Freitag 31.01.25, 13:27 Uhr

Warum wir eine Brandmauer gegen „Rechts“ brauchen 1


von Dr. Irene Mauche
Während meines Studiums der Sozialwissenschaften und anschließenden Promotion habe ich mich tiefgreifend mit Fragen beschäftigt „Wie die Regel in die Welt kommt“…und warum kollektives (gemeinsames) Handeln auch gegen kurzfristige Gewinne von Einzelinteressen funktioniert?

Bei der Beschäftigung mit diesen Fragen kommt man an der Auseinandersetzung mit Macht und der Genese von Macht (und somit an Max Weber, Hannah Arendt, Norbert Elias und Michel Crozier und Eberhard Friedberg, um einige der wichtigsten Autoren zu nennen) nicht vorbei. Nachdrücklich erinnere ich mich an den Zeitpunkt, als ich verstanden habe, dass Macht sich nicht im Besitz einzelner Personen befindet, sondern dass Macht durch das Zusammenwirken von vielen Menschen entsteht. Und dass die dabei zum Einsatz gebrachten Machtressourcen keineswegs nur monetärer Natur sind, sondern dass Ressourcen (Mittel) die besseren Argumente, Anstand, Menschlichkeit, – eben das, was in sozialen Communities als wertvoll anerkannt wird, sein können.

Das bedeutet umgekehrt leider auch, dass Macht verschwindet, wenn der Zusammenhalt im sozialen System der Zivilgesellschaft und Demokraten bröckelt und sich im Gegensatz hierzu die zum Einsatz gebrachten Machtressourcen z.B. „Wissen und Werte im Kontext der Verfassung – wie jeder Mensch…“ – (wie von Merz am 29.1.25 geschehen) negiert oder zumindest partiell entwertet werden. Unsere Verfassung und die darin vereinbarten Regeln müssen Maßstab unseres Handelns sein und bleiben! Herr Merz hat mit seiner Öffnung zur AfD das Spielfeld der Demokraten mindestens zeitweise verlassen – vermutlich ohne dass ihm dieser Schritt bewusst war. Habecks Bitte an Merz nicht mit EU-, Demokratie- und Verfassungsfeinden gemeinsame Sache zu machen und eben nicht gemeinsam mit Rassisten abzustimmen – blieb ungehört.

Die AfD stellt die Verfassung in Frage. An die Stelle der Verfassungsgemäßen Regeln, rückt bei der AfD die überlegene Stärke des Einzelnen (vgl. Weidel u.a. Mitglieder der AfD in ihrem Schulterschluss mit Putin). Das Recht des Stärkeren legitimiert Weidel und andere AfDler mittlerweile offen. Sie ersetzen Macht durch Gewalt und wollen diese für die Durchsetzung ihrer menschenfeindlichen, rassistischen, antisemitischen und rechtsextremen Interessen nutzen. Die Deutungshoheit rechter Narrative („Hitler war ein Kommunist“ Weidel) wird Hand in Hand mit Musks Versuch Fakenews in X zu normalisieren verfolgt. Die AfD zielt ab auf die Beeinflussung sozialer Systeme von jungen Menschen, Menschen die Angst vor der Gewalt von Traumatisierten haben, mittelalte Männer, die abgehängt wurden, und weiteren auch bürgerlichen Gruppen.

Beunruhigend ist, dass die AfD wie alle Autokraten die Monopolisierung über Gewaltmittel verfolgt (5% des BIP für das Militär) Die 5% des BIP sollen nicht gegen Putin und für den Erhalt unserer Demokratie zum Einsatz kommen, sondern im nächsten oder übernächsten Schritt gegen das eigene Volk eingesetzt werden , um dieses auf Linie zu bringen. Die AfD will das Monopol über die Presse (pauschale Verunglimpfung der Öffentlich-Rechtlichen als Lügenpresse), und die Verfassung. Die demokratischen Institutionen und ihre verfassungsrechtlich verbriefte Gewaltenteilung sollen beseitigt werden. Weidel hat den Schneeball (Kästners Gedicht) richtig ins Rollen gebracht.

Warum ist die Brandmauer also wichtig? Schlicht um dieses Horror Szenario zu verhindern. Der Schneeball muss zertreten werden, bevor die Lawine ins Rollen kommt, die keiner mehr aufhält.(so Kästner) –und darum mein Appell an alle Demokraten und die Zivilgesellschaft. Nehmt teil an den Demos gegen „Rechts“ zum Erhalt der Brandmauer für Solidarität und Menschlichkeit. Der Zusammenhalt der Zivilgesellschaft und unsere Solidarität ist unser Schutz, für den Erhalt der Menschlichkeit und das Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft mit vielen Kulturen. Was auf dem Spiel steht, ist unsere Demokratie und ihre verfassungsrechtlich verbrieften Regeln.

Noch was. Straftäter gehören bestraft und eingesperrt, dafür hat die Justiz im Rechtsstaat zu sorgen. 37.000 offene Strafbefehle in Bayern und 170 000 offene Strafbefehle im Bund– darum sollen sich die Justizminister in allen Bundesländern bitte sofort kümmern!


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ein Gedanke zu “Warum wir eine Brandmauer gegen „Rechts“ brauchen

  • Die inflationäre Brandmauer

    Mich ärgert der inflationäre Gebrauch der Metapher von der „Brandmauer“.
    Faktisch hat es sie z.B. auf kommunaler Ebene im Osten nie gegeben. Ich habe erst gestern mit einer Freundin telefoniert, die als einzige Frau in einer ostdeutschen Kleinstadt im Gemeinderat sitzt. Da zählen alte Schul- und FDJ-Seilschaften mehr als Parteibücher. Aber das ist sicher kein rein ostdeutsches Phänomen.

    Das Problem mit Mauern ist, dass sie immer trennen in „wir und die anderen“, „die Guten und die Bösen“ und so weiter. Das ist manchmal hilfreich, gibt aber auch den „Bösen“ die Möglichkeit, sich auf die Seite der vermeintlich „Guten“ zu stellen, indem sie auf „die ganz Bösen“ schimpfen.

    So sehen sich Parteien wie CDU/CSU und FDP gerne auf der „guten“ Seite der Brandmauer, obwohl ihre migrationspolitischen und klassistischen Aussagen denen der Partei(en) auf der „bösen“ Seite der Brandmauer in nichts nachstehen. Das Bild von der „Brandmauer gegen Rechts“ dient hier als „whitewashing“-Metapher.

    Und was ist mit Parteien, die 300 Millionen Euro für ein neues Abschiebegefängnis in NRW oder die völlig faktenfreie, rassistische Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge in NRW mittragen? Die bei Abstimmungen im Landtag einfach nicht erscheinen, anstatt den „Arsch in der Hose“ zu haben und dagegen zu stimmen? Sind das „die Guten“?

    Faschisierung ist nicht „Da kommen die Bösen von der anderen Seite der Brandmauer und übernehmen die Macht“. Faschisierung ist ein schleichender Prozess, sie kommt „auf leisen Sohlen ins Gehirn“ (George Lakoff).
    Ich gehe lieber unter Labels wie „Bochum solidarisch gegen Rassismus…“ auf die Straße, als die „Brandmauer-Metapher“ zu bemühen. Zu viele falsche Verbündete.

    Parteien wie CDU und FDP haben auf Demos gegen Rechts nichts zu suchen. Sie sind Teil des Problems, nicht Teil der Lösung. Und auch SPD und Grüne sollten sich an die eigene Nase fassen und ihre migrations- und sicherheitspolitischen Forderungen überdenken.

    Ach ja, zum Begriff „Zustrombegrenzungsgesetz“:
    Ich habe bei meinen Seminarteilnehmenden mal gefragt, was sie denken, wie viele Geflüchtete (Asylsuchende und Ukrainer*innen) denn täglich nach NRW (ca. 18 Mio Einwohner*innen) „strömen“? Die Schätzungen lagen zwischen 500 und 1000. Tatsächlich sind es ca. 65. (https://www.bra.nrw.de/integration-migration/fluechtlinge-nrw/informationen-fuer-buergerinnen/landeserstaufnahmeeinrichtung-nrw-lea/tagesregistrierungen-nrw-2024)

    Das macht die Sprache (nicht nur) der CDU mit den Menschen. Worte manipulieren. Das haben wir zu wenig auf dem Schirm.