Dr. Ralf Feldmann
Richter am Amtsgericht




Herrn
Leitenden Oberstaatsanwalt
Bernd Schulte
Staatsanwaltschaft
Bochum
Bochum, 2.5. 2005




Strafanzeige gegen Udo Voigt, Claus Cremer und andere Verantwortliche
wegen Volksverhetzung


Sehr geehrter Herr Schulte,

Die NPD zeigt im Landtagswahlkampf in Bochum - so am Westringin Höhe des Eingangs zum Justizgebäude, an der Viktoriastraße Richtung Schauspielhaus und an der Wattenscheider Straße - Plakate mit dem Foto einer Gruppe Frauen mit Kopftüchern, die mit schweren Plastiktüten bepackt aus dem Bild hinauslaufen; das Plakat trägt die Aufschrift "Gute Heimreise, jetzt
NPD". Bild und Text beinhalten eine besonders zynische Variante der ausländerfeindlichen Parole "Ausländer raus": ausländische Mitbürger sollen sozusagen mit Sack und Pack unter unwürdigen Bedingungen in ihr Heimatland vertrieben werden. Damit stachelt das Plakat in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung auf (§ 130 Abs.1 Nr.1 StGB).

Ihren besonders abscheulichen Akzent erhält die Volksverhetzung dadurch, dass das Plakatmotiv an ein anderes Foto erinnert, das an einem kalten Tag in Polen im Jahr 1942 aufgenommen wurde. Auf diesem Bild sind ebenfalls Frauen mit schweren Bündeln zu sehen, jüdische Menschen aus der Stadt Drohobycz, die von Nazi-Schergen in das nahe Konzentrationslager Belzec gejagt werden. Die meisten der 40.000 Deportierten wurden dort ermordet. Diese historische Anknüpfung greift mit besonders brutaler Gesinnung die Menschenwürde der jüdischen Opfer dieses Verbrechens an und macht sie erneut böswillig verächtlich ( 130 Abs.1 Nr.2 StGB), indem sie trotz ihres grausamen Vernichtungsschicksals als Folie eines neuerlichen Hassfeldzuges gegen Minderheiten missbraucht werden. Führenden NPD-Funktionären wie Udo Voigt und Claus Cremer ist dieser Zusammenhang jedenfalls aus einer Strafanzeige der Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes aus dem vergangenen Jahr bekannt. Beide kandidieren in Bochum zur Landtagswahl und sind deshalb als Bundesvorsitzender bzw. als Landesvorstandmitglied für das schändliche Plakat strafrechtlich verantwortlich.

Ich bitte, anknüpfend an die rechtliche Beurteilung der Staatsanwaltschaft Bremen im Europawahlkampf 2004 unverzüglich die Ermittlungen aufzunehmen und insbesondere auf die Beschlagnahme der Plakate hinzuwirken.

Mit vorzüglicher Hochachtung