Mainzer Arbeitskreis Südliches Afrika (MAKSA)
An das Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags (DEKT) Postfach 1555 36005 Fulda
Sehr geehrte Damen und Herren, auf unsere Anfrage haben wir von der Generalsekretärin des DEKT erfahren, daß der DEKT seit der demokratischen Wende in Südafrika die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank wieder aufgenommen und ein Konto eröffnet hat. Sie teilte außerdem mit, dass die Deutsche Bank einen Veranstaltungsraum für den Kirchentag zur Verfügung stellt. Ferner überlegt der DEKT, mit der Deutschen Bank und ihren Filialen in Hessen beim Vorverkauf von Tageskarten zusammen zu arbeiten. 1987 hatte der DEKT die Geschäftsbeziehung zur Deutschen Bank auf Grund ihrer Unterstützung des Apartheidregimes beendet, nicht zuletzt weil sich mehr als 120 auf dem "Markt der Möglichkeiten" mitarbeitende Gruppen dafür engagiert hatten und weil Zusagen, die die Deutsche Bank dem Kirchentag gegeben hatte, nicht eingehalten wurden. Wir haben unter diesen Umständen wenig Verständnis für die Wiedereinrichtung des Kontos, sondern halten diesen Schritt für voreilig und unangemessen. Weder hat die Deutsche Bank im Rahmen der "Wahrheits- und Versöhnungskommission" der südafrikanischen Regierung ihre Unterstützerrolle der Apartheid aufgearbeitet, noch hat sie sich bisher der öffentlichen Debatte um die Entschädigung der Apartheidopfer gestellt, obwohl sie seit mehr als einem Jahr dazu aufgefordert worden ist. Die Deutsche Bank hat durch ihre Finanzpolitik zur Verlängerung der Apartheid in Südafrika beigetragen. Nach Informationen der "Internationalen Kampagne für Entschuldung und Entschädigung im Südlichen Afrika" haben deutsche Unternehmen und Banken völkerrechtswidrig aus ihren Geschäften mit dem Apartheidregime in der Zeit von 1971 bis 1993 8,4 Milliarden DM Profite erzielt. Vor allem die Deutsche Bank wird jetzt durch die Kampagne aufgefordert, die Menschen im südlichen Afrika, deren gewaltsame Unterdrückung sie maßgeblich mitfinanziert hat, zu entschulden und zu entschädigen. In diesem Kontext erwarten wir vom Präsidium des Kirchentags, daß es sich an erster Stelle für die Rehabilitation der Opfer der Apartheid einsetzt, anstatt die Deutsche Bank durch die Wiedereröffnung eines Kontos zu rehabilitieren und das frühere apartheid-freundliche Verhalten der Bank zu verharmlosen. Wir halten es zudem für außerordentlich fragwürdig, daß Räume der Deutschen Bank und anderer Großbanken für offizielle Veranstaltungen des DEKT genutzt werden. Auf diese Weise entsteht bei Besucherinnen und Besuchern des DEKT der Eindruck einer augenfälligen Übereinstimmung des DEKT mit der Deutschen Bank und den anderen Großbanken. Wesentliche Ursachen, die beim Frankfurter Kirchentag 1987 zur Großdemonstration vor der Deutschen Bank führten, sind bis heute nicht behoben. Deshalb fordern wir das Präsidium des DEKT dringend auf, von Überlegungen Abstand zu nehmen, den Vorverkauf von Tageskarten für den Kirchentag den Zweigstellen der Deutschen Bank in Hessen zu übertragen. Falls eine Zusammenarbeit mit nichtkirchlichen Einrichtungen zum Verkauf nötig ist, halten wir es für angemessener, wenn der Kirchentag beispielsweise mit den Verkaufsschaltern der Deutschen Bahn AG kooperieren würde. Als engagierte Christen und Christinnen in Deutschland können wir auch nicht davon absehen, daß sich die Deutsche Bank im Jahr 1999 eindeutig parteipolitisch gebunden hat, indem sie nach Informationen der Frankfurter Rundschau (FR) als größte Spenderin mit Spenden über 20.000,- DM ausschließlich für CDU und FDP hervorgetreten ist. Im vergangenen Jahr verdiente die Deutsche Bank mehr Geld als jemals zuvor – nach Informationen der FR von Ende Januar kletterte der Gewinn vor Steuern um 75% auf 6,7 Milliarden Euro, der Jahresüberschuß verdoppelte sich auf fast 5 Milliarden Euro – während die Armut weltweit in erschreckender Weise zunahm. Nach unserer Auffassung ist es die Aufgabe der Kirchen in der ökumenischen Gemeinschaft, zu der Rolle der internationalen Konzerne und Großbanken im globalisierten Weltwirtschaftssystem aus der Sicht der Verlierer kritisch Stellung zu nehmen. Wir hoffen, dass das auch auf dem Frankfurter Kirchentag geschieht, indem Globalisierung und Weltwirtschaft zentrale Themen werden. Deshalb erwarten wir von einer Bewegung wie dem DEKT, dass sie zu Institutionen wie der Deutschen Bank keine verharmlosende Nähe herstellt, sondern kritische Distanz wahrt. Wir schreiben diesen Brief als "offenen Brief", weil wir damit zu einer öffentlichen Debatte anregen wollen. Eine Dokumentation der Ereignisse, die 1987 zur Kündigung des Kontos bei der Deutschen Bank durch den DEKT geführt haben, ist in Vorbereitung und wird auf Wunsch zugesandt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Braun, Pfarrer i.R. gez. Frauke Heiermann, EKD-Synodale
ErstunterzeichnerInnen: Solidarische Kirche im Rheinland - Ökumenisches Forum (Gesch. Stelle Oberhausen) - Südafrikakreis Oberhausen - Mainzer Arbeitskreis Südliches Afrika (MAKSA ) - Prof. B. Klappert, Kirchliche Hochschule Wuppertal - Dozent Dr. M. Breidert, Kirchliche Hochschule Wuppertal - H. Schlimm, Pfarrer der Brüdergemeine i.R., Bad Boll - Dr. E. Kamphausen, Missionsakademie an der Universität Hamburg - U. Trautwein und Dr. D. Trautwein, Frankfurt - Coordination gegen BAYER-Gefahren - Ordensleute für den Frieden – I. Braun, Frauen für Gerechtigkeit im südlichen Afrika - Ausschuß für Entwicklungsdienste und Ökumene des Kirchenkreises Oberhausen – W. Schwenninger, Weltladen Tübingen - Anti-Mammon-Gruppe des Reformierten Bundes - M. L. Bartz, Bochumer Initiative Südliches Afrika (BISA) - Prof. U. Duchrow, Heidelberg - P. Ohligschläger, Arbeitsstelle für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung der Ev. Kirche von Westfalen - P. Eisner, Arbeitskreis Südliches Afrika der Diözese Limburg - Dr. T. Kneifel, Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika (KASA), Heidelberg - "Frauen für den Frieden" in der Ev. Kirche von Westfalen, Gruppe Bochum - G. Kramer, Ökumenisches Netz Niedersachsen - Koordination Südliches Afrika (KOSA), Bielefeld – Solidaritätsdienst International, Berlin – Mitglieder der Regionalgruppe Solidarische Kirche Westfalen und Lippe, Bielefeld – Prof. J. Schneider, Saarbrücken – H. Trösken, Pröpstin der Ev. Kirche von Hessen-Nassau, Frankfurt – Vorstand Gemeindedienst für Mission und Ökumene der Ev. Kirche im Rheinland, Region westliches Ruhrgebiet – W. van Ooyen, Ostermarschbüro Frankfurt – Ökumenischer Friedensweg, Dietzenbach – Ökumenische Initiative Eine Welt – Oekumenischer Dienst Schalomdiakonat – C. Springe, Mainz - Redaktion TRANSPARENT, Kritische Kirchenzeitung im Rheinland – B. Dinkelacker, Generalsekretär Evangelisches Missionswerk Südwestdeutschland (EMS) – C. Reichel, Afrikasekretär EMS – Kairos Europa. |