Bundeskanzler G. Schröder Bundeskanzleramt Willy Brandt Str. 1 10557 Berlin 7.9.2001 Bewerbung auf die Nachfolge von Verteidigungsminister R. Scharping Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, die zur Zeit laufende Kampagne gegen den "lustbadenden" Verteidigungsminister Rudolf Scharping geht, das wissen Sie besser als ich, nicht spurlos am Ansehen der Rot-Grünen Bundesregierung vorbei. Auch wenn es sich um die Privatsphäre des Herrn Scharping handelt, die nun wirklich nicht Gegenstand der Überlegungen um Rücktritt bzw. Entlassung des obersten Dienstherrn der Soldaten sein sollte, so ist faktisch doch genau dies Gegenstand der Überlegungen hinter den Kulissen, da bin ich mir sicher. Es soll auch schon geäußert worden sein, daß man keinen geeigneten Nachfolger wisse, gerade so kurz vor der bevorstehenden Bundestagswahl. Hier denke ich, sollte ich mich unbescheiden ins Gespräch bringen. Im Unterschied zu Rudolf Scharping sehe ich keine Notwendigkeit an der Beteiligung der Bundeswehr im Rahmen des NATO-Ernteeinsatzes in Mazedonien. Für mich gibt es auch keine Notwendigkeit, den jährlichen Etat des Einzelplan 14 (also dem Haushaltstitel des Verteidigungsministeriums) in der Größenordnung von jährlich 48 Mrd. DM zu belassen, was monatlich etwa DM 50 pro Bundesbürger entspricht. Weiterhin sehe ich keine Notwendigkeit, den jungen Männern durch die Wehrpflicht mehrere Monate ihres Lebens zu stehlen, in denen sie wesentlich sinnvollere Dinge tun könnten. Den Berufs- und Zeitsoldaten ließen sich nach einer kurzen Phase der Umschulung sinnvolle Aufgaben geben, dies wird zu einer wesentlich höheren Zufriedenheit in deren Berufsleben führen. Die geplanten teuren Beschaffungsmaßnahmen der Bundeswehr hin zu einer offensiv ausgerichteten Bundeswehr lassen sich noch stoppen, eine Konventionalstrafe ist noch immer billiger als der schließlich angeschaffte überflüssige Krempel. Mit dieser geänderten Schwerpunktsetzung auf der Hardthöhe lassen sich - das werden Sie genau so sehen - auf einen Streich einige Probleme lösen, die die Bundesregierung derzeit belasten: 1. Den immer weiter ausgedehnten NATO Einsätzen könnte durch diesen mutigen Schritt endlich Einhalt geboten werden. So lange die Bundesrepublik als einer der wichtigeren Staaten jeden - flapsig gesagt - "Quatsch" mitmacht, wird die NATO-Führung ihre Entscheidungen niemals selbstkritisch überdenken und auf die blinde Bündnistreue bauen. 2. Eine drastische Kürzung eines der größten Haushaltstitel ermöglicht Steuergeschenke in bislang noch nicht erlebter Größenordnung. 3. Die Abschaffung der Wehrpflicht erspart eine juristische Auseinandersetzung wegen der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen. Diese müssen, jene dürfen Soldat sein. 4. Selbst wenn die Berufs- und Zeitsoldaten künftig den Rest ihrer Dienstzeit damit beschäftigt wären, den Sand von den Dünen in Schleswig Holstein in Säcke zu verpacken und per Fahrrad nach Bayern zu bringen, um die Berge dort zu vergrößern, und nach geleisteter Tat den Sand wieder zurückzubringen (dies ist natürlich ebenfalls hochgradiger Schwachsinn, ähnlich wie die Überlegung, mit der Bundeswehr Deutschland verteidigen zu wollen gegen wen auch immer): Die Soldaten wären beschäftigt, und man erspart dem Bund teure Abfindungen. Wahrscheinlich würden sogar einige Initiative ergreifen und sich nun um ordentliche Beschäftigungen kümmern. 5. Die gestoppte Umrüstung der Bundeswehr erspart eine weitere Verfälschung unserer Verfassung (vgl. u.a. der in der Urfassung nicht vorgesehene, erst im März 1956 eingefügte und im Juni 1968 geänderte Artikel 87a), in dem als Legitimationsgrundlage der Bundeswehr noch immer ausschließlich von Landesverteidigung die Rede ist. Ich bin gern bereit, Ihnen bei Interesse meine vollständigen Bewerbungsunterlagen zuzusenden und stehe Ihnen selbstverständlich für ein Gespräch zur Verfügung. Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen, Ihr Felix Oekentorp |