Unabhängige Sozialberatung
- Beratungs- und Beschwerdestelle für Erwerbslose -
Rottstr. 31, 44793 Bochum, Tel.: 0234 - 460 169; Fax: - 460 113; e-mail: Sozialberatung@sz-bochum.de
Hilfestunden: Dienstag: 16.00 - 18.00; Donnerstag: 11.00 - 13.00 Uhr (Tel. dann: - 5 47 29 57)

PRESSEMITTEILUNG

Mi., 22. November, 15.00 Uhr: Sozialausschuss: Eintritt frei !

Die nächste Sitzung des Sozialausschusses am Mittwoch, 22. November, 15.00 Uhr wird sich wiederum (u. A.) befassen mit den Umzugsaufforderungen für Hartz IV-Betroffene und der Frage der Heizkosten-Übernahme durch die ARGE. Dazu wird im letzten Teil der Sitzung die Geschäftsführerin der ARGE, Frau Schomburg, Bericht erstatten.

(drohende) Zwangsumzüge

Anfang 2005 teilte die ARGE mit, dass etwa 1400 Haushalte von einer "Kostensenkungsaufforderung" mit drohendem Umzug betroffen seien. Etwa die Hälfte davon seien Singles.
Durch den Beschluss des Sozialausschusses vom 18. Mai 2006, die "Wirtschaftlichkeitspauschale" um 10 Euro auf 50 Euro zu erhöhen, konnte bei etwa 150 Haushalten die Kostensenkungsaufforderung zurückgenommen werden. (Die "Wirtschaftlichkeitspauschale" berücksichtigt, dass die umzugsbedingten Kosten möglicherweise höher sind als die möglichen Einsparungen. Dann wäre ein Umzug unwirtschaftlich, von der Kostensenkungsaufforderung wird Abstand genommen.)
Nach unserer Schätzung haben etwa 400 Haushalte durch Umzug oder auf andere Weise ihre Wohnungskosten senken können. Es verbleiben demnach etwa 800 Haushalte, die weiter unter dem Druck eines drohenden Umzugs leben müssen. Den meisten ist inzwischen die Erstattung der Wohnungskosten gekürzt worden. Widersprüche laufen en masse, sind aber bislang kaum entschieden. Wohnungen gerade für Singles sind kaum vorhanden. Fast 2000 Studierende stehen auf den Wartelisten für Studierendenheimplätze. Ist doch ein Umzug möglich, sperrt sich die ARGE sehr gegen die Übernahme der Kosten der Wohnungssuche und der umzugsbedingten Kosten.
Unsere Schätzungen beruhen auf Gesprächen mit Bochumer Sozialberatungen und auf weiten Kontakten in die Bochumer Bevölkerung und mit verschiedenen Betroffenengruppen. Die ARGE mag diese Zahlen allerdings nicht bestätigen. Angeblich sei es ihr nicht möglich, diese Zahlen nachzuhalten. Das halten wir für wenig glaubwürdig. Die einer Überprüfung und ggf. einer Kürzung zu unterziehenden Betroffenen müssen schliesslich sorgfältig nachgehalten werden. Es müsste ein Leichtes sein, daraus Auflistungen zu erstellen.

Kürzung der Heizkosten
Ein weiteres Thema werden die angedrohten und z.T. bereits vollzogenen Kürzungen der Heizkostenerstattungen sein. In dieser Frage wendet die ARGE ungeniert die Richtlinien aus der alten Sozialhilfegesetzgebung an. Das ist aber nicht zulässig, da es sich um eine völlig neue Rechtslage handelt, die auch von Gerichten durchgängig anerkannt wird. Insbesondere enthalten sie eine Deckelung (nicht: Pauschalierung !), die nicht rechtens ist.
Sicherlich müssen wir alle aus finanziellen Gründen und des Umweltschutzes wegen sparsam mit Heizenergie umgehen. Erscheint der Heizenergieverbrauch hoch, so kann der Hinweis auf eine Energieberatung durchaus sinnvoll sein. Eine pauschale Begrenzung, noch dazu an einem Geldbetrag festgemacht, ist nach durchgängiger Meinung der Gerichte nicht zulässig. Auch Leistungsberechtigte haben Anspruch auf Teilhabe am soziokulturellen Wohnungsstandard. Eine "einfache" Variante von Wärme gibt es nicht.
Dabei sind zu einer Bewertung nicht nur heranzuziehen Kriterien wie Geschosshöhe, Wohnfläche, Heizetage, Alter des bewohnten Gebäudes, Alter und Zustand der Heizanlage, Wärmeverlust, Beschaffenheit der Fenster, Belegungszahl und Aufteilung der Räume u.ä.. Hinzu kommen subjektive Faktoren und Wärmebedürfnis, wie sie vorrangig, aber nicht nur bei älteren oder erkrankten Menschen eine Rolle spielen. Auch ist die Besonderheit zu berücksichtigen, das erwerbslose Hilfebedürftige eben aufgrund der Erwerbslosigkeit gezwungen sind, eine gegenüber dem Durchschnitt deutlich angehobene Zeitspanne in der Wohnung zu verbringen, was jedenfalls in der kälteren Jahreszeit zu erhöhten Heizkosten führen kann. (so beispielsweise das Sozialgericht Oldenburg am 17. 10 2006). Bei einer zentralen Heizungsanlage sind die Möglichkeiten der Einzelnen, die Kosten zu beeinflussen, ohnehin gering.
Das alles zu überprüfen, würde jedenfalls einen ungeheuren Bürokratieaufwand bedeuten. Legt man für die Kosten einer SachbearbeiterInnenstunde knapp gerechnet etwa 70 Euro zugrunde (einschliesslich der Kosten des Arbeitsplatzes usw.)., so muss sich die ARGE fragen lassen, ob, das, bis auf wenige "Aussreisser", wirtschaftlich sinnvoll sein kann.
Bei kontinuierlich und stark steigenden Heizkosten sitzt den Betroffenen die Angst im Nacken, auf den Kosten sitzen bleiben zu müssen. Gelegentlich weckt das Verhalten der ARGE bei uns den Eindruck, es ginge vor allem darum, die Betroffenen zu beschämen, damit sie auch ja das gewünschte "Unterschichtbewusstsein" entwickeln.
Die ARGE, der Sozialausschuss und die Parteien im Rat sind gut beraten, dieses Verhalten zu überdenken und die Kürzungen auszusetzen.

Sozialausschuss: Eintritt frei !

Die Sitzung des Sozialausschusses findet statt am Mittwoch, 22. November, 15.00 Uhr im Sitzungssaal 2080 im BWZ in der zweiten Etage über der Stadtbücherei. Die Sitzung ist öffentlich, BesucherInnen sind willkommen. Der Eintritt ist frei!


Anlagen:
Richtlinien zur Ermittlung "angemessener" Heizkosten
Tabellarische Übersicht der Beträge getrennt nach Energiearten
Übersicht Entscheidungen zu "Heizkosten"