Ruhr-Nachrichten 21.07.03:

Die alte Tante kämpft
Das Sprichwort besagt: Wem es am Feuer zu heiß ist, der soll aus der Küche verschwinden. So manches SPD-Mitglied musste am Samstag, als sich die Partei in der Innenstadt präsentierte, Hitzefestigkeit beweisen, denn einige unzufriedene Wähler bereiteten ihnen einen warmen Empfang. "Eurofighter statt Zahnersatz" - das war noch der netteste Protestspruch, der Besucher und Parteibuchträger zu "SPDmittendrin" empfing. Die "alte Tante SPD" braucht spätestens seit dem Murks mit der von den Bürgern prinzipiell begrüßten Vorziehung der Steuerreform offensichtlich ein bisschen Image-Pflege und Kurs-Kosmetik. Die Organisatoren aus Bochums Ortsvereinen hatten daher enorme Phantasie entwickelt, um ihrem widerspenstigen Souverän in diesen unruhigen Zeiten möglichst volksnah unter die Augen zu kommen. Die SPD Wiemelhausen dokumentierte die Geschichte des Bochumer Südens, der OV Schmechtingtal erfreute Kinder mit im Wäschetrockner geschleuderten Farbbildern. Helmut Breitkopf-Inhoff, Kassierer des Ortsvereins Querenburg, setzte dagegen auf inhaltliche Kritik. Ein "Sorgenpüppchen" gab es für jeden, der einen Wunsch hatte - Trost oder Ironie? "Die Bürger sollen Gelegenheit haben, ihren Frust loszuwerden", meinte Breitkopf-Inhoff dazu. Sie taten es.

Bochums SPD-Vorsitzender Prof. Bernd Faulenbach hatte seine liebe Mühe, die Eröffnung des "Parteitages" halbwegs zivil über die Huestraßen-Bühne zu bringen, "attac" und Friedensplenum machten ihrem Ärger über vermeintlichen "Sozialraub" lautstark Luft. Man wolle und werde über alles reden, versprach nachher Gabi Schäfer vom Podium aus, dazu sei ja auch NRW-Arbeitsminister Harald Schartau eigens in die Stadt gekommen. Gesagt, getan: Die handfeste Bürgermeisterin schnappte sich Schartau und ein tragbares Verstärkersystem und ging dahin, wo Politiker angeblich sowieso am liebsten sind: unters Volk.

Der erste Kontakt war überraschend - weil positiv. "Die Schwatten sind schuld", war Erich Arntz davon überzeugt, dass die SPD nur die Sünden der CDU-Vergangenheit auszubaden habe. Helmut Janzen aus Wattenscheid wurde da konkreter: Wie könne es sein, dass sein studierter Sohn auch nach einem Jahr keine Arbeit habe? Ja, bei den Arbeitsämtern hake es, stimmt Schartau zu und wird unbürokratisch: Der Sohn solle seine Unterlagen doch mal zu ihm schicken. Ein Punkt für den Arbeitsminister. Peter van Dyk