Ruhrnachrichten v. 8.12.00

Beschuldigungen nach der Demonstration


(hm) - Nach der Demonstration gegen die Räumung der alten Feuerwache am Mittwoch abend beschuldigen sich nun Demonstranten und Polizei gegenseitig.

Die Beamten stellten Anzeige gegen einen 24-Jährigen, der zunächst die Polizisten beleidigt haben soll und sich anschließend gegen die Feststellung seiner Personalien handfest gewehrt hatte. Außerdem liegen Anzeigen gegen Unbekannt wegen Gefangenenbefreiung und Körperverletzung vor.

Ein Unbekannter hätte aus der Menge heraus Gegenstände auf die Polizei geworfen, so deren Pressestelle. Bei dem Versuch, den Täter aus der Menge "herauszubitten", hätten andere Demonstrationsteilnehmer den Täter an den Armen in die Menge zurückgezogen und gleichzeitig eine Polizistin in ihre Reihen gezerrt. Daraufhin habe ein Beamter einmal mit seinem Schlagstock zugehauen, um die Kollegin zu befreien.

Hella Eberhardt vom Linken Netzwerk sieht das anders: "Der Schlagstockeinsatz war völlig unverhältnissmäßig. Ohne Grund wurde immer wieder in die Demonstrantinnen hinein geknüppelt." Als Demoteilnehmer die Personalien eines Beamten haben wollten, hätte der die nicht rausgerückt.

Von den Anzeigen, die die Demonstranten stellen wollten, wusste man bei der Polizei gestern noch nichts. "Bei uns ist bislang nichts eingegangen", erklärte Pressesprecherin Ingrid Laun-Keller auf Nachfrage. Sie warf den linken Gruppen eine Hetzkampagne vor. Denn nicht nur das vom Ex-Grünen Martin Budich mitbetriebene linke Netzwerk, sondern etliche Gruppen des linken Spektrums schickten gestern Faxe an die Medien, in denen das Vorgehen der Polizei gegeißelt wurde.

Auf den Rechtsweg verwies Dieter Ueckermann von der Polizei-Basis-Gewerkschaft die Demonstranten: "Wer Beschwerden gegen die Polizei vorzubringen hat, soll den dafür vorgeschriebenen Rechtsweg benutzen. Nur weil sich die Politik in den vergangenen Tagen einseitig den Kampf gegen Rechts auf die Fahnen geschrieben habe, witterten politische Linksaußen jetzt Freiräume, so Ueckermann. Es habe sich nämlich nicht um eine friedliche Demonstration gehandelt. Mehrfach seien Beamte mit Steinen und Flaschen angegriffen worden.

Die Grünen sehen die Schuld an der Zuspitzung der Lage alleine beim Verwaltungschef. Oberbürgermeister Stüber habe vorschnell und eigenmächtig gehandelt, so ihre Erklärung. Man wolle sich weiterhin für die Gruppen einsetzen, die in einem Antirassistischen Zentrum eine Heimat haben wollten.

Die haben aber mittlerweile den Grünen-Chef Wolfgang Cordes als Übeltäter ausgemacht. Auf der Homepage des Demonstrationsveranstalters Martin Budich wird den Grünen im Rat "bewusste Untätigkeit" vorgeworfen. Sie hätten genau wie die SPD bewusst auf politisches Eingreifen verzichtet.

© Westline