Bochumer Bündnis für soziale Gerechtigkeit
V.i.S.d.P. Rose Richter, Industrie- u. Sozialpfarramt, Wittener Straße242, 44803 Bochum

Hände weg von der Arbeitslosenhilfe!

Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe ist das Wunschkind der Arbeitgeberverbände. Aber auch die Bundesregierung denkt offenbar scharf über "Zusammenlegung" von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe nach. Doch wer noch Arbeit hat, kennt den Unterschied zwischen Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe oftmals nicht. Der weiß nicht, warum ein Wegfall der Arbeitslosenhilfe eine solche Katastrophe wäre.

Abschaffung scheibchenweise
Bisher hat es immer wieder etappenweise Verschlechterungen der Arbeitslosenhilfe gegeben: z.B. die jährliche Leistungskürzung von 3% durch die Kohl-Regierung. Rücknahme durch Rot-Grün? Im Gegenteil! Zusätzlich wurden gleich noch die Rentenbeiträge für Alhi-Bezieher - quasi zur Strafe für Langzeitarbeitslosigkeit - drastisch gekürzt, sowie die "originäre" Arbeitslosenhilfe ganz gestrichen.
Mit dieser Salamitaktik der schrittweisen Entwertung der Arbeitslosenhilfe muß - bis zu deren insgesamter Abschaffung - jetzt ernsthaft gerechnet werden. Der nächste Schritt könnte etwa die Pflicht zu Annahme jedweder Arbeit sein, wie etwa heute schon im Sozialhilferecht. Die österreichische Regierung hat das gerade vorgemacht.

Was wären die Folgen?
1. geringeres Leistungsniveau:
Alhi macht 53% bzw. 57% des letzten Nettoeinkommens aus. Sozialhilfe dagegen wird nach festen Regelsätzen gezahlt. Der durchschnittliche Sozialhilfeanspruch für Alleinstehende liegt derzeit bei 1.181,-DM. Rund 80% der Bezieher von Arbeitslosenhilfe haben aber einen höheren Anspruch - sie alle hätten erheblich zu verlieren.

2. weniger Geld in der Haushaltskasse:
die "Bedürftigkeitsprüfung" ist bei der Sozialhilfe wesentlich schärfer: Andere Vermögen und Einkommen werden -
im Gegensatz zu Alhi - rigide angerechnet,

  • z.B. Kindergeld, Wohngeld, Bafög oder Alhi eines Partners würden angerechnet, ebenso:
  • Erwerbseinkommen oder jegliches Vermögen über 2.500,-DM (bei Alhi 8.000,-)
  • das Auto müßte verkauft werden.
  • In vielen Fällen gäbe es gar keine Sozialhilfe - das Risiko der Arbeitslosigkeit wäre, trotz langjähriger Beitragszahlung, komplett privatisiert.
In einer Beispielrechnung wird der Unterschied klar: ein Ehepartner etwa verdient 2.200,- netto, der andere hat Anspruch auf 1.300,- Arbeitslosenhilfe. Haushaltseinkommen nach Anrechnung derzeit: 2.763 DM netto. Nach Sozialhilferecht gäbe es keine Mark vom Sozialamt. Beide müßten von dem einen Netto-Lohn leben. Verlust: 563 DM!

3. Keine Rentenversicherung:

Für Alhi-Bezieher(innen) zahlen die Arbeitsämter (jetzt nur noch) entsprechend der ausgezahlten Leistung Beiträge in die Rentenversicherung ein. Bei Sozialhilfebezug werden jedoch überhaupt keine Rentenansprüche erworben!

4. Arbeitslosenversicherung insgesamt in Frage gestellt:
Arbeitslosengeld wird bis zum 45. Lebensjahr nur noch für höchstens 12 Monate gezahlt. Nach Wegfall von Alhi würde zurecht gefragt, warum in vielen Jahren oder Jahrzehnten Beiträge kassiert wurden, um die Arbeitslosen dann nach einem Jahr an das Sozialamt durchzureichen?

5. Pflichtarbeit macht Arbeitnehmer gefügig und senkt das Lohnniveau:
SozialhilfebezieherInnen müssen fast jede Arbeit annehmen - auch ohne Lohn und ohne Versicherungsschutz - wenn ein paar Mark Aufwandsentschädigung gezahlt werden. Bei Ausweitung dieser Arbeitspflicht auf alle Langzeit-Erwerbslosen, hätten die Unternehmerverbände ihr Ziel eines Billiglohnsektors fast erreicht! Der Zwang zur Annahme eines aktuellen Schweine-Jobs ("Spargelstechen für 10 Mark die Stunde!"). wäre unendlich groß.


Das Gegenteil ist nötig:
bedarfsorientierte Grundsicherung
Wenn gewartet wird, bis die konkreten Pläne auf dem Tisch liegen, ist es zu spät! Mehr Geld für Arbeitslose mit geringem Anspruch! Sinnvolle Arbeit öffentlich organisieren – als reguläre Arbeitsplätze! Hilfen mit Perspektive statt Arbeitszwang!

Engelen-Kefer (DGB): Schärfster Widerstand!
"Wenn die Vorschläge von Herrn Hundt umgesetzt werden, verlieren die Arbeitslosen jeden sozialen Schutz, wie z.B. Rentenversicherung. Armut im Alter würde massiv um sich greifen. Hierdurch sollen offensichtlich amerikanische Verhältnisse geschaffen werden. Die Gewerkschaften werden diesem Ansinnen schärfsten Widerstand entgegensetzen!"