Von Krieg zu Krieg - die USA und der Terror

Gottesgnadentum, US-Weltherrschaft und die neue Weltkriegsordnung

(Anm.: Vorarbeiten und Arbeiten eines solchen Referats leiste ich ca. 6 Wochen lang. Einiges, was vor 14 Tagen noch unbedingt berichtenswert gewesen wäre, ist heute veraltet. Der Vollständigkeit halber lasse ich es trotzdem hier in der schriftlichen Fassung. Ob ich das eine oder andere vortragen werde oder in die Diskussion mit einbringen werde, entscheidet sich nach Lage der Dinge erst abends am 7.4..)

Einleitung: Vor ziemlich genau 4 Jahren bin ich hier im Bahnhof Langendreer kurz nach Beginn des NATO-Überfalls auf die Bundesrepublik Jugoslawien aus der SPD ausgetreten. Meine Begründung damals war u.a., dass von der sog. rot-grünen Regierung das Grundgesetz, die 2 + 4 - Verträge, das Völkerrecht, die UNO-Charta und sogar die NATO-Verträge gebrochen worden sind, indem ein Angriffskrieg vom Boden der BRD ausgeht und mit der Bundeswehr geführt wird. Ein Teil der Begründungen wird von der selben Bundesregierung nun den USA bzw. GB vorgehalten: Brechung der UNO-Satzung, Bombardierung des Völkerrechts, Angriffskrieg. Den Rest meiner damaligen Vorwürfe an die Bundesregierung halten wir in der Friedensbewegung in Übereinstimmung mit allen möglichen Völkerrechtlern aufrecht: Vom Boden der BRD geht auch dann Krieg aus, wenn die Angriffskrieger alle ihre militärischen Einrichtungen und Kommandozentralen, den Boden, die Häfen, das Wasser und den Luftraum über der BRD nutzen dürfen und deutsche Soldaten in zur Kriegführung bestimmten Flugzeugen (AWACS) mitfliegen oder ABC-Spürpanzer im Kriegsgebiet haben. Monitor vom 3.4.03 wies auf zahlreiche Komponenten von Waffensystemen hin, die weiterhin mit Genehmigung der Bundesregierung an die USA und GB geliefert werden, obwohl es strengstens untersagt ist, Waffen oder Teile von Waffen an Staaten zu liefern, die einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führen. Letzteres müsste in den Forderungskatalog an die Bundesregierung aufgenommen werden, sich endlich von diesem Krieg zu distanzieren. Teile der Friedensbewegung wollen ja Schröder und Fischer zu pazifistisch bekehrten Politikern machen - ich will das nicht. Thomas Ebermann hat am Freitag dazu genug gesagt.

Was die Frage Angriffskriege ohne UNO-Mandat angeht: Während des Krieges gegen Jugoslawien hat die NATO sich neue Richtlinien gegeben: Da wird Krieg auch außerhalb der UN-Zustimmung als möglich auch von Deutschland und Frankreich mitbeschlossen.

Eine 2. Vorbemerkung: Als VVN-BdA-Mitglied ist mir und vielen anderen natürlich aufgefallen, dass sich in diesem Jahr das Jahr 1933 zum 70.mal jährt. Am 30 1.1933 wurde der faschistischen Partei und ihrem Führer die Macht durch den Reichspräsidenten übergeben. Am 23. März 1933 wurde der faschistischen Regierung ihr Wunsch nach totaler Diktatur (Ermächtigungsgesetz) durch die bürgerlichen Parteien im Reichstag erfüllt. Es war praktisch ein Entmächtigungsgesetz der formal-demokratischen bürgerlichen Reichstagsparteien, das der Reichstag nicht hätte beschließen müssen. Dann ging es sehr schnell: Verbot der Parteien, die sich nicht selbst auflösten und/oder zu den Faschisten überliefen, 1. April: Boykott jüd. Geschäfte, Mai/Juni: In ganz Deutschland Bücherverbrennungen, 1. 5. : 1. Mai wird Feiertag, 2.5. Verbot und Enteignung der Gewerkschaften, April/Mai 1933 Errichtung erster Konzentrationslager, nicht still und heimlich, sondern groß gepriesen als Erziehungsanstalt für Reichs- und Staatsfeinde und andere finstere Elemente.

Wirft man einen Blick in die wichtigsten Medien, dann ist der 70. Jahrestag aller möglicher faschistischer Ereignisse kaum der Rede Wert. Das Fernsehprogramm wird zu besten Sendezeiten im Januar/Februar/März belegt durch Folgen über die Schlacht bei und in Stalingrad 1942/43 und über den terroristischen Bombenkrieg gegen das Deutsche Reich : Die dokumentarische Verfilmung des Buches von Jörg Friedrich. Gleichzeitig herrscht auch in den 3. Programmen der Knopianismus: Vertreibung der Deutschen, Hitlers Frauen, Generäle, Hunde usw. Alles in Wiederholungen. Kein Wort darüber, welche sozio-ökonomischen Ursachen vor 1933 zum 30. Januar 1933 führten.

Wir haben früher mal als Studenten gelernt, die Frage Cui bono? immer wieder zu stellen. Wem nützt es, dass die Niederlagen dargestellt werden und die Leiden der deutschen Zivilbevölkerung, ohne auf die Ursachen einzugehen. Wer oder was hat die Armeen zu welchem Zweck (Cui bono?) nach Stalingrad gebracht? Gibt es da einen Zusammenhang mit den ökonomisch herrschenden Kräften, die ab 1928 zunehmend den Wunsch unterstützten, Hitler zum Reichskanzler zu machen? Was treiben us-amerikanische Bomber über deutschen Städten? Hat das auch etwas mit dem 30.1.1933 zu tun?

Wenn wir nach Krieg und Frieden fragen, muss wohl immer zuerst die Frage gestellt werden: Cui bono?

Was haben die ökonomisch Herrschenden sagen wir in Deutschland oder in GB oder in den USA davon, wenn sie Kriege machen oder auch nicht. Was hat die herrschende Klasse in der BRD davon, dass sie bei dem einen Krieg und dem nächsten auch noch begeistert mitmacht, den jetzigen Krieg aber nach und nach und mit immer wieder eingebauten Schwenks ab August 2002 ablehnt?(vgl. Uli Cremer in Sozialismus 4/2003, S. 3ff) Aber dabei keineswegs auf erhebliche Beihilfe zum Krieg verzichtet?. Und was haben welche herrschenden Kapitalfraktionen von einer Regierung Bush? Und von einem Krieg? Und natürlich auch davon, wenn dieser Krieg im Alleingang mit GB geführt wird.

Eine dritte Anmerkung : Vor ca. einem Jahr habe ich hier ein Referat zu Bin Laden oder Basen gehalten. Damals war es richtig schwierig, Details über die Öl- und Rüstungslobby in der Regierung Bush und um sie herum herauszubekommen. Ich habe so einiges über Bush, Cheney, Rumsfeld, Ashcroft, Frau Rice u.a. erzählt und ihr hier wart unheimlich überrascht, wie eng die Verflechtungen mit der Öl- und Rüstungswirtschaft sind. Jetzt steht das alles auf der ersten Seite der WAZ oder im Spiegel oder Stern und Abend für Abend kann man neue Dokumentationen im Fernsehen sehen, die die privaten und politischen Interessen der ökonomisch und politisch Herrschenden in den USA detailliert darstellen. Auch die völkerrechtlichen Probleme scheinen geklärt, bis auf Angela Merkel sind alle in Deutschland antiamerikanisch - so scheint es manchmal. Oder für die Eindeutigkeit des Völkerrechts.

Aufgabe der Friedensbewegung muss es in Zukunft sein, die unterschiedlichen Interessen der nationalen und internationalen Kapitalfraktionen herauszuarbeiten und dann zu erklären, warum man sich einmal ums Völkerrecht nicht schert und das nächste Mal es lobt und preist und seine Missachtung geißelt.

Früher nannte man das einmal, die jeweils herrschenden Ideologien zu entlarven, also auch herauszubekommen, warum die herrschenden Gedanken die Gedanken der Herrschenden sind.

Ich werde da und dort also implizit auf die ideologische Frage eingehen, die aber nie losgelöst von den ökonomischen Basisverhältnissen gesehen werden darf.

Ideologien sind keine bewussten Falsch- oder Fehlmeinungen und beruhen nicht auf Lügen, sondern sind Rechtfertigungslehren im Herrschaftsinteresse. Ideologien werden geglaubt und sind deshalb - wie das mit Glauben so ist - rational für den Gläubigen nicht in Frage zu stellen. Ideologien sind Widerspiegelungen der jeweiligen materiellen ökonomischen Bedingungen und verändern sich, wenn die materielle ökonomische Basis sich verändert. Wenn plötzlich das Völkerrecht hochgehalten wird und Millionen von Menschen auf Friedensdemonstrationen gehen, ist das ein Reflex auf die materielle Situation. Gegenwärtig rechtfertigen Intellektuelle aus den USA den „gerechten Krieg" gegen den Terror (vgl. FR 14.2.02). Intellektuelle aus der BRD vergleichen im April 2003 Bush mit Bin Laden (vgl. Günter Grass, WAZ vom 5.4.03), die noch im März 1999 Milosevic mit Hitler verglichen haben und den humanitären Krieg zur Durchsetzung des Völkerrechts forderten, gleichzeitig aber das Völkerrecht außer Kraft setzten. Der Vergleich Bush mit Bin Laden erregte vor gut einem Jahr, als Ulrich Wickert ihn anstellte , noch größtes Aufsehen und wurde sofort zurückgenommen. Offensichtlich hat sich, wie Thomas Ebermann das am letzten Freitag nannte, das nationale Interesse in Deutschland einmal so und einmal ganz anders geäußert.

Angesichts dieser Quellenlage werde ich dennoch versuchen, einiges Bekannte mit Unbekanntem zu mixen.

Zur zukünftigen Kommandostruktur der US-Militärweltordnung

Am 1.10.2002 wurde die Welt aufgeteilt - und zwar unter die verschiedenen Oberkommandos der USA. Zum 1. Mal in der Geschichte gibt es keinen Quadratzentimeter der Erde, der nicht einem US-Oberkommando untersteht . Neben den verschiedenen Kommandos, die für die Erde zuständig sind, gibt es das SPACECOM, das für den gesamten Weltraum zuständig ist und mittlerweile auch für die gesamte Informationskriegsführung (alle Informationen aus: Ohne Rüstung leben, Informationen 104, 1/2003).

Interessant für die gegenwärtige Kriegslage ist das EUCOM in Stuttgart - Vaihingen. Hier werden (eben dem Central Command in Tampa/Florida) die militärischen Einsätze in insgesamt 93 Ländern koordiniert (in der UNO sind gegenwärtig 191 Länder, das nur zur Relation der Wichtigkeit der Nutzung von US-Einrichtungen in Deutschland!). EUCOM, also EUropean COMmand , umfasst neben Europa ganz Afrika außer Nordostafrika, Israel, Syrien, den Libanon, die Staaten südlich des Kaukasus, große Teile des Nord- und Südatlantik und vor allem Russland. Russland fällt zum 1. Mal in die Zuständigkeit eines us-amerikanischen Oberkommandos, d.h., dass Russland nicht mehr als Supermacht betrachtet wird und dass 2. Russland nicht mehr unbedingt als Feindstaat gesehen wird.

Wie sehr die Expansion der USA vorangetrieben wird sieht man auch daran, dass die Antarktis jetzt unter das Oberkommando PACOM (Pazifisches Oberkommando ) kommt - obwohl es eigentlich wegen des Antarktisvertrages weiterhin internationales neutrales Gebiet sein sollte. Aber das sind die kleinen Rechtsbrüche neben den vielen großen.

Asien wird offensichtlich als die in Zukunft konfliktträchtigste Zone betrachtet, weil es gleich aufgeteilt wird in zwei regionale Oberkommandos, nämlich einmal unter das Pazifik-Oberkommando und unter das CENTCOM, das zuständig ist für Nordostafrika, den Persischen Golf und alles was drum herum liegt, Zentralasien und Pakistan.

Was besagt das inhaltlich, also militär-politisch?

Das Oberkommando der Strategischen Streitkräfte (STRATCOM) koordiniert alle militärischen Entscheidungen der neuen Triade: Die Kontrolle über Satellitensysteme, die Frühwarnung und die Raketenabwehr und die Verantwortlichkeit für konventionelle und nukleare Angriffsoperationen großer Reichweite.. Die Nuclear Posture Review, nämlich die im letzten Jahr erlassene Atomkriegsplanung und -durchführung wird durch STRATCOM praktisch umgesetzt. Als strategisch vermutete Bedrohungen der USA , also irgendwelche staatlichen oder nichtstaatlichen Akteure mit A-Waffen und anderen von den USA sogenannten Massenvernichtungswaffen sollen preemptiv bekämpft werden, also präventive Angriffe sollen von STRATCOM geplant und durchgeführt werden. Von der Bush-Regierung wird argumentiert, dass die Schwelle für einen Einsatz nuklearer Waffen erhöht wird, tatsächlich meinen Kritiker, wird der Unterschied zwischen sog. konventionellen und nuklearen Waffensystemen verwischt. Atomwaffen sollen zu normalen Waffen umdefiniert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie eingesetzt werden, steigt. 2200 strategische Atomwaffen und 2400 reaktivierbare Reservesprengköpfe wollen die USA behalten (alles nach s.o., Autor des Artikels: Ottfried Nassauer).

Helen Caldicott (Atomgefahr USA. Die nukleare Aufrüstung der Supermacht, München 2003) beschreibt detailliert und spannend zu lesen, wie die Atomrüstungslobby lange und systematisch ihre Macht ausgebaut hat und wie heute Lockheed Martin, Boeing, TRW und Raytheon riesige Profite bei der Entwicklung immer neuer Raketen einstreichen. Caldicott wertet eine Fülle von Reden des jetzigen Präsidenten aus und eine Broschüre mit dem Titel „Vision for 2020" und kommt zu dem Ergebnis, dass die Rüstungslobby sich Milliarden-Dollar-Auträge gesichert hat. Es geht immer nur um die Sicherung des us-amerikanischen Wohlstands, die nur über die Sicherung des globalen hegemonialen Interessen zu erhalten ist und zwar militärisch. The Big Stick - Policy ist gefragt.

Aber auch in allen Verteidigungspolitischen Richtlinien wird immer wieder der deutsche Wohlstand und seine Verteidigung als Ziel militärischen Handelns genannt, das nationale Interesse wird von allen Ländern als die Möglichkeit definiert, den nationalen Kapitalfraktionen größtmögliche Profitmöglichkeiten global zu sichern. Wer die entsprechenden Dokumente liest, findet nie, dass das nationale Interesse die Demokratisierung früher Jugoslawiens, dann Afghanistans, jetzt etwa des Iraks ist, auch nicht, dass die Unterdrückung oder Verschleierung der Frau irgendwo doch aufgehoben werden möge, natürlich auch nicht, wie Schröder es letzte Woche formulierte, dass das irakische Volk völlig selbstständig über seine Ölquellen bestimmen darf. Das gibt`s nirgendwo im imperialistischen Machtbereich, warum ausgerechnet jetzt im Irak?

Exkurs: Die Privatarmeen des Pentagon

( vgl. Greenpeace-Magazin März-April 2003, 2/03/30)

Wenn jetzt schon über unfaire Praktiken der Iraker bei der Verteidigung ihres Landes gegen den US-Überfall geredet wird, sollte man mehrere Fragen stellen: Wie fair ist es, ein Land zu überfallen und innerhalb einer Woche 600 Cruise Missiles auf dieses Land abzuschießen und Tausende von Tonnen Bomben und Millionen Menschen zumindest zu traumatisieren, also schwerst zu verletzten in ihrer Seele, wie fair es ist, Krankenhäuser und andere Hilfseinrichtungen auszuschalten durch gezieltes Zerstören von E- und Wasserwerken usw. Aber hinweisen sollte man auch drei Dutzend US-Firmen mit 100 Milliarden Dollar Umsatz, die im Auftrag des Pentagon all over the world Krieg organisieren als sog. zivile Militärberater. Söldner, teils hochrangige ehemalige US-Soldaten waren von Kolumbien bis Bosnien, von Kroatien bis Äquatorial-Guinea, von Nigeria bis Mazedonien im Einsatz. Sie unterliegen kaum einer Kontrolle und machen, was sie und das Pentagon wollen. Aufgeflogen ist „DynCop", eine solche paramilitärische Pentagon-Abteilung jüngst in Bosnien, wo sie Frauen zur Prostitution zwangen. Hier gerät dann nicht das Pentagon, sondern einfach ein paar Mitarbeiter einer Privatfirma in Verdacht.

Die Weltöffentlichkeit hätte seit entsprechenden Berichten aus Kroatien vor 10 Jahren davon wissen können.

Am 6.4.03 wird gemeldet, dass Tausende von Menschen im Kongo abgeschlachtet worden sind, während hochbewaffnete UNO-Blauhelme mehr oder weniger beobachteten. Es geht um sehr viel Gold und Uran. Private us-amerikanische Söldnergruppen sollen nun angeheuert werden, um die Menschenrechte zu schützen.


Der Irak-Krieg als Torpedo gegen die OPEC

(vgl. zum Folgenden : Jürgen Wagner, Die neue Welt(öl)ordnung, in: Ohne Rüstung leben, Informationen 104, 1/2003, Greenpeace - Analysen, die letzten Jahrgänge z.B. Marxistische Blätter, Blätter für deutsche und internationale Politik, Ossietzky, blätter des iz3w, Graswurzelrevolution, forum wissenschaft, junge Welt, konkret, inzwischen hat sich aber fast alles auch bis zur FAZ, FR und WAZ durchgesprochen).

Von vielen Analysten wird der Krieg gegen den Irak gleichzeitig als Vorbereitung eines

Krieges gegen den Iran und eventuell Saudi-Arabien verstanden. Dick Cheney, seit ca. 30

Jahren in der Administration der USA als wichtiger Politiker und immer als graue Eminenz im Hintergrund fungierend, hält das grundsätzliche Interesse der US-Wirtschaft an billigem Öl für selbstverständlich. Dahinter steckt auch, ältere Mitmenschen erinnern sich an Theorie und Praxis des staatsmonopolistischen Kapitalismus, zusätzlich ein ganz persönliches Interesse . Als Vizepräsident erhält Cheney von seiner alten Firma Halliburton immer noch jährlich ca. 1 Million Dollar Prämie. Halliburton, bekannt durch Pipeline-Pläne durch Afghanistan und vom Schwarzen Meer an die albanische Küste, will am Wiederaufbau des zunächst zu zerstörenden Irak und seiner Erdölindustrie entscheidend profitieren (Ossietzky, 6/2003, 184, ab 30.3. aber auch schon in allen Zeitungen und Nachrichtensendungen)) . Wegen der beiden anderen Pipelines sind schon entscheidende Krieg geführt worden. Entscheidend gegen alle Pläne auf billigeres Erdöl steht die OPEC. Eine der wichtigsten OPEC-Mächte ist Saudi-Arabien. Nach US-Ansicht brauchen die USA die Kontrolle über die riesigen Erdölvorkommen im Irak. Wenn man diese Kontrolle durch eine US-hörige irakische Regierung oder gar durch einen US-Statthalter in Bagdad erreichen kann, schlagen die USA gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Russland, China und Frankreich, die gegenwärtig ca. 45 der irakischen Erdölproduktion kontrollieren, könnten tendenziell im Irak ausgeschaltet werden. Die riesig wachsende Abhängigkeit Chinas vom Erdöl am Persischen Gold könnte von den USA kontrolliert werden. Durch eine Erhöhung der irakischen Erdölproduktion unter EXXON-Kontrolle könnte Saudi-Arabien als führende OPEC-Macht ausgeschaltet werden. Arabien ohne Saudis wird schon als Zukunft gehandelt. Saudi-Arabien hat sich nicht nur als Führungsmacht der OPEC bei den USA unbeliebt gemacht. 15 der angeblich 19 Attentäter vom 11.9.2001 stammen aus Saudi-Arabien. Finanzielle Netzwerke mit Geschäftsleuten aus Saudi-Arabien sponsern angeblich Osama bin Laden, seine El Quaida und andere angebliche islamistische Terrororganisationen. Die Prinz-Sultan-Air-Base wurde von den Saudis für einen neuen Irak-Krieg den USA verweigert. Saudi-Arabien droht, seine Petro-Dollars auf Petro-Euros umzustellen (wie der Irak das 2000 schon getan hat). Damit fällt eine absolut wichtige Stütze für die Stabilität des Dollars. Der Euro wird umso stärker. Die OPEC könnte eventuell ganz ausgeschaltet werden, wenn eine us-freundliche Regierung in Arabien regieren würde. Stützpunkte der USA würden dann auch wieder möglich sein, um andere Schurkenstaaten (rogue states) besser treffen zu können. Vor allem der Iran würde durch Stützpunkte im Irak und riesige Basen, die um Kandahar in Afghanistan von den USA ausgebaut werden, in die Zange genommen werden. Der Iran gehört ausdrücklich zu den Schurkenstaaten, besitzt wahrscheinlich nach US-Ansicht alle möglichen Massenvernichtungswaffen, betreibt ein Atom-Programm (nach US-Ansicht nicht nur zu friedlichen Zwecken), unterstützt die Hisbollah u.a. islamistische Terrororganisationen - muss also nach US-Auffassung bald , so die US-Hardliner, „demokratisch-kapitalistisch" umgestellt werden. Die „demokratisch-kapitalistischen Vorstellungen" der USA dulden keine Kartelle oder Preisabsprachen a la OPEC oder sonst wie, die die Dollarhegemonie stören. Wenn es gelingen würde, im Iran auch noch ein US-genehmes Regime einzurichten, wäre das wunderschön für die USA. Natürlich versprechen sich die USA, eine riesige „Steuer auf Erdöl" abzuschaffen, so Cheney. Das würde in kürzester Zeit 100-200 Milliarden, die jetzt für den Krieg gegen den Irak ausgegeben werden, wieder wettmachen und die USA würden die Weltverfügungsmacht über das Erdöl werden. Richard Perle, seit Jahrzehnten einer der Hardliner in und hinter US-Regierungen, nennt das einen „umgekehrten Domino-Effekt, weil nach dem Irak auch andere missliebige Regime stürzen würden, selbstverständlich auch in Syrien

Präsidentensprecher der USA, Ari Fleischer, erklärte am 18.2.03, dass der Irak selbstverständlich den Wiederaufbau ganz alleine bezahlen müsse (FR 10.3.03), er sei ja schließlich auch verantwortlich für seine Zerstörung. Genug Petro-Dollars werden vorhanden sein. Im übrigen sieht auch der US-Haushalt für 2004 keinen einzigen Dollar für den Wiederaufbau Afghanistans vor. (Nach dem Vorschlag von Präs. Bush sind unter den ca. 480 Milliarden Dollar Rüstung auch 75 Milliarden für den Krieg jetzt, aber auch 500 Millionen, ich glaube das ist ca. 1 Tausendstel, für humanitäre Hilfe im Nachkriegs-Irak vorgesehen, 1 Milliarde jährlich kostet der Unterhalt der UNO und der Blauhelme)). Welcher Despot letztlich in Afghanistan oder im Irak regiert, ist genau so uninteressant wie etwa die Despoten und blutigen Diktatoren in Mittel- und Südamerika oder wie in den zentralasiatischen Republiken oder Pakistan, wichtig ist, dass sie die Interessen der USA erfüllen (Michael Lüders, Liberaler Imperialismus, FR 10.3.03). Auch das sollten wir immer mitbedenken, wenn die US-Regierung von Demokratisierung, Freiheit, Menschenrechte spricht: In ihrem eigenen Hinterhof kann man seit der Monroe-Doktrin 1823 sehen, was die USA darunter verstanden haben. Mehr dazu unten.

Begründungen für Kriege gab es immer massenhaft. Allein die Begründungen für den Krieg gegen den Irak sind zahlreich und wechselten je nach Opportunität. Mal waren es die Massenvernichtungswaffen, die Saddam Hussein immer noch versteckt hielt, mal waren es Raketen, deren Reichweite angeblich 17 km mehr als erlaubt war, mal war es ein Regime wechsel, dann war es die Liquidierung Saddam Husseins, mal sollte er ins Exil , um den Krieg zu vermeiden, dann es hieß, egal, ob er ins Exil geht, der Irak wird us-amerikanisch besetzt, mal war es die Bestrafung für Grausamkeiten, die das Regime 1988 (unter US-Kontrolle) begangen haben soll, dann Grausamkeiten gegenüber politischen Gefangenen. Nichteinhaltung von UN-Resolutionen usw. Jetzt, am 6.4., wird auch im WDR II gerade im 18.00 Uhr-Kommentar gesagt, es geht ums Öl - und das teilen die USA nicht, auch nicht mit Briten und der „Wiederaufbau" bleibt in us-amerikanischer Hand.

Was Helmut Schmidt dazu geschrieben hat, dass die USA derzeit eine „nationalistisch-egozentrische" Politik unter dem Einfluss einer radikalen Minderheit von Neokonservativen treiben, führt dann wohl dazu, dass ein US-General als US-Gouverneur die Privatisierung der irakischen Erdölindustrie organisieren soll. Es trifft sich gut, dass der General Jay Garner im Pentagon für Wiederaufbau und humanitäre Hilfe und beim Rüstungskonzern SY Coleman tätig ist, also bestens qualifiziert erscheint. (Der Spiegel, 15/2003, S. 28 und 42, zu Garner vgl. auch Ossietzky, 7/2003, S. 228f)

Elmar Altvater hält es möglicherweise für entscheidend, dass der Krieg ein Krieg um den Status der Währungen ist. Ein kurzer gewonnener Krieg und die US-Kontrolle über das Erdöl könnten bedeuten, dass der Dollar einen Höhenflug im Vergleich mit Euro und Yen erlebt. Dauert der Krieg länger oder vielleicht reichen jetzt schon die Ausgaben für den Krieg, könnte es eine Flucht in den Euro oder Yen geben, eine Eurorisierung des Öls und damit anderer Welthandelsgüter könnte der „Super-Gau der Bush-Regierung" werden (vgl. Das Argument, 249/2003, S. 16ff).Letztlich könnten auch die Staaten der „Coalition of the willing" zu Verlierern werden Dann würde für die USA die hegemoniale Einbettung der - auf militärischer High-tech-Macht, Kontrolle der Weltwährung und Kontrolle der entscheidenden Ressourcen - bald brüchig.

Wolfgang Fritz Haug weist darauf hin, dass die USA jetzt schon eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Machtbasis erfahren haben und zwar auf 4 Ebenen:

Die von den USA einzig zu füchtende Koalition, auf deren Verhinderung bisher alle US-Politik gerichtet war, nämlich die Koalition von Deutschland, Frankreich und Russland (und mit ihnen ca. 160 Staaten der Erde) ist durch die Bush-Politik zustande gekommen.

Die logische Antwort wäre eine Koalition mit China, Japan und Korea, doch auch diesen Weg hat sich die US-Politik blockiert.

Die strategisch zentrale Ölpreiskontrolle erfolgte über Saudi-Arabien im Austausch gegen militärische Garantie der Dynastie der Saudis, doch genau diese Garantie ist jetzt schon aufs Spiel gesetzt.

Die Nichtverbreitungspolitik in Sachen Nuklearwaffen ist mehr oder weniger ein Scherbenhaufen.

Falls der Blitzkrieg-Sieg, Bush redet vom „totalen Sieg" (vgl. Heinrich Hannover in: Ossietzky 7/2003, 221), sich wirklich einstellen sollte, „wären die negativen Effekte einzudämmen; falls nicht, würden sie sich potenzieren." (Haug in Das Argument 249, 2003,18).

Eine Anmerkung auch dazu: Eine „Strategie der Spannung" mit allerlei Terroranschlägen verursacht durch den Krieg gegen den Irak würde ständig neue Bedrohungsszenarien hervorbringen. Eine derart eingeschüchterte Bevölkerung ist kaum geneigt, die ökonomischen, politischen und militärischen Entscheidungen der Regierung in Frage zu stellen. Krieg und Terror könnten das Regieren der Bushianer erleichtern (vgl. Freitag, 4.3.03, S. 16).

Die Contra-Bande ist zurück

(Vgl. Ossietzky 5/2003, S. 151f:) Erster Direktor im NSC, dem höchsten Entscheidungsgremium der USA wurde vor kurzem Elliot Abrams, Abrams soll der Friedensbringer im Nahen Osten werden: Damit wird der Fuchs zum Chef des Hühnerhauses, denn unter Ronald Reagan leitete Abrams die Abteilung Lateinamerika im Außenministerium der USA und war hauptverantwortlich für den Terror der Contras in Nicaragua, dem Zehntausende Menschen in El Salvador und Honduras und Guatemala zum Opfer fielen. Dieser Menschenrechtler belog den Kongress, was Contras und Todesschwadronen anging. Deswegen wurde er, weil seine Verbrechen auch nach us-amerikanischen Vorstellungen einmalig waren, verurteilt, aber noch von Bush sen. begnadigt.

Admiral John Poindexter , verurteilt wegen Verschwörung und Zerstörung von Beweismaterial in Sachen Contras und Todesschwadronen, wurde von Bush sen. begnadigt und jetzt unter Bush jun. im Pentagon Chef der wichtigen Spionageabteilung „Information Awareness Center".

Otto Reich, im verdeckten Contra-Krieg in Nicaragua Leiter des Anti-Sandinista-(Des)Informationsprogramms wurde jetzt zum Stellvertretenden Außenminister für Lateinamerika.

John D. Negroponte, Botschafter in Honduras 1981-85 und mitverantwortlich für zahllose Morde der Todesschwadronen, ist jetzt Abend für Abend im Fernsehen als UNO-Botschafter der USA zu besichtigen. Alles offiziell verurteilte Kriminelle, begnadigt und jetzt in höheren Funktionen als je zuvor.


Anatomie der us-amerikanischen Kriegslobby

(Grundlage ist der Aufsatz von Till Leopold in ami, 33. Jg., Heft 1-2, Januar-Februar 03, S. 5ff) Ich gehe im Folgenden nicht auf den Geheimbund „Skull and bones" ein - zu diesem einflussreichen Geheimbund, dem die Bush-Dynastie u.a. angehört, kann frau/man meine Rede vom 1.3.2003 auf dem Husemannplatz nachlesen bei bo-alternativ, dort auch das Manuskript der WDR-Fernseh-Dokumentation „Das Kartell", in der die Machenschaften der Bush-Dynastie dargestellt werden und der Geheimbund Skull and bones).

Die NSS (National Security Strategy) vom Sept. 2002 stellt eine lange vorbereitete, grundsätzlich jetzt aber offiziell gewordene Neuorientierung von der Stärke des Rechts, etwa organisiert in der UNO, zum Recht des Stärkeren, also den USA, dar. Das System kollektiver Sicherheit ist ad acta gelegt worden, die Strategien von Abschreckung und Eindämmung (containment) sind passé, dafür ist der Präventivkrieg festgeschrieben gegen von den USA als Definitionsmacht so beurteilte. Schurkenstaaten, states of rogues, zu denen gezählt werden können, wer gerade missliebig auffällt, sich nicht widerspruchslos in die Verwertungsinteressen hier des amerikanischen Kapitals einpasst. Feindlich gesonnene Staaten sind „ending states", d.h. Staaten können mit Krieg beendet werden. Der Irak soll ja ein us-amerikanisches Protektorat werden, weil sich als Nachfolger für Saddam Hussein einfach kein Ersatz anbietet.

Völkerrecht und UNO und Rüstungskontrollen zählen nicht mehr. Politiker und Militärs, die schon lange zu den konservativsten und aggressivsten VertreterInnen der US-Administration gehörten, sind nun in höchsten Ämtern und vertreten dort direkt und unverhüllt Öl-, Energie- und Rüstungskonzerninteressen. Der Militärisch-Industrielle-Komplex (MIK) geht eine direkte Symbiose mit der Politik ein. Waren bisher noch Schauspieler oder andere politische Charaktermasken nötig, sind es jetzt wieder einmal Großkapitalisten, die die Regierungsgeschäfte führen. Der Staatsmonopolistische Kapitalismus wird besser vorgeführt als es die früheren Lehrbücher z.B. aus der DDR es je geahnt hätten.( Ich gehe jetzt nicht auf „das Kabinett der Milliardäre" ein, weil das in zahlreichen Beiträgen in den letzten Wochen sowie in erstaunlich vielen Medienberichten jetzt detailliert erzählt wird.)

Was aber wichtig ist, gerade auch für die Zukunft der Friedensbewegung in Deutschland, ist eine grobe Analyse von Netzwerken, die die US-Politik mitbestimmen und mit denen wir uns auch beschäftigen müssen. Alle Netzwerke sind personell und ideologisch und z.T. finanziell mit dem MIK verbunden sowie mit der Öl-, Chemie- und Bewusstseinsindustrie.

NSS (National Security Strategy) gibt es seit1987 (vgl. Amerikas Blick auf die Welt und auf Europa, in: Der Mittler-Brief, Informationsdienst zur Sicherheitspolitik, 1. Quartal 2003, Nr.1). Alle Präsidenten haben in ihren NSS die moralischen Prinzipien von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten und vor allem die Einhaltung dieser Prinzipien in den USA gewürdigt. Ansonsten gilt, was in der NSS von Bush jun. steht: „Trotz des Entstehens neuer Machtzentren bleiben die USA der einzige Staat von wirklich globaler Stärke..." und „Zuerst und zuforderst müssen wir die globale Führung übernehmen...". Die USA definieren, was Demokratie und Freiheit, besonders Freiheit des freien Handels oder der freien Marktwirtschaft ist und wer dem nicht folgt, gerät in den Geruch der Schurkenstaaten, das sind u.a. Staaten, die internationales Recht missachten und verletzen, die Massenvernichtungswaffen haben wollen einhergehend mit fortschrittlicher Militärtechnologie, die den Terrorismus weltweit unterstützen und die die USA hassen und alles wofür die USA stehen. (Mittler-Brief S. 5)

In einem dichten Netzwerk arbeiten folgende Organisationen zusammen:

PNAC (Project for the New American Century), 1997 gegründet u.a. von Dick Cheney, heute Vizepräsident, Elliott Abrams, Hauptakteur an Massakern an der Bevölkerung Nicaraguas (s.O), Kriegsminister Donald Rumsfeld, sein Vize Paul Wolfowitz, Lewis Libby, seit Bush sen. immer höher gestiegener Politiker für sog. Verteidigungspolitik, Zalmay Khalilzad, US-Sondergesandter in Afghanistan und im NSC zuständig für den Nahen und Mittleren Osten, William Kristol und Robert Kagan, die zu den wichtigsten publizistischen Stimmungsmachern für die Kriegspläne gezählt werden. Diese illustre Runde verlangte 1998 den sofortigen Präventivkrieg zur Beseitigung Saddam Husseins. Mitunterzeichner damals der jetzige Vizeaußenminister Richard Armitage und der Vorsitzende des einflussreichen „Defense Policy Board" . Richard Perle, graue Eminenz und Präsidentenberater und dazu der ehemalige CIA-Chef James Woolsey sowie Francis Fukuyama, der aber offiziell in keinem dieser Kreise eingeschriebenes Mitglied ist. Im Jahr 2000 veröffentlichte das PNAC eine Studie zur „Wiederherstellung der Verteidigungsfähigkeit der USA", praktisch die Erstfassung der NSS vom Sept. 2002 (s.o.). Pax Americana ist das oft verwendete Stichwort, um das sich alles dreht. Richard Perle ist in zahlreichen Kreisen am Werk. Weil Seymour Hersh nachfragte, ob Perle nicht in einen Interessenkonflikt gerät, wenn er auf der einen Seite Präsidentenberater ist, auf der anderen Seite aber in der von ihm gegründeten Investmentfirma ganz persönlich an einer „Neuordnung" des Nahen Ostens verdienen würden, weil seine Firma Trireme dort Interessen hat, wurde er von Perle in die Terroristen-Ecke gerückt. Ende März ist Perle offiziell von einigen Ämtern zurückgetreten, weil er in bestimmte Wirtschaftsskandale verwickelt war. Hersh ist einer der ganz wenigen Journalisten in den USA, der überhaupt noch Fragen stellt, weil er die patriotische Besoffenheit nicht mitmacht. (vgl. Ossietzky 6/2003).

Das NMD-Projekt (Nationale Raketenverteidigung) und das „Nuclear Posture Review" gehen auf die Leute im PNAC zurück.

Vorarbeiten stammen aus dem Jahr 1981, wir erinnern uns als Ältere, „Nachrüstung", „Victory is possible", „Besuchen Sie Europa, solange es noch steht".. Autoren damals: Colin Gray und Keith Payne, fanatische Rechtsaußen, die schon 1980 einen entwaffnenden Erstschlag gegen die Sowjetunion u.a. mit Pershing II und Cruise Missiles u.a. vom Boden der BRD planten und damit auch das Ende der SU einläuteten. 1992 wurden offizielle Richtlinien zur Defense Planning Guidance (DPG), Richtlinien zur Verteidigungspalnung, bekannt, in denen steht, dass die EU und Japan auf gar keinen Fall die Führungsrolle der USA in Frage stellen dürfen. Auch dürfe kein Land der Erde Ressourcen beanspruchen, die die Führungsrolle der USA beeinträchtigen könnten. Auch größere lokale oder regionale Konkurrenten werde man nicht dulden dürfen. Schon 1992 waren Wolfowitz, damals Staatssekretär im Pentagon, Lewis Libby, heute Sicherheitsberater von Cheney und Öl-Lobbyist (Cheney war 1992 Kriegsminister). Auch wenn Clinton diese reaktionäre, neo-konservative Gruppe etwas ausbremsen wollte, ist ihm das nicht gelungen, weil Madeleine Albright Außenministerin wurde.

Keith Payne ist heute Direktor des National Institute for Policy (NIPP) und nun verantwortlich für Nuclear Posture Review.

Rüstungsindustrie und Pentagon werden verknüpft durch das Center for Security Policy (CSP), die sich durch Verleumdungen von Scott Ritter als Pädophiler oder Hinweise auf die Unterwanderung der us-amerikanischen Friedensbewegung durch Hussein, Nordkorea und Milosevic bekannt macht.

Aber das CSP ist wiederum verknüpft mit dem NSAC, dem National Security Advisory Council, dem wiederum Richard Perle und James Woolsey angehören sowie William Bennett, der Vorsitzende von „Americans for Victory over Terrorism" (AVOT). Dazu gehören wieder die schon erwähnten Elliott Abrams, Keith Payne und hohe Funktionsträger aus Ministerien. Rumsfeld und sein Freund Cheney haben wider Kontakt zum NSAC durch das PNAC.

Die Aufzählung könnte weiter gehen, wichtig ist, dass ganze Gruppen aus den verschiedenen äußerst rechts gestrickten Gruppen Kontakte zu den wichtigsten Think Tanks haben, in denen sich dann wieder Republikanerführer Newt Gingrich, Ex-Vizepräsident Dan Quayle, Ex-Kriegsminister und CIA-Chef James Schlesinger, immer wieder Richard Perle, Paul Wolfowitz u.a. wiederfinden. Im Aufsatz von Till Leopold findet sich eine Darstellung von wichtigen Wissenschaftlern, Publizisten, Politikern, Militärs und ihren Querverbindungen in einem aktiven Netzwerk.

Zwei äußerst wichtige Strategen finden sich in der Liste nicht: Francis Fukuyama und Samuel Huntington, beide bekannt geworden durch wichtige Bücher und Huntingtons Hauptwerk z.B. kostenlos verschickt durch die hiesige Landeszentrale für politische Bildung (The clash of Civilizations - Kampf der Kulturen) .

Fukuyma und Huntington weisen die Überlegenheit der religiösen, moralischen, wirtschaftlichen und politischen Kultur der USA über alles in der Welt nach. Fukuyama war u.a. Mitglied in Reagans Planungsstab im Pentagon und blieb das auch unter Bush sen. Huntington ist ein Zögling von Zbigniew Brzezinski , der für alle möglichen aggressiven Vorstellungen der Falken jeder Partei steht. Huntington ist Direktor des konservativen oder reaktionären „Olin Institute für Strategic Studies" an der Universität von Harvard und war unter Carter auch schon im NSC.

Für alle diese genannten Leute stehen die Feinde sozusagen um die USA herum, sind aber auch schon in den USA schwer aktiv. Das Bedrohungsszenario muss ja immer eine direkte individualpsychologisch wichtige Variante haben. Saddams Krummdolch kann auch dich heute nacht in deinem eigenen Bett erwischen. Vor diesem Hintergrund macht der riesige neue Überwachungsapparat „Homeland Security" und „Total Information Awareness" durchaus Sinn. Norman Mailer: „Drei oder vier Attentate wie am 11. September, und Amerika ist ein faschistisches Land". (Grennpeace-Magazin 2/2003, 27). Big Brother USA bedeutet die USA schon heute, weil die Missachtung von Menschenrechten, Bespitzelungen und Drangsalierungen ihrer Bürger heute schon ein erhebliches Maß erreicht hat. Greenpeace in den USA aber auch die ACLU, Amerikanische Union für Bürgerrecht, gelten schon heute als terroristische Organisationen, weil sie gesetzwidrige Handlungen begehen, nämlich Handlungen, die die US-Regierung einschüchtern oder durch Zwang beeinflussen wollen.(Greenpeace 2/03, 24). USA Patriot-Gesetz heißt:

Uniting and Strengthening America by Providing Appropriate Tools Required to Intercept and Obstruct Terrorism: Also durch Anti-Terrormaßnahmen die USA vereinigen und stärken. (Greenpeace aa0). "Ein Volk, ein Reich, ein Bush" - das war die Stimmung nach dem 11.9(Norman Birnbaum, in Greenpeace-Magazin aaO)

Viele der noch lebenden Falken sind Schüler von Paul Nitze, der schon 1944 die „Nitze School of Advanced International Studies" (SAIS) an der John-Hopkins-Universität in Washington gründete. Nitze war Berater von 5 US-Präsidenten und hatte fast in jedem Kabinett hohe Positionen. Wolfowitz, Woolsey u.a. stammen aus der SAIS, die als ultrakonservative Kaderschmiede gilt. Francis Fukuyama ist dort Professor für Politische Ökonomie. Aber auch Eliott Cohen, Gründungsmitglied von PNAC ist dort Professor. Etliche Wissenschaftler sind auch Angehörige des konservativen Hoover-Instituts der Universität von Stanford. Und finden sich im AVOT und anderen Gruppen wieder.

An Paul Nitze lässt sich die Kontinuität der US-Politik auch personell schon seit den 40er Jahren schön zeigen. Neben Totrüsten der SU stand der selbstverständliche Anspruch der USA auf die wichtigsten Rohstoffe auf der Tagesordnung. Alle Regierungen haben diesen Anspruch immer entsprechend den internationalen und nationalen Rahmenbedingungen durchgesetzt. Die Vorstellung von einem friedlichen Kapitalismus wird durch viele Memoranden aus dieser Gruppe, dicke Bücher usw. ad absurdum geführt.

Brzezinski, Schüler Nitzes und Professor am SAIS, ist seit langem besessen von der Wichtigkeit, Eurasien zu beherrschen. Er ist der, der von sich sagt, die SU in die Falle Afghanistan gelockt zu haben. „Was ist wichtiger in der Weltgeschichte? Die Taliban oder der Kollaps des Sowjetischen Imperiums? Ein paar verrücktgewordene Moslems oder die Befreiung Mitteleuropas?" (Interview 15.1.1998, aaO, S.13)

Zum Teil wollten Vertreter auch der US-Regierung (z.B. Cheney, vgl. FR vom 19.3.03) nie mit ihrer Irak-Politik vor die UNO. Wie inzwischen auch andere Regierungsvertreter bis hin zu Bush (Rede vom 17.3.03) halten und hielten Leute aus den genannten Organisationen die UNO für eine Quasselbude, in der auch irgendwelche Mini-Staaten, die kein US-Präsident auf der Landkarte finden würde, eine Stimme haben. Dass Richard Perle laut Nachrichtensendungen und Presseberichten jetzt froh ist, dass die UNO endlich kaputt ist, ist nicht weiter verwunderlich.

Zu dem transatlantisch gespannten Verhältnis hat schon Henry Kissinger 2002 in seinem Buch „Die Herausforderung Amerikas", Weltpolitik im 21. Jahrhundert geschrieben, dass der „arrogante amerikanische Triumphalismus" nach 1991 seinen Teil beigetragen hat. Antiamerikanische Tendenzen sieht Kissinger schon lange in den europäischen Regierungen, weil sie angeblich ihren Anteil an weltpolitischer Verantwortung nicht übernehmen wollen. Im Klartext heißt das, dass der europäische Kapitalismus z.T. andere imperialistische Strategien verfolgt als der us-amerikanische.


Der Krieg ist die Fortführung der Ökonomie mit anderen Mitteln

(Vgl. grundsätzlich zu diesem Kapitel - und auch zu anderen - Michel Chossudovsky, Global brutal, Der entfesselte Welthandel, die Armut, der Krieg, Verlag 2001, Ffm 2001)

In einem Strategie-Papier der USA von 2000 hieß es: „Die Notwendigkeit für eine massive Präsenz von US-Streitkräften am Golf ist ein Thema, das weitreichender ist als das Problem des Saddam-Hussein-Regimes."(zit. nach :Le Monde Diplomatique (Hg.), Atlas der Globalisierung, Berlin 2003, S. 168). Das Öl am Golf ist aber seit es Öl gibt Objekt der Begierde. (Titelbild Der Spiegel vom 13.1.1975, Kissinger und Präs. Ford: Sie stürmen die Ölfelder im Golf und schreien: Sollen wir uns von diesen Kerlen mit Dreck beschmeißen lassen?

Geoökonomisch, geostrategisch und geopolitisch ist die Kontrolle über die Ölvorräte am Golf und am Kaspischen Meer für eine Welthegemonie unabdingbar. Und daraus haben die US-Strategen nie ein Hehl gemacht. Brzezinski sieht überhaupt keine Alternative zur globalen Führungsrolle der USA, es sei denn die internationale Anarchie. (s. ami, aaO, 14).

Es ist klar, dass Unilateralismus die einzig erstrebenswerte Rolle für die USA sein kann. Paul Kennedy, us-amerikanischer Historiker gebrauchte in einem Spiegel-Interview vor ca. einem Jahr das Bild eines 500 kg schweren Gorillas, der auch nicht ein paar kleine Äffchen darüber abstimmen lässt, wenn er die einzig erstrebenswerte Banane haben will. Die UNO hatte lange vor Kriegsbeginn schon verloren. Die Schacherei um die Stimmen von Chile, Mexiko, Kamerun, Guinea, Angola, Pakistan konnte man mit genauen Erpressungsdetails und Bestechungsangeboten sowie ausgefeilten Drohungen in der Zeitung nachlesen. Durch Erpressung, Drohung, Bestechung sollten die Stimmen zusammenkommen. Die Stärke des Rechts wurde von dem Recht des Stärkeren auf den Basaren frei gehandelt.

Stephen Rosen, zusammen mit Brzezinskis Protegé Samual Huntington Gründungsmitglied des PNAC und ebenfalls Direktor an der Universität von Harvard sowie Mitarbeiter im Pentagon und NSC drückte das Mittel 2002 so aus:

„Die Vereinigten Staaten haben keinen Rivalen. Überall in der Welt besitzen wir die militärische Dominanz. Unsere Militärausgaben übertreffen jene der nächsten sechs oder sieben Mächte zusammengenommen....Wir, und nur wir, formen und führen Militärkoalitionen in den Krieg. Wir benutzen unsere militärische Dominanz um in die inneren Angelegenheiten anderer Länder zu intervenieren, weil die Einheimische einander umbringen, Feinden der Vereinigten Staaten Zuflucht bieten oder biologische Waffen entwickeln...." Es geht um „die Aufrechterhaltung unserer imperialen Position und der imperialen Ordnung......Maximale Gewalt kann und sollte aus psychologischen so schnell wie möglich eingesetzt werden um zu demonstrieren, dass bestraft wird, wer das Empire herausfordert...." Rosen führt weiter aus, dass Regierungen von den USA abgesetzt oder eingesetzt werden, je nachdem, ob sie für die USA funktional sind. Feindliche Herausforderer müssen rechtzeitig liquidiert werden. Man darf sie gar nicht erst entstehen lassen: Es gilt das zu verhindern:" durch Krieg, wenn nötig, durch Assimilierung in das Empire, wenn möglich." (ami, aaO, S. 14f).

Der erste Schritt zur grundlegenden Neuordnung des Nahen Ostens unter die us-amerikanische Hegemonie ist die Beseitigung Saddam Husseins, danach die Mullahs im Iran und dann die Saudis. Die us-amerikanischen Think Tanks denken öffentlich darüber nach, Arabien zu spalten, um sozusagen ein Reservoir für Islamisten um Mekka und Medina einzurichten, die Ölfelder im Osten des Landes aber direkt zu kontrollieren. Eine Fülle von Hinweisen bietet „Der Tiger im Panzer", eine Studien über die Rolle von EXXONMOBIL und seinen Einfluss auf die us-amerikanische Politik. EXXONMOBIL und ChevronTexaco

sollen bevorzugt bei der Vergabe der auch bisher noch nicht entdeckten Erdölvorkommen, sog. Greenfield Sites, bedacht werden. (FR 18.3.03).4,4 % der Weltbevölkerung (USA) schlucken über 25 % der Erdölvorkommen, Tendenz bis 2020 könnte bei bisherigem Stand der Erdölförderung ca. 40% sein. Das lässt sich kaum praktisch durchführen. Also ist Ziel der Energiepolitik , die Golfregion nicht mehr nur als Brennpunkt us-amerikanischer Ölpolitik zu bezeichnen, sondern dieses Problem endgültig für die USA und ihre Konzerne zu lösen. Dass damit Frankreich, Russland und China mit ihren gegenwärtigen Erdölschürfrechten ausgebootet werden, ist ein angenehmer Nebeneffekt. Nicht umsonst haben diese Länder, mit Deutschland immer im Hintergrund, den hinhaltendsten Widerstand gegen die USA geleistet. Von den Top-Managern auch der Erdöl-Konzerne wird absolut offen zugegeben, dass der „Krieg gegen den Terror" lediglich die Verschleierungsformel für „Krieg um Erdöl" ist. Ahmed Chalabi, Leiter des Iraqui National Congress (INC), des Dachverbandes der irakischen Opposition, verspricht denn auch jetzt schon gute Chancen für die US-Konzerne. Auch die Analysten z.B. der Deutschen Bank versprechen den Erdölkonzernen der USA gute Erfolgsaussichten nach einem Krieg.


NATO und Krieg

Gegenwärtig ist der Zug in Richtung Krieg abgefahren. Die NATO ist neben der UNO zwar beim direkten Kriegseinsatz bis auf GB und Spanien ausgebootet, aber die Monopolstellung der USA bedeutet nicht, dass sie auch in Zukunft allein alles entscheiden können. Schon dass Deutschland praktisch den Krieg von seinem Territorium führen lässt, die Überflugrechte garantiert, 10 000 Soldaten in imperialistischen Einsätzen bis hin zur direkten Unterstützung der USA (AWACS, Spürpanzer, Entlastung in anderen Kriegsregionen, Lieferung kriegswichtiger Produkte u.ä.) jetzt schon out of area im Einsatz in 9 fremden Ländern hat, spricht eine klare Sprache.

Still und heimlich sozusagen wurde am 15./16. 3.03 eine EU-Eingreiftruppe eingerichtet, 60000 SoldatInnen sollen innerhalb von 60 Tagen eingreifbereit sein. Diese europäische Rapid Response Force (RRF) hat ein Kooperationsabkommen mit der NATO. Sie braucht das Material und die Logistik der NATO, d.h. auch der USA. Über kurz oder lang wird man, wenn nicht direkte ökonomische Interessengegensätze verbale Distanzierungen politisch notwendig machen, auch wieder gemeinsam auf imperialistische Raubzüge gehen - und wie vor 4 Jahren beim Überfall auf Jugoslawien sich auch bei zukünftigen Kriegen an die heutigen Beschwörungen von UNO und UNO-Sicherheitsrat keinen Deut scheren. Daneben

wurde am 20.11.02 auf dem Prager NATO-Gipfel die NATO praktisch zum Hilfssheriff der USA gemacht, die New York Times nennt die NATO die Fremdenlegion der USA (FR 20.11.02). Neben der RRF wird die NRF aufgebaut: NATO Response Force. Kriegsminister Rumsfeld verlangt, dass die 21000 SoldatInnen der NRF innerhalb von einer Woche weltweit einsatzbereit sein sollen. Da wird es natürlich nicht möglich sein, innerhalb von einer Woche z.B. im Bundestag geschweige denn in der deutschen und europäischen Öffentlichkeit über Sinn und Zweck der Einsätze zu diskutieren, abzustimmen und eventuell die völkerrechtliche Seite des Kriegseinsatzes auch noch zu prüfen.

Bei all dem ist immer die im April/Mai 1999 beschlossene NATO-Präventiv-Strategie als prinzipiell identisch mit der nationalen NSS zu sehen. Selbstmandatierung, Zuständigkeit für alles in der Welt: Kampf gegen den Terror, aber auch gegen Drogen-Dealer, Kampf um die Freiheit der Rohstoffgebiete aber auch Kampf für die Unterbindung von Menschenrechtsverletzungen. Allein letzteres eröffnet Dutzende von Möglichkeiten, je nachdem, welche Menschenrechte man als wichtig definiert, fällt alles darunter bis hin zur Religionsausübung von Minderheiten , low-intensity-warfare gegen Guerillagruppen bis regionale Kriege gegen Schurkenstaaten, Kampf gegen die Weiterverbreitung von Massenvernichtungsmitteln bis Kampf gegen die Todesstrafe in Texas. Rein theoretisch könnte sich demnächst die Rapid Response Force Europas mit letzterem beschäftigen.

Die militärische Drohung darf auf Dauer keine Drohung sein, weil sie ihre disziplinierende Wirkung dann verliert. Also muss das Militär auch eingesetzt werden.

Natürlich spielen die Prüfung von Waffensystemen unter echten Kriegsbedingungen eine große Rolle, das Leeren von Lagern mit veralteten Waffen ebenfalls, die Entwicklung neuer und noch mörderischer Waffen ist zwangsläufig. (vgl. auch iz3w April/Mai 2003, S. 7-359.


Die Frage von Krieg und Frieden und was man nun politisch verbal zumindest bevorzugt ist immer eine Frage der innerimperialistischen Kräfteverhältnisse. Imperialismus war nie ein kollektiver Prozess, sondern immer dem kapitalistischen Konkurrenzprinzip und den jeweiligen Opportunitäten unterworfen.

Rosa Luxemburg hat das 1916 so ausgedrückt: "Die imperialistische Politik ist nicht das Werk irgendeines oder einiger Staaten, sie (die imperialistische Politik - W.D.) ist das Produkt eines bestimmten Reifegrades in der Weiterentwicklung des Kapitals, eine von Hause aus internationale Erscheinung, ein unmittelbares Ganzes, das nur in allen seinen Wechselbeziehungen erkennbar ist und dem sich kein einzelner Staat zu entziehen vermag."

Die Friedensbewegung

Auch wenn große Bevölkerungsmehrheiten keinen Krieg wollen, bedeutet das nicht, dass sie Kriege verhindern können. Krieg wurden immer nach Maßgabe der ökonomisch und damit auch politisch Herrschenden geführt. Wenn die Herrschenden in den jeweiligen Ländern einen Krieg wollen, gelingt es ihnen auch, Massenakzeptanz für diesen Krieg zu produzieren. Wir kennen das seit Jahrhunderten, dass die Herrschenden alle Sorten von Lügen, Fälschungen, Einkreisungs- und Bedrohungsszenarien vermitteln können. Kriege werden dann nicht Kriege genannt, sondern wie in den letzten großen Kriegen ohne UN-Beschluss aber mit Beteiligung Deutschlands ganz anders. Man muss wohl davon ausgehen, dass mit ein bisschen mehr Druck und etwas großzügigeren ökonomischen Angeboten auch der Sicherheitsrat dem Irak-Krieg zugestimmt hätte, insofern ist das auch nicht so maßgeblich für uns - immerhin hat 1990 angeblich der Sicherheitsrat dem Irak-Krieg zugestimmt, damals bedauerte aber schon der Weltrat der Kirche, dass Stimmen zusammengekauft worden waren.

Wir sollten uns aber daran erinnern, dass 1999 es eine kleine Minderheit war, die auf den Überfall auf Jugoslawien reagierten! Die Millionenmassen, die sich gegenwärtig durch die Straßen der Hauptstädte der ganzen Welt bewegen, blieben nach dem 24. März 1999 zu Hause und auch die nächsten 78 Tage, in denen alles das geschah, was jetzt auch im Irak geschieht. Auch damals gab es kein Mandat der UNO, usw.

„Iraqui-Freedom" heißt perverser Weise der Völkerrechtsbruch der USA. George Orwell lieferte schon in „1984" die Sprache, die von hochprofessionellen Propagandamaschinen in den imperialistischen Ländern Sprache regelnd erfunden wird - manchmal miteinander, manchmal gegeneinander. Im Überfall auf die BR Jugoslawien wurden ja alle Rechtsbrüche auch von der sog. rot-grünen Regierung begangen, die diese Regierung jetzt, da es nicht in die ökonomischen und sonstigen eigenen imperialistischen Interessen passt, den USA und der Koalition der Willigen um die Ohren haut. Als vor 4 Jahren ich an dieser Stelle meinen Austritt aus der SPD erklärte, weil diese Partei mithalf, UNO, Völkerrecht, Grundgesetz, selbst die damals gültigen NATO-Verträge, die 2+4-Verträge zu bombardieren, da waren wir hier eine kleine Minderheit und Josef Fischer bekam kurz darauf auch von den Grünen auf einem Kriegsparteitag den Freibrief, einen humanitären bewaffneten pazifistischen Kampf zur Vermeidung von Auschwitz zu führen. Damals habe ich hier gesagt, dass diese Regierung, nachdem sie den Angriffskrieg entscheidend mitbeschlossen hatte, nie mehr erklären kann, warum sie gegen andere Kriege eventuell sein wird. Sie erklärt es auch nicht, sondern gebraucht plötzlich fast wortwörtlich die Argumente, die wir damals gegen die Regierung vorbrachten. Damals ging es sogar gegen eine ordentlich gewählte Regierung, die im eigenen Land Oppositionsparteien hatte, ein gewisses Maß an Meinungsfreiheit, keine Giftgasangriffe auf andere usw. Wo jetzt eigentlich der Unterschied zwischen dem Mitmachen beim Überfall auf Jugoslawien und Afghanistan und der Ablehnung des Krieges gegen den „Schlächter vom Tigris" ist, macht die Regierung ja nie klar. Für mich ist es peinlich, heute mit den fanatischen Kriegsbefürwortern von 1999 und 2001 gegen den Krieg zu demonstrieren. Sogar die Regierung Kohl sperrte 1986 bei US-Überfall auf Libyen den BRD-Luftraum für die USA, während die Regierungen ansonsten eigentlich alle Kriege und Kriegsvorbereitungen der USA unterstützt hat. Man denke an die SPD-Regierung in der Nachrüstungsdebatte oder etwa bei Vietnam-Krieg.

Die Internierung von Asylsuchenden in us-amerikanischen Lagern heißt „Freiheitsschild", die us-amerikanischen Riesenbomben, die eine Schneise von 1km Breite durch die Städte ziehen, heißen „Daisy Cutter" und die neue MOAB vernichtet Leben in 1,5 km Umkreis ihrer Explosion, weil 9500kg Benzin explodieren und einen riesigen Feuerball mit entsprechender Hitze- und Druckentwicklung verursachen. Die USA wollen den Irak mit dem „Geschenk der Demokratie und Freiheit" beglücken, der Präsident hat dieses Geschenk auch weiteren Staaten in Aussicht gestellt, alles im Namen Gottes und vorgesehen von dem göttlichen Heilsplan, den die USA und an ihrer Spitze ein bekehrter, von Gottes Auftrag erfasster Bush.

Wie die Mission dann praktisch aussieht, kann jeder an den freiheitlich produzierten Leichenbergen von Afghanistan über Jugoslawien und das Kosovo bis zu den Dutzenden von freiheitlichen Operationen in Mittelamerika und Südamerika sehen, ganz zu schweigen von 3 Millionen in Vietnam und zusammengezählt viele Millionen von Toten vom Kongo bis Mozambique, von Angola bis Panama.

Die Koalition der Willigen

Liest und hört man Bush, Blair oder Aznar, bekommt man das Gefühl, dass eine relevante Mehrheit der Staaten dieser Erde zu dieser Koalition gehören.

Das Institute for Policy Studies hat geschätzt, dass die Mehrzahl der 34 Staaten, die für den Krieg sind, erpresst, bestochen, korrumpiert, gezwungen worden sind, mitzumachen. Wolfowitz hat zwar von 48 Staaten gesprochen, sie aber nicht benannt. Gut: Es sind: Albanien, Armenien, Australien, Aserbeidschan, Bahrein, Bulgarien, Costa Rica, Dänemark, Estland, Georgien, Großbritannien, Israel, Italien, Japan, Jordanien, Katar, Kroatien, Kuwait, Lettland, Litauen, Mazedonien, Oman, Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Saudi-Arabien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate, Ungarn und wohl Palau, Mikronesien und die Marshall-Inseln. Das ist zum größten Teil nach Meinung des genannten Instituts eine Koalition der Genötigten. Diese 34 Länder vertreten 10% der Weltbevölkerung, rechnet man aber die Bevölkerungsteile ab, die z.T. 8o %ig wie in Italien, Spanien, 100%ig in den arabischen Ländern, in denen nur die Regierungen dafür sind, ab, dann bleibt nicht viel.

Sprachregelungen: Kriege werden bewaffneter Humanismus, militärischer Pazifismus, Nicht-Krieg, Operation, humane Intervention, Eingriff für Menschenrechte, Krieg gegen den Terror, Waffengang, Luftschläge, chirurgische Maßnahmen, friedensschaffende- oder friedenserhaltende Maßnahmen oder gar Kampf für Frauenrechte, Kampf für Demokratie und Wohlstand, Schutzmaßnahmen genannt. „Der Spiegel" titelt eine Woche „Blut für Öl", die nächste Woche „Bombenterror für die Freiheit" und personalisiert im Untertitel „Amerikas Krieg gegen Saddam" Wenn ich beim Bäcker die Schlagzeilen von „Bild" sehe, zweifle ich, ob 70% der Deutschen gegen den Krieg sind. Dort ist alles - wie schon 1990/91 - Saddams krimineller Energie zu verdanken, auch der Kreuzzug des US-Präsidenten. Manches erinnert an Nolte und den Historiker-Streit. Welche Gräuelmärchen massenmedial erfolgreich auch gegen die Friedensbewegung eingesetzt werden, kann man an der Aufarbeitung der Propaganda für die letzten Kriege sehen. Von General Schwarzkopf bis Rudolf Scharping und James Shea oder CNN „America at war" kennen wir doch die kollektiven Gleichschaltungsmethoden, manufacturing consense, allgemeine Schutzimpfungen gegen kritische Gedanken (vgl. Noam Chomsky bis DISS). (vgl. Bush-Feuer, Macht und Angst in Amerika, Dokumentation im WDR-Fernsehen am 4.4.03: Das totale Informationsüberwachungsprogramm ist das offizielle Ziel und greift weit über das hinaus, was in den Hochzeiten McCarthy`s denkbar war).

Eine Bevölkerung, die auch innenpolitisch dem Klassenkampf von oben nichts entgegenzusetzen hat, die in den neoliberalen Kampf ums Überleben voll integriert sind, die organisatorisch und theoretisch zu 99% keine Alternativen ahnen, eine solche Bevölkerung hat kaum von eine Ahnung vom internationalen Klassenkampf und dem mörderischen Imperialismus. Schön kolorierte Feindbilder werden von fast allen geglaubt, es sei denn, die eigene Regierung gibt sich den Anschein, an massiven Völkerrechtsbrüchen nicht schuldig zu werden , jedenfalls diesmal nicht.

Martin Hecht in der FR 7.4.03 schreibt unter dem Titel „Die verwundete Sprache des Krieges" wie in der Berichterstattung über den Krieg der US/GB die Sprache der Militärs sich wiederfindet. Von „chirurgischen Eingriffen" bis zu „irakischen Heckenschützen" über „schmutziger Häuserkampf" finden sich zahlreiche Beispiele für eine (unbewusste?) Übernahme proamerikanischer Darstellung. Die eigenen Angriffe auf Krankenhäuser, mit Benzin- und Streubomben usw. werden „Entwaffnung des Irak" genannt, während die irakische Gegenwehr als durchweg bösartig diffamiert wird.

Die USA verhalten sich im Weltmaßstab diesmal wirklich wie Charles Bronson oder der Sheriff im Western: Das Gesetz bin ich. Nur - sie haben sich nie anders verhalten und der Anspruch auf das Deutungsmonopol und Interpretationsmonopol von UN-Resolutionen wurde zumindest bis 1990 auch von anderen sog. westlich-demokratischen Ländern mitgetragen. Wo gab es Widersprüche gegen die zahlreichen Brüche des Völkerrechts durch kapitalistische kollektive, insofern unilaterale Handlungen? Der heutige Zustand ist ja nicht mit Bush jun. plötzlich eingetreten, sondern war eigentlich seit dem Korea-Krieg schleichend und endet heute nur konsequent bei den aggressivsten Vertretern des kapitalistischen Imperialismus.

Wäre dieser Krieg eigentlich einen Deut besser, wenn es der US-Administration gelungen wäre, sich die Stimmen im UN-Sicherheitsrat von Guinea, Kamerun, Angola, Mexiko, Chile, Pakistan zu erpressen, erkaufen, zu erdrohen? Ich war der festen Ansicht, dass die USA das schaffen würden. Wie wäre dann das sog. Völkerrechtsargument ausgefallen?

Imperialistische Staaten sind imperialistische Staaten, die im Detail durchaus unterschiedliche Interessen haben können und dann eventuell das Völkerrechtsargument bringen oder einfach nur die Freiheit, freedom and democracy im us-amerikanischen Sinne.

Was ist das für ein Sinn?


Manifest Destiny und die Folgen

Amerikanismus wird in der gegenwärtigen Debatte nicht definiert, alle behaupten , nicht antiamerikanisch zu sein.

Der Kern des Amerikanismus ist das manifest destiny, formuliert 1845, ein Glaubensbekenntnis, das heute immer noch in Behörden und Schulen, Kasernen und Betrieben jeden Tag, rechte Hand auf dem Herzen, gesprochen wird. Es ist das Gelöbnis, der amerikanischen Fahne treu zu sein, die für Freiheit und Demokratie steht. „Wir sind die Nation des menschlichen Fortschritts, wer will und wer kann unserem Vormarsch Grenzen setzen? Mit uns ist die (göttliche - W.D.) Vorsehung, keine Kraft der Erde kann (uns aufhalten „- W.D.). Niemand von uns wird sich dem „pledge of allegiance" anschließen können, dem Treuegelöbnis anschließen können, das als Folge des Manifest destiny, der „göttlich offenbarten Zielbestimmung" der USA, lautet:

„I pledge alligiance to the flag of the United States of America, and to the Republic for which it stands: one Nation under God, indivisible with liberty and freedom for all." (Jürgen Gebhardt, Amerikanismus - Politische Kultur und Zivilreligion in den USA, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B49/90, 30.11.1990, S. 13).

Aus der politischen und ökonomischen Instrumentalisierung dieser Idee erklärt sich der imperiale Missionarismus amerikanischer Außenpolitik, schreibt Gebhardt. Diese Symbiose von Religion, Ökonomie, Politik und Gewalt ist in kapitalistischen Ländern einmalig. Die Diktatur des Geldes und des Marktes, der ständige Kampf um die besten Marktanteile, um den größtmöglichen Profit ist Amerikanismus. Jede soziale Leistung für solche, die nicht auserwählt sind von Gott, ist ein gottgefälliger karitativer Akt, ein politischer Anspruch auf staatliche Fürsorge besteht nicht, das wäre der erste Schritt in Richtung Sozialismus. Auch der Islam kennt kollektive Fürsorgesysteme, insofern ist er auch deshalb schon als dem american way of life fremd anzusehen.

Im Verhältnis zu anderen Ländern sind die USA auserwählt, der Welt das Gute zu bringen und das Böse auszurotten. War es eine Zeit lang nicht opportun, von Imperialismus oder Kolonialismus zu reden, so ist das heute wieder offizielle Redeweise (vgl. Humanitärer Kolonialismus, in: FR 22.3.2003). Entsprechend wird offen von „humanitärem Krieg" oder mehr oder weniger offen weiterhin von Kreuzzug gesprochen (vgl. über die Religiosität Bushs und seiner Regierung den Monitor-Beitrag dazu vom 3.4.03). Heute wird wieder offen von „humanitärem Kolonialismus oder mit Blair vom „neuen Imperialismus" geredet. Für Geschichtsbeflissene: 1915 wurde als deutscher kolonialer Anspruch die Theorie vom „Ethischen Imperialismus" entwickelt.

Gott hat der USA eine heilsgeschichtliche Rolle zugedacht, als God´s own country sollen die USA getragen von ihrer patriotisch-christlichen Glaubensgewissheit der Menschheit den Fortschritt und die Demokratie bringen. Das Böse ist dabei auszurotten - Bush jun. hat 154 Todesurteile gegen das Böse mitgetragen als Gouverneur. Durchschnittlich alle 14 Tage hat er ein Todesurteil unterschrieben. Besonders verschärft sich der Kampf gegen das Böse, weil wir in eschatologischen Zeiten, praktisch zu Beginn des Armageddon, des Endkampfes zwischen Gut und Böse (Offbg. Joh. 16,16) leben. Das macht Bush immer wieder überzeugend klar. „Gott hat uns aufgerufen, unser Land zu verteidigen und die Welt zum Frieden zu führen, und wir werden beiden Herausforderungen mit Mut und Selbstvertrauen angehen." „Freiheit ist Gottes Geschenk an jedes menschliche Wesen auf der Welt, Amerika steht großen Herausforderungen gegenüber..." (so Bush jun. am 102.03 in Nashville, zit.. nach „Der Spiegel" Nr. 8 vom 17.2.03, vgl. H.E.Bahr in FR vom 18.2.03; Bahr weist darauf hin, dass dieser Mann tosenden Beifall im Bundestag am 22. Mai 2002 erhielt - nur 3 Abweichler der PDS, für die sich die PDS bei Bush untertänigst entschuldigte, wurden abgeführt.).

„Kreuzzug", „grenzenlose Gerechtigkeit"(infinite justice), „immer währende Freiheit" (enduring freedom), Iraqui freedom - die Namen der Entfesselung der militärische Hölle im Auftrag Gottes sagen alles. Sowie Frau Albright mehrmals bestätigte, dass 500 000 tote irakische Kinder als Folge des Krieges von 1991 den Kampf gegen Saddam Hussein wert seien, muss man heute schon fragen, was mit jetzt schon mindestens 500 000 kriegstraumatisierten Kindern ist, nach nur wenigen Tagen Krieg und nachdem erst 9000 Bomben abgeworfen worden sind , u.a. Streubomben, deren 5-40 %Blindgänger bunt sind und wie Fußbälle aussehen (FR 4.4.03) und nach Meinung militärischer Fachleute wieder Kinder als erste Opfer haben werden. Cui bono?

Bushs Vorliebe für die Apokalypse, für das Armageddon, für Gottesdienste und Bibelstunden vor den Kabinettssitzungen an sich wäre harmlos, auch die Kontrolle der Anwesenheit seiner Minister bei den Bibelstunden wäre an sich nicht weiter schlimm, aber Inhalt dieser evangelistischen Versammlungen von Wiedergeborenen ist ja nicht, dass man kollektiv die Schöpfungsgeschichte wortwörtlich für wahr hält, sondern dass der Oberbefehlshaber der US-Armeen sich für das Werkzeug Gottes zur Vernichtung des Bösen im Endkampf hält, der dem anderen Stellvertreter Gottes in Rom Konkurrenz macht. Die messianischen Omnipotenzphantasien deuten psychoanalytisch auf schwerste ekklesiogene Neurosen, die global gefährlich sein können (vgl. die psychoanalytischen Deutungen von Drewermann und z.B. den Monitor-Beitrag dazu vom 3.4.03 oder den Beitrag im WDR-Fernsehen am 4.4.03 „Gott segne Amerika", aber auch Lit.-hinweise in meinem Beitrag vor einem Jahr hier).

Das ist echtes Gottesgnadentum und die calvinistische Beweisführung dafür deckt sich perfekt mit der neoliberalen Beweisführung eines Friedrich von Hayek, der eben auch sagt, dass das bessere Wirtschaftssystem, das vor allem von den USA repräsentierte Modell der wirklich freien Marktwirtschaft sich weltweit gegen die bisher unvollkommenen und bösen Systeme durchgesetzt hat.

„Manifest destiny" diente von vornherein nicht nur der Ausrottung des Bösen personalisiert in barbarischen Rothäute, unzivilisierter, anti-christlicher Rassen, sondern bald auch der Unterwerfung und Unterdrückung latein- und südamerikanischer Völker. „Manifest destiny" erhielt dafür einen neuen Zusatznamen: Big-Stick-Diplomatie. (vgl. Jürgen Bruhn, Schlachtfeld Europa oder Amerikas letztes Gefecht, Gewalt und Wirtschaftsimperialismus in der US-Außenpolitik, Bonn 1983).

Der amerikanische Traum, das individuelle „persuit of happiness", wie es als Menschenrecht in der Unabhängigkeitserklärung der USA formuliert war, schloss immer auch die unbedingt notwendige Gewalt mit ein, um heidnisch Renitente und Aufrührer, Schurken also, zu liquidieren. "manifest destiny" und „persuit of happiness" hatte in der Interpretation von us-amerikanischen Sozialhistorikern, Politikern, Ökonomen immer ein Ziel: Amassing of private property, Anhäufung von Privateigentum und mit dem Erreichten wirtschaftliche Unabhängigkeit und Hegemonie auszudrücken. Das korrespondiert direkt mit der protestantischen oder calvinistischen Ethik. Manifest destiny ist Ausdruck der „amerikanischen Religion", auch mit Mitteln des Krieges zunächst im „Homeland", dann im Hinterhof, später in der ganzen Welt diese einzig seelig machende Religion zu verbreiten. Kapitalistisches Wirtschaften, eigentlich immer eine Form des Neoliberalismus in den USA, durfte nicht behindert werden. Free enterprise, open-door-policy, Missionarismus global, die USA als hegemoniale Ordnungsmacht von Gottesgnadentum, wurde nie in Frage gestellt. Genau darin, in der religiös-politisch-ökonomischen Symbiose, ruht die selbstverständliche Außerkraftsetzung formal-demokratischer Prinzipien im Verhältnis zwischen den Staaten. Der wirtschaftliche Erfolg hier auf Erden war ja auch der religiöse Beweis für das Auserwähltsein. Beten, hart arbeiten, Profit machen, investieren - beten, hart arbeiten Profit machen, investieren - das war grenzenlos gemeint. Wer sich dem entgegenstellte, war böse, ein Schurke, Sozialist, Kommunist, irgendwie religiös und und damit meist auch rassisch kulturell degeneriert. Wenn der Big-Stick eingesetzt werden musste, waren das immer die Opfer des Big-Sticks, die in der US-Ideologie aber zu verbrecherischen Tätern umdefiniert wurden.(vgl. Werner Biermann/Arno Klönne, The Big Stick, Imperiale Strategie und globaler Militarismus - die USA als Weltmacht, Köln 2003).

Biermann/ Klönne behandeln hauptsächlich die Zeit nach 1945, lassen aber keinen Zweifel daran, dass alle Regierung der USA davon ausgingen, dass militärische Macht der Absicherung wirtschaftlichen Wachstums dient und dass es nur eine Weltmacht geben dürfe. Wie man heute genauer weiß, gab es auch zu Zeiten der 2. Weltmacht immer einen haushohen militärischen Vorsprung der USA.

Auf drei Säulen beruht die dominante Rolle:

High-Tech-Militarismus

Beherrschung der internationalen Organisationen

„das Arsenal des Dollar-Wallstreet-Komplexes: Währung, Börse, Spekulation".

Biermann/Klönne weisen auf mindestens 40 Kriege oder Bürgerkriege hin, an denen die USA führend beteiligt sind und Dutzende von Eingriffen militärischer, politischer und ökonomischer und scheinbar friedlicher ideologischer Art bei Putschen, Regierungswechseln, versuchten und gelungenen politischen Morden.

Es war klar, dass nach der Niederlage des staatssozialistischen Blocks im Kalten Krieg (vgl. Jürgen Bruhn, Der Kalte Krieg oder: Die Totrüstung der Sowjetunion, Der US-militär-industrielle Komplex und seine Bedrohung durch Frieden, Giessen 1995) die USA über kurz oder lang die Weltherrschaft an sich zu reißen versuchen würden. Ob das quasi-legitimiert durch die UNO oder mit der UNO oder gegen sie oder praktisch durch die Zerstörung der UNO durchgesetzt werden sollte, würde an den näheren Umständen liegen. Ob überhaupt jemand mitmachen müsse beim Überfall auf den Irak, wurde von Rumsfeld Anfang Februar 2003 verneint, als es kurze Zeit schien, als können Blair gegen den Widerstand in seiner eigenen Regierung sogar eventuell doch noch kalte Füße bekommen. Rumsfeld versicherte, dass die USA den Krieg auch alleine durchziehen würden.

Neoliberalismus bedeutet immer Deregulierung bzw. euphemistisch Liberalisierung, also Abschaffung aller gesetzlichen Behinderungen, die der Privatisierung von möglichen Gewinnen und der Sozialisierung gesellschaftlicher Verluste entgegenstehen. Globalisierung bedeutet, dass das Kapital, auch natürlich das europäische, nach dem Ende der UdSSR sich irgendwie die Welt neu ordnen musste. Heute weiß man, dass seit der berühmten Rede von George W. Bush sen. im Februar 1991 allein die USA für sich in Anspruch nehmen, die Welt nach ihren Kapital-Bedürfnissen neu zu ordnen. Dass vor allem die Öl- und Rüstungsindustrien davon profitieren, ist an den Aktienkursen dieser kapitalistischen Konzerne ablesbar.

Radikalisiert wird der gesamte Prozess der Neuordnung der Welt durch die Interpretation des 11. September 2001 durch die Bush-Administration. Das war ein echter Glücksfall , konnten doch nun die „born-again"-Christen ihre christlich-fundamentalistischen Grundüberzeugungen als Erklärungsmuster für das Weltgeschehen öffentlich zur verbindlichen, weil allein patriotisch-amerikanischen verbindlichen Doktrin populistisch predigen. Der Präsident, der sich nach Aussagen des Präsidentenberaters David Gergen als „Instrument der Vorsehung" seit seiner Erwählung durch Gott sieht, wurde durch den Kongress ermächtigt, seine Anschauungen militärpolitisch umzusetzen. Im dichotomischen , manichäischen Weltbild von „Gut" und „Böse" konnte er den Kreuzzug gegen das Böse ausrufen. Das Böse hatte sich zufällig in den Teilen der Welt besonders fest eingenistet, wo die wertvollsten Rohstoffe liegen, die von Kasachstan über Afghanistan bis Irak und Arabien den Lebensnerv der USA berühren. Lange vor Bush war das in den think-trusts bekannt und auch unter Clinton wurden wesentliche Schritte (u.a. durch die Tochter eines born-again-Predigers Condoleeza Rice) in Richtung Beherrschung des kaspischen und zentralasiatischen Raums gemacht. Nach seiner Bekehrung u.a. durch das „Maschinengewehr Gottes", den fundamentalistisch-populistischen Wanderprediger Billy Graham (auch ich wäre als 17Jähriger in den Gruga-Hallen von Essen beinahe durch Billy Graham ein born-again-Christ geworden - zum Glück habe ich evangelische Theologie studiert und war nach 2 Semestern Atheist - ich habe dennoch ein ordentliches theologisches Examen gemacht!), also nach seiner Bekehrung durch Billy Graham, der 50 Jahre lang im Weißen Haus den Präsidenten als geistlicher Beistand und vor allem Kriegsberater gedient hat, hat Bush jun. sich mit dem Erlösungsschrei „Good bye Jack Daniels. Hello Jesus der Politik zugewandt, wurde durch beste familiäre und andere großkapitalistische und Geheimbund-Beziehungen Gouverneur von Texas und durch einen „Staatsstreich" (Michael Moore, Stupid White Man, Piper Verlag 2002) im Jahre 2000 Präsident.

In seinem Beraterstab finden sich eine ganze Reihe von extrem reaktionären fundamentalistischen Protestanten wieder, auch in seinem Kabinett wimmelt von „Bekehrten". (vgl. u.a. Ossietzky, 7/2003,223f).

Hartwig Hohnsbein meint im Ossietzky 7/2003, 224f, dass man bei „Kreuzzüge" darauf hinweisen soll, dass im Jahre 1095 Papst Urban II. die christlichen Völker antrieb, die „Heiligen Stätten" aus den Händen der islamischen „Ungläubigen" zu befreien. Mit dem Schlachtruf „Gott will es" stürmten vor ziemlich genau 1000 Jahren, im Jahre 1099, die christlichen Heere. Hier die Worte eines christlichen Augenzeugen: „Bald flohen alle Verteidiger durch die Stadt, und die Unsrigen folgten ihnen....sie tötend und niedersäbelnd, bis zum Tempel Salomos, wo es ein solches Blutbad gab, dass die Unsrigen bis zu den Knöcheln im Blut wateten... Bald durcheilten Kreuzfahrer die ganze Stadt und rafften Gold, Silber, Pferde und Maulesel an sich;..... Dann, glücklich und vor Freude weinend, gingen die Unsrigen hin, um das Grab unseres Erlösers zu verehren." Der heute hochverehrte Heilige Bernhard von Clairvaux meinte, dass „die vornehmste Aufgabe all jener, die das Waffenhandwerk gewählt haben", sei, Heiden niederzumachen.

Als Anmerkung: Was damals passierte, ahmten christliche Eroberer in der ganzen Welt nach und vor allem die US-Amerikaner an der Ur-Bevölkerung.

Eine globale Blutspur zieht der ganz normale kapitalistische Imperialismus hinter sich her.


Der Spiegel, 14/2003,31.3.03: NATO: Wie weit die NATO mit den USA und CAN Bestand haben kann, bleibt fraglich. Eine europäische Eingreif- und Interventionstruppe ist im Aufbau begriffen. Die Diskussion in der BRD wird sich in den nächsten Jahren auf eine Berufsarmee zuspitzen: 100 000 Wehrpflichtige kosten rund 1 Milliarde Euro, 30 000 Zeitsoldaten das gleiche. Eine noch kleinere Bundeswehr als dann 200000 SoldatInnen zu erhalten, erfodert viel Geld in neue high-tech-Rüstung.Die Rüstungsindustrien Europas stehen in den Startlöchern. HEERES_ UND Marinebedarf wird immer noch meist auf nationaler Ebene produziert, die Luftfahrtindustrie ist europäisch vernetzt. Damit angeblich auch international konkurrenzfähig.

Die neue EU-Truppe hat übrigens gerade Premiere in Mazedonien: Zwar sind das - wieder mal der altkoloniale Begriff „Schutztruppe" - erst 400 Mann , aber jeder fängt ja klein an.

WAZ , 31.3.03: Uwe Knüpfer entwirft ein Bild von globaler NATO, der auch Japan oder gar China beitreten können. Die NATO kann die UNO ablösen! Eine neue Weltpolizei können die USA nicht sein, die UNO auch nicht, also die NATO. Im Sommer soll vielleicht die NATO schon das Kommando in Afghanistan übernehmen.


Zahlen : 75 Milliarden Dollar sind 1 ½ mal so viel, wie weltweit jährlich für Entwicklungshilfe ausgegeben wird (jW 29./30.3.03).

1 bunkerbrechende Bombe der B2 - Bomber hat 2100 kg Sprengstoff Explosivkraft. 1.4.03, Nachrichten: Die USA haben in den letzten 72 Stunden 3000 Bomben über dem Irak abgeworfen, also in Städte. In 6 Tagen sind 600 CM verschossen worden.

Zensur made by US-Army

23. April 1999 hat die NATO die Zentrale des staatlichen Fernsehens im Zentrum Belgrads zerstört.

Am 12. November 2001 hat die USA den arabischen Sender Al Dschasira zerstört.

Am 27. März 2003 haben eine oder mehrere der 4300 angeblich „präzisionsgesteuerten Bomben" und eine oder mehrere der 600 Cruise Missiles, die seit Kriegsbeginn verschossen oder abgeworfen worden sind, den irakischen TV-Sender zerstört.

Dass ausgerechnet ein Journalist von Al Dschasira am 7.4.03 rein zufällig von US-Amerikanern getötet wurde, glaubt in der arabischen Welt kein Mensch.

Alle diese Maßnahmen widersprechen den Genfer Konventionen.