februar 1905. Er war bei den Ersten, die im März 1943 nach Auschwitz transportiert wurden. Im Hauptbuch ist er zwar unter dem Namen Pfaust eingetragen, aber durch sein Geburtsdatum ist er eindeutig identifizierbar. Mit ihm sind Adelgande Pfaus, geb. am 30. Juni 1891, Theresia Pfaus, geb. am 25. Oktober 1916 und Schwester von Nikolaus, Emma Pfaus-Reinhard, geb am 25. Oktober 1925, Josef Pfaus, geb. 1936, Elisabeth Pfaus, geb. am 3. Juli 1938 und Peter Pfaus, geboren am 26. Juni 1942 nach Auschwitz verschleppt worden. Peter war bei seiner Verhaftung 8 Monate alt.
Nikolaus Pfaus entkam der Hölle in Auschwitz. Er wurde am 15. April 1944 auf einen Transport mit 884 Männern nach Buchenwald und 473 Frauen nach Ravensbrück geschickt. Im Personalbogen des Konzentrationslagers Buchenwald steht bei Pfaus, Nikolaus: Adresse der Angehörigen: Mutter: Appolonia Pfaus, Zig.L. Birkenau bei Auschwitz. Damit verliert sich seine Spur. Er kam nicht mehr nach Hause und wurde für tot erklärt. Alle anderen Familienmitglieder kamen in Auschwitz um.

Nach Nikolaus hatte Applonia Pfaus eine Zwillingsgeburt: Am 26. Juni 1909 schenkte sie dem Michael und der Maria-Hilda das Leben. Die beiden überlebten den Faschismus.
Georg Pfaus wird am 11. März 1912 geboren. Er wird für das nationalsozialistische Kriegsabenteuer eingezogen und fällt am 8. Juni 1942 bei Tujusi in der UdSSR.
Theresia, das neunte Kind, wurde am 25. Oktober 1916 geboren. Sie kam, wie oben beschrieben, ebenfalls in Auschwitz ums Leben.
Albert Pfaus, geb. am 23. Oktober 1923, als das zehnte Kind überlebte zusammen mit seinen Geschwistern Michael und Maria-Hilda sowie den 3 Söhnen seines Bruders Otto und der Josefine Atsch, geb Pfaus, der Tochter seines Bruders Peter, den Nazi-Terror.
Die Elfte in der Familie der Appolonia Pfaus war Luise, geb. am 10. Juni 1921, sie starb schon am 28. Mai 1929.

Am 21. Oktober 1943 stand die Polizei wieder vor der Tür: Peter Pfaus sollte mit seiner Familie nach Auschwitz gebracht werden. Für ein Wiedergutmachungsverfahren, das Albert Pfaus im Namen der anderen Überlebenden angestrengt hatte, schrieb der Polizeipräsident von Bochum am 11. Juni 1960:

„Über die Appolonia Pfaus, geb. am 18.1.1878 oder 79 in der franz. Schweiz, sind hier keine Unterlagen vorhanden. Aus der Perso-nenakte der Josefine Pfaus, geb. am 24.4.1924 in Kirchensall, sowie sonstiger Aufzeichnung der Familienmitglieder Pfaus geht eine Überführung der Appolonia Pfaus in das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz nicht hervor.
Aufgrund der dienstlichen Kenntnisse des damaligen Sachbearbeiters steht jedoch mit Sicherheit fest, daß die Appolonia Pfaus s. Zt. gemeinsam mit ihrem Sohn Peter Pfaus und dessen Familie ( Ehefrau und Kinder) in das KL Auschwitz transportiert worden ist. Der Abtransport erfolgte, wie bereits im dortigen Schreiben erwähnt, am 21.10.1943.
Die Appolonia Pfaus soll sich bei der damaligen Verhaftung ihres Sohnes Peter aus freiem Entschluß nicht von diesem getrennt haben, da sie sich angeblich weigerte, ihren Sohn und dessen Familie, mit denen sie bis dahin zusammenlebte, zu verlassen. Sie soll sich auch dem Sammeltransport nach Auschwitz freiwillig angeschlossen haben.
Ob und wann die Einlieferung der Appolonia Pfaus in das KL Auschwitz erfolgte, ist hier nicht bekannt.“

Es war allerdings nicht nur Peter Pfaus und seine Familie, die nach Auschwitz deportiert werden sollten. Es wurden abgeholt: Michael Pfaus und seine Ehefrau, sein Bruder Peter, dessen Ehefrau Katharina, geb. am 12. Mai 1906, und die Kinder Anneliese (11 Jahre), Ottilie (14 Jahre), Josefine (19 Jahre), Wilhelm und Georg, (8 Jahre), Rino-Manfred (4 Jahre), Georg und Ferdinand (3 Jahre) sowie Paul (13 Jahre).
In Auschwitz wurden noch die Mädchen Erika, am 8. Dezember 1943 mit der Häftlingsnummer 9671 und Renate, am 15. Januar 1944 geboren. Sie lebten aber, wie fast alle in Auschwitz-Birkenau geborenen Kinder, nur wenige Tage. Erika starb am 9. und Renate am 12. Februar 1944. Da bei Kindern, die in Birkenau geboren wurden, in den Hauptbüchern keine Angaben über die Eltern gemacht wurden, können sie normalerweise nicht mehr bestimmten Familien zugeordnet werden, da aber alle Pfaus im KZ Auschwitz aus Bochum waren, sind diese Kinder eindeutig zuzuordnen.
Bis auf Josefine Pfaus kam die gesamte Familie und die Großmutter in Auschwitz um. Bei Peter Pfaus gibt es als letztes Zeichen noch einen Eintrag in das Sterbebuch beim Standesamt Auschwitz: „Nr. 20162/1943: Tod am 2. April 1943 um 19.10 Uhr, Todesursache: Nierenentzündung.“

Zurück