Freitag 29.06.18, 14:46 Uhr

Hochhausräumung


Der Bochumer Mieterverein gibt einige rechtliche Hinweise zur Räumung des Hochhauses an der Kreuzung Wittener Straße/ Lohring, das nicht mehr den Brandschutzanforderungen entspricht. »1. Es ist ausdrücklich lobenswert, dass Vermieterin und Stadt sich engagiert um Ersatzwohnraum für die Mieter bemühen. Zumindest die Stadt wäre dazu nicht verpflichtet, und vor zwei Jahren in Riemke hat sie diese Aufgabe auch abgewiesen. Nach dem Ordnungsbehördengesetz ist Obdachlosigkeit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Sie muss deshalb vermieden werden. Dazu wäre es aber ausreichend, wenn jedem Mieter ein Platz in einer Obdachlosenunterkunft angeboten würde.

2. Wir halten eine Räumungsfrist von 14 Tagen für sehr kurz. Wir gehen auch davon aus, dass sie verlängert werden kann und verlängert wird, wenn in Einzelfällen eine Ersatzwohnung nicht bis zum 11. Juli bezogen werden kann. Denn wie lange die aktuellen Brandschutzmaßnahmen aufrecht erhalten werden, ist ja lediglich eine Kostenfrage. Technisch gesehen ist das, was 2 Wochen lang möglich ist, auch 3 Wochen lang möglich.

3. Die Mietverträge bleiben von der städtischen Räumungsverfügung unberührt und in vollem Umfang bestehen. Sofern nicht einzelne Verträge gekündigt werden, haben die Mieter also grundsätzlich ein Rückkehrrecht nach erfolgter Sanierung. Das bedeutet auch, dass die Wohnung hinsichtlich Größe und Grundriss so erhalten bleiben muss, wie sie bei Vertragsabschluss war. Die Vermieterin kann parallel zu den Sanierungsmaßnahmen Moderniserungen (=Verbesserungen der Gebrauchstauglichkeit, z. B. Fassadendämmung) durchführen. Diese müssen den Mietern jedoch ordnungsgemäß angekündigt werden (die Vorschriften finden sich in § 559 BGB). Grundrissänderungen muss der Mieter jedoch nicht dulden, und eventuelle Mieterhöhungen beschränken sich auch auf den Teil einer Modernisierung. Die Instandsetzungsarbeiten gehen ausschließlich zu Lasten der Vermieterin.

4. Mietzahlung für die geräumte Wohnung brauchen Mieter ab dem Tag des Auszugs nicht mehr zu leisten, auch wenn das Mietverhältnis nicht gekündigt wird (Mietminderung 100 % wegen Nichtgewährung des Gebrauchs der Mietsache).

5. Aus dem gleichen Grund können Mieter das Mietverhältnis auch fristlos kündigen, z. B., wenn ihnen die Ersatzwohnung gefällt und sie dort bleiben wollen.

6. Die Vermieterin kann wegen der städtischen Räumungsverfügung nicht kündigen. Sie könnte eventuell später wegen „Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung“ (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) kündigen. Dazu müsste sie allerdings nachweisen, dass sie durch die Wiederherstellung der Wohnung im urspünglichen Zustand (Größe, Grundriss) „erhebliche wirtschaftliche Nachteile“ erleiden würde.

7. Sehr schwierig zu beantworten ist die Frage des Schadensersatzes. Diese Pflicht trifft Vermieter normalerweise nur bei Verschulden (durch Fahrlässigkeit oder Vorsatz, § 276 ff BGB). Da die Immonex Property GmbH erst seit Kurzem Eigentümerin der Immobilie ist, kann davon hier nicht ausgegangen werden. Wir prüfen derzeit, ob hier ein Fall einer „verschuldensunabhängigen Garantiehaftung“ (abgeleitet aus den Mietverträgen) vorliegt.

8. Sollte eine Schadensersatzpflicht zu bejahen sein, hätten die Mieter Anspruch auf Ersatz sämtlicher Kosten, die Ihnen durch den Umzug entstehen. Dies wären nicht nur die Kosten des Umzugs selbst, sondern auch alle Kosten, die z. B. durch Anpassung des Mobiliars, Ersatz von Bodenbelägen oder Wohntextilien etc. einstehen. Die Vermieterin könnte Mietern hierfür eine Pauschale anbieten, müsste aber auch nachgewiesene höhere Kosten ersetzen. Die Mieter hätten jedoch eine „Schadensminderungspflicht“: Sie wären verpflichtet, den Schaden so klein zu halten, wie es ihnen möglich und zumutbar ist. Unseres Wissens nach hat die Vermieterin die Übernahme der Kosten eines Umzugsunternehmens bereits zugesagt.
Wir werden die Mieter in einer eigenen Informationsveranstaltung über ihre Rechte informieren. «