Der Richter und das Satans-Paar
"Töte, bringe Opfer, bringe Seelen. . . " So oder so ähnlich soll der Befehl Satans gelautet haben. Daniel und Manuela Ruda haben ihn befolgt. Ab Donnerstag stehen sie deshalb in Bochum vor Gericht.

Der "Satanisten-Prozess" - wohl noch nie sorgte ein Bochumer Strafverfahren für solchen Wirbel. Über 60 Journalisten sind angemeldet, längst nicht alle Zuschauer werden im Saal Platz finden. Auch für Arnjo Kerstingtombroke, Vorsitzender Richter des Bochumer Schwurgerichts, ist der Prozess gegen die Wittener Angeklagten eine neue Herausforderung. "Wir versuchen, den Prozess dennoch in Ruhe über die Bühne zu bringen", sagte er im RN-Gespräch.

Rund 170 Mal hat er den Vorsitz des Schwurgerichts bereits geführt. Abgestumpft ist er nicht. "Die großen Geschichten nehme ich noch mit nach Hause, da mache ich mir schon viele Gedanken. Schließlich tragen wir Strafrichter große Verantwortung."

Verfahren von der Stange gebe es nicht. "Jeder Schwurgerichts-Prozess hat seine eigene Tragik", sagt Kerstingtombroke. Und er birgt seine eigenen Gefahren. "Da ist einfach ein Restrisiko, das man eingeht. Manchmal muss man auch ein bisschen auf sein Glück vertrauen."

Seit 1977 ist der 55-Jährige bei der Justiz. Er war Richter, Staatsanwalt und Mitarbeiter des Bundesministeriums. Er saß in Zivil- und in Wirtschaftskammern.

Wenn Daniel und Manuela Ruda nun auf der Anklagebank Platz nehmen, sind aller Augen auch auf die Richterbank gerichtet. Die Anklage: Mord. Das Ehepaar soll im Juli 2001 ein regelrechtes Menschenopfer erbracht haben. Ein wehrloser Bekannter wurde mit 66 Messerstichen bestialisch getötet. "Das Besondere an diesem Fall ist sicherlich der psychiatrisch-psychologische Hintergrund", sagt Arnjo Kerstingtombroke. Wenn er selbst einmal Entspannung braucht, greift er zum Buch oder zur Gitarre.Jörn Hartwich



Ruhr Nachrichten - 07. 01. 2002