Zusammenfassung der ZeugInnen-Aussagen über die Polizei-Übergriffe auf der Spontan-Demonstration am 6. Dezember 2000
Am 6.12 gegen 17 Uhr befanden sich ca. 80 Personen in der Halle des Hauptbahnhofs Bochum. Eine Mitarbeiterin und ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes der DB forderten einzelne Personen auf, die Bahnhofshalle zu verlassen. Die Mitarbeiterin des Sicherheitsdienstes versuchte, sich erregt unter Einsatz körperlicher Gewalt einen Weg durch die Menge in Richtung Megaphon zu bahnen. Sie rammte dabei mehrmals umstehende Personen mit den Ellbogen. Ihr Kollege konnte sie nach einiger Zeit beruhigen und an die Seite nehmen. Beide verständigten dann offensichtlich die Polizei.
Die spontane Demonstration zog über die Huestr. Richtung Dr.-Ruer-Platz. Auf Höhe Huestr./Luisenstr. wurde der Demozug durch größere Gruppen von PolizistInnen eingeholt. Die Polizisten stürmten dabei aus ihren Wagen und versuchten, zwischen den WeihnachtsmarktbesucherInnen und den DemonstrantInnen durchzukommen, um die Demonstration einzukesseln. Sie benahmen sich recht ruppig und versuchten durch massiven Ellenbogeneinsatz vorzudrängen. Dabei wurde auch ein Kinderwagen zur Seite gestoßen, so dass er umkippte.
Der Demonstrationszug zog langsam weiter über den Weihnachtsmarkt, Huestraße bis zur Kortumstr. und bog in nördlicher Richtung auf die Kortumstr. Auf der Kortumstr. (kurz vor C&A) stoppte die Polizei den Demonstrationszug und kesselte ihn ein.
Nach ca. 5 Minuten des erzwungenen Stopps hat ein jüngerer Polizist mehrfach ohne erkennbaren Grund mit dem Schlagstock auf DemonstrantInnen in seiner Umgebung eingeschlagen (mindestens 5 Mal). Eine Polizistin behauptete, sie habe gesehen, wie aus der Demonstration Gegenstände herausgeworfen worden sind. Die einzige Erklärung der DemonstrationsteilnehmerInnen ist, dass hiermit evtl. eine weggeschnippte Zigarettenkippe gemeint war. ZeugInnen des Übergriffs versuchten den Beamten von seinem außergewöhnlich aggressiven Verhalten abzubringen und bekamen daraufhin Schläge angedroht und wurden mit der sofortigen Festnahme bedroht. Klaus Kunold, der ebenfalls beschwichtigend auf dem Beamten einredete, wurde von dem Polizisten mehrfach mit dem Ellenbogen in die Rippen gestoßen. Alle Anwesenden hatten den Eindruck, dass der Beamte seine Selbstkontrolle verloren hatte. Nur mit Mühe konnten seine KollegInnen ihn davon abhalten, erneut auf die DemonstratInnen loszuprügeln.
Ein neben Dagmar Wolf gehender Polizist fing an sie zu bedrängen und obwohl an dieser Stelle ausreichend Platz war, permanenten Körperkontakt zu ihr zu suchen. Sein Verhalten war Provokation und näherte sich der Grenze zur sexuellen Belästigung. Sie forderte den Polizisten auf, sein Verhalten zu ändern und sie in Ruhe zu lassen. Ein ca. 1m entfernt gehender Demonstrationsteilnehmer kommentierte dieses Verhalten mit der fragenden Bemerkung "Macho Man". Wenige Sekunden danach sprang der Polizist auf diesen Mann, klemmte seinen Kopf unter den linken Arm und begann mit der rechten auf ihn einzuschlagen. Gleichzeitig zog er diesen nach rechts aus dem Demozug heraus Richtung WMF Geschäft. Weitere Bereitschaftspolizisten eilten hinzu, drehten dem Mann die Arme auf den Rücken, verdrehten die Hände und den Kopf so ausgeprägt, dass es zu deutlichen Verzerrungen im Mund- und Kieferbereich kam. Dann zogen sie den mittlerweile bäuchlings auf dem Boden Geworfenen wieder hoch und drückten seinen Körper mit erhobenen Armen gegen die Schaufensterscheibe des WMF Ladens. Auf die Frage von Klaus Kunold, was passiere, wenn der Mann durch die Scheibe geht, antwortete der Polizist: " Das ist sein Problem."
Der ausgerastete Beamte forderte den jungen Mann immer wieder auf, doch seine Beleidigung zu wiederholen. Der Demonstrationsteilnehmer hat sich zu keinem Zeitpunkt gewehrt. Alle Versuche, PolizistInnen zum Einschreiten gegen die Brutalität zu bewegen, scheiterten. Auch auf mehrere Aufforderungen, sich die Straftaten seiner Beamten anzusehen, weigerte sich der Einsatzleiter Assmus, sich den Vorgang auch nur anzusehen. Andere Beamte drehten sich demonstrativ um, damit sie nicht Zeugen dieser Straftaten ihrer Kollegen wurden. Sie alle strahlten die Gewissheit aus, dass egal, was sie auch machen, sie auf keinem Fall mit Konsequenzen für ihr Verhalten zu rechnen haben. Als Dagmar Wolf und Horst Hohmeier mehrfach gegenüber dem Einsatzleiter betonten, dass sie diesen Vorfall zur Anzeige bringen wollen, winkte er eine Polizistin herbei, um die Anzeige und die Personalien der beiden (inkl. Anschrift und Telefonnummer) aufzunehmen. Die eindringliche Bitte, auch den Namen des ausgeklinkten Polizisten aufzunehmen, wurde mit der Antwort abgelehnt, "das ist nicht nötig, der ist ja bekannt."
Der festgenommene junge Mann wurde, obwohl er sich ausweisen konnte und obwohl Assmus erklärt hatte, dass er freigelassen werde, ausgerechnet von dem Polizisten abgeführt, der ihn vorher mißhandelt hatte und zu den bereitstehenden Polizeiwagen vor den Gerichtsgebäuden abgeführt. Nachdem er zur Demonstration zurückgekehrt war, wurde die Demonstration friedlich und freundlich fortgesetzt. So wie es auch vor den Polizeiübergriffen war.